Im Studium hörte ich mal eine Vorlesung über Nicht-Euklidische Geometrie, in der der Professor häufig bunte Bilder malte und dann Sätze an die Tafel schrieb wie: “Lemma: Die grüne Kurve ist kürzer als die rote. Beweis:”.

Daran mußte ich denken, als mir im neuen Heft der Mitteilungen der DMV der Beitrag “Farben für Euklid” von Rauchhaupt auffiel. (Der Beitrag ist ein Reprint eines FAZ-Artikels und deshalb auch online auf www.faz.net/s/Rub163D8A6908014952B0FB3DB178F372D4/Doc~EA332F48E9D904ED39DFA9BFC24FBEF35~ATpl~Ecommon~Scontent.html, der Artikel in den Mitteilungen hat aber viel mehr Bilder als in der Online-Version.)

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Es geht um eine lange vergessene Euklid-Ausgabe von Oliver Byrne aus dem Jahr 1847, die 1963 von einem Sammler wiederentdeckt wurde und jetzt im Taschen Verlag als Faksimile-Ausgabe herausgebracht wurde.

Die Bilder unten (aus der Wikipedia) zeigen Euklids Beweis zum Satz von Pythagoras in Byrnes Version und daneben das ‘Original’ (d.h. eine andere zeitgenössische Euklid-Übersetzung).

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Die bunten Bilder sind auf jeden Fall sehr einprägsam. Trotzdem hat diese Lehrmethode natürlich ihre Grenzen – Rauchhaupt zitiert den verstorbenen Mathematikdidaktiker Benno Artmann: “Sein Prinzip, Buchstaben durch Farben zu ersetzen, macht einen der ganz wesentlichen Schritte der griechischen Mathematik rückgängig. Sobald die Sache etwas komplizierter wird – besonders im fünften Buch – ist Byrne unleserlich.” (Im 5.Buch geht es um Verhältnisse und Proportionen, wobei ich auch das Original schwer lesbar finde.)

Jedenfalls sieht es einfach schön aus, bekannte Beweise einmal in Farbe zu sehen.

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www.mccunecollection.org/gems.html, mathdl.maa.org/mathDL/46/?pa=content&sa=viewDocument&nodeId=2591&bodyId=3555

Kommentare (8)

  1. #1 rolak
    19. April 2011

    Oh wie schön^^ Und für ein Taschen-Faksimile auch noch geradezu günstig. Und auch noch dreisprachig…
    Das bedeutet, daß ich mich morgen auf dem Weg zu den Chili-Weingummis (die etwas anderen Ostersüßigkeiten) etwas länger Ecke Ehrenstraße aufhalten werde. Das ist ein ganz gefährlicher Laden für mich, da versuche ich i.a. zügig dran vorbeizukommen, wie auch ein paar Meter weiter bei 2001.
    Trotzdem danke 😉

  2. #2 rolak
    20. April 2011

    So, zurück. Was ein Wetterchen – allerdings gab es Dinge zu sehen, die ich mit Sicherheit nicht habe sehen wollen. Ganz zu schweigen von den olfaktorischen Exzessen…

    Es ging eher bescheiden los, weil nicht nur die übliche Pizzawerbung, sondern auch noch eine heute eingetopfte DHL-Benachrichtigung im Briefkasten war, angeblich sei ich heute morgen nicht dagewesen – jetzt dürfte die Parallelwelt-Nummer eindeutig belegt sein. Nu, hol ich mir halt Buch 4+5 der Xeelee-Reihe erst morgen ab (und mache dann eine kleine Beschwerde, wenn die Sendungsnummern mitschickbar sind). Außerdem war bei Göre Elsa der gute Pastis nicht vorhanden, die Restbestände für die Gäste müssen also noch 3 Wochen ausreichen.

    Doch dann besserte es sich, nicht nur weil fast alle ungemein guter Laune waren, die Uniwiesen sich massiv und lasziv bevölkert vor sich hin räkelten (und die aus der Mensa Kommenden wie vor 30 Jahren immer noch den typischen breit gestreuten Gesichtsausdruck zeigten ;-). Unter solchen Bedingungen sind die ganzen Dörfer, aus denen dieses Städtchen zusammengesetzt ist, selbst an den eher häßlichen Stellen schön. Über die berüchtigte Lindenstraße (die reale), beim Central ind Belgische eintauchen, über Komponisten und den Komikerplatz in die Flandrische, die ihre Veedelszugehörigkeit namentlich nun wirklich nicht verleugnen kann.

    Beim Taschen, den ich noch aus seinen Anfängen als kleiner Comic-Krauter kenne (da gibt es diese schöne olle Kamelle mit dem gefaketen MickeyMouse-Dachbodenfund, aber das führt jetzt etwas zu weit…) gibts auch schöne Taschen und einen obskuren Dialog: “Möchten Sie reinsehen?” “Ja, zuhause”. Schnell beim Scale neue Siebe mitgenommen und beim Wingenfeld ein Stückchen Munster erstanden, dessen Aroma mir in der Folgezeit etwas mehr Freiraum verschaffte. Beim 2001 kam ich nicht an Matthias Beltz vorbei, der sich sogar, weil allerletztes Exemplar, als echtes Schnäppchen entpuppte. Auf meiner schon etwas länger andauernden Suche nach einer wohlfunktionalen, selbstreinigenden Knobipresse (gibts wirklich) mußte ich leider feststellen, daß es diesen einen Edelzubehörladen für Küchenbedarf nicht mehr gibt (höchstwahrscheinlich schon wieder seit Jahren^^) und statt dessen eine dieser sich virulent verbreitenden Brötchenaufbäckereien aus dem Boden geschossen ist. Na ja, also mit entsprechender Ausrüstung ins Bärenland.

    Dann querab zum Neumarkt (SF-Neuerscheinungenvisite bei der Mayerschen ist traditionell erst Ende des Monats) und ab in die Tram.

    Da kannst Du mal sehen, Thilo, welch folgenschwere Auswirkungen so ein kleiner blogpost über ein Buch haben kann 😉 Ist übrigens unbestreitbar eine wunderschöne Ausgabe, nur das Papier ist einfach zu neu, um die Haptik dem Aussehen entsprechend zu gestalten.

  3. #3 Thilo
    20. April 2011

    Eigentlich müßten mich die Kölner Einzelhändler ja jetzt am Umsatz beteiligen 🙂

  4. #4 rolak
    20. April 2011

    Die links sind da, den Kommentar kannst Du als Beleg mitschicken.

    Die nötigen clic# bekämst Du ja mit angepassteren blogpost- bzw buzzword-Überschriften wie z.B. “Kirchlicher Astrologe mißbraucht homöopathische Nahtoderfahrung”, ich schreib dann gerne einen neuen Text; ist eine wirklich angenehme Betätigung, so ein Einkaufsbummel. Mit exzessivem Durchdiegegendstöbern bin ich sogar schon weiblichen Bekannten auf den Keks gegangen…

  5. #5 radicchio
    20. April 2011

    Trotzdem hat diese Lehrmethode natürlich ihre Grenzen

    mit solchen grafischen darstellungen hätte mir geometrie noch mehr spaß gemacht. für “augenmenschen” ist sind die dinge so viel greifbarer.

  6. #6 rolak
    20. April 2011

    Spaß macht es auch ohne den Mathematikbezug, radicchio. Gerade eben habe ich noch ein wenig drin geblättert, wie in einer Mappe – es gibt zu und zu schöne Muster. Sehr kontemplativ.

  7. #7 MisterX
    20. April 2011

    Cooles Buch^.^