Kürzeste Verbindungen auf Brezeln.

In TvF 56 hatten wir mal über Geodäten geschrieben, lokal kürzeste Verbindungskurven wie z.B. Geraden in der (euklidischen) Ebene oder Großkreise auf der (runden) Sphäre.

In der letzten Woche hatten wir dann darüber geschrieben, daß das “Längenspektrum” (d.h. die Längen geschlossener Geodäten) das “Klangspektrum” (d.h. die Eigenwerte des Laplace-Operators) determiniert, über die Selbergsche Spurformel. In den nächsten Folgen soll es um die geschlossenen Geodäten und die Erklärung des Namens “Spurformel” gehen.

Geodäten auf Flächen

Geodäten in der euklidischen Ebene sind Geraden, Geodäten auf der runden Sphäre sind Großkreise.

Aber was sind eigentlich die Geodäten auf der Brezelfläche (mit einer hyperbolischen Metrik)?

Dafür schaut man sich die universelle Überlagerung (TvF 65) der Brezelfläche an:

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(Die Bilder sind nicht maßstabsgerecht; in Wirklichkeit läßt sich die Brezel mit der hyperbolischen Metrik nicht in den 3-dimensionalen euklidischen Raum einbetten.)

Eine geschlossene Geodäte auf der rechts abgebildeten Brezel-Fläche “hebt sich” zu (unendlich langen) Geodäten in der ‘universellen Überlagerung’, d.h. in der links abgebildeten hyperbolischen Ebene.

Geodäten in der hyperbolischen Ebene sind bekanntlich die Geraden und Halbkreise, die auf dem ‘Rand’ senkrecht stehen (vgl. TvF 56).

Bild rechts: © Y.Petridis (MPI Bonn)

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Diese Geodäten der hyperbolischen Ebene werden also projiziert auf Geodäten der Brezelfläche. (Dabei gibt es zu einer Geodäten in der Brezel-Fläche unendlich viele Geodäten in der hyperbolischen Ebene, die auf diese Geodäte projizieren.)

Zum Beispiel zur orangen Geodäte auf der Brezel-Fläche (im Bild oben rechts) hat man die zwei orangen Seiten des Achtecks (im Bild oben links), die auf diese Geodäte projizieren. Die beiden Achteck-Seiten sind Teilstücke von zwei Geodäten, die beide komplett auf die orange Geodäte projizieren. (Außerdem gibt es noch unendlich viele andere Geodäten der hyperbolischen Ebene, die auf die orange Geodäte projizieren.)

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Quelle: https://mathworld.wolfram.com/UniversalCover.html

Einfacheres Beispiel: Geodäten auf dem Torus

Ein Einschub: einfacher zu sehen ist das wohl auf dem unten abgebildeten Torus T2 = R/20Z x R/10Z mit der flachen Metrik. (Statt 20 und 10 kann man natürlich auch irgendwelche anderen Zahlen nehmen.)

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Quelle: Ghys: Geometriser l’espace
Die Geodäten (bzgl. der flachen Metrik) sind die Projektionen von Geraden. Eine vertikale Geodäte ist die Projektion der y-Achse. Aber nicht nur die y-Achse projiziert auf diese vertikale Geodäte, sondern auch noch unendlich viele Geraden parallel zur y-Achse (nämlich alle Geraden parallel zur, und in ganzzahligem Vielfachen von 20 als Abstand von, der y-Achse).
Analog projizieren die Geraden parallel zur x-Achse, mit Abstand Vielfaches von 10, auf dieselbe longitudinale Geodäte auf dem Torus.

Geodäten der Brezelfläche

Zurück zur Brezel.
Eine Geodäte der hyperbolischen Ebene wird also projiziert zu einer Geodäten der Brezelfläche. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: entweder bekommt man auf der Brezelfläche eine geschlossene (periodische) Geodäte oder (das ist der häufigere Fall) die Geodäte auf der Brezelfläche schließt sich nicht, sondern ist unendlich lang und spiralt irgendwie um die Henkel, z.B. indem sie sich spiralförmig einer geschlossenen Geodäte annähert.

Ein typisches Bild einer nicht-geschlossenen Geodäte auf der Brezel (aus Calegari: “Foliations and the Geometry and 3-Manifolds”):

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Anzahl der geschlossenen Geodäten

Um geschlossene Geodäten wie die 4 unten farbig eingezeichneten wird es in den nächsten Folgen gehen.

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Hier noch eine Näherungsformel für die Anzahl der geschlossenen Geodäten.
Es gibt zwar unendlich viele geschlossene Geodäten auf einer hyperbolischen Fläche, aber man kann ungefähr sagen, wieviele geschlossene Geodäten einer bestimmten Länge es gibt:

Nach dem Satz von Margulis gibt es auf einer hyperbolischen Fläche ungefähr eT/T geschlossene Geodäten der Länge ≤ T.

Diese Näherungs-Formel stimmt um so genauer, je größer T ist.
(Margulis bewies eine allgemeinere Formel in seiner Dissertation; den Spezialfall für hyperbolische Flächen schrieb er einer unveröffentlichten Arbeit von Litinsky zu.)

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Kommentare (1)

  1. #1 DodsonBrittney29
    13. September 2011

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