Zum Thema ‘Open Access’: “der presseschauer” schreibt offenen Brief an Springer-Chef und verweist dabei auf Mathematiker.

Bekanntlich hat sich der Springer-Vorstandsvorsitzende Matthias Döpfner vor einigen Wochen kritisch zu Open Access geäußert. (In seinen Worten: “abstruse Fantasien von spätideologisch verirrten Web-Kommunisten”.)

“der presseschauer” Daniel Schultz antwortet darauf unter der Überschrift “Leistungsschutzrecht für Mathematiker?”.
(Ich bin natürlich nur wegen der Überschrift auf den Artikel aufmerksam geworden. In Wirklichkeit geht es dort ganz allgemein um die aktuellen Open Access-Debatten, Mathematiker kommen erst im vorletzten Absatz vor.)

Ich will den Artikel (schon des Urheberrechts wegen) hier nicht kopieren, man kann sich ja auf https://www.presseschauer.de/?p=1066 Leistungsschutzrecht für Mathematiker das Original ansehen. Ich möchte nur den Absatz kopieren, in dem er auf die Überschrift (also auf Mathematiker) Bezug nimmt:

Vielleicht sollte man mal über die Berufsgruppe der Mathematiker nachdenken, die praktisch schon immer von ihrer Dienstleistung gelebt haben, da Werke in Form von Beweisen und Formeln nach dem Gesetz nicht schützbar bzw. lizensierbar sind. Da sie allerdings über Fähigkeiten verfügen, die rar und begehrt sind, sind sie finanziell gut gestellt und gesellschaftlich anerkannt.

Man sollte ergänzend dazu vielleicht klarstellen, daß Formeln und Beweise im Prinzip als schützenswert gelten (Prioritätsstreitigkeiten unter Mathematikern sind keine Seltenheit). Richtig ist aber, daß die Nutzung von Formeln und Beweisen kostenfrei erfolgt und man lediglich die Quelle und den Namen des Urhebers angeben muß. Also im Prinzip genau das, was im Urheberrecht als Creative Commons-Lizenz bezeichnet wird.

Zum Artikel: “Leistungsschutzrecht für Mathematiker?”

Kommentare (19)

  1. #1 Sven Türpe
    9. März 2010

    Was wäre denn das Geschäftsmodell, mit dem die Mathematiker ihre raren und begehrten Fähigkeiten in finanziellen und gesellschaftlichen Erfolg verwandeln? Eine Möglichkeit deutet der Autor direkt vor dem oben wiedergegebenen Zitat an:

    Im Übrigen sind die mathematischen Verfahren hinter Kryptographie auch kostenlos.

    Die mathematischen Verfahren mögen frei sein, doch ihre Anwendung in Systemen unterliegt Schutzrechten, namentlich durch Patente. Wirft die Mathematik genau dort Geld ab, wo man sie mit Schutzrechten versieht?

  2. #2 Sven Türpe
    9. März 2010

    Was wäre denn das Geschäftsmodell, mit dem die Mathematiker ihre raren und begehrten Fähigkeiten in finanziellen und gesellschaftlichen Erfolg verwandeln? Eine Möglichkeit deutet der Autor direkt vor dem oben wiedergegebenen Zitat an:

    Im Übrigen sind die mathematischen Verfahren hinter Kryptographie auch kostenlos.

    Die mathematischen Verfahren mögen frei sein, doch ihre Anwendung in Systemen unterliegt Schutzrechten, namentlich durch Patente. Wirft die Mathematik genau dort Geld ab, wo man sie mit Schutzrechten versieht?

  3. #3 Sven Türpe
    9. März 2010

    Was wäre denn das Geschäftsmodell, mit dem die Mathematiker ihre raren und begehrten Fähigkeiten in finanziellen und gesellschaftlichen Erfolg verwandeln? Eine Möglichkeit deutet der Autor direkt vor dem oben wiedergegebenen Zitat an:

    Im Übrigen sind die mathematischen Verfahren hinter Kryptographie auch kostenlos.

    Die mathematischen Verfahren mögen frei sein, doch ihre Anwendung in Systemen unterliegt Schutzrechten, namentlich durch Patente. Wirft die Mathematik genau dort Geld ab, wo man sie mit Schutzrechten versieht?

  4. #4 Thilo Kuessner
    9. März 2010

    Die Kryptographie ist jetzt nur ein einzelnes Teilgebiet der Mathematik und es sind nicht die Mathematiker im allgemeinen, sondern nur einzelne (u.a. von Mathematikern und Ingenieuren betriebene) Firmen wie Certicom, die an solchen Patenten verdienen. Ich glaube nicht, daß die dort umgesetzten Beträge in einem hohen Verhältnis stehen zu den ‘Gesamtkosten’ der Mathematik. Das Gros der mathematischen Forschung wird letztlich aus Steuergeldern finanziert. Z.B. erhält man auch keine Honorare für Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Fachzeitshriften, obwohl die Verlage an solchen Zeitschriften gut verdienen.

  5. #5 Sven Türpe
    9. März 2010

    Vielleicht ist die Kryptographie sogar ein außerordentlich schlechtes Beispiel, denn einige halten das Verhältnis zwischen Kryptologie und Mathematik für gestört (mehr).

    Dennoch bleibt die Frage: ist die Mathematik ein brauchbares Vorbild und wenn ja, wofür? Was kann man sinnvollerweise wie Mathematik behandeln und was lieber nicht?

  6. #6 Sven Türpe
    9. März 2010

    Vielleicht ist die Kryptographie sogar ein außerordentlich schlechtes Beispiel, denn einige halten das Verhältnis zwischen Kryptologie und Mathematik für gestört (mehr).

    Dennoch bleibt die Frage: ist die Mathematik ein brauchbares Vorbild und wenn ja, wofür? Was kann man sinnvollerweise wie Mathematik behandeln und was lieber nicht?

  7. #7 Sven Türpe
    9. März 2010

    Vielleicht ist die Kryptographie sogar ein außerordentlich schlechtes Beispiel, denn einige halten das Verhältnis zwischen Kryptologie und Mathematik für gestört (mehr).

    Dennoch bleibt die Frage: ist die Mathematik ein brauchbares Vorbild und wenn ja, wofür? Was kann man sinnvollerweise wie Mathematik behandeln und was lieber nicht?

  8. #8 Thilo Kuessner
    10. März 2010

    Daß Mathematiker unter “provable security” (in der Kryptographie) etwas anderes verstehen als die Praktiker, hatte schon mal jemand in der Kryptographie-Reihe angemerkt. Aus eigener Erfahrung kann ich dazu nichts sagen.

    Ob die Mathematik ein brauchbares Vorbild für Open Source ist, weiß ich nicht. Sicherlich wird der Staat nicht auch noch Musiker oder Schriftsteller mit Steuergeldern finanzieren, damit sie unabhängig vom Urheberrecht werden. Vielleicht wird es eher darauf hinauslaufen, daß Musiker in Zukunft ihr Geld mit Live-Auftritten verdienen und man die Platten bei den Konzerten als Beigabe bekommt (wenn man sie nicht schon aus dem Netz heruntergeladen hat). So wie Wissenschaftler ja auch keine Tantiemen für ihre Veröffentlichungen bekommen, sondern letztlich für ihre (vergleichsweise geringen) Lehrverpflichtungen gut bezahlt werden.

  9. #9 Daniel Schultz
    10. März 2010

    Mir fallen neben der Forschung noch Bereiche wie Risikoanalyse bei Banken und Versicherungen ein, da verdienen die Mathematiker gutes Geld für ihre Fähigkeit, mit den “kostenlosen” Werkzeugen umgehen zu können.

    Dass ich mir nun ausgerechnet Kryptographie herausgesucht habe, ist dem Vergleich, ein Existenzrecht aus der Pressefreiheit bzw. der Unverletzlichkeit der Wohnung herzuleiten, geschuldet. Man möge mir verzeihen.

  10. #10 Sven Türpe
    11. März 2010

    Der Erfolg dieses Modells z.B. in Süditalien zeigt, dass hier eine Patentierbarkeit nicht notwendig ist.

    Das dürfte nicht nur für die Mafia gelten, sondern für viele Geschäftsmodelle: Schutzrechte sind nicht entscheidend für den Erfolg des Modells. Geld verdienen lässt sich ohne weiteres auch mit Leistungen, die leicht für jedermann nachzuahmen sind, etwa mit dem nächtlichen Verkauf von Bier und Zigaretten. Nur verdient dann der das meiste Geld, der am besten mit dem Markt umgehen kann, und das ist nicht unbedingt auch derjenige, der sich das Geschäft oder dessen Grundlage ausgedacht hat. An dieser Stelle greifen Schutzrechte, indem sie einem Marktteilnehmer ein exklusives Recht verschaffen, im Idealfall ein Recht an etwas, das er vorher selbst geschaffen hat. Im Falle der Patente geschieht das sogar auf eine recht intelligente Art, denn der Patentinhaber muss seine Erfindung nicht selbst vermarkten, sondern er kann Lizenzen verkaufen und damit am gesamten Markt mitverdienen.

  11. #11 Sven Türpe
    11. März 2010

    Der Erfolg dieses Modells z.B. in Süditalien zeigt, dass hier eine Patentierbarkeit nicht notwendig ist.

    Das dürfte nicht nur für die Mafia gelten, sondern für viele Geschäftsmodelle: Schutzrechte sind nicht entscheidend für den Erfolg des Modells. Geld verdienen lässt sich ohne weiteres auch mit Leistungen, die leicht für jedermann nachzuahmen sind, etwa mit dem nächtlichen Verkauf von Bier und Zigaretten. Nur verdient dann der das meiste Geld, der am besten mit dem Markt umgehen kann, und das ist nicht unbedingt auch derjenige, der sich das Geschäft oder dessen Grundlage ausgedacht hat. An dieser Stelle greifen Schutzrechte, indem sie einem Marktteilnehmer ein exklusives Recht verschaffen, im Idealfall ein Recht an etwas, das er vorher selbst geschaffen hat. Im Falle der Patente geschieht das sogar auf eine recht intelligente Art, denn der Patentinhaber muss seine Erfindung nicht selbst vermarkten, sondern er kann Lizenzen verkaufen und damit am gesamten Markt mitverdienen.

  12. #12 rank zero
    11. März 2010

    Es ist wirklich eine ausgesucht schiefe Argumentation – ich glaube/hoffe, Mathematikern würde so etwas niemals einfallen. Denn denen ist bewusst, dass es die Mathematik als Wissenschaft, wie sie heute betrieben wird, nur dank umfangreicher öffentlicher Förderung gibt. Sinnvoll in den Grundlagen angelegtes Geld, da die Ergebnisse sich meist nur sehr indirekt zeigen (allerdings, wie viele Beispiele zeigen, ist die Bedeutung auch nicht jedem selbstverständlich).

    RSA hat dann mal einiges Geld gebracht, aber eben durch die Patentierung, und sicher auch nichtausreichend zur “Kostendeckung der Mathematik”. Als zweites Beispiel dann ausgerechnet die Risikomodelle zu nehmen, die sich in der Finanzkrise as so jämmerlich unanwendbar herausgestellt haben – und Mathematikern nur deshalb und dann gute Einkünfte gesichert haben, wenn sie in der organisierten Kriminalität der Banken mitfunktionierten, überzeugt noch weniger.

    Allerdings bringt mich letzteres auf ein besseres (etwas provokantes) Beispiel:

    Die Mafia hat m.W. niemals Idee/Geschäftsmodell des Schutzgeldes patentieren lassen, dies ist also klassischer offener Inhalt. Sie verdient eben ihr Geld nur über ihre Dienstleistungen (also indem sie mehr oder minder wirkungsvoll Leuten, die nicht zahlen, die Häuser zertrümmert). Jedem steht frei, diese Idee aufzugreifen und ggf. besser zu realisieren, indem er eine größere Gang gründet, bessere Waffen einsetzt, brutaler vorgeht oder effizienter Politiker schmiert.

    Der Erfolg dieses Modells z.B. in Süditalien zeigt, dass hier eine Patentierbarkeit nicht notwendig ist. Allerdings möchte nicht jeder in solcher Gesellschaft leben.

  13. #13 rank zero
    11. März 2010

    P.S. Als Mathematiker kennst Du doch die Wichtigkeit genauer Bezeichnungen – gerade in nebeneinanderstehenden Threads sollten Verwechslungen vermieden werden: Könntest Du also nicht lieber die Döpfner-Klitsche korrekt als Axel-Springer-Verlag bezeichnen? Es gibt sowieso genug Leute, die Boulevard und Wissenschaft nicht auseinanderhalten können.

  14. #14 Sven Türpe
    11. März 2010

    Der Erfolg dieses Modells z.B. in Süditalien zeigt, dass hier eine Patentierbarkeit nicht notwendig ist.

    Das dürfte nicht nur für die Mafia gelten, sondern für viele Geschäftsmodelle: Schutzrechte sind nicht entscheidend für den Erfolg des Modells. Geld verdienen lässt sich ohne weiteres auch mit Leistungen, die leicht für jedermann nachzuahmen sind, etwa mit dem nächtlichen Verkauf von Bier und Zigaretten. Nur verdient dann der das meiste Geld, der am besten mit dem Markt umgehen kann, und das ist nicht unbedingt auch derjenige, der sich das Geschäft oder dessen Grundlage ausgedacht hat. An dieser Stelle greifen Schutzrechte, indem sie einem Marktteilnehmer ein exklusives Recht verschaffen, im Idealfall ein Recht an etwas, das er vorher selbst geschaffen hat. Im Falle der Patente geschieht das sogar auf eine recht intelligente Art, denn der Patentinhaber muss seine Erfindung nicht selbst vermarkten, sondern er kann Lizenzen verkaufen und damit am gesamten Markt mitverdienen.

  15. #15 Daniel Schultz
    12. März 2010

    @rank zero, @Sven Türpe Ok, ich verzichte aus offensichtlichen Gründen auf weitere Beispiel aus dem Bereich Mathematik 😉 Mir ging es insgesamt darum eine These zu skizzieren:

    Je rarer potentielle Dienstleister, bei gleicher Nachfrage, sind, desto leichter lässt sich ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickeln, sofern die Nachfrage hochgenug ist.

    Und da kommen mir als Laie Mathematiker in den Sinn, mit offen zugängigen Werkzeugen, aber nur verhältnismäßig wenigen, die in der Lage sind damit umzugehen.

  16. #16 Sven Türpe
    12. März 2010

    Dafür sollten sich allerlei Beispiele finden lassen: Architektur, Steuerberatung und Medizin mit reguliertem Marktzugang wegen der erforderlichen Qualifikationen und Zulassungen oder IT-Sicherheitstests, Partnervermittlung und Webdesign ohne solche Einschränkungen. Die Frage ist, ob solche Beispiele tatsächlich passen, das heißt in allen maßgeblichen Merkmalen mit dem diskutierten Problem — grob: Urheben und Verwerten — übereinstimmen. Ich meine, dass sie das nicht tun. Schutzrechte zielen bei sinnvoller Anwendung typischerweise auf Leistungen mit regressiven Kosten: die Herstellung der ersten Instanz kostet viel, weitere Instanzen werden pro Stück billiger. Das ist überall dort der Fall, wo man einmal mit großem Aufwand etwas erarbeitet, das sich dann auf einfache Weise vervielfältigen lässt. Die Beispiele oben passen alle nicht in dieses Schema, das dreiundfünfzigste Reihenhaus macht dem Architekten ähnlich viel Arbeit wie das erste.

    So gesehen passt die Mathematik als Beispiel dann schon ganz gut — nur hat sie eben gar nicht so sehr das Problem, unter Marktbedingungen Einnahmen zu ihrer eigenen Finanzierung erzielen zu müssen.

  17. #17 Sven Türpe
    12. März 2010

    Dafür sollten sich allerlei Beispiele finden lassen: Architektur, Steuerberatung und Medizin mit reguliertem Marktzugang wegen der erforderlichen Qualifikationen und Zulassungen oder IT-Sicherheitstests, Partnervermittlung und Webdesign ohne solche Einschränkungen. Die Frage ist, ob solche Beispiele tatsächlich passen, das heißt in allen maßgeblichen Merkmalen mit dem diskutierten Problem — grob: Urheben und Verwerten — übereinstimmen. Ich meine, dass sie das nicht tun. Schutzrechte zielen bei sinnvoller Anwendung typischerweise auf Leistungen mit regressiven Kosten: die Herstellung der ersten Instanz kostet viel, weitere Instanzen werden pro Stück billiger. Das ist überall dort der Fall, wo man einmal mit großem Aufwand etwas erarbeitet, das sich dann auf einfache Weise vervielfältigen lässt. Die Beispiele oben passen alle nicht in dieses Schema, das dreiundfünfzigste Reihenhaus macht dem Architekten ähnlich viel Arbeit wie das erste.

    So gesehen passt die Mathematik als Beispiel dann schon ganz gut — nur hat sie eben gar nicht so sehr das Problem, unter Marktbedingungen Einnahmen zu ihrer eigenen Finanzierung erzielen zu müssen.

  18. #18 Sven Türpe
    12. März 2010

    Dafür sollten sich allerlei Beispiele finden lassen: Architektur, Steuerberatung und Medizin mit reguliertem Marktzugang wegen der erforderlichen Qualifikationen und Zulassungen oder IT-Sicherheitstests, Partnervermittlung und Webdesign ohne solche Einschränkungen. Die Frage ist, ob solche Beispiele tatsächlich passen, das heißt in allen maßgeblichen Merkmalen mit dem diskutierten Problem — grob: Urheben und Verwerten — übereinstimmen. Ich meine, dass sie das nicht tun. Schutzrechte zielen bei sinnvoller Anwendung typischerweise auf Leistungen mit regressiven Kosten: die Herstellung der ersten Instanz kostet viel, weitere Instanzen werden pro Stück billiger. Das ist überall dort der Fall, wo man einmal mit großem Aufwand etwas erarbeitet, das sich dann auf einfache Weise vervielfältigen lässt. Die Beispiele oben passen alle nicht in dieses Schema, das dreiundfünfzigste Reihenhaus macht dem Architekten ähnlich viel Arbeit wie das erste.

    So gesehen passt die Mathematik als Beispiel dann schon ganz gut — nur hat sie eben gar nicht so sehr das Problem, unter Marktbedingungen Einnahmen zu ihrer eigenen Finanzierung erzielen zu müssen.

  19. #19 AtkinsonMayra
    19. Dezember 2010

    Different people all over the world take the in different creditors, just because this is comfortable and fast.
    Link remobed