Die Gazette des mathématiciens ist eine vierteljährlich von der SMF herausgegebene Zeitschrift, in der man oft sehr verständliche Artikel zu aktuellen mathematischen Forschungsthemen findet (allerdings in französischer Sprache), neben Debatten und Beiträgen zur französischen Forschungs- und Universitätslandschaft.

Im aktuellen Heft finden sich zum Beispiel ein Artikel von Duminil-Cupin zu selbstvermeidenden Irrfahrten und dem Ising-Modell und von Peyre über rationale Punkte, außerdem beispielsweise ein Artikel von Guéritaud über das Spiel Zome oder von Borrelli über Geschichte und aktuelle Entwicklungen im Nash-Kuiper-Einbettungssatz, Interviews mit Caucher Birkar und Alessio Figalli und der Jahresbericht des Conseil National des Universités.

Der Artikel von Duminil-Cupin ist eine sehr dicht geschriebene Einführung in die aktuellen Probleme der Perkolationstheorie, insbesondere geht es um Analogien zwischen der Berechnung der Anzahl selbstvermeidenden Irrfahrten und Berechnungen im Ising-Modell.

Selbstvermeidende Irrfahrten sind Irrfahrten auf einem Gitter in der Ebene, die nie zu einem Punkt zurückkehren, an dem sie bereits einmal gewesen sind.
Die Anzahl cn solcher selbstvermeidenden Wege der Länge n hängt natürlich vom Gitter ab, auf dem man sich bewegen soll. Insbesondere ist der Grenzwert μ=lim cn1/n eine vom Gitter abhängende Konstante, die sogenannte Konnektivätskonstante. Erstaunlicherweise gibt es aber (jedenfalls als numerische Vermutung) eine feinere Asymptotik die nicht vom Gitter abhängt: für jedes Gitter ist cn asymptotisch n11/32μn.

Der Zugang zur Berechnung solcher Asymptotiken ist eine gewisse auf dem Gitter definierte Funktion F(z), die eine Art „diskrete Holomorphie“ erfüllt: für einen Knoten v und die Mittelpunkte a,b,c,… der angrenzenden Kanten gilt (a-v)F(a)+(b-v)F(b)+(c-v)F(c)+…=0. (Das erinnert an die Bedingung, dass das Integral einer holomorphen Funktion über einen Kreis mit Mittelpunkt v verschwindet.) Mit Hilfe dieser Funktion F konnten Duminil-Cupin und Smirnow den genauen Wert der Konstante μ für das Sechseckgitter berechnen.

Auf der Menge der selbstvermeidenden Irrfahrten (mit festem Start- und Endpunkt) kann man eine Wahrscheinlichkeitsverteilung definieren, indem man sagt, dass die Wahrscheinlicheit eines Weges proportional zu xl(w) sein soll für eine gewählte Konstante x, wobei l(w) die Länge des Weges bezeichnet. Wenn man das Gitter immer feiner macht, dann kann man fragen, gegen was für eine Zufallskurve diese Wahrscheinlichkeitsverteilung im Grenzwert (wenn die Größe des Gitters gegen Null geht) konvergiert. Die Antwort hängt vom gewählten x ab. Für das Sechseckgitter hat man einen Phasenübergang bei 1/μ. Für x<1/μ konvergiert die Verteilung gegen die Geodäte mit dem gegebenen Start- und Endpunkt. Für x>1/μ konvergiert sie gegen eine Zufalls-Peanokurve. Offen ist die Frage, was für x=1/μ passiert.

Schramm (mit Lawler und Werner) hatte vermutet, dass auf dem Sechseckgitter für x=1/μ Konvergenz gegen SLE(8/3) erfolgt, also gegen die Zufallskurve, die Lösung der stochastischen Löwner-Gleichung zum Parameter 8/3 ist. Ein wichtiger Grund für diese Vermutung ist die konforme Invarianz dieser Lösung, denn erstaunlicherweise ist der Grenzwert der zufälligen selbstvermeidenden Irrfahrten nicht nur (was offensichtlich ist) unter allen Symmetrien des Sechseckgitters invariant, sondern sogar unter allen konformen Abbildungen der Ebene. Aus Schramms Vermutung würde auch der vermutete Exponent 11/32 in der Anzahlformel folgen.

Smirnow hat dann eine Vermutung über das Verhalten der obigen Funktion F im Grenzwert (wenn die Größe des Gitters gegen 0 geht) aufgestellt, aus der „wahrscheinlich“ Schramms Vermutung folgen würde. Es ist aber noch nicht bewiesen, dass diese Funktion F konform invariant ist und man ist dort in den letzten Jahren nicht recht weiter gekommen. Stattdessen kann man aber ein analoges Problem in einem anderen Kontext lösen, nämlich für das Ising-Modell.

Das Ising-Modell beschreibt die Temperatur ferromagnetischer Materialien. Aus Sicht der konformen Feldtheorie macht es Sinn, eine zufällige Unordnungsvariable einzuführen. Mit Hilfe dieser Variablen kann man das 2-dimensionale Ising-Modell exakt lösen. In diesem Zusammenhang hat Smirnow eine sogenannte „fermionische Observable“ eines Gebiets eingeführt, die dann ähnliche Eigenschaften wie die bei selbstvermeidenden Irrfahrten definierte Funktion F hat. Das Ising-Modell ist einfacher zu untersuchen als die selbstvermeidenden Irrfahrten und so gelang es Chelkak und Smirnow, für diese Variable die analogen Vermutungen zu beweisen, insbesondere die konforme Invarianz und die Vermutung über das Verhalten im Grenzwert, wenn die Größe des Gitters gegen Null geht.
Die Analogien zwischen selbstvermeidenden Irrfahrten und dem Ising-Modell legen einen Zusammenhang zwischen beiden nahe und tatsächlich gibt es ein Schleifenmodell, das zwischen beiden interpoliert.
Die Konklusion des Artikels:

Zufällige Variablen der Ordnung / Unordnung ergeben, wenn sie in die Reihenentwicklung des Ising-Modells bei hoher Temperatur geschrieben werden, diskrete holomorphe Observablen. Wenn wir außerdem im Skalierungslimit die Konvergenz gegen ein konform invariantes Objekt zeigen können, kann auf die Konvergenz der Schnittflächen im System geschlossen werden.
Einige Verallgemeinerungen dieser Quantitäten für Schleifenmodelle bleiben Diskretisierungen von konformen Abbildungen. Die Konvergenz im Skalierungslimit zu beweisen, würde die konforme Invarianz dieses Modells beweisen. Unglücklicherweise ist in fast allen Fällen mit Ausnahme des Ising-Modells die diskrete Holomorphie dieser Observablen nicht ausreichend, um die Konvergenz zu beweisen. Trotzdem können nützliche Informationen wie der Wert der Konnektivitätskonstante extrahiert werden.

Kommentare (2)

  1. #1 Karl Mistelberger
    2. März 2019

    “Wolfgang Pauli antwortete auf eine Anfrage von H.B.G. Casimir, der während des zweiten Weltkrieges von den aktuellen Entwicklungen in der Theoretischen Physik abgeschnitten war, was denn in dieser Zeit auf diesem Gebiet wissenschaftlich passiert sei: “Nicht so viel Interessantes … außer Onsagers exakter Lösung des zweidimensionalen Ising-Modells”. Dabei hatte Pauli die Entwicklung dieses Modells in seinen Anfängen aus nächster Nähe mitverfolgen können, denn er wurde 1922 “wissenschaftlicher Hilfsarbeiter” bei Wilhelm Lenz in Hamburg. In dieser Zeit hatte Lenz seinem Studenten Ernst Ising die Aufgabe gestellt, die von ihm schon 1920 in Rostock entwickelte Idee von einer mikroskopischen Beschreibung des Ferromagnetismus mathematisch auszuarbeiten. Isings Doktorarbeit und die nachfolgende Publikation behandelten den eindimensionalen Fall. Er fand, daß für diesen kein Phasenübergang bei endlichen Temperaturen existiert. Aus diesem Grund und wegen der wenig später von Werner Heisenberg entwickelten quantenmechanischen Beschreibung des Ferromagnetismus blieb das Modell eine zeitlang unbeachtet. Der Name “Ising-Modell” wurde vermutlich durch Rudolf Peierls geprägt, der 1936 eine Arbeit unter dem Titel “On Ising’s Model of Ferromagnetism” veröffentlichte. Mit der Betrachtung des zweidimensionalen Falles begründete er die weitere Entwicklung, die schließlich zu Onsagers Lösung führte.”

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