Die Topologie von Flächen und 3-dimensionalen Mannigfaltigkeiten kann man durch die Geometrie besonders regelmäßiger Metriken auf ihnen verstehen. Für Flächen mit mindestens zwei Henkeln und auch für hinreichend komplizierte 3-Mannigfaltigkeiten sind das hyperbolische Metriken, die also Krümmung konstant -1 haben und deren universelle Überlagerung die hyperbolische Ebene bzw. der hyperbolische Raum ist.
In der 3-dimensionalen Topologie gibt es dank des Starrheitssatzes von Mostow (jedenfalls für hyperbolische Mannigfaltigkeiten endlichen Volumens) keinen Unterschied zwischen Geometrie und Topologie, die hyperbolische Metrik ist durch die Topologie eindeutig festgelegt. Anders ist es bei Flächen, wo die verschiedenen hyperbolischen Metriken auf einer orientierbaren Fläche vom Geschlecht g≥2 durch 6g-6 Fenchel-Nielsen-Koordinaten bestimmt werden, nämlich die Längen und Vertwistungen der im Bild gezeigten 3g-3 geschlossenen Kurven.
Tatsächlich entspricht jede hyperbolische Metrik einer eindeutigen konformen Struktur und diese einer eindeutigen komplexen Struktur (denn hyperbolische Isometrien entsprechen eindeutig den konformen Abbildungen und diese eindeutig den biholomorphen Abbildungen der Einheitskreisscheibe, die die universelle Überlagerung der Flächen vom Geschlecht g≥2 sind) und deshalb parametrisieren die 6g-6 Koordinaten auch den Teichmüller-Raum der komplexen Strukturen, dessen Bijektion zur Vollkugel in C3g-3 von Riemann vermutet und von Teichmüller bewiesen worden war.
Als Quotienten des Teichmüller-Raums nach der Wirkung der Abbildungsklassengruppe der Fläche erhält man den Modulraum Mg,n (für Flächen vom Geschlecht g mit n Randkomponenten). Die stabile Kohomologie des Modulraums Mg,1 und damit der entsprechenden Abbildungsklassengruppe wird durch die Mumford-Vermutung beschrieben, die 2002 von Madsen und Weiss bewiesen wurde. Der Beweis benutzte alle möglichen in den vorhergehenden Jahrzehnten entwickelten Methoden der Differentialtopologie, aber nicht die geometrische Interpretation des Modulraums. Tatsächlich beweisen Madsen und Weiss die Homotopieäquivalenz der auf den klassifizierenden Raum angewandten Plus-Konstruktion mit einem anderen Raum, dessen Kohomologie sich mit einiger Arbeit als berechenbar herausstellte.
Die Abbildungsklassengruppen von Flächen sind auch in der geometrischen Gruppentheorie von besonderem Interesse. Sie sind zwar keine hyperbolischen Gruppen, weil die Twists an disjunkten Kurven abelsche Untergruppen von Rang 3g-3 erzeugen, aber sie sind CAT(0) und es liegt nahe, dass man versucht, Resultate für hyperbolische Gruppen auf CAT(0)-Gruppen und als Testfall eben zunächst auf Abbildungsklassengruppen zu verallgemeinern. So bewies Ursula Hamenstädt 2005, dass Abbildungsklassengruppen eine biautomatische Struktur haben. Daraus folgt für diese Gruppen (als Fundamentalgruppen geschlossener Mannigfaltigkeiten) die Novikov-Vermutung über die Homotopieinvarianz höherer Signaturen, eine im allgemeinen Fall auch für CAT(0)-Gruppen weiterhin offene Vermutung.
Traditionell war der Modulraum als Modulraum komplexer Kurven gesehen worden und er war in dieser Form Gegenstand tiefgründiger und schwerverständlicher Untersuchungen gewesen wie etwa Kontsevichs Beweis der Vermutung über Schnittzahlen in der Homologie des Modulraums. Die äquivalente Interpretation als Modulraum hyperbolischer Metriken (oder als eine Komponente der PSL(2,R)-Charaktervarietät) hatte im 20. Jahrundert zu eher elementaren Resultaten geführt.
Die Ende der 30er Jahre von Fenchel und Nielsen gefundene Parametrisierung des Teichmüller-Raums durch die Längen li und Twistparameter τi der 3g-3 Geodäten in einer Hosenzerlegung der Fläche benutzte Goldman in den 80er Jahren zur Konstruktion einer symplektischen Form ω=l1 ∧ τ1+…+l3g-3 ∧ τ3g-3, die mit der Kähler-Form einer von Weil (aufbauend auf einer Konstruktion von Petersson) definierten Metrik auf dem Teichmüller-Raum übereinstimmte. (Die Kähler-Eigenschaft der Weil-Petersson-Metrik war 1961 von Ahlfors bewiesen worden. Goldman verallgemeinerte die Konstruktion einer symplektischen Form 1984 für Charaktervarietäten von Flächengruppen in anderen Lie-Gruppen als PSL(2,R), womit er diese den Methoden der Ergodentheorie zugänglich machte.) Die Volumenform des Modulraums (in Geschlecht g mit n Punktierungen) ist . Für g=n=1 hatte Wolpert 1983 das Volumen des Modulraums berechnet, indem er einen Fundamentalbereich für die Wirkung der Abbildungsklassengruppe im (dort 2-dimensionalen) Teichmüller-Raum angab und seinen Flächeninhalt berechnete. Aber die Verallgemeinerung dieses Ansatzes für große g und n erwies sich als zu aufwendig.
Ende der 80er Jahre hatte McShane eine überraschende Identität für die Längen geschlossener Geodäten auf einem punktierten Torus gefunden. Die Summe über alle geschlossenen Geodäten γ ergibt 1, ganz unabhängig von der hyperbolischen Metrik. Mit anderen Worten: diese Funktion ist konstant auf dem Modulraum M1,1. Man kann diese Identität wie folgt verstehen: man betrachtet einen Horokreis H der Länge 1 um die Spitze des punktierten Torus. Nach einem von Joan Birman und Caroline Series bewiesenen Satz liegen die einfachen geschlossenen Geodäten nirgendwo dicht und bilden eine Nullmenge auf der Fläche. Insbesondere schneiden sie H in isolierten Punkten und McShane zeigt, dass jede einfache geschlossene Geodäte γ zwei Lücken jeweils der Länge 1/(1+el(γ)) auf diesem Horokreis entspricht. Weil sich die Längen dieser Lücken zu 1 (der Länge von H) aufsummieren müssen, folgt McShanes Identität.
Mirzakhani fand eine Interpretation dieses Resultats, indem sie den Modulraum M*1,1 der hyperbolischen Metriken mit geodätischem Rand γ und die Projektion betrachtete. Auf M*1,1 hat man Fenchel-Nielsen-Koordinaten (l,t) mit Weil-Petersson-Form
. McShanes Formel läßt sich dann gegen die Weil-Petersson-Form integrieren und man erhält
. Damit hatte sie einen neuen Beweis für Wolperts Resultat.
Dieser Ansatz ließ sich verallgemeinern, indem Mirzakhani allgemeinere Versionen von McShanes Identität für hyperbolische Flächen mit beliebigem Geschlecht und beliebig vielen Randkomponenten fand. Für eine hyperbolische Fläche, deren Randkomponenten geschlossene Geodäten der Längen
sind, bewies sie eine Gleichung
. Hierbei ist die erste Summe über alle ungeordneten Paare geschlossener einfacher Geodäten
, die zusammen mit
eine Hose beranden, und die zweite Summe ist über alle geschlossenen einfachen Geodäten
, die zusammen mit
und
eine Hose beranden. (Eine Hose ist eine Fläche vom Geschlecht 0 mit 3 Randkomponenten wie im Bild unten.) Die Funktionen
werden durch die Geometrie der Hosen definiert, eine explizite Formel ist
Mit Hilfe dieser Identitäten bewies sie dann Rekursionsformeln für das Volumen der Modulräume, die relativ einfach zu berechnende Polynome ergaben. Die Koeffizienten dieser Polynome waren Schnittzahlen im Modulraum, die sie mit diesem Ansatz also ebenfalls berechnen konnte. Damit erhielt sie einen sehr viel transparenteren Beweis der 1990 von Maxim Kontsevich bewiesenen Witten-Vermutung über den Zusammenhang der Schnittzahlen mit der KdV-Gleichung.
Dieser Ansatz gab auch eine Formel für die Asymptotik der Anzahl einfacher geschlossener Geodäten. Margulis hatte vor mehr als dreißig Jahren bewiesen, dass es auf einer geschlossenen hyperbolischen Fläche approximativ eL/L geschlossene Geodäten der Länge kleiner L gibt. (Man nennt das den hyperbolischen Primzahlsatz wegen der Analogie zum Primzahlsatz, der approximativ eL/L Primzahlen kleiner eL postuliert.) Mirzakhani untersuchte, wieviele einfache (d.h. nicht mehrmals dieselbe Kurve durchlaufende) geschlossene Geodäten der Länge kleiner L es gibt und erhielt das Ergebnis CL6g-6 (mit einer von der hyperbolischen Fläche abhängenden Konstanten C.) Sie bewies auch Formeln für die Anzahlen in einzelnen Homologieklassen. Zum Beispiel erhielt man eine Formel für die Anzahl nullhomologer einfacher Kurven, die sich von der allgemeinen Formel nur durch den konstanten Faktor unterschieden. Weil die nullhomologen Kurven gerade diejenigen sind, die die Fläche in zwei Zusammenhangskomponenten zerlegen, kann man das interpretieren als Berechnung der Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig gewählte Kurve (beispielsweise auf einer Brezelfläche) diese in zwei Zusammenhangskomponenten zerlegt.
Mirzakhanis Arbeiten zur Volumenform auf dem Modulraum wurden manchmal als Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen auf dem Modulraum oder als Aussagen über zufällige hyperbolische Flächen popularisiert. Zufallsmethoden spielten inzwischen in zahlreichen Gebieten der Geometrie und Dynamik eine Rolle. Die von Erdös und Renyi entwickelte Theorie der Zufallsgraphen war weiter entwickelt worden zu einer Theorie der zufälligen Flächen und allgemeiner zufälligen Simplizialkomplexe, über deren Fundamentalgruppe und Homologie man Aussagen beweisen konnte. Auch in der Theorie der endlichen Gruppen nutzte man Zufallskonstruktionen. In der Theorie der hyperbolischen Gruppen wurde von Dahmani-Guirardel-Przytycki bewiesen, dass eine zufällige Gruppe als Rand im Unendlichen mit überwältigender Wahrscheinlichkeit eine Menger-Kurve hat. In der komplexen Dynamik bewiesen Lyubich und Graczyk-Świątek gleichzeitig, dass hyperbolische Dynamik in quadratischen reellen Funktionen dicht ist, d.h. für ein zufälliges a zwischen 0 und 4 hat Iteration des quadratischen Polynoms ax(1-x) einen anziehenden periodischen Orbit und demzufolge hyperbolische Dynamik, und gemeinsam mit Avila und de Melo bewies Lyubich, dass fast alle Abbildungen in einer reell-analytischen Familie quasiquadratischer Abbildungen regulär oder stochastisch sind. (Regulär heißt, fast jede Bahn konvergiert gegen einen Grenzzyklus. Stochastisch heißt, dass für fast alle Startwerte die Bahnen gemäß einem absolut stetigen Maß verteilt sind.) In der Zahlentheorie befaßten sich Bhargava und seine Koautoren mit zufälligen Zahlkörpern und zufälligen elliptischen Kurven. Beispielsweise bewiesen Bhargava und Shangar, dass ein positives Maß elliptischer Kurven Rang 0 hat und die Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer erfüllt.
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