Die Mathematical Association of America vergibt jährlich den Euler-Buchpreis für “außergewöhnlich gutgeschriebene Bücher mit einer positiven Wirkung für das öffentliche Bild der Mathematik”. Zu den bisherigen Preisträgern gehörten Magical Mathematics, Euler’s Gem, Crocheting Adventures with Hyperbolic Planes oder der Princeton Companion to Mathematics (der übrigens gerade in koreanischer Übersetzung erschienen ist).

Dieses Jahr also “Love and Math”, die Liebesgeschichte zwischen Edward Frenkel und der Mathematik. Anders als die Preisträger vergangener Jahre hat dieses Buch kein fokussiertes mathematisches Thema (auch wenn vieles auf das geometrische Langlands-Programm zuläuft), sondern es benutzt die Lebensgeschichte des Autors um darin eingewoben die mathematischen Themen, mit denen er sich jeweils beschäftigte, auf einem einigermaßen elementaren Niveau zu erklären.

Das beginnt zunächst mit der Beschreibung des mathematischen Umfelds und Frenkels persönlichen Erfahrungen in der Sowjetunion der 80er Jahre – vieles davon ist schon aus anderen Veröffentlichungen bekannt (hier und hier), neu für mich war die Geschichte über einen Auftritt des MGU-Rektors Logunov in Harvard Anfang der 90er (S.299 ff. in der e-Buch-Version). Mathematisch beschäftigte sich Frenkel in dieser Zeit erst mit Zopfgruppen, dann mit Kac-Moody-Algebren, und dementsprechend geht es in den ersten Kapiteln um Gruppen und Symmetrien und auch schon mal um die Rolle der Lie-Gruppe SU(3) für das Quark-Modell:

“But do you know what was the basis for this model? How did he come up with these ideas?”“Well…”“Have you heard about the group SU(3)?”“SU what?”“How can you possibly understand the quark model if you don’t know what the group SU(3) is?”He pulled out a couple of books from his bookshelf, opened them, and showed me pages of formulas. I could see the familiar octet diagrams, such as the one shown above, but these diagrams aren’t just pretty pictures; they were part of what looked like a coherent and detailed explanation.

Aber natürlich werden schon in den Kapiteln über seine Zeit in der Sowjetunion noch viele andere Themen angesprochen, etwa die Vorträge im Gelfand-Seminar oder seine Diplomarbeit (ein medizinischer Diagnose-Algorithmus) am Institut für Öl und Gas.

Schon ab dem 7. Kapitel geht es dann aber auch um das Langlands-Programm, zunächst mit einer ausführlichen und elementaren Diskussion von Zahlkörpern und Galoisgruppen an den Beispielen der Gleichungen x2=2 und x3=2, dann aber auch Fermats Vermutung und Taniyama-Shimura. Was im Vergleich zum ähnlich gelagerten Buch von Simon Singh als Unterschied auffällt: man hat eine weniger blumige Sprache und, bei aller populärwissenschaftlichen Vereinfachung, doch deutlich mehr mathematisches Detail. Zum Beispiel erfährt man bei Frenkel, anders als bei Singh, die Koeffizienten welcher Funktion die mod p-Lösungen von x2+x3=y2+y3 beschreiben, und (mittels eines Bildes einer Tesselation der hyperbolischen Ebene) was die Symmetrien dieser Funktion sind.

Viele andere mathematische Konzepte werden im Buch auf anschauliche Weise erklärt, stets eingewoben in die persönliche Geschichte des Autors. Am interessantesten für den Mathematiker sind wahrscheinlich die Kapitel 16 und 17 (die ich aber nur kurz überflogen habe) über eine physikalische Version des Langlands-Programms zur Erklärung gewisser (spekulativer) Dualitäten der Physik.

Mehr Informationen zum Buch, Interviews etc findet man auf Frenkels Homepage. In der letzten Ausgabe der Notices of the AMS findet sich eine Rezension von Anthony Knapp.



Kommentare (1)

  1. #1 Thilo
    26. Februar 2015

    Ohne Mathe keine Freiheit – ein Interview mi Edward Frenkel in der ZEIT: https://www.zeit.de/2015/06/edward-frenkel-mathe-liebe-russland