Gruppentheorie entstand ursprünglich aus der Frage nach der Auflösbarkeit von Polynomgleichungen durch Wurzelausdrücke. Évariste Galois betrachtete im 19. Jahrhundert (mit einer komplizierten Definition) zu einem Polynom mit Nullstellen α1,…αn die Gruppe derjenigen Vertauschungen der Nullstellen, die alle „Relationen“ zwischen den Nullstellen erhalten. In heutigem Verständnis ist das die Galois-Gruppe G=Gal(Q1,…αn)/Q) derjenigen Körperhomomorphismen der durch Adjunktion der Nullstellen zu Q entstehenden Körpererweiterung, die den Grundkörper Q fest lassen. Galois erkannte, dass die Nullstellen des Polynoms durch Grundrechenarten und Wurzeln ausgedrückt werden können, wenn G auflösbar ist, d.h. durch wiederholte Erweiterungen aus abelschen Gruppen konstruiert werden kann.
Gruppentheorie entwickelte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zunächst im Kontext von Permutationsgruppen. Die erste abstrakte Definition von (endlichen) Gruppen findet sich 1854 bei Cayley. Camille Jordan verfaßte 1870 ein Lehrbuch der Gruppentheorie, seine damaligen Postdoktoranden Felix Klein und Sophus Lie etablierten bald darauf die zentrale Rolle der Gruppentheorie in der Geometrie. Auf Henri Poincaré 1881 geht das Zitat „les maths ne sont qu’une histoire de groupes“ zurück.

Hat eine Galois-Gruppe G einen Normalteiler N, so kann man sowohl N als G/N Polynome von meist kleinerem Grad zuordnen. Dies führt schließlich auf Gruppen, die keine Normalteiler mehr haben – sogenannte einfache Gruppen. Für eine einfache Gruppe ist die Auflösbarkeit der Gruppe äquivalent dazu, dass die Gruppe Primzahlordnung hat.
„Es wäre von dem größten Interesse, wenn eine Übersicht der sämtlichen einfachen Gruppen von einer endlichen Zahl von Operationen gegeben werden könnte“ formulierte Otto Hölder 1892 – drei Jahre zuvor hatte er den Satz von Jordan-Hölder bewiesen, demzufolge man eine endliche Gruppe auf eindeutige Weise aus einfachen Gruppen zusammensetzen kann. In den folgenden Jahren wurden mit den zur Verfügung stehenden Methoden – den Sylow-Sätzen und dem Schubfachprinzip – die einfachen Gruppen bis zur Ordnung 2001 klassifiziert.

Einfache endliche Gruppen wie PSL(2,Z/pZ) oder die alternierende Gruppe An für n>4 waren natürlich schon seit den Anfängen der Gruppentheorie bei Galois bekannt – zum Beispiel wußte man damals schon, dass A5 die kleinste nicht-abelsche einfache Gruppe ist – und bereits im 19. Jahrhundert waren weitere Klassen endlicher einfacher Gruppen gefunden worden. (Klassische Gruppen über endlichen Körpern, die in Jordans Buch behandelt wurden.) Richard Brauer hatte seit 1935 die modulare Darstellungstheorie (Darstellungstheorie über endlichen Körpern) entwickelt und ihm war es mit Fowler 1951 gelungen, die projektiven Gruppen PSL(2,Z/pZ) gruppentheoretisch zu charakterisieren. Mit den Arbeiten von Chevalley in den 50er Jahren wurde klar, dass sich Sätze über halbeinfache Lie-Gruppen oft auf algebraische Gruppen über beliebigen Körpern übertragen lassen. Dadurch erhielt die Theorie endlicher Gruppen neues Interesse, insbesondere wurden von Chevalley, Suzuki, Steinberg und Ree neue Klassen endlicher Gruppen vom Lie-Typ gefunden. Tits und andere arbeiteten an einem geometrischen Zugang, indem sie Gruppen Inzidenzgeometrien zuordneten.

Für einfache, nichtabelsche, endliche Gruppen hatte William Burnside 1911 vermutet, dass sie gerade Ordnung haben müssen, womit dann also einfache Gruppen ungerader Ordnung auflösbar sein müßten. Diese Vermutung lag durchaus nahe, denn alle bekannten nichtabelschen, einfachen Gruppen hatten gerade Ordnung, die ersten waren von der Ordnung 60, 168, 360, 504, 660. Burnside hatte zuvor mittels Charaktertheorie bewiesen, dass Gruppen der Ordnung paqb auflösbar sind, wobei hier die Primzahlen p und q auch gerade sein dürfen. Damit wäre also A5 die kleinste nicht-auflösbare Gruppe.

In Richard Brauers Zugang zur Klassifikation endlicher einfacher Gruppen wurde diese Vermutung zu einer notwendigen Voraussetzung, die also zunächst bewiesen werden mußte, um Brauers Programm weiterverfolgen zu können. Brauer hatte seinen Ansatz auf dem ICM 1954 in Amsterdam vorgestellt. Wenn eine Gruppe G eine Involution i zuläßt, dann hatte er gezeigt, dass ihre Struktur im Wesentlichen schon durch den Zentralisator ZG(i) der Involution festgelegt ist: es gibt zu gegebenem ZG(i) nur endlich viele G. Burnsides Vermutung würde dann zeigen, dass jede nicht-abelsche endliche einfache Gruppe eine solche Involution besitzt. Damit bekäme die Zahl 2 als Ordnung einer Involution eine besondere Bedeutung für die Theorie der einfachen Gruppen.

John Thompson hatte in seiner Dissertation eine alte Vermutung von Frobenius bewiesen: eine Gruppe ist nilpotent falls sie einen fixpunktfreien Automorphismus von Primzahlordnung besitzt. (Das wurde damals sogar in der New York Times erwähnt, allerdings nur als Randbemerkung zu einem längeren Artikel über drei andere Gruppentheoretiker, die eine Vermutung Eulers über lateinische Quadrate bewiesen hatten.) 1957 bewies dann Michio Suzuki Burnsides Vermutung für eine gewisse Klasse von Gruppen ungerader Ordnung. Suzukis Arbeit wurde zunächst in einer Arbeit von Feit, Hall und Thompson noch auf eine etwas größere als Suzukis ursprüngliche Klasse von Gruppen verallgemeinert. Ihr Beweis benötigte 17 Seiten, was damals für eine Arbeit in Gruppentheorie als ungewöhnlich lang galt.

Den allgemeinen Fall von Burnsides Vermutung bewiesen Feit und Thompson 1962. Es war der zu diesem Zeitpunkt wohl längste Beweis der Mathematikgeschichte. (Bis auf Ruffinis Beweis der Unlösbarkeit quintischer Gleichungen 1799 – noch vor Galois, der den allgemeinen Fall behandelte – den aber niemand verstanden hatte.) Mit 254 Seiten nahm er ein Jahr später eine komplette Ausgabe des Pacific Journal of Mathematics ein. Und dabei mußten Anwendungen und Erläuterungen noch in einer anderen Arbeit erscheinen. Andere Zeitschriften hatten sich geweigert, eine so lange Arbeit zu veröffentlichen.

Der Satz besagte also, dass Gruppen ungerader Ordnung auflösbar sind. Das hatte als unmittelbares Korollar, dass einfache Gruppen ungerader Ordnung zyklische Gruppen sind, und reduzierte die Klassifikation endlicher einfacher Gruppen auf die Gruppen gerader Ordnung.
Ein weiteres bekanntes Korollar: wenn für einen Normalteiler Ordnung und Index teilerfremd sind, dann gibt es ein (bis auf Konjugation) eindeutiges Komplement. Das verallgemeinert die schon aus Sätzen des 19. Jahrhunderts bekannte Klassifikation der (nicht notwendig einfachen) Gruppen der Ordnung pq mit p>q: falls q kein Teiler von p-1 ist, ist Z/pqZ einzige Gruppe der Ordnung pq; falls q ein Teiler von p-1 ist, gibt es außerdem noch das semidirekte Produkt zum Homomorphismus Z/qZ—->Z/(p-1)Z.
Thompson benutzte den Satz in den folgenden Jahren als Ausgangspunkt für einen Angriff auf die Klassifikation endlicher einfacher Gruppen: er klassifizierte zunächst die Gruppen mit auflösbaren lokalen Untergruppen, womit er insbesondere erhielt, dass eine Gruppe auflösbar ist, wenn jede von zwei Elementen erzeugte Untergruppe auflösbar ist.

Der Beweis des Satzes von Feit-Thompson benutzte alles, was damals in der Gruppentheorie modern war: Theorie maximaler Untergruppen, Darstellungstheorie und kombinatorische Gruppentheorie (Erzeuger und Relationen), sowie die lokale Gruppentheorie, die durch diese Arbeit erst begründet wurde.

Thompson und Feit hatten eine Reihe potentieller Vereinfachungen ihres Beweises. Vor allem würde sich der Beweis wesentlich abkürzen lassen, wenn (qp-1)/(q-1) nicht durch (pq-1)/(p-1) teilbar ist für beliebige unterschiedliche Primzahlen p,q. Doch zu dieser einfach aussehenden Vermutung fand sich kein Beweis. (Sie vermuteten ursprünglich sogar, dass die Zahlen teilerfremd seien, doch dazu fand man einige Jahre später das Gegenbeispiel p=17,q=3313.)

Außer endlichen Gruppen vom Lie-Typ waren seit dem 19. Jahrhundert keine neuen Beispiele endlicher einfacher Gruppen gefunden worden – an sporadischen Gruppen kannte man lediglich die in den 1860er Jahren entdeckten fünf Mathieu-Gruppen. Die erste neue Gruppe fand 1964 Zvonimir Janko, Physiklehrer in Široki Brijeg (West-Herzegowina), damals aber als Gast an der Universität Canberra. Beim Versuch zu beweisen, dass es keine einfachen Gruppen in einer bestimmten Klasse gibt, war er auf ein Hindernis gestoßen, das er schließlich als eine neue einfache Gruppe der Ordnung 175.560 erkannte. Es war die erste und kleinste von vier einfachen Gruppen, die in den folgenden Jahren von ihm und seinen Koautoren entdeckt wurden. Ende der 60er Jahre fand John Conway bei der Beschäftigung mit den Symmetrien des Leech-Gitters eine weitere bemerkenswerte Familie einfacher Gruppen. Einige weitere sporadische Gruppen wurden Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre entdeckt und in den 70er Jahren wurde mit den drei Fischer-Gruppen sowie der Babymonster- und Monster-Gruppe der Zoo der endlichen einfachen Gruppen vervollständigt.

Bild: https://www.ias.edu/scholars/john-g-thompson

Kommentare (3)

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