In der Paris Review vom Montag gibt es einen Artikel The Aesthetic Beauty of Math. Es geht um den Briefwechsel von André und Simone Weil aus der Zeit, als André Weil 1940 als Deserteur im Gefängnis saß. (André Weil galt damals neben Carl Ludwig Siegel als der führende Mathematiker seiner Zeit, seine Schwester Simone war eine bekannte Mystikerin.)
Seine Schwester hatte Weil damals gebeten, die Zeit im Gefängnis zu nutzen, um ihr etwas über seine Arbeit zu schreiben. Er antwortete zunächst, dass sei, als wenn man einem Tauben eine Sinfonie erklären wolle. (Mehr als fünfzig Jahre später würde er dann vor der Verleihung des Kyoto-Preises einen kleinen Skandal auslösen, indem er dem mit ihm ausgezeichneten Filmregisseur Akita Kurosawa erklärte, was der Unterschied zwischen Ihnen beiden sei: er könne Kurosawas Arbeit bewundern, aber Kurosawa nicht seine.)
Den Brief schrieb er dann aber doch und er gilt heute als wichtiges Dokument der Mathematikgeschichte. Er schreibt zunächst über die Geschichte der Zahlentheorie, die vom Reziprozitätsgesetz dominiert sei. Das allgemeine Reziprozitätsgesetz sei einfach die Regel, nach der man die Koeffizienten der L-Reihen von Körpererweiterungen bilde. Auffallend sind seine militärischen Analogien (Attacke auf ein Problem, es sei notwendig, die verfügbare Artillerie zu prüfen und die Mittel zum Tunneln unter der Festung), für die er sich aber sofort entschuldigt. Über die Funktionentheorie schreibt er „Ich bin sicher eine der kenntnisreichsten Personen zu diesem Thema; hauptsächlich weil ich das Glück hatte, es direkt aus dem Werk des Meisters [Riemann] zu lernen, einer der größten mathematischen Arbeiten, die geschrieben wurde; es ist kein einziges Wort darin, das nicht von Bedeutung ist.“ Das Hauptanliegen seines Textes wird dann aber das Konzept, zwischen drei verschiedenen Teilgebieten der Mathematik (Algebraische Zahlentheorie, Geometrie über endlichen Körpern, komplexe Geometrie) hin und her wechseln zu können, weil Sachverhalte aus einem Gebiet sich oft in ein anderes übertragen lassen.
Seine Schwester sieht in ihrer Antwort einen Zusammenhang zwischen sozialer Unterdrückung und der Unzugänglichkeit höherer Mathematik für die Massen, letztere verursacht durch Abstraktion, Reduktion auf Algebra und Loslösung von der Anschauung. Sie spricht sich deshalb für eine Rückbesinnung auf die griechische Geometrie aus.
Für Weil werden die fünf Monate im Gefängnis dann die produktivste Zeit seines Leben, insbesondere beweist er die Riemann-Vermutung für Funktionenkörper. (Dafür benötigt er allerdings Ergebnisse der algebraischen Geometrie, deren Grundlagen, wie er feststellt, von den algebraischen Geometern seiner Zeit nicht rigoros bewiesen worden waren. Es kostet ihn dann noch einmal fünf Jahre, die Algebraische Geometrie auf eine solide Grundlage zu stellen.)
Im Strafprozeß wurde er dann zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, die Strafe aber ausgesetzt, so dass er in die USA ausreisen konnte. Seine Schwester hungerte sich derweil als Leiden suchende Mystikerin heimlich zu Tode.
Von Karen Olsson, der Autorin des Artikels im Paris Review, gibt es auch ein vor wenigen Tagen erschienenes Buch The Weil Conjectures.

Kommentare (18)

  1. #1 rolak
    25. Juli 2019

    Diese ganzen Artikelchen lese ich immer wieder gerne, insbesondere, wenn sie wie hier (mir) völlig neue Aspekte der Menschen hinter den Namen mitbringen oder völlig neue Ansätze (Mathe/Soziologie).

    Dennoch & mit allem Respekt: Kurt Weill ist mir lieber :•)

  2. #2 Rainer Kirmse
    Altenburg
    26. Juli 2019

    Ein kleines Gedicht zur Mathematik:

    MATHEMATIKER

    Die Mathematik erfordert Wissen,
    Doch nicht als ewiges Ruhekissen.
    Für die mathematischen Prozesse
    Braucht es Geist und Akkuratesse.
    Man erwartet wegweisende Ideen,
    Mathematiker müssen vorangeh’n.

    Sie lieben Summen und Differenzen
    Genauso wie Wurzeln und Potenzen.
    Vektorrechnung und Trigonometrie,
    Wie auch die Algebra begeistern sie.
    Differential, Integral – ganz egal,
    Sie beherrschen Infinitesimal.

    Sie quadrieren und interpolieren,
    Wollen ständig mit Zahlen jonglieren.
    Sie steh’n auf Euklid und Pythagoras,
    Haben an Logarithmen großen Spaß.
    Sie bearbeiten Funktionen versiert,
    Die Kurvendiskussion wird geführt.

    Extremwerte sind gar kein Problem,
    Sie lösen jedes Gleichungssystem.
    Sie führen die kniffligsten Beweise,
    Berechnen flott Trapeze und Kreise.
    Das alles ohne den geringsten Frust,
    Mathematik ist ihnen eine Lust.

    Rainer Kirmse , Altenburg

  3. #3 Beobachter
    26. Juli 2019

    Die Schwester des Mathematikers Weil, Simone, war nicht nur eine etwas spinnerte, “hungernde Mystikerin”, sondern hat sich auch sehr real, politisch und sozial engagiert, hat Philosophie studiert und unterrichtet.
    Das war damals für Frauen keine Selbstverständlichkeit.
    Man sollte sie also nicht nur auf ihre Irrationalität und Magersucht reduzieren.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Simone_Weil

    @ rolak, # 1:

    Was macht einen Artikel zum bloßen “Artikelchen”, einem immer etwas verächtlichen Diminutiv?
    Die Länge des Artikels, das Thema/der Inhalt, die Aussage?

    Das, was z. B. einen Mann zu einem “Männchen” macht … ? 🙂

  4. #4 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    26. Juli 2019

    > Seine Schwester hungerte sich derweil als Leiden suchende Mystikerin heimlich zu Tode.

    Simone Weil war magersüchtig, vergleichbar z.B. mit Elisabeth von Österreich-Ungarn. Im Krieg erkrankte sie an Tuberkulose und ist daran gestorben.

    Bei dem von mir aus dem obigen Artikel zitierten Satz handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Schwachsinn oder Bösartigkeit.

  5. #5 Thilo
    26. Juli 2019

    Naja, das ist jedenfalls die Darstellung ihrer Nichte in ihrem 2011 erschienen (und nicht irgendwie sensationsheischenden) Buch „André und Simone“. Eine Rezension ist z.B. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/sylvie-weil-andre-und-simone-wo-tigermuetter-fehlen-koennen-auch-geniale-tanten-fuer-hohe-ansprueche-sorgen-1597448.html . Wobei ich das jetzt hier gar nicht polemisch gemeint hatte, sondern nur als Ergänzung und Abschluß des Artikels.

  6. #6 Beobachter
    26. Juli 2019

    @ Thilo, # 5:

    Selbst “nur als Ergänzung und Abschluß” eines Artikels über ihren genialen Bruder finde ich diesen Satz zu ihrer Erwähnung (oder gar Beschreibung und zur Info) doch sehr einseitig, diskriminierend und auch herabwürdigend.

    Über tote Leute wird viel gesagt und geschrieben – besonders von der Verwandtschaft.

    Und Schwestern/Frauen von berühmten Männern hatten es schon zu Lebzeiten sehr schwer, als eigenständige Persönlichkeiten wahrgenommen zu werden – auch dann, wenn sie selbst sehr begabt waren und viel geleistet/geschaffen/erreicht haben.

    Am besten, man sieht sich mehrere Quellen und Meinungen an – wenn es einen interessiert.

    Z. B.:

    https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45935393.html

    https://www.zeit.de/2014/05/simone-weil-philosophin

    https://www.amazon.de/Schwestern-ber%C3%BChmter-M%C3%A4nner-biographische-Portr%C3%A4ts/dp/3458324968

  7. #7 Thilo
    26. Juli 2019

    Der Hinweis auf Schwestern oder Frauen berühmter Männer paßt hier eher nicht, da Simone Weil auch zu Lebzeiten schon sehr viel bekannter war als ihr Bruder, den eigentlich nur Mathematiker kennen.

  8. #8 Lstone
    127.0.0.1
    27. Juli 2019

    Ach ja, die Mystikalinskis. Das war schon ein ganz schönes Geschwurbel aus Leuten wie Alistair Crowley, H.P. Lovecraft, Madame Blavadsky und wie sie alle hießen. Und viele ihrer großen Erkenntnisse gingen darauf zurück, dass sie sich als Medium für Verstorbene, Geister und vielleicht auch in Ruinen verschütteten und nach Befreiung schreienden Seelensteinen hergaben.
    Eine Modewelle schwappte über den Globus, und es galt als äußerst chic, zu esoterischen Zirkeln eingeladen zu werden, die Zugang zu den höheren Mysterien lieferten. Man lege ein paar Mark, Franc oder Pfund Sterling drauf und erhält für wenig gutes Geld der Erkenntnis nächste Weihe/Stufe/Initiation/Kostenvoranschlag für die nächste Runde.
    Die spannende Frage, warum dieser ganze Krempel damals die studierten und sicherlich intelligenten Köpfe Europas anzog, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Was Simone Weil dazu bewog, weiß ich nicht, dass sie aber nach allem, was ich schnell im Internet nachschlagen kann, eine psychisch sehr verletzbare und verletzte Frau war und einen tragischen Lebensweg ging, liegt auf der Hand. Dass man sich aus dem Gefühl einer inneren Verlorenheit einer solch kruden Bewegung anschließt und sich nie wieder davon emanzipieren kann – das ist schlimmste Tragik.
    Eben diese Mystiker der vorletzten Jahrhunderwende haben eine Menge labiler Menschen angezogen, und sich anzuschauen, wie sich diese Szene weiterentwickelt hat, halte ich für äußerst wichtig. Schließlich schlägt man sich mehr als man möchte oft mit Freunden der Homöopathie, der Esoterik und sonstigen historischen Nachkommen dieser speziellen Art von Mystikern herum.
    (Apropos: Im Gegensatz zu dieser speziellen Szene aus dem 18./19. Jhd. lieferten die antiken und frühmittelalterlichen Mystiker geradezu aufklärerische Schätze an Einsichten und Erkenntnissen.)

  9. #9 Beobachter
    27. Juli 2019

    besonders zu # 8:

    Warum wird Simone Weil hier ausschließlich auf ihre(n) spätere(n) Religiosität/Mystizismus und ihre Empfindsamkeit/Krankheiten reduziert –
    noch dazu in typisch männlich-süffisanter und abwertender Weise?

    Es gibt noch weit mehr und ganz andere Aspekte ihrer Persönlichkeit, die hier völlig unterschlagen werden.
    Nochmals, z. B.:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Simone_Weil#Politische_Aktivistin

    https://de.wikipedia.org/wiki/Simone_Weil#Einsatz_im_Spanischen_B%C3%BCrgerkrieg

  10. #10 Thilo
    27. Juli 2019

    Naja, der Einsatz im spanischen Bürgerkrieg endete dadurch, dass sie sich beim Kochen mit heißem Öl verbrühte. Ihre Mutter, die ihr (weil sie so etwas wohl schon geahnt hatte) mit etwas Abstand hinterhergereist war, holte sie dann wieder nach Frankreich zurück. Bald danach begann ihre Hinwendung zum Katholizismus.

  11. #11 Beobachter
    27. Juli 2019

    @ Thilo, # 10:

    Na und?
    Verbrühen sich Männer nie mit heißem Öl oder brechen sich ein Bein oder verletzen sich oder haben sonst einen Unfall in unpassendster Situation?

    Und selbst wenn man S. W. (“typisch weibliche”) Ungeschicktheit bis Dämlichkeit unterstellt:
    Beim Einsatz in Kriegen und Bürgerkriegen wird es bestimmt auch eine Menge Männer gegeben haben, die sich “blöd angestellt” haben – trotz hehrer Überzeugung und viel guten Willens.
    Aber darüber redet und schreibt man nicht, denn es waren ja selbstverständlich alle coole “Helden”!

    Und was meinst du, wie viele zarte (unverletzte) Söhnchen von ihren besorgten Müttern von irgendeiner Front (über Beziehungen zu maßgebenden Stellen) wieder “heimgeholt” wurden?

    Was hier wie bzgl. der Person S. W.s betrieben wird, ist ein gutes Beispiel für “Cherrypicking” und außerdem für typisch-männliche Arroganz.
    Sorry, Thilo.
    Schade … !

    P. S.: Wenn sich jede/jeder erst mit heißem Öl verbrühen müsste, bevor sie/er beginnen kann, sich zum Katholizismus hinzuwenden … ?! 🙂

  12. #12 Thilo
    27. Juli 2019

    Sorry, aber von typisch männlichen oder weiblichen Eigenschaften hatte hier niemand etwas geschrieben. Es ging – natürlich – nur um einen Einzelfall. Ansonsten volle Zustimmung.

  13. #13 Statistiker
    28. Juli 2019

    Lieber Beobachter,

    ähmmm, Spiegel Zeit und Amazon als Quellen……da ist die BLÖD ja glaubwürdger.

    Würden Sie sich bsser wissenschaftlicher Quellen bedienen anstatt aud Basiss von Dumme-Leute-Lkteratur Unsinn zu shwafeln? Okay, ich kann Ihnen ja nicht nahwerfen, Unsinn zu swafeln, Ihre Quellen sind eben nur ….. dämlich…….

  14. #14 Thilo
    28. Juli 2019

    Die Quellen bei Spiegel und Zeit sagen ja nichts anderes als was ich auch geschrieben hatte. Die Amazon-Quelle kann ich nicht lesen, aber eine Kategorisierung von Simone Weil als „Schwester eines berühmten Mannes“ scheint mir etwas abwegig. Es war André Weil, der darunter litt außerhalb der Mathematikszene überall nur als der Brudér der Philosophin bekannt zu sein.

  15. #15 Beobachter
    28. Juli 2019

    Lieber Statistiker,

    Ihr Kommentar ist dämlich (und fehlerhaft), meine Quellen, zumal ausdrücklich nur als Beispiele gedacht und aufgeführt, sind es nicht.
    Wenn Sie BILD für glaubwürdiger halten als SPIEGEL und ZEIT, ist das Ihr Problem … 🙂

    Außerdem braucht man in einem Blog-Kommentar nicht erst ein wissenschaftliches Quellenstudium zu betreiben, um eine fundierte Meinung zu einem weit verbreiteten gesellschaftspolitischen Problem bzw. Missverhältnis zu äußern.

    Und übrigens wäre es auch nicht verkehrt, einigermaßen die deutsche Rechtschreibung zu beherrschen, bevor man so tolle Begriffe wie “wissenschaftliche Quellen” in den Mund nimmt bzw. sie anderen Leuten um die Ohren haut … 🙂

    @ Thilo:

    Es ging hier ja um den genialen Mathematiker A. W., dessen auch und anders begabte Schwester S. W. in einem recht herabwürdigenden und sie reduzierenden Satz erwähnt wurde.
    Das ist eine leider beliebte, weit verbreitete, nicht zu akzeptierende Vorgehensweise (sofern man die Schwestern nicht eh völlig ignoriert).
    Auch und gerade bei allgemein bekannteren Brüdern.
    Deshalb der Amazon-Link.

    Um hier im Einzelfall die Leistungen des (offenbar allgemein weniger bekannten) Bruders als Mathematik-Genie herauszustreichen, braucht man doch nicht Begabungen und Leistungen der (offenbar allgemein bekannteren) Schwester durch nur wenige, ausgewählt negative Aspekte herabstufen.

    Um das Licht des Mathematik-Bruders erstrahlen zu lassen, sollte man das der engagierten Philosophie-Schwester nicht ausblasen wollen.
    Können wir uns darauf einigen?

  16. #16 Thilo
    28. Juli 2019

    Es ging hier nicht darum, irgendjemands Licht erstrahlen zu lassen, sondern es sollte der Kontext des Briefwechsels hergestellt werden, der eben darin bestand dass André Weil als Deserteur im Gefängnis saß, womit er das zu seiner Schwester genau entgegengesetzte Verhalten gezeigt hatte.

  17. #17 Beobachter
    28. Juli 2019

    @ Thilo:

    Trotzdem ist und bleibt der (hier einzige) Satz (zur Person der S. W.)

    ” … Seine Schwester hungerte sich derweil als Leiden suchende Mystikerin heimlich zu Tode. … ”

    m. E. und aus den von mir beschriebenen Gründen eine Frechheit –
    wie man die Umstände und den Kontext auch dreht und wendet, betrachtet und wertet.

    Dann sind wir eben hier unterschiedlicher Meinung –
    auch gut …

  18. #18 Bruno der Lehrer
    6. August 2019

    Simone Weil – die hilfsbereite und leidenschaftliche Schwester

    Thilo, Dein Satz: „Seine Schwester hungerte sich derweil als Leiden suchende Mystikerin heimlich zu Tode.“ ist nicht nur diffamierend, sondern falsch.

    In Karen Olssons Buch wird André Weils Zeit im Gefängnis ausführlich beschrieben. Sie nennt ihre Quellen am Ende des Buches. Sie schreibt, wie André Weil im November 1939 ins finnische Gefängnis kommt, dann 1940 nach Le Havre und schließlich nach Rouen gebracht wird. Seine Eltern und seine Schwestern bemühen sich um ihn, versuchen, ihn zu besuchen sowie seine Haftbedingungen zu verbessern. Weils sind Juden und Karen Olsson wundert sich, dass sich die Weil-Familie mit André identifiziert, ihm alle Hilfe zukommen lassen will, sie unterstützt sein geniales Talent und hält es für wert, ungestörte Arbeitsbedingungen zu erhalten – egal, ob im Gefängnis oder anderswo. Sie denken (noch nicht) daran zu emigrieren. In Rouen werden ihm schließlich Arbeiten und Schreiben erlaubt. In dieser Zeit schreiben sich die beiden Geschwister, Simone wird seine Agentin oder Sekretärin, sie korrespondiert mit Verlagen und korrigiert die Druckfahnen. Sie bittet ihn in ihren Briefen, ihr seine mathematischen Arbeiten zu erklären. Sie versucht das zu verstehen, wie Karen Olsson schreibt, sie liest mathematische Bücher und schlägt Begriffe nach. Doch am Ende gelingt es ihr nicht, seine berühmten Erklärungen zu verstehen. Sie fragt nach Anwendungen und Analogien zur Geometrie. Sie entdeckt einen Konflikt: Was ist, wenn kein normaler Mensch die Mathematik ihres Bruders versteht? Das scheint mir sehr aktuell zu sein, Dein Blog ist voll davon. Auch Karen Olsson schreibt darüber, wie sie sich den Weil-Vermutungen nähert.

    Nicht zu vergessen, Simone Weils Interesse an Mathematik noch vor der Gefängniszeit. Sie studiert antike geometrische Probleme und nimmt Anteil an Andrés Arbeiten. Sie begleitet ihn zu den Bourbaki-Treffen. Bei Wiki gibt es davon ein Foto (1938).

    1942 dürfen die Weils (Eltern und Simone) nach den Vereinigten Staaten ausreisen. Sie besuchen André in Pennsylvania. Simone ist vernarrt in Andrés kleine Tochter Sylvie und spricht – bevor sie nach Europa zurückgeht – die Hoffnung aus, sie bald wiederzusehen, schreibt Karen Olsson (S. 151).

    Karen Olssons Buch ist eine große Hommage an die beiden Weils. Übrigens hat Simone Weil schon mit 14 Jahren Episoden der Nahrungsverweigerung (S. 40). Thilo, nimmt Dir doch die Zeit, lies das Buch oder die anderen zitierten.