Pecunia ex oleum non olet?
Wenn Geld aus Öl schon nicht zu mehr Demokratie führt, nützt es dann wenigstens der Entwicklung von Wissenschaft und Technik?
Im Shanghai-Ranking, der weltweiten Forschungsrangliste der Universitäten, sind zwei saudi-arabische Universitäten regelmäßig in den Top 200: die King Abdelaziz University und die King Fahd University of Petroleum & Minerals. In der Mathematik ist die King Abdelaziz University sogar häufig in den Top 50.
Über Sinn und Unsinn solcher Rankings läßt sich natürlich vieles sagen. Etienne Ghys hat sich auf {\em Images des Mathematiques} mal mit den grundsätzlichen Problemen im Shanghai-Ranking auseinandergesetzt, seinen Artikel “Shanghai, Perpignan, et les mathematiques” findet man auf https://images.math.cnrs.fr/Shanghai-Perpignan-et-les-mathematiques?lang=fr. Ein extremes Beispiel für Verzerrungen im Ranking war die Universität Alexandria in Ägypten, die es im Jahr 2011 durch die zweifelhaften Aktivitäten eines einzelnen Professors auf Platz 4 im Citation Index und immerhin noch Platz 147 im Gesamtranking geschafft hatte.
Bei den saudi-arabischen Universitäten liegt die Sache aber anders. Neben der Produktivität einheimischer Forscher spielen die “secondary affiliations” eine Rolle: bekannte internationale Wissenschaftler bekommen einen Zweitjob an einer saudischen Uni, halten dort einige Wochen im Jahr Vorträge oder Sommerschulen und zählen bei den Citation Rankings für ihren Zweitarbeitgeber genauso wie für ihre Heimat-Universität.
Es gab zu dieser Frage 2014 ein Paper auf dem ArXiv: “Which of the world’s institutions employ the most highly cited researchers? An analysis of the data from highlycited.com.” Dessen Autoren sprachen in diesem Zusammenhang sogar von Manipulation, was aber eigentlich doch nur gerechtfertigt wäre, wenn die eingekauften Wissenschaftler den Universitäten nur ihre Namen und Veröffentlichungen zur Verfügung stellten ohne dort aktiv zu sein.
Dem ist aber nicht so, es gibt tatsächlich zahlreiche Aktivitäten ausländischer Wissenschaftler an saudischen Universitäten, die Webseite des Mathe-Departments der KAU berichtete schon 2015 von “more than 500 seminars and crash courses in mathematics by distinguished adjunct professors” und es gibt inzwischen eine sehr hohe Anzahl von Veröffentlichungen saudischer Mathematiker in anerkannten Fachzeitschriften. Die aufgewandten Gelder scheinen also durchaus gut eingesetzt und nicht nur dem Einkauf von Publikationslisten zu dienen. Insoweit kann man diesen Ansatz als funktionierend, wenn auch aus Mangel finanzieller Mittel für andere Entwicklungsländer kaum replizierbar ansehen.
Ist es also egal, ob das Steuergeld für Wissenschaft und Bildung von Intel und Tesla oder nur aus billigem Öl und Gas kommt?
Was in Saudi-Arabien jedenfalls nicht funktioniert, ist jenseits der reinen und angewandten Forschung auch die Gesellschaft als Ganzes zu modernisieren, außerhalb der wissenschaftlich-technischen Institutionen verharrt das Land weitgehend im Mittelalter, wie sich an vielen Beispielen verifizieren läßt.
Gerichte entscheiden auf Todesstrafe durch Enthaupten für Hexerei, verhängen aber oft laxe Strafen in Fällen häuslicher Gewalt. Nicht zuletzt unterstützt das Land den internationalen Terrorismus und führt seit 2015 einen “Bürgerkrieg” im Jemen, der große Teile des Landes verwüstet hat.
“Wandel durch Handel” oder auch “Wandel durch wissenschaftliche Zusammenarbeit” ist offensichtlich kein Selbstläufer.
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