Für hyperbolische Flächen Γ\H2 drückt die 1956 von Selberg bewiesene Spurformel Summen von Eigenwerten des Laplace-Operators durch die Längen geschlossener Geodäten auf der Fläche aus. Solche Spurformeln konnte Selberg dann auch in allgemeineren Zusammenhängen beweisen. Eine neue Sicht auf Spurformeln bekam man durch das seit 1967 entwickelte Langlands-Programm. Statt eine Spurformel isoliert zu betrachten zeigte Langlands, wie man durch Vergleich zweier Spurformeln tiefe Resultate etablieren kann. Dabei hatte er drei Arten, Spurformeln zu vergleichen. Das Reziprozitätsgesetz, das Jacquet und Langlands für GL(2) etabliert hatten, bedeutet erstens eine bemerkenswerte Korrespondenz zwischen den Spektra zweier hyperbolischer Flächen, von denen die eine kompakt und die andere nichtkompakt ist. Zweitens hat man eine Korrespondenz zwischen den Eigenwerten der Hecke-Operatoren zu Γ\H2 und (Γ\H2)p, wobei letzteres die algebraische Kurve über dem endlichen Körper Fp ist, die man durch Reduktion des zu Γ\H2 assoziierten Z-Schemas bekommt. (Die relevante Spurformel ist Grothendiecks Version des Lefschetzschen Fixpunktsatzes und die Eigenwerte sind die des Frobenius-Automorphismus Frobp auf der l-adischen Kohomologie.) Und drittens eine Korrespondenz zwischen dem Spektrum der hyperbolischen Fläche und dem eines höherdimensionalen lokal symmetrischen Raums, der zu einer zyklischen Körpererweiterung von Q assoziiert ist. Diese dritte Korrespondenz hatte eine spektakuläre Konsequenz beim Beweis einer Vermutung Artins für den Spezialfall 2-dimensionaler Darstellungen auflösbarer Galois-Gruppen.
Die allgemeine Situation war bei Langlands zunächst, dass er alle automorphen, kuspidalen Darstellungen π von GL(2,A) betrachtete, wobei A die Adele über Q sind, also . Wenn ρ eine Darstellung von GL(2,A) ist, bezeichnet man mit m(π,ρ) die Ordnung der Polstelle s=1 der L-Funktion L(s,π,ρ). Für geeignete Funktionen auf GL(2,A) bekommt man einen Spurklasseoperator auf dem Vektorraum der Darstellung π, dessen Spur mit tr(π) bezeichnet sei. Dann sucht man eine Spurformel, deren eine Seite
ist und deren andere Seite “geometrisch”, also etwa als Summe über Konjugationsklassen in GL(2,A) definiert sei. Damit würde man die Darstellungen mit m(π,ρ)>0 isolieren können. Diese wiederum sollten durch einen funktoriellen Transfer aus Darstellungen einer “dualen” Gruppe gewonnen werden (die im Fall von GL(2) wieder GL(2) und im Fall von SL(2) aber PGL(2) ist) und man kann hoffen, dass die Spurformel mit der Spurformel der dualen Gruppe zusammenpaßt. Das sollte dann auch für allgemeinere Gruppen als GL(2) funktionieren. Langlands vermutete eine “Endoskopietheorie”, was eine allgemeine Strategie zum Vergleich von Spurformeln reduktiver Gruppen sein sollte. Er nannte seine Vermutung das Fundamentallemma, weil er sie zunächst für ein elementares kombinatorisches Problem hielt. (Mit Labesse bewies er 1979 das Fundamentallemma für SL(2).)
Die allgemeine Spurformel, wie sie dann Arthur für reduktive Gruppen über Q entwickelte, betraf die folgende Situation. Eine Funktion f auf G(A), beliebig oft differenzierbar und mit kompaktem Träger, definiert einen Konvolutionsoperator R(f) auf L2(G(Q)\G(A)), der eine Orthogonalzerlegung entsprechend diskretem und kontinuierlichem Spektrum von R(f) hat. Die allgemeine Spurformel, die Arthur 1981 in Annals of Mathematics veröffentlichte (und in den folgenden zwanzig Jahren immer weiter verallgemeinerte), ist eine Formel für die Spur von R(f) auf dem zum diskreten Spektrum gehörenden Unterraum. Sie wird als Summe relativ einfacher Terme geschrieben, indiziert über elliptische Konjugationsklassen in G(Q), mit komplizierteren Fehlertermen, die von hyperbolischen Konjugationsklassen in G(Q) kommen, welche wiederum von elliptischen Konjugationsklassen in Untergruppen komplementär zum Radikal in G parametrisiert werden. Weiterhin trägt das kontinuierliche Spektrum, parametrisiert durch das diskrete Spektrum besagter Untergruppen, zu den Fehlertermen bei. Zum Beispiel bekommt man eine endliche, geschlossene Formel für den Lefschetz-Charakter (also die Wechselsumme der Spuren der Kohomologiemorphismen) der Wirkung des Hecke-Operators auf der L2-Kohomologie einer Shimura-Varietät. Auf der anderen Seite der Formel treten nur die Konjugationsklassen elliptischer halbeinfacher Elemente auf und die vorkommenden Ausdrücke haben einfache geometrische Interpretationen. Der Beweis von Arthurs Spurformel war mit sehr großen technischen Schwierigkeiten verbunden gewesen, die weit über den Beweis von Langlands’ Vergleichssatz hinausgingen.
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