Die Iwahori-Hecke-Algebra einer Coxeter-Gruppe W mit Erzeugendensystem S ist ein Quotient des freien Z[q,q-1]-Moduls über einer Basis {Tw}w (jedes Element von W entspricht einem Basisvektor) modulo der Relationen für l(sw)>l(w) und
sonst. Wenn W die Weyl-Gruppe einer algebraischen Gruppe G ist, dann beschreibt das eine Unteralgebra der Funktionen auf G(Fq), nämlich diejenigen die unter der Wirkung der Funktionenalgebra einer Borel-Untergruppe durch Konvolution links- und rechts-invariant sind. Die Darstellungen von G versteht man durch die Darstellungen der Hecke-Algebra. (Die Hecke-Algebren der symmetrischen Gruppen bzw. ihre Darstellungen wurden dann die Grundlage für die Definition des Jones-Polynoms in der Knotentheorie.)
Kazhdan und Lusztig fanden eine andere natürliche Basis für Iwahori-Hecke-Algebren nützlicher zum Studium ihrer Darstellungen. Die Elemente der neuen Basis kann man in der alten Basis als Hw=q-l(w)/2 ΣyPywTy darstellen, wobei die Pyw Polynome sind, die Kazhdan-Lusztig-Polynome. Es gibt einen komplizierten, rein kombinatorischen Algorithmus zur Berechnung dieser Polynome, und Kazhdan und Lusztig konnten in ihrer 1979 in Inventiones Mathematicae veröffentlichten Arbeit „Representations of Coxeter groups and Hecke algebras“ zahlreiche kombinatorische Phänomene erklären, die Weyl-Gruppen in verschiedenen Kontexten aufweisen. Mit Hilfe der Polynome konnten sie Darstellungen der Iwahori-Hecke-Algebra konstruieren, eine vollständige Beschreibung der Inklusionsrelationen zwischen primitiven Idealen der einhüllenden Algebra einer komplexen halbeinfachen Lie-Algebra geben und die Kazhdan-Lusztig-Vermutungen über die Vielfachheiten in der Jordan-Hölder-Reihe von Verma-Moduln formulieren.
Ein Problem in der Anwendung singulärer Kohomologie auf die algebraische Geometrie war immer gewesen, dass für Varietäten mit Singularitäten die Poincaré-Dualität nicht mehr gilt. Goresky und MacPherson hatten ab 1974 eine „Schnittkohomologie“ IH(X) für algebraische Varietäten X entwickelt, die Poincaré-Dualität und auch die Lefschetz-Sätze erfüllt, und die verschiedene in den Jahren zuvor definierte charakteristische Klassen singulärer Varietäten beheimatete.
Für die Fahnen-Mannigfaltigkeit G/B hat man zu jedem Element w der Weyl-Gruppe W eine Untervarietät Xw, die Schubert-Zelle. Kazhdan und Lusztig beobachteten nun, dass das Scheitern der lokalen Poincaré-Dualität für die Schubert-Zellen durch das von ihnen definierte Polynom quantifiziert wird. . Damit hat man im Fall von Weyl-Gruppen also eine geometrische Interpretation der Kazhdan-Lusztig-Polynome, sie messen die Singularität in einem Punkt der Schubert-Varietät. (Der Beweis benutzte schwere Argumente aus Delignes Beweis der Weil-Vermutungen.) Insbesondere sind in diesen geometrischen Situationen die Koeffizienten der Kazhdan-Lusztig-Polynome stets nichtnegativ, was im allgemeinen Fall beliebiger Coxeter-Systeme erst mehr als dreißig Jahre später von Elias und Williamson bewiesen wurde. Umgekehrt wurde die Kombinatorik der Kazhdan-Lusztig-Polynome ein wesentliches Hilfsmittel für die Berechnung der Schnittkohomologie, mit einem von Lascoux und Schützenberger angegebenen Algorithmus konnte man Schnittkohomologie jetzt berechnen.
Für komplexe halbeinfache Lie-Gruppen G werden die irreduziblen Darstellungen durch das höchste Gewicht klassifiziert, andererseits hat man zu einem Gewicht λ einen unendlich-dimensionalen Verma-Modul Mλ (den maximalen irreduziblen Modul mit diesem höchsten Gewicht), dessen einziger einfacher Quotient die irreduzible endlich-dimensionale Darstellung Lλ dieses höchsten Gewichts ist. Man kann diese Moduln als Elemente in der Grothendieck-Gruppe der Darstellungen von G betrachten und Kazhdan-Lusztig beobachteten, dass die Werte in 1 der von ihnen im Zusammenhang mit dem Basiswechsel der Iwahori-Hecke-Algebren gefundenen Polynome dort gerade den Zusammenhang zwischen Verma-Moduln und einfachen Moduln zu beschreiben scheinen:
mit l(w)=dim(Xw) die Dimension der Schubert-Zelle und 2ρ die Summe der positiven Wurzeln von G. Das wurde dann als Kazhdan-Lusztig-Vermutungen bekannt.
Die Theorie, die man für den Beweis der Kazhdan-Lusztig-Vermutungen benötigen würde, wurde zu dieser Zeit bereits von Kashiwara und unabhängig auch Bernstein entwickelt. Es handelt sich um die Theorie der D-Moduln, auch als mikrolokale Analysis bezeichnet, eine Art algebraischer Analysis. Mit dieser Theorie hatten Mebkhout und unabhängig Kashiwara die höher-dimensionale Version des Riemann-Hilbert-Problems gelöst, bei dem es darum geht, zu gegebenen Singularitäten mit gegebener Monodromie eine lineare Differentialgkeichung zu finden. Mit diesen analytischen Methoden bewiesen dann Kashiwara und Brylynski die Kazhdan-Lusztig-Vermutungen, einen rein algebraischen Beweis (weitgehend analog zum analytischen, aber technisch einfacher) fanden Beilinson und Bernstein.
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