Langlands’ Vermutung betraf allgemeinere automorphe Formen zu einer über einem Zahlkörper k definierten reduktiven linearen algebraischen Gruppe: er betrachtet die L2-Funktionen auf G(A)/G(k) und interessiert sich dann für natürliche Darstellungen von G im Unterraum der parabolischen Formen E0. Jede irreduzible Darstellung gehört zu einer L-Reihe, einem unendlichen Produkt lokaler Faktoren zu den Primidealen in k. Langlands hatte vermutet, dass man damit alle in Zahlentheorie und algebraicher Geometrie vorkommenden Reihen der Form Σn f(n)/ns berechnen könnte. Man sollte also eine L-Funktion als (zu definierende) L-Reihe einer gewissen cuspidalen Darstellung von G(A) interpretieren – so wie man Heckes L-Reihe aus Hecke-Operatoren ohne Rückgriff auf die Spitzenformen definieren konnte – und diese dann als L-Reihe einer Galois-Darstellung bekommen. Von Hecke stammte ein Kriterium (der Umkehrsatz), wann eine Reihe der Form Σn f(n)/ns die L-Reihe einer Modulform ist. Analoge Umkehrsätze hatten Jacquet und Langlands für GL(2) und dann – mit besseren Kriterien – Jacquet, Piatetski-Shapiro und Bernstein für GL(n) bewiesen. Die Beweise funktionierten durch Invarianten, die auf beiden Seiten gleich sind. Analog zur Klassenkörpertheorie vorArtins Reziprozitätssatz, wo man kommutative Körpererweiterungen aus zyklischen und entsprechend Idealklassengruppen aus einfacheren Bausteinen aufbaute.
In den 90er und 00er Jahren gab es eine Reihe spektakulärer Ergebnisse wie die lokale Version der Langlands-Korrespondenz und die globale Korrespondenz für GL(n,K) über Funktionenkörpern, oder wie die Modularität elliptischer Kurven und die Serre-Vermutung über die Modularität der 2-dimensionalen, ungerade, irreduziblen Darstellungen von Galois-Gruppen (über einem endlichen Körper, kurioserweise wurden Darstellungen über endlichen Körpern in der Darstellungstheorie schon immer als modulare Darstellungen bezeichnet, was aber nichts mit Modulformen zu tun gehabt hatte) sowie durch Luis Dieulefait einige Fälle der Vermutung, dass p-adische Galois-Darstellungen durch Darstellungen auf der etalen Kohomologie einer Varietät induziert sind. Das Langlands-Programm wurde auch in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr zum zentralen Thema der Mathematik stilisiert. Jeder Fortschritt war ein großes Ereignis und wurde mit wichtigen Preisen geehrt. Der Beweis des Fundamentallemmas durch Ngo Bao Chau war aber auch vor diesem Hintergrund ein besonderer Durchbruch. Das Time Magazine wählte ihn auf Platz 7 der bedeutendsten wissenschaftlichen Entdeckungen des Jahres 2009.
Zwölf Jahre nach seinem Brief an André Weil hatte Langlands erstmals in seinen Notizen das Fundamentallemma erwähnt und es dann in einer Arbeit mit Diane Shelstad weiter präzisiert und verallgemeinert. Rückblickend meinte er später, er habe zwar fast jedes seiner mathematischen Projekte nie zu einem richtigen Abschluß gebracht, im Zusammenhang mit Endoskopie und der stabilisierten Spurformel sei das für das Fundamentallemma aber besonders unbefriedigend. Im Nachhinein scheine es ihm aber unvermeidlich, denn diese präzise und rein kombinatorische Behauptung, die er für elementar gehalten habe, sei sehr viel schwieriger gewesen als von ihm angenommen.
Beim Fundamentallemma geht es um die allgemeine Spurformel von Arthur. Für eine algebraische Gruppe G hat man die spektrale und geometrische Seite der Spurformel und kann nun Aussagen über die automorphen Darstellungen, die auf der spektralen Seite auftre, zu zeigen, indem man etwas über die geometrische Seite beweist. Insbesondere kann man Beziehungen zwischen automorphen Darstellungen unterschiedlicher Gruppen beweisen, wenn es gelingt, die geometrischen Seiten der Spurformeln in Übereinstimmung zu bringen. Dazu müssen aber zunächst einmal die Konjugationsklassen, über welche auf der geometrischen Seite summiert wird, zueinander passen. Das ist in der Regel nicht der Fall, weshalb man die geometrische Seite “stabilisiert”, indem man die Summe über Konjugationsklassen ersetzt durch eine Summe über “stabile Konjugationsklassen”, was im wesentlichen den Konjugationsklassen im algebraischen Abschluß entspricht. Wenn man die Bahnintegrale auf der geometrischen Seite der Spurformel durch stabile Bahnintegrale ersetzt, treten Fehlerterme auf, die sich in Termen anderer algebraischer Gruppen, der sogenannten endoskopischen Gruppen von G ausdrücken lassen. Das Fundamentallemma behauptet, dass die Fehlerterme ihrerseits wieder stabile Bahnintegrale der endoskopischen Gruppen sind.
Das sah nach einer kombinatorischen Übungsaufgabe aus, die man zunächst auch mit Methoden aus der Theorie der Gebäude anging, aber die Lösung benötigte dann fast dreißig Jahre. (Zuvor war das Lemma schon für SL(n) und einige Gruppen von kleinem Rang bewiesen worden.) Mit einem von Kazhdan und Lusztig eingeführten Begriff affiner Springer-Fasern war es gelungen, eine Beziehung des Fundamentallemmas zur algebraischen Geometrie herzustellen. Die Orbitintegrale, um die es im Fundamentallemma, hängen ab von den Anzahlen von Punkten in affinen Springer-Fasern. Laumon hatte die Singularitäten solcher Fasern und ihre Deformationen untersucht und Goresky, Kottwitz und MacPherson hatten eine Vermutung über die Reinheit der Kohomologie dieser Fasern aufgestellt, aus der das Fundamentallemma folgen würde. Diese Vermutung blieb offen, aber dieser Themenkreis bildete den Hintergrund für Ngo Bao Chaus Beweis. Man läßt die affinen Springer-Fasern in einer sogenannten Hitchin-Faserung variieren. Die Basen dieser Faserungen lassen sich vergleichen und die Anzahlen von Punkten in der Faser lassen sich ähnlich der Lefschetzschen Fixpunktformel angewandt auf den Frobeniusautomorphismus bestimmen. Wegen eines von Ngo bewiesenen “Trägersatzes” genügt es, die gewünschte Spurformel auf einer gewissen offenen Teilmenge der Hitchin-Faserung zu überprüfen, wo er sich durch eine Rechnung ergibt.
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