Die Hauptachsentransformation ist das klassische Verfahren, um Kegelschnitte in Standardform zu bringen. In der Sprache der linearen Algebra bedeutet sie, dass jede symmetrische Bilinearform (über den reellen Zahlen) diagonalisiert werden kann. Tatsächlich kann man nach dem 1852 bewiesenen Trägheitssatz von Sylvester über R so diagonalisieren, dass auf der Diagonale der zugehörigen Matrix nur -1, 0 und 1 stehen. Für hermitesche Sesquilinearformen über C kann man sogar so diagonalisieren, dass auf der Diagonale nur 0 und 1 stehen. Quadratische Formen lassen sich aus symmetrischen Bilinearformen gewinnen. Quadratische Formen werden über C also durch Dimension und Rang klassifiziert, über R kommt noch die Signatur als Invariante hinzu.
Man kann dann über beliebigen Körpern die Frage nach der Klassifikation quadratischer Form stellen. Genauso wie für C kann man für alle algebraisch abgeschlossenen Körper F und allgemeiner für Körper mit F=F2 beweisen, dass quadratische Formen durch Dimension und Rang klassifiziert werden. Allgemeiner, wenn man sich auf nicht-ausgeartete quadratische Formen einschränkt, ist zwar die Determinante als Element von F* keine Invariante unter Basiswechseln, ihre Äquivalenzklasse in F*/F*2 aber schon. Zum Beispiel ist 2x2 über Q nicht äquivalent zu x2, denn die Determinanten 2 und 1 repräsentieren unterschiedliche Äquivalenzklassen modulo Q*2.
Die Menge der Äquivalenzklassen quadratischer Formen über F, mit direkter Summe und Tensorprodukt als Verknüpfungen, wird heute als Grothendieck-Witt-Ring GW(F) bezeichnet. Wenn man stabile Äquivalenzklassen (also Äquivalenz nach direkter Summe mit Einheitsformen x12+…+xk2) betrachtet, erhält man den Quotienten von GW(F) nach dem von der Äquivalenzklasse der quadratischen Form x2-y2 erzeugten Ideal. Dieser Quotient ist der 1937 von Ernst Witt eingeführte Witt-Ring W(F). Die Berechnung des Witt-Rings ist also gleichbedeutend mit der Klassifikation quadratischer Formen bis auf stabile Äquivalenz.
Sei I das von quadratischen Formen gerader Dimension erzeugte Ideal in W(F), dann ist W(F)/I=Z/2Z mittels der Dimension. Man kann nun versuchen, W(F) zu berechnen, indem man die Quotienten In/In+1 berechnet bzw. in expliziterer Abhängigkeit von F ausdrückt. Die Diskriminante gibt einen Isomorphismus I/I2=F*/F*2 und Merkurjev bewies Anfang der 80er Jahre einen Isomorphismus I2/I3=H2(G,Z/2Z) für die absolute Galois-Gruppe G des Körpers F, also die Galois-Gruppe seines algebraischen Abschlusses.
Eine wichtige Invariante eines Körpers F ist seine Galois-Kohomologie, d.h. die Gruppenkohomologie seiner absoluten Galois-Gruppe . Galois-Kohomologie spielt (mindestens implizit) eine wichtige Rolle in der Klassenkörpertheorie, zum Beispiel läßt sich Hilberts Satz 90 als H1(G,L*)=0 für die Galois-Gruppe G=Gal(L/K) einer Körpererweiterung L/K formulieren. Der Beweis des Satzes von Mordell-Weil läßt sich elegant mit Galois-Kohomologie durchführen und die Klassifikation einfacher zentraler Algebren (der Satz von Brauer-Hasse-Noether) vereinfacht sich durch Verwendung von Galois-Kohomologie. Die allgemeine Theorie der Galois-Kohomologie wurde von Tate und Serre entwickelt, in Grothendiecks Arbeit wurde Galois-Kohomologie ein Spezialfall der allgemeineren etalen Kohomologie von Schemata: H1(G,M) für eine abelsche Gruppe M ist H1et(Spec(F),S) für eine geeignete Garbe S.
Die im Raum stehende Frage war nun, ob man einen Isomorphismus von In/In+1 zur Galois-Kohomologie Hn(G,Z/2Z) konstruieren könne. Es gab aber keinen kanonischen Morphismus zwischen diesen beiden Gruppen. John Milnor’s Idee war es um 1970 gewesen, stattdessen einen Isomorphismus aus gewissen K-Gruppen in beide dieser Gruppen zu konstruieren.
Nachdem die von Atiyah und Hirzebruch entwickelte topologische K-Theorie seit Anfang der 60er Jahre spektakuläre Anwendungen vor allem in der Topologie von Mannigfaltigkeiten – zum Beispiel die Lösung des Problems der Hopf-Invariante 1 oder die Bestimmung der Maximalzahl linear unabhängiger Vektorfeldern auf Sphären, oder auch ein besseres Verständnis der Bott-Periodizität und damit die Klassifikation der Divisionsalgebren – ermöglicht hatte, hatte man ein algebraisches Analog für beliebige Ringe konstruieren wollen. Das Analogon zu Vektorbündeln über topologischen Räumen (für die Konstruktion der topologischen K-Theorie) sollten dabei projektive Moduln über Ringen sein, also direkte Summanden freier Moduln. Swan hatte in einer Arbeit, in der er endlich erzeugte projektive Moduln über Gruppenringen endlicher Gruppen klassifizieren wollte, K0(R) in Analogie zur topologischen K-Theorie als Grothendieck-Gruppe der Isomorphieklassen endlich erzeugter projektiver Moduln definiert. Motiviert wohl von der Definition der Suspension mittels Verklebefunktionen definierte Bass dann K1(R)=GL(R)/E(R), wobei E(R) die von Elementarmatrizen erzeugte Untergruppe der allgemeinen linearen Gruppe GL(R) ist. Man hat also K1(R)=H1(GL(R)). (Eine Variante dieser Gruppe war als Whitehead-Gruppe in der Formulierung des s-Kobordismensatzes der geometrischen Topologie vorgekommen.) Man suchte dann nach vernünftigen Definitionen für höhere K-Gruppen, die insbesondere die von K0 und K1 bekannten exakten Sequenzen haben sollten. Milnor definierte K2(R) als Kern des Homomorphismus St(R)—>GL(R), wobei die Steinberg-Gruppe St(R) die formal von den Elementarmatrizen erzeugte Gruppe mit allen offensichtlichen Relationen zwischen Elementarmatrizen ist. Durch die Struktur des Ringes R können weitere Relationen hinzukommen, die dann also für die Nichttrivialität von KR verantwortlich sind. Milnor gab auch eine Definition von höheren K-Gruppen, die aber nicht von allen als die “richtige” angesehen wurde. Die allgemein akzeptierte (und für n=2 mit Milnors übereinstimmende) Definition der algebraischen K-Theorie Kn(R) gab dann 1972 Daniel Quillen mit Hilfe der Plus-Konstruktion. Die Plus-Konstruktion ordnet einem CW-Komplex einen anderen CW-Komplex mit abelisierter Fundamentalgruppe und denselben Homologiegruppen zu, der insbesondere ein H-Raum ist. Quillen überraschend einfache Konstruktion benötigte nur das Ankleben von 2- und 3-Zellen an den CW-Komplex. Die K-Theorie Kn(R) definierte er dann als n-te Homotopiegruppe des CW-Komplexes, den man durch Anwenden der Plus-Konstruktion auf den klassifizierenden Raum der (unendlich-dimensionalen) allgemeinen linearen Gruppe GL(R) erhält. Insbesondere hat man eine Hurewicz-Abbildung von der algebraischen K-Theorie in die Gruppenhomologie von GL(R). (Quillen fand diese Definition im Zusammenhang mit seiner Arbeit am Beweis der Adams-Vermutung, mit der das Bild des J-Homomorphismus beschrieben werden konnte.) Quillen gab dann noch eine allgemeinere Definition einer algebraischen K-Theorie von Kategorien, womit er dann insbesondere die algebraische K-Theorie einer Varietät oder eines Schemas X definieren konnte als die algebraische K-Theorie der Kategorie der Vektorbündel über X.
Zurück zum Problem, die Bestandteile In/In+1 des Witt-Rings W(F) zu beschreiben, benutzte Milnor die sogenannten Pfister-Formen, um eine Abbildung von der Milnorschen K-Theorie KnM(F) nach In/In+1 zu definieren. Orlov, Vishik und Voevodsky bewiesen später, dass sie einen Isomorphismus induziert. Freilich ist auch algebraische K-Theorie schwer zu berechnen. Milnor fand aber eine natürliche „Normrestabbildung“ aus seiner K-Theorie in die Galois-Kohomologie. In Milnors Definition von algebraischer K-Theorie betrachtet man einfach die formalen Summen von Tupeln (a1,…,an) in F* mit Relationen (a1,…,xy,…,an)=(a1,…,x,…,an)+(a1,…,y,…,an) und (a1,…,x,…,1-x,…,an)=0. Für die absolute Galois-Gruppe G hat man dann eine Abbildung F*/(F*)2—>Hom(G,Z/2Z), die a aus F* und g aus G auf 1 oder -1 abbildet, je nachdem, ob g die Wurzel aus a auf sich oder auf ihr negatives abbildet. Mittels des Cup-Produkts kann man das fortsetzen zu einer Abbildung KnM(F)/2KnM(F)—>Hn(G;Z/2Z). Um 1970 stellte er die Vermutung auf, dass diese Abbildung (für char(F)≠2) ein Isomorphismus ist. Man kann Galois-Kohomologie auch als etale Kohomologie interpretieren und die Milnor-Vermutung besagt so, dass die Normrestabbildung einen Isomorphismus
induziert.
Allgemeiner besagte die 1980 aufgestellte Bloch-Kato-Vermutung, dass für eine nicht durch char(F) teilbare Zahl l die Normrestabbildung einen Isomorphismus induziert. (Die Koeffizienten μl sind die l-ten Einheitswurzeln in F.) Für n=1 folgt dies aus Hilberts Satz 90. Für n=2 wurde die Isomorphie 1982 von Merkurjev und Suslin bewiesen, dabei benutzten sie die Berechnung der algebraischen K-Theorie von Kegelschnitten über F. Um den Isomorphismus für alle n zu beweisen, benötigte man die notorisch schwierige Berechnung der algebraischen K-Theorie für höherdimensionale Varietäten, nämlich für Quadriken der Dimension 2n-1-1. Für n=3 wurde zumindest die Milnor-Vermutung, also der Fall l=2 unabhängig von Merkurjev-Suslin und Rost bewiesen. Der allgemeine Beweis gelang schließlich Voevodsky, indem er statt der algebraischen K-Theorie die motivische Kohomologie von algebraischen Varietäten verwendete, die sich als leichter zu berechnen erwies.
Motivische Kohomologie sollte eine Verfeinerung der Chow-Gruppen sein, die Informationen über die Untervarietäten einer Varietät oder eines Schemas liefern und die von Grothendieck definierten Motive realisieren. (Das heißt, es gibt einen universellen Funktor von der Kategorie der Chow-Motive in die Kategorie der graduierten abelschen Gruppen, der jeder Varietät ihre Chow-Gruppe CH^*(X) zuordnet.) Definiert sind die Chow-Gruppen einer Varietät als Gruppen der algebraischen Zykel modulo einer gewissen Äquivalenzrelation („rationale Äquivalenz“). 1986 hatte Spencer Bloch dann in einer in Advances in Mathematics veröffentlichten Arbeit „Algebraic cycles and higher K-theory“ „höhere Chow-Gruppen“ CHi(X,n) definiert als n-te Homotopiegruppen eines zu X assoziierten Simplizialkomplexes, dessen k-Simplizes den algebraischen Kodimension-i-Zykeln in XxΔk entsprechen. Insbesondere ist CHi(X,0) die klassische Bloch-Gruppe. Er behauptete, dass die direkte Summe rational (d.h. modulo Torsion) mit der algebraischen K-Theorie der Kategorie kohärenter Garben auf X übereinstimmt. Bald nach Veröffentlichung fand Suslin einen Fehler im Beweis von Lemma 1.1, mit dem die Arbeit zunächst wertlos wurde. Der Fehler konnte letztlich behoben werden, freilich mußte dafür ein kurzer Paragraph der ursprünglichen Arbeit durch dreißig Seiten komplexer Argumente ersetzt werden.
Beilinson hatte 1982 in einem Brief an Soulé als wünschenswerte Eigenschaft motivischer Kohomologiegruppen postuliert, dass man sie – nicht nur rational – als Summanden in der Zerlegung in Eigenräume für die Wirkung der Adams-Operationen auf der K-Theorie erhält. Bloch hatte das mit seiner Konstruktion rational, also modulo Torsion, bekommen. Eine Konstruktion motivischer Kohomologiegruppen, die diese Eigenschaft auch „ganzzahlig“ haben und auch andere von Lichtenbaum und Beilinson Mitte der 80er Jahre postulierte Eigenschaften hatten, gelang Suslin und Voevodsky. Für diesen Zweck verwendete er eine triangulierte Kategorie DM(F), in der es gewisse Objekte Z(q) gibt. Die motivische Kohomologie wird dann definiert als , was an die aus der algebraischen Topologie bekannte Definition der singulären Kohomologie
mit Hilfe der Eilenberg-MacLane-Räume erinnert. Diese Kohomologiegruppe entspricht Blochs höherer Chow-Gruppe CHq(X,2q-p), was Voevodsky zunächst unter der Annahme der Auflösbarkeit von Singularitäten und später dann auch für beliebige Körper bewies.
Als triangulierte Kategorie bezeichnet man eine Kategorie, in der es ausgezeichnete Tripel von Morphismen analog zu der Puppe-Sequenz der Homotopietheorie gibt. Statt in der Kategorie der Schemata jedes X durch die triangulierte Kategorie der Komplexe quasikohärenter Garben auf X zu ersetzen, kehrte Voevodsky zu Grothendiecks Ansatz aus der Konstruktion der Chow-Motive zurück, ersetzte aber Korrespondenzen durch Komplexe von Korrespondenzen. Die von Voevodsky mit Friedlander und Suslin entwickelte triangulierte Kategorie DM(F) war etwas schwächer als die von Grothendieck erwünschte Kategorie der Motive, aber ausreichend für zahlreiche Anwendungen.
Motivische Kohomologie hängt eng mit etaler Kohomologie zusammen. Weiter kann man dank der Formel Hn(Punkt,Z(n))=KnM(F) einen Bezug zur Milnorschen K-Theorie KnM herstellen. Insbesondere würden die Milnor- und Bloch-Kato-Vermutung aus einem Verständnis motivischer Kohomologie folgen, genauer aus gewissen von Lichtenbaum und Beilinson formulierten Vermutungen. Diese postulierten die Existenz gewisser „motivischer“ Komplexe von Garben, deren Kohomologie mit motivischer Kohomologie zusamenhängen sollte. Es sollte dann einerseits ihre Zariski-Topologie mit Milnors K-Theorie zusammenhängen, andererseits ihre etale Kohomologie mit der Garbenkohomologie für die Garbe der Einheitswurzeln und schließlich die Zariski-Topologie mit der etalen Kohomologie. Aus diesen Vermutungen würde insbesondere für p≤q ein Isomorphismus folgen, was äquivalent zur Bloch-Kato-Vermutung ist.
Mit Voevodsky Arbeiten konnte man nun auch den klassischen Satz 90 aus Hilberts Zahlbericht neu interpretieren. Satz 90 besagt, dass in einer zyklischen (algebraischen, normalen, separablen) Körpererweiterung L/K, deren zyklische Galois-Gruppe von der Symmetrie σ erzeugt wird, jedes y aus L* mit NL/K(y)=1 als σ(x)/x für ein geeignetes x aus L* geschrieben werden kann. Emmy Noether hatte das 1932 in die Sprache der Gruppenkohomologie übersetzt als die Tatsache, dass für eine nicht notwendig zyklische (aber algebraische, normale, separable) Körpererweiterung H1(Gal(L/K),L*)=0 gilt. Das war freilich nur eine Umformulierung und lieferte keinen neuen Beweis. Noethers Formulierung ließ sich aber weiter verallgemeinern in Grothendiecks etaler Kohomologie. Für ein Schema X und dessen etale Kohomologie gilt H1(X,Gm)=Pic(X). Und nach von Suslin, Merkurjew und Rost bewiesenen Spezialfällen hatte Voevodsky jetzt in der motivischen Kohomologie die Exaktheit der Sequenz für normale Überlagerungen mit von zyklischer Decktransformationsgruppe G, wobei die erste Abbildung 1-σ (für den Erzeuger σ von G) und die zweite Abbildung NX/Y ist. Für X=Spec(K) gibt die exakte Sequenz die ursprüngliche Aussage von Satz 90. Weil sich algebraische K-Theorie von Körpern mittels motivischer Kohomologie interpretieren läßt, gibt dies auch eine Version von Hilbert Satz 90 in algebraischer K-Theorie und diese wiederum wurde dann ein wesentliches Argument in Voevodskys Beweis der Milnor-Vermutung.
Für den Beweis der Milnor-Vermutung benötigte man dann noch motivische Kohomologie mit Z/2Z-Koeffizienten (bzw. für den Beweis der Bloch-Kato-Vermutung mit Z/lZ-Koeffizienten). Eine von Beilinson und Lichtenbaum aufgestellte Vermutung beschrieb die motivische Kohomologie mit endlichen Koeffizienten und war tatsächlich äquivalent zur Bloch-Kato-Vermutung. In einem 1996 veröffentlichten Preprint „The Milnor conjecture“ entwickelte Voevodksy die Theorie für Z/2Z-Koeffizienten und insbesondere ein Analogon zu Steenrod-Operationen, womit er dann die Milnor-Vermutung beweisen könnte. (Mit sehr viel größerem technischem Aufwand gelang ihm einige Jahre später auch die Verallgemeinerung auf Z/lZ-Koeffizienten und damit der Beweis der Bloch-Kato-Vermutung.)
Die algebraische K-Theorie gab der Theorie quadratischer Formen somit einen völlig neuen Auftrieb, andererseits bauten aber die Beweise aber auch auf den Arbeiten Pfisters und den neueren Arbeiten von Rost über quadratische Formen auf.
Der größere Kontext für die motivische Kohomologie wurde dann die A1-Homotopietheorie, die Voevodsky mit Morel entwickelte (und die er vor allem für den Beweis der allgemeineren Bloch-Kato-Vermutung benötigte). Das war eine Homotopietheorie für algebraische Varietäten oder Schemata über beliebigen Körpern, was viele Mathematiker immer für unmöglich gehalten hatten. Die Idee ist, Homotopien mittels der affinen Gerade A1 (statt wie in der Topologie dem Einheitsintervall [0,1]) zu definieren. In der Topologie betrachtet man die Homotopiekategorie als die Kategorie der kompakt erzeugten Räume lokalisiert nach schwachen Homotopieäquivalenzen und hat dort Faserungen und Kofaserungen. Durch Stabilisierung und Verwendung von Spektra erhält man die stabile Homotopiekategorie. Entsprechend mußte man auch in der algebraischen Geometrie eine geeignete Modellkategorie identifizieren, was Voevodsky tat: durch Abstraktion der Methoden der algebraischen Topologie fand er eine „A1-Homotopiekategorie“. Er vergrößerte die Kategorie der glatten Varietäten so, dass man Kolimiten beliebiger Diagramme nehmen kann und er führte eine Modellkategoriestruktur so ein, dass sich gewisse Morphismen invertieren lassen. Im Vorwort seines Vortrags für den ICM 1998 schrieb er
Der schwere Teil der Arbeit, die für die Entwicklung der hier dargestellten Theorie benötigt wurde, bestand in der Auswahl zwischen vielen verschiedenen plausiblen Varianten der wichtigsten Definitionen. Ich glaube, dass die A1-Homotopietheorie in ihrer jetzigen Form eine solide Grundlage für das Studium von Kohomologietheorien auf der Kategorie der Noetherschen Schemata gibt.
Als die Hauptthemen der motivischen Homotopietheorie bezeichnete er Transfers, die Verwendung von Prägarbenkategorien, und Lokalisierung um A1-Homotopieinvarianz zu erzwingen. Eine “Prägarbe mit Transfers” ist für ihn eine additive Prägarbe auf der Kategorie der Korrespondenzen. Für jede Varietät X hat man die Prägarbe mit Transfers Ztr(X):=Cork(.,X). Damit baut man die Kategorie der Komplexe, deren Homotopiekategorie, und die Lokalisierung gibt die triangulierte Kategorie der effektiven Motive DMeff(k). (Man braucht die richtige Topologie für die Konstruktion.) Diese Konstruktion ist schwer zu nutzen, doch Voevodsky gelang die Identifikation mit einer handhabbarereren Kategorie, womit er dann die von Suslin entwickelte Homologietheorie mit HomDMeff(k)(Ztr(Spec k),Ztr(X)) identifizieren konnte. Neben algebraischer K-Theorie und motivischer Kohomologie benötigte er für den Beweis der Milnor-Vermutung noch eine dritte Kohomologietheorie, die algebraische Kobordismustheorie, die er ebenfalls gemeinsam mit Morel entwickelte. Für den Beweis der allgemeineren Bloch-Kato-Vermutung benötigte er neben einem sehr viel tieferen Verständnis der motivischen Homotopietheorie auch noch die Existenz von Varietäten mit gewissen Eigenschaften, sogenannten Normvarietäten, die in den folgenden Jahren von Markus Rost konstruiert und deren Eigenschaften von Suslin und Joukhovitski ausgearbeitet wurden.
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