1+2+3+4+5+…=-1/12

Im Januar 2014 wies mich ein Leser meines Blogs per e-Mail auf einen Artikel im Blog “Bad Astronomy” hin, der wiederum Bezug nahm auf ein einige Wochen zuvor bei Numberphile erschienenes Video “1+2+3+4+5+…=-1/12”. Die Gleichung im Titel war dem bekannten Lehrbuch “String Theory” von Joseph Polchinski entnommen.

Bewiesen wurde sie im Video mittels geschickter Indexverschiebungen in unendlichen Reihen. Der Mathematiker erkennt natürlich sofort den Fehler im Beweis: es ist das Herumrechnen mit divergenten Reihen, mit dem man, wenn man sich (un)geschickt anstellt, praktisch jeden Unsinn beweisen kann – was im Video leider zu erklären versäumt wurde. Zum Beispiel kann man eine konvergente, aber nicht absolut konvergente, Reihe wie \sum_{i=1}^\infty (-1)^i\frac{1}{i} durch passende Umordnung der Summanden jeden reellen Wert annehmen lassen.

Nun haben im 18. Jahrhundert Mathematiker durchaus solche Rechnungen benutzt, um damit völlig richtige Ergebnisse zu erhalten. Leonhard Euler galt als Meister im Rechnen mit divergenten Reihen, der offenbar immer genau wußte, welche Rechnungen zu korrekten Ergebnissen führen und welche nicht. Tatsächlich gibt es einen von Euler verfaßten Artikel “De seriebus divergentibus”, in dem er die Argumente der Gegner und Befürworter divergenter Reihen erörtert und aber klar die Partei der Befürworter ergreift.

So real diese Uneinigkeit aber auch erscheinen mag, kann dennoch keine Partei von der anderen eines Fehlers überführt werden, sooft in der Analysis der Gebrauch von Reihen dieser Art auftaucht; es muss von großer Bedeutung sein, dass keine Partei falsch liegt, sondern die Uneinigkeit in den Werten allein gelegen ist. Wenn ich nämlich bei einer Rechnung zu dieser Reihe 1 − 1 + 1 − 1 + 1 − 1 + etc gelange und an ihrer Stelle 1/2 einsetze, wird gewiss niemand mir mit Recht einen Fehler anlasten, der dennoch jedem sofort ins Auge spränge, wenn ich irgendeine andere Zahl an deren Stelle gesetzt hätte; daher kann kein Zweifel bestehen bleiben, dass die Reihe 1 − 1 + 1 − 1 + 1 − 1 + etc und der Bruch 1/2 äquivalente Größen sind, und sich die eine anstelle der anderen immer ohne einen Fehler einsetzen lässt.
Die ganze Frage scheint also nur darauf zurückzugehen, ob wir den Bruch 1/2 richtigerweise die Summe der Reihe 1 − 1 + 1 − 1 + etc nennen; die das hartnäckig verneinen, obwohl sie dennoch nicht wagen die Äquivalenz zu verneinen, sind dafür vehement zu verachten, nicht die Logik zu beachten.

Heutigen Mathematikern muss man wohl erst erklären, dass 1/2 der Wert der geometrischen Reihe für q=-1 ist.

Anfang des 19. Jahrhunderts begann man solche Beweise in Zweifel zu ziehen, exemplifiziert am Zitat von Niels Henrik Abel

Die divergenten Reihen sind eine Erfindung des Teufels, und es ist eine Schande, irgendeinen Beweis auf sie zu stützen. Indem man sie verwendet, kann man jede beliebige Schlussfolgerung ziehen, und deshalb haben diese Reihen so viele Trugschlüsse und so viele Paradoxien hervorgebracht.

Seit den 1820er Jahren wurde dann das Rechnen mit unendlichen Reihen auf eine klar definierte mathematische Grundlage gestellt, wie man sie heute im Analysis-Grundkurs lernt, und die Mathematiker verlernten das Rechnen mit divergenten Reihen (mit Ausnahme Ramanujans.)

Auch wenn man durch geschicktes Umordnen divergenter Reihen praktisch jede mathematische Identität beweisen kann, spielt die “Identität” \sum_{i=1}^\infty i =-\frac{1}{12} trotzdem eine besondere Rolle. Das Schlagwort heißt “Riemannsche Zeta-Funktion”. (Es ist unter Historikern umstritten, ob die Rechnung auch schon Euler bekannt war.)

Wenn s eine komplexe Zahl mit Realteil Re(s)>1 ist, dann konvergiert die unendliche Reihe
\zeta(s):=\sum_{n=1}^\infty  \frac{1}{n^s},
zum Beispiel ist \zeta(2)=\frac{\pi^2}{6}
Man kann zeigen, dass diese Funktion im Bereich Re(s)>1 komplex differenzierbar ist.

Es ist ein allgemeines Prinzip, dass man eine auf einer offenen Teilmenge der Ebene definierte komplex-differenzierbare Funktion (unter gewissen Voraussetzungen) “analytisch fortsetzen” kann, so dass man eine auf der ganzen Ebene (mit Ausnahme einzelner isolierter Singularitäten) definierte komplex-differenzierbare Funktion erhält. Im Fall von \zeta(s) definiert diese analytische Fortsetzung die sogenannte Riemannsche Zeta-Funktion, für die sich Riemann seinerzeit wegen ihrer Anwendungen auf die Primzahlverteilung interessiert hatte. (Der Primzahlsatz ist äquivalent zu der später von Hadamard und de la Vallée Poussin bewiesenen Tatsache, dass es Nullstellen nur im Bereich $latex Re(s)<1 $ geben kann. Die bestmögliche Fehlerabschätzung im Primzahlsatz würde aus der Riemann-Vermutung folgen, derzufolge es nichttriviale Nullstellen nur auf der Geraden Re(s)=\frac{1}{2} geben soll.)

Den Wert der Riemannschen Zeta-Funktion in s=-1 kann man mit Hilfe der Funktionalgleichung
\zeta(s) = 2^s\pi^{s-1}\ \sin\left(\frac{\pi s}{2}\right)\ \Gamma(1-s)\ \zeta(1-s) berechnen, man erhält
\zeta(-1)=-\frac{1}{2\pi^2}\Gamma(2)\zeta(2)=-\frac{1}{2\pi^2}\zeta(2)=-\frac{1}{2\pi^2}\frac{\pi^2}{6}=-\frac{1}{12}.

Wenn man sich dann erinnert, dass die Riemannsche Zeta-Funktion ja eigentlich (für Re(s)>1) mal definiert war als

\zeta(s)=1+\frac{1}{2^s}+\frac{1}{3^s}+\frac{1}{4^s}+\frac{1}{5^s}+\ldots

und wenn man dort formal s=-1 einsetzt, bekommt man

-\frac{1}{12}=\zeta(-1)=1+2+3+4+5+\ldots.

Der Punkt ist natürlich, dass \zeta(s) eben nur für Re(s)>1 auf diese Weise definiert war, für andere Werte von s divergiert die Reihe und der Wert der analytischen Fortsetzung hat nichts mit dem (nicht existierenden) Wert der unendlichen Reihe zu tun.

Denselben Wert wie über die Zeta-Funktion erhält man übrigens auch mit Ramanujans Summationsmethode.

Im ursprünglichen Numberphile-Video war der Wert der Reihe mittels recht einfacher Taschenspielertricks (Indexverschiebungen in Reihen) hergeleitet worden, lebhafte Diskussionen an zahlreichen Stellen des Internets provozierend. Die Macher des Videos fühlten sich dann genötigt, noch ein zweites Video nachzuschieben, dreimal so lang wie das erste, indem alles aufgeklärt wurde. Erklärt wurde dort auch, warum die Summe in der Stringtheorie vorkommt (meine Übersetzung):

Wir sehen ein Beispiel in Polchinskis Stringtheorie-Buch, wo er die Dimensionalität des Universums vorherzusagen versucht und tatsächlich diese Summe erscheint, weil du am Ende die Summe hast: die Strings haben unterschiedliche Oszillationsmoden: erster harmonischer Modus, zweiter, dritter und so weiter, und wenn man alle Beiträge aufsummiert, naiv würde man einen unendlichen Beitrag bekommen, aber man bekommt -1/12 und die -1/12 gibt dann die 26 Dimensionen.

Etwas später produzierte Numberphile dann noch ein weiteres Video mit Edward Frenkel, in dem dieser weiter ausholte und die divergenten Reihen mit der Wurzel aus -1 verglich, die zwar ebenfalls nicht existiert, aber das Rechnen erheblich vereinfacht, weshalb man mit komplexen Zahlen rechnet als wenn es sie wirklich gäbe.

Numberphile, ein Videoportal des früheren BBC-Journalisten Brady Haran, hatte 2011 begonnen mit einem Video über den 11.11.11 und dann - entsprechend dem Namen - als Zahlenfreunde fortgesetzt mit Videos über spezifische Zahlen wie 255, 16, 8128 oder 6174. Die kontroversen Diskussionen über 1+2+3+4+5=-1/12 waren dann wohl der Durchbruch, dieses Video wurde (bis heute) 8,9 Millionen mal geschaut, und auch ihre anderen Videos haben seitdem stets sechs-, manchmal auch siebenstellige Zugriffszahlen. Im Folgenden will ich noch ein paar interessante Videos dieses Kanals aus den letzten Jahren vorstellen.

Eisenbahngraphen

Hannah Fry sprach im November 2021 über die Anfangsjahre des Bahnwesens und wie man vermied, dass Züge gleichzeitig auf demselben Gleis unterwegs waren. (Man fuhr besonders schnell um nicht von einem anderen Zug auf demselben Gleis erwischt zu werden.)

Charles Ibry entwickelte damals einen speziellen Graphen, auf dem man Züge so eintragen kann, dass sie sich nicht kreuzen, bzw. auf dem man die Kreuzungen erkennen kann.

Diese Objekte wurden in der Mitte des 19. Jahrhunderts tatsächlich so benutzt. Angestellte in den Büros der Bahngesellschaften saßen mit Stift und Lineal an ihren Schreibtischen und zeichneten solche Graphen.

Der riesige Dom

Im Dezember 2020 erklärte Thomas Crawford, wie die Geometrie der Kettenlinie beim Bau der St. Paul‘s Cathedral eine Rolle spielte.

Was im Video nicht gesagt wurde, obwohl es Ende 2020 sicher interessiert hätte: die Kathedrale wurde gebaut, nachdem man in London dank eines Großbrandes eine Pandemie überwunden hatte. In London herrschte 1665-1666 eine Pestepidemie, in der zeitweise 7000 Menschen wöchentlich verstarben. (Die dadurch erzwungene Quarantäne nutzte Isaac Newton zur Entwicklung der Differentialrechnung.) Nachdem die Epidemie bereits im Abklingen war, brach im September 1666 ein Feuer aus, dem vier Fünftel der Bebauung, darunter fast alle mittelalterlichen Bauten, aber nur wenige Menschen zum Opfer fielen. Weil die die Krankheit übertragenden Ratten und Flöhe durch das Feuer vernichtet wurden, stoppte dies die weitere Ausbreitung der Pest. Da auch die große Kathedrale abgebrannt war, begann man mit dem Bau von St. Paul‘s, der 1708 vollendet wurde.

Falsche Bruchrechnung

Man weiß es natürlich seit der fünften Klasse, dass man Brüche nicht zähler- und nennerweise addieren darf, also so wie
\frac{11}{24}+\frac{17}{37}=\frac{28}{61}.
Was passiert, wenn man es doch tut, hat der Geologe John Farey schon vor 200 Jahren untersucht, weshalb man diese Art der Bruchrechnung heute Farey-Addition nennt.

In einem (bisher) 4,3 Millionen mal geschauten Numberphile-Video, das man schon des französischen Akzents wegen anschauen sollte, erklärte Francis Bonahon im Juni 2015 den Zusammenhang zwischen Fareys Bruchrechnung und den abgebildeten Ford-Kreisen.

Nur angedeutet wurde natürlich der Zusammenhang mit hyperbolischer Geometrie, Topologie und Dynamik. Darüber kann man in Kapitel 8 von Bonahons Buch nachlesen oder auch online zum Beispiel (mit weiteren Links in den Kommentaren) im Secret Blogging Seminar

Stetigkeit in geometrischen Beweisen

Die Nützlichkeit topologischer Stetigkeitsargumente bei der Lösung geometrischer Probleme wird manchmal (zum Beispiel im sehr empfehlenswerten Buch von Boltjanskij-Efremowitsch) veranschaulicht mit dem Beweis, dass jede beliebige geschlossene Kurve durch ein Quadrat umschrieben werden kann: Zu jedem Winkel α findet man ein Rechteck, dessen erste Seite Neigungswinkel α hat und das die Kurve umschreibt. (Man nehme einfach ein sehr grosses Rechteck mit Neigungswinkel α, das gross genug ist um die Kurve im Inneren zu enthalten. Dann verschiebe man die Seiten durch Parallelverschiebung, bis sie die Kurve gerade berühren.) Sei A die Länge der ersten Seite, B die Länge der zweiten Seite. Falls A-B=0 ist, haben wir ein Quadrat. A und B hängen stetig vom Winkel α ab. (Das muss man strenggenommen eigentlich noch beweisen.) Nun erhalten wir für α=90odasselbe Rechteck wie für α=0o, wobei aber die Rolle von A und B vertauscht ist. Wenn also für α=0o A>B ist, dann ist für α=90o B>A (und umgekehrt). A-B ist also bei α=0o positiv und bei α=90o negativ, oder umgekehrt. Also muss A-B zwischendurch einmal den Wert 0 annehmen, wir bekommen also ein Quadrat.

Ein ähnliches Argument liefert im März 2020 einen von drei Beweisen, dass man in jedem spitzwinkligen Dreieck ein Quadrat findet:

Hilberts drittes Problem

Kann man Polygone gleichen Flächeninhalts oder Polyeder gleichen Volumens durch Schneiden und Kleben ineinander überführen? Für 2-dimensionale Polygone ist das elementar genug, dass man es vielleicht sogar mit Schülern machen kann und war schon früh im 19. Jahrhundert bekannt (Satz von Bolyai-Gerwien).

Carl Friedrich Gauß hatte seinerzeit bedauert, dass manche Sätze der Körpergeometrie (wie die Volumenformel für Pyramiden) von der Exhaustionsmethode abhängen, also in moderner Sprache von der Axiomatisierung der Stetigkeit. Der elementare Beweis der Scherenkongruenz flächengleicher Polygone warf die Frage auf, ob vielleicht auch ein elementarer Beweis für den Satz von Euklid - dass sich die Volumina von Pyramiden gleicher Höhe wie die Flächeninhalte ihrer Basisflächen verhalten - möglich sei. David Hilbert, der sich damals mit den Grundlagen der euklidischen Geometrie beschäftigte, glaubte das nicht und und so stellte er als eines seiner berühmten 23 Probleme auf dem Weltkongreß in Paris die Aufgabe, einen rigorosen Beweis für seine Unmöglichkeit (oder das Gegenteil) zu erbringen.

Das Problem wurde wenige Monate später von Max Dehn gelöst, der bewies, dass man einen regelmäßigen Tetraeder nicht durch Schneiden und Kleben in einen Würfel gleichen Volumens verwandeln kann. Den Unterschied zwischen Dimension 2 und 3 machen die diedrischen Innenwinkel an den Kanten aus. Dehn definierte eine aus den Kanten-Längen und -Winkeln gebildete Invariante, die dann zusammen mit dem Volumen tatsächlich entscheidet, ob zwei Polyeder scherenkongruent sind. In heutiger Sprache schreibt man Dehns Invariante als \Sigma_{Kanten}l\otimes \alpha \in R\otimes R\slash 2\pi Z, wobei l die Länge und alpha der diedrische Innenwinkel der Kante ist. (In Aigner-Ziegler: "Das Buch der Beweise" findet man eine elementare Definition, die das Tensorprodukt vermeidet, die ich persönlich aber eher komplizierter finde.) Diese Invariante ist 0 für den Würfel, aber ungleich 0 für den regelmäßigen Tetraeder.

Das alles wurde anschaulich erklärt von Daniel Litt in einem Numberphile-Video vom Juli 2019.
https://youtu.be/eYfpSAxGakI

Und noch

Noch kurz ein paar weitere interessante Numberphile-Videos.

Im Juni 2017 wurde ein einfaches Gegenbeispiel zu einer Vermutung John Conways vorgestellt. Conway hatte gefragt, ob der Prozess, einer Zahl ihre Primfaktorzerlegung als Dezimalzahl (mit Exponenten als Ziffern) zuzuordnen, nach endlich vielen Iterationen stets zu einer Primzahl führt. Das Gegenbeispiel ist 13532385396179=13\times 53^2\times 3853\times 96179

Wirklich anspruchsvolle Mathematik erklärte June Huh im Juli 2018 in einem Video über die Geschichte der g-Vermutung.

Im Dezember 2020 erklärte Sabetta Matsumoto die Geometrie der „strukturellen Färbungen“ von Schmetterlingsflügeln und Gyroiden: "Structural color is based on reflection, not absorption".

Im Februar 2022 malten Matt Henderson und seine "Plotter Machine" schöne Kurven.

Und das (zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels) letzte Video widmet sich dem Langlands-Programm, wieder mit Edward Frenkel.

Kommentare (5)

  1. #1 Frank Wappler
    30. Oktober 2023

    Thilo schrieb (29. Oktober 2023):
    > […] die unendliche Reihe \zeta[ ~ s ~ ] := \sum_{n = 1}^{\infty}\left[ ~ \frac{1}{n^s} ~ \right]
    > [… die für] Realteil \text{Re}[ ~ s ~ ] > 1 […] konvergiert [… und als Funktion von s …] komplex differenzierbar ist.

    Um untersuchen und entscheiden zu können, ob und für welche Werte s ein (gegebener) Ausdruck konvergiert (und, falls so, womöglich darüber hinaus auch komplex differenzierbar wäre), muss der betreffende Ausdruck hinreichend formal gegeben (und insofern auch “formal als Reihe definiert”) sein.

    > […] Der Punkt ist natürlich, dass \zeta[ ~ s ~ ] eben nur für \text{Re}[ ~ s ~ ] > 1 auf diese Weise definiert war,

    Hier bezieht sich die Charakterisierung als “definiert” offenbar auf die ausdrückliche Erfüllung der Forderung nach Konvergenz (alias “Wertigkeit”, die zur Bewertung von Differenzierbarkeit vorausgesetzt wird), bzw. sogar auf die ausdrückliche Erfüllung der Forderung nach komplex-Differenzierbarkeit.

    Wäre es richtig zu sagen, dass die Reihe \zeta[ ~ s ~ ] anhand ihrer o.g. formalen Definition eben nur für \text{Re}[ ~ s ~ ] > 1 als analytische Funktion von s unmittelbar definiert ist ?

    (Dann könnte es sich allerdings als vorteilhaft erweisen, “die formal überall definierte Reihe” auch symbolisch von der “daraus unmittelbar definierten analytischen Funktion auf entsprechend eingeschränktem Definitionsbereich” zu unterscheiden.)

    > Es ist ein allgemeines Prinzip, dass man eine auf einer offenen Teilmenge der Ebene definierte komplex-differenzierbare Funktion (unter gewissen Voraussetzungen) “analytisch fortsetzen” kann, so dass man eine auf der ganzen Ebene (mit Ausnahme einzelner isolierter Singularitäten) definierte komplex-differenzierbare Funktion erhält.

    (Und diese Fortsetzung ist offenbar eindeutig.)

    > Im Fall von \zeta[ ~ s ~ ] definiert diese analytische Fortsetzung

    … der formal gegebenen/definierten Reihe in den Bereich \text{Re}[ ~ s ~ ] &le 1 (mit Ausnahme einzelner isolierter Singularitäten) …

    > die sogenannte Riemannsche Zeta-Funktion […]

    (Es könnte sich allerdings als vorteilhaft erweisen, “die aus der formal überall gebenen Reihe unmittelbar definierte analytische Funktion auf entsprechend eingeschränktem Definitionsbereich” auch symbolisch von deren eindeutiger “analytischen Fortsetzung” zu unterscheiden.)

    > [Im Bereich \text{Re}[ ~ s ~ ] &le 1 hat] der Wert der analytischen Fortsetzung nichts mit dem (nicht existierenden) Wert der unendlichen Reihe zu tun.

    Dem stinknormalen Gleichheitszeichen, wie es u.a. im obigen ScienceBlog-Artikel in der Gleichung “- \frac{1}{12} = 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + \dots” sogar mehrfach auftritt,
    ist diese recht spezielle Bedeutung allerdings nur schwerlich zu entnehmen.
    (Es wurde bereits gelegentlich vorgeschlagen, stattdessen “- \frac{1}{12} \doteq 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + \dots” zu schreiben.)

    p.s.
    > \sum_{i = 1}^{\infty} […]

    Da das Zeichen i konventionell die imaginare Einheit symbolisiert, ist dessen Verwendung als Index nicht zu empfehlen. Man beachte z.B.

    \sum_{k = 1}^{\infty} \left[ ~ (-1)^k ~ \frac{1}{i} ~ \right] = i ~ \left( \sum_{k = 1}^{\infty} \left[ ~ (-1)^{(k + 1)} ~ \right] \right)

    und

    \sum_{k = 1}^{\infty} \left[ ~ (-1)^i ~ \frac{1}{k} ~ \right] = \frac{1}{e^{\pi}} ~ \left( \sum_{k = 1}^{\infty} \left[ ~ \frac{1}{k} ~ \right] \right).

  2. #2 Frank Wappler
    30. Oktober 2023

    Thilo schrieb (29. Oktober 2023):
    > […] die unendliche Reihe \zeta[ ~ s ~ ] := \sum_{n = 1}^{\infty}\left[ ~ \frac{1}{n^s} ~ \right]
    > [… die für] Realteil \text{Re}[ ~ s ~ ] > 1 […] konvergiert [… und als Funktion von s …] komplex differenzierbar ist.

    Um untersuchen und entscheiden zu können, ob und für welche Werte s ein (gegebener) Ausdruck konvergiert (und, falls so, womöglich darüber hinaus auch komplex differenzierbar wäre), muss der betreffende Ausdruck hinreichend formal gegeben (und insofern auch “formal als Reihe definiert”) sein.

    > […] Der Punkt ist natürlich, dass \zeta[ ~ s ~ ] eben nur für \text{Re}[ ~ s ~ ] > 1 auf diese Weise definiert war,

    Hier bezieht sich die Charakterisierung als “definiert” offenbar auf die ausdrückliche Erfüllung der Forderung nach Konvergenz (alias “Wertigkeit”, die zur Bewertung von Differenzierbarkeit vorausgesetzt wird), bzw. sogar auf die ausdrückliche Erfüllung der Forderung nach komplex-Differenzierbarkeit.

    Wäre es richtig zu sagen, dass die Reihe \zeta[ ~ s ~ ] anhand ihrer o.g. formalen Definition eben nur für \text{Re}[ ~ s ~ ] > 1 als analytische Funktion von s unmittelbar definiert ist ?

    (Dann könnte es sich allerdings als vorteilhaft erweisen, “die formal überall definierte Reihe” auch symbolisch von der “daraus unmittelbar definierten analytischen Funktion auf entsprechend eingeschränktem Definitionsbereich” zu unterscheiden.)

    > Es ist ein allgemeines Prinzip, dass man eine auf einer offenen Teilmenge der Ebene definierte komplex-differenzierbare Funktion (unter gewissen Voraussetzungen) “analytisch fortsetzen” kann, so dass man eine auf der ganzen Ebene (mit Ausnahme einzelner isolierter Singularitäten) definierte komplex-differenzierbare Funktion erhält.

    (Und diese Fortsetzung ist offenbar eindeutig.)

    > Im Fall von \zeta[ ~ s ~ ] definiert diese analytische Fortsetzung

    … der formal gegebenen/definierten Reihe in den Bereich \text{Re}[ ~ s ~ ] \le 1 (mit Ausnahme einzelner isolierter Singularitäten) …

    > die sogenannte Riemannsche Zeta-Funktion […]

    (Es könnte sich allerdings als vorteilhaft erweisen, “die aus der formal überall gebenen Reihe unmittelbar definierte analytische Funktion auf entsprechend eingeschränktem Definitionsbereich” auch symbolisch von deren eindeutiger “analytischen Fortsetzung” zu unterscheiden.)

    > [Im Bereich \text{Re}[ ~ s ~ ] \le 1 hat] der Wert der analytischen Fortsetzung nichts mit dem (nicht existierenden) Wert der unendlichen Reihe zu tun.

    Dem stinknormalen Gleichheitszeichen, wie es u.a. im obigen ScienceBlog-Artikel in der Gleichung “- \frac{1}{12} = 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + \dots” sogar mehrfach auftritt,
    ist diese recht spezielle Bedeutung allerdings nur schwerlich zu entnehmen.
    (Es wurde bereits gelegentlich vorgeschlagen, stattdessen “- \frac{1}{12} \doteq 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + \dots” zu schreiben.)

    p.s.
    > \sum_{i = 1}^{\infty} […]

    Da das Zeichen i konventionell die imaginare Einheit symbolisiert, ist dessen Verwendung als Index nicht zu empfehlen. Man beachte z.B.

    \sum_{k = 1}^{\infty} \left[ ~ (-1)^k ~ \frac{1}{i} ~ \right] = i ~ \left( \sum_{k = 1}^{\infty} \left[ ~ (-1)^{(k + 1)} ~ \right] \right)

    und

    \sum_{k = 1}^{\infty} \left[ ~ (-1)^i ~ \frac{1}{k} ~ \right] = \frac{1}{e^{\pi}} ~ \left( \sum_{k = 1}^{\infty} \left[ ~ \frac{1}{k} ~ \right] \right).

  3. #3 Frank Wappler
    30. Oktober 2023

    Frank Wappler schrieb (#2, 30. Oktober 2023):
    > […] (Es wurde bereits gelegentlich vorgeschlagen, stattdessen
    “- \frac{1}{12} \doteq 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + \dots” zu schreiben.)

    Eine weitere Korrektur:
    Der damalige Vorschlag war stattdessen:
    “- \frac{1}{12} \bumpeq 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + \dots”.

  4. #4 Jack
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