Quantenkohomologie wurde ursprünglich von den Physikern Vafa und Witten vorgeschlagen als Konzept, mit dessen Hilfe man das von Physikern beobachtete Phänomen der Mirrorsymmetrie von Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten angehen wollte: man wollte verstehen, wie sich die Korrelationsfunktionen einer topologischen Feldtheorie verhalten, wenn man Riemannsche Flächen zusammenklebt.
Quantenkohomologie ist eine formale Deformation des Kohomologierings (also des Cupprodukts auf der Kohomologie) projektiver Varietäten. Ihre für die physikalischen Anwendungen wesentliche Eigenschaft ist die Assoziativität der Verknüpfung. Die Idee ist, holomorphe Kurven (Riemannsche Flächen) in einer projektiven Varietät zu zählen, aber mit diesem naiven Ansatz bekommt man nicht die von den Physikern gewünschten Eigenschaften.
Eine mathematische Theorie der Quantenkohomologie wurde 1994 von Ruan und Tian entwickelt. Sie betrachteten nicht nur projektive Varietäten, sondern allgemeiner semi-positive symplektische Mannigfaltigkeiten X, und definierten auf deren zweiter Homologie (von weiteren Daten abhängende) Invarianten, die sie Gromov-Witten-Invarianten nannten, weil sie in unterschiedlichen Spezialfällen mit zuvor von Gromov und Witten untersuchten Invarianten übereinstimmten. Mit Hilfe dieser Invarianten konnten sie dann das Quantenprodukt auf der Kohomologie definieren und sie bewiesen seine Assoziativität. Mit einem anderen Zugang entwickelten Kontsevich und Manin eine axiomatische Theorie von Gromov-Witten-Invarianten und damit auch der Quantenkohomologie.
Für eine Homologieklasse und ganze Zahlen g und n definiert man Gromov-Witten-Invarianten
von Kohomologieklassen γ1,…,γn, die die Anzahl derjenigen pseudo-holomorphen Kurven vom Geschlecht g in der Homologieklasse β zählen sollen, welche durch die zu den Kohomologieklassen γ1,…,γn Poincaré-dualen Untermannigfaltigkeiten verlaufen. Viele klassische Probleme der abzählenden Geometrie lassen sich in der Sprache der Gromov-Witten-Invarianten formulieren. Zum Beispiel die Frage, wieviele Geraden durch vier gegebene Geraden im CP3 es gibt. Sei β der Erzeuger von H2(CP3) und H der Erzeuger von H2(CP3), dann ist die gesuchte Anzahl die Gromov-Witten-Invariante
und man kann berechnen, dass diese gleich 2 ist. Oder die Frage nach der Anzahl der Kurven vom Grad d durch 3d-1 gegebene Punkte im CP2: hier muß man
berechnen, wobei β und H hier die Erzeuger von H2(CP2) und H2(CP3) sind. Vor der Entwicklung von Gromov-Witten-Invarianten hatte man diese Anzahl nur bis d=4 berechnen können, wobei schon für d=4 die Berechnung der Anzahl 620 einen enormen rechnerischen Aufwand benötigte.
Nachdem Physiker Anfang der 90er Jahre Mirrorsymmetrie zur Berechnung der Anzahl Nd der rationalen Kurven vom Grad d auf der Quintik z05+…+z45=ψz0…z4 verwenden konnten, war Mirrorsymmetrie für die algebraische Geometrie interessant geworden. Neben dem von Kontsevich 1994 vorgeschlagenen Zugang mittels homologischer Mirrorsymmetrie gab es auch die von Yau und den Physikern Strominger und Zaslow aufgestellte Vermutung, dass man komplex n-dimensionale Spiegelpaare in n-dimensionale Tori fasern könne und dass die Fasern der Spiegelpaare jeweils dual zueinander seien. Für Quintiken konnte das dann auch bewiesen werden. Dominic Joyce, ein junger Differentialgeometer aus Oxford, der in der Differentialgeometrie Beispiele für die noch fehlenden Holonomiegruppen aus Bergers Liste gefunden hatte und in diesem Zusammenhang auch auf weitere Spiegelpaare gestoßen war, zeigte aber, dass die technische Formulierung der SYZ-Vermutung noch komplizierter sein musste als zunächst angenommen.
Es stellte sich heraus, dass die ursprüngliche (und noch unbewiesene) von Physikern aufgestellte Vermutung über das Abzählen von rationalen Kurven (d.h. Geschlecht 0) in Quintiken so nicht stimmte. Die Zahl Nd, die man aus der bekannten Differentialgleichung enthielt, zählte die rationalen Kurven vom Grad d, wenn die Kurven alle nichtsingulär, disjunkt und isoliert mit balanziertem Normalenbündel waren. Das ist aber nicht immer der Fall, weshalb man eine bessere Definition von Nd, also die richtige Art Kurven zu zählen, brauchte. Dafür hatte Kontsevich die Idee, stabile Abbildungen zu betrachten, also Abbildungen von CP1 mit markierten Punkten, für die es nur endlich viele die markierten Punkte erhaltende Automorphismen gibt.
Mit der von Kontsevich entwickelten Theorie stabiler Abbildungen hatten dann Kontsevich und Manin ihre axiomatische Theorie der Gromov-Witten-Invarianten begründet. Die Verwendung des Modulraums stabiler Abbildung ermöglichte es, alle von Entartungen kommenden Relationen auf eine stringente Weise zu formulieren. Die Gromov-Witten-Invarianten sollen pseudoholomorphe Kurven in einer gegebenen Homologieklasse einer symplektischen Mannigfaltigkeit zählen oder eben rationale Kurven vom Grad d (durch 3d+1 gegebene Punkte) in CP2. (Die Anzahl 3d+1 ist so gewählt, dass der Modulraum die vom Riemann-Roch-Theorem gegebene Dimension hat.) Die Assoziativität des mit den Gromov-Witten-Invarianten definierten Quantenprodukts folgt aus einem Verklebesatz für pseudoholomorphe Kurven, der WDVV-Gleichung.
Kommentare (4)