Der neue Zugang zu Knoteninvarianten und der neue Beweis der Positivität der Energie waren dann auch die ersten Punkte in Atiyahs Laudatio für die Fields-Medaille, die Witten – als erster Physiker – auf dem ICM in Kyoto erhielt.
Bernhard Riemann hat die später nach ihm benannten Riemannschen Flächen 1851 als verzweigte Überlagerungen eingeführt und topologisch (durch Zählen der Verzweigungspunkte) argumentiert, dass es 3g-3 komplexe Moduli für Riemannsche Flächen vom Geschlecht g≥2 gibt. Man findet in seiner Arbeit keine präzise Definition der Moduli. Oswald Teichmüller fand 1939 einen Satz über die Existenz und Eindeutigkeit extremaler quasikonformer Abbildungen, mit dessen Hilfe er die Dimension des Modulraums bestimmen konnte, vollständige Beweise wurden später von Ahlfors und Bers ausgearbeitet. Der Modulraum ist der Quotient des zu C3g-3 holomorphen Teichmüller-Raums unter der Wirkung der Abbildungsklassengruppe. Die Wirkung der Abbildungsklassengruppe auf dem Teichmüller-Raum ist eigentlich diskontinuierlich, aber nicht frei, weshalb es sich beim Modulraum um eine Orbifaltigkeit handelt.
Aus Sicht der algebraischen Geometrie handelt es sich bei Riemannschen Flächen um glatte projektive Kurven. Mit den von Grothendieck eingeführten Methoden konnte man Teichmüller-Räume als Schemata betrachten, es war aber zunächst nicht klar, ob sie eine quasi-projektive Varietät sind. Das bewiesen dann Mumford und Bailey mit Methoden der von Mumford entwickelten geometrischen Invariantentheorie und damit wurde auch der Modulraum eine quasi-projektive Varietät, der sogenannte Modulstack.
Man kann diesen Modulstack
kompaktifizieren, indem man zu den glatten Kurven noch diejenigen hinzunimmt, die nur (lokal wie xy=0 aussehende) Doppelpunkte als Singularitäten und endliche Automorphismengruppen haben. Deligne und Mumford bewiesen, dass diese Kompaktifizierung
eine irreduzible Varietät ist. Auch für den Modulstack
der Kurven vom Geschlecht g mit n markierten Punkten konnten sie so eine irreduzible Varietät
als Kompaktifizierung konstruieren. Auf diesem kompakten Raum kann man nun Schnitttheorie betreiben, d.h. man kann Schnittzahlen von Kohomologieklassen definieren, wenn deren Dimensionen sich zu
aufaddieren. Die sehr viel später von Madsen und Weiss bewiesene Mumford-Vermutung beschreibt zumindest die stabile Kohomologie des stabilen Modulraums als von den Morita-Miller-Mumford-Klassen (MMM-Klassen) erzeugt. Für die Schnittzahlen dieser Kohomologieklassen hatte man aber keine plausible Vermutung.Eng mit den MMM-Klassen zusammen hängen Kohomologieklassen τi, die man als erste Chern-Klassen gewisser Linienbündel erhält: Zu jedem der n markierten Punkte xi hat man ein Linienbündel Li über der Kurve, dessen Faser über einem Punkt des Modulraums gerade die Faser des holomorphen Kotangentialbündels der Fläche in xi für die dem Punkt des Modulraums entsprechende komplexe Struktur ist. Witten zeigte, dass die Schnitttheorie der τi=c1(Li) dieselbe Information liefert wie die Schnittheorie der MMM-Klassen.
Für natürliche Zahlen mit d1+…+dk=dim(Mg,n)=3(g-1)+n kann man das Produkt
auf der Fundamentalklasse der Deligne-Mumford-Kompaktifizierung auswerten. Das kann man interpretieren als die Schnittzahlen der zu den Linienbündeln dualen Untermannigfaltigkeiten. Diese Schnittzahlen organisiert man mittels einer erzeugenden formalen Potenzreihe F.Diese Schnittzahlen und ihre erzeugende Potenzreihe haben erstmal keinen offensichtlichen Bezug zur Physik. Witten kam aber durch die Annahme, dass zwei Modelle der Quantengravitation äquivalent sein sollen, also durch Vergleich der formalen Eigenschaften hypothetischer topologischer Quantenfeldtheorien, zu der Vermutung, dass die formale Potenzreihe
eine Lösung der Korteweg-de-Vries-Gleichung
ist.
Die klassische Korteweg-de-Vries–Gleichung war im 19. Jahrhundert zur Analyse von Flachwasserwellen in engen Kanälen vorgeschlagen worden. Sie beschreibt sogenannte Solitonen, das sind Wellenpakete, die sich ohne Änderung ihrer Form durch ein dispersives, nichtlineares Medium bewegen, zum Beispiel Flachwasserwellen in engen Kanälen. Ihre Anwendbarkeit für echte Wasserwellen in Kanälen benötigt einige Annahmen. Für die Mathematik ist sie aber interessant, weil sie besser verstanden ist als die meisten anderen nichtlinearen Differentialgleichungen. Sie ist ein vollständig integrables System und war 1967 mit der von Gardner, Greene, Kruskal und Miura für diesen Zweck entwickelten inversen Streutheorie exakt gelöst worden. Peter Lax fand eine operatortheoretische Formulierung ihrer Methode, woraus sich dann eine allgemeine Theorie von Solitonen entwickelte.
Kommentare (3)