Seit Weierstraß weiß man, dass sich jede stetige Abbildung durch Polynome und damit durch differenzierbare Abbildungen beliebig gut annähern läßt. Das überträgt sich auch auf Mannigfaltigkeiten, wo man stetige Abbildungen mittels beliebig kleiner Homotopien in differenzierbare deformieren kann. Das legt eigentlich nahe, dass Topologie von Mannigfaltigkeiten in der differenzierbaren Kategorie nicht anders sein sollte als in der stetigen.
Veblen und Whitehead hatten in ihrem 1933 erschienenen Lehrbuch der Differentialgeometrie erstmals Mannigfaltigkeiten durch Kartenwechsel und Atlanten definiert. Hassler Whitney hatte dann in den 30er Jahren die Grundlagen der Theorie differenzierbarer Mannigfaltigkeiten entwickelt, zum Beispiel hatte er seinen Einbettungssatz bewiesen und technische Hilfsmittel wie die Existenz von Tubenumgebungen oder von Zerlegungen der Eins. Er bewies, dass eine Ck-Mannigfaltigkeit mit k>0 auch auf eindeutige Weise eine C∞-Mannigfaltigkeit ist.
Es war deshalb eine große Überraschung, als John Milnor 1956 die Existenz exotischer 7-Sphären ankündigte, also unterschiedlicher C∞-Strukturen auf der topologischen 7-Sphäre. (Er bekam dafür 1962 die Fields-Medaille.) Milnor hatte sich eigentlich mit (n-1)-zusammenhängenden 2n-Mannigfaltigkeiten befaßt. In Dimension 8 gibt es viele D4-Bündel über S4, deren Rand oft eine Homotopiesphäre ist. Wenn der Rand eine Sphäre ist, kann man zwei solche Mannigfaltigkeiten verkleben und bekommt eine geschlossene 8-Mannigfaltigkeit. Aber die sich dabei ergebenden Pontrjagin-Klassen widersprachen den Ergebnissen von Thom und Hirzebruch. Also sollte der Rand wohl keine Sphäre sein, sondern nur eine Homotopiesphäre. Doch mit Morse-Theorie gelang Milnor dann ein einfacher Beweis, dass er doch eine Sphäre ist: er bewies, dass es eine Funktion mit zwei kritischen Punkten gibt und daraus folgt leicht die Homöomorphie zur Sphäre. Der Punkt mußte also sein, dass die charakteristischen Klassen von der differenzierbaren Struktur abhängen und der Rand des D4-Bündels nur homöomorph, aber nicht diffeomorph zur 7-Sphäre ist.
Aus Smales Beweis des h-Kobordismus-Satzes folgt, dass in Dimension ≥ 5 h-kobordante Mannigfaltigkeiten durch Chirurgien auseinander hervorgehen. Mit solchen Chirurgien klassifizierten Kervaire und Milnor 1963 die exotischen Sphären in allen Dimensionen ≥ 5 und konnten auch allgemeiner hoch-zusammenhängende Mannigfaltigkeiten untersuchen. Die Chirurgie-Theorie wurde dann von verschiedenen Autoren weiterentwickelt und beispielsweise von Novikov zum Beweis der topologischen Invarianz der Pontrjagin-Klassen verwendet, wofür er 1970 die Fields-Medaille erhielt.
In Dimension 3 hatte Edwin Moise schon 1952 bewiesen, dass jede Mannigfaltigkeit eine eindeutige Differentialstruktur hat, und in Dimension 2 wurde das 1955 von Munkres bewiesen, es folgt aber auch aus Morse-Theorie. (Ähnlich, aber einfacher, wie in Smales Beweis der höherdimensionalen Poincaré-Vermutung.)
In Dimension 4 hingegen stößt die Chirurgie-Theorie auf ein Hindernis, weil sich der in Smales Beweis des h-Kobordismus-Satzes verwendete Whitney-Trick dort nicht anwenden läßt, d.h. 2-dimensionale Kreisscheiben lassen sich in einfach zusammenhängenden 4-Mannigfaltigkeiten nicht immer so einbetten, dass die algebraischen Schnittzahlen realisiert werden.
Michael Freedman veröffentlichte 1982 eine topologische Klassifikation einfach zusammenhängender, geschlossener 4-Mannigfaltigkeiten: sie werden klassifiziert durch ihre Schnittform sowie die Kirby-Siebenmann-Invariante, die 0 oder 1 ist, je nachdem ob die Mannigfaltigkeit eine stückweise lineare Struktur besitzt oder nicht. Insbesondere erhielt er damit die 4-dimensionale Poincaré-Vermutung: jede einfach zusammenhängende, geschlossene 4-Mannigfaltigkeit mit der Homologie der Sphäre ist homöomorph zur S4. Neben Homöomorphismen zwischen Mannigfaltigkeiten, deren Homöomorphie bisher nicht bekannt gewesen war, bekam er mit seinem Resultat auch Konstruktionen bisher unbekannter Mannigfaltigkeiten. Zum Beispiel folgte aus seiner Arbeit, dass es eine einfach zusammenhängende 4-Mannigfaltigkeit mit der Schnittform E8 gibt: durch „Klempnern“ von acht Kopien des zu T*S2 assoziierten Kreisscheibenbündels über S2 entlang des Graphen E8 erhält man zunächst eine Mannigfaltigkeit, deren Rand eine Poincaré-Homologiesphäre ist, und er konnte beweisen, dass man dort einen Homologieball einkleben kann, so dass man eine geschlossene Mannigfaltigkeit mit Schnittform E8 erhält.
Technisch war das Hauptresultat, dass er in der topologischen (statt differenzierbaren) Kategorie den 4-dimensionalen h-Kobordismussatz bewies. Während in der differenzierbaren Kategorie der Whitney-Trick für 4-Mannigfaltigkeiten nicht funktioniert, konnte er in der topologischen Kategorie dieses Problem auflösen. Gegeben zwei immersierte 2-dimensionale Kreisscheiben, die sich nicht so einbetten lassen, dass ihre algebraischen Schnittzahlen realisiert werden, betrachtet man die von ihren transversalen Doppelpunkten gebildete Kurve. Falls diese Kurve eine eingebettete Kreisscheibe berandet, kann das Problem eliminiert werden. “Pushing the problem away” führt dann zu einem Turm immersierter Kreisscheiben. Dieser Prozeß mit aufgedickten Kreisscheiben gibt sogenannte Casson-Henkel. Freedman bewies überraschend, dass die Casson-Henkel Standardhenkel sein müssen. Das ist falsch in der differenzierbaren Kategorie und man sieht das auch gut im Beweis. Freedmans Beweis gab also nur eine topologische Klassifikation und für die Klassifikation der Differentialstrukturen auf einer topologischen 4-Mannigfaltigkeit hatte man weiterhin keinen Ansatz.
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