Ein anderer (nur scheinbar elementarerer) Artikel in der neuen Gazette des Mathématiciens (von E. Peyre) betrifft die rationalen Lösungen von Polynom-Gleichungen.

Rationale Lösungen von x2+y=1 – äquivalent ganzzahlige Lösungen von x2+y2=z2 – kann man sich als rationale Punkte auf dem Kreis veranschaulichen und man erhält alle solchen Punkte, indem man für einen rationalen Punkt – etwa (1,0) – alle Geraden mit rationalem Anstieg betrachtet und jeweils den zweiten Schnittpunkt mit dem Kreis nimmt. Man erhält die bekannten Formeln x=(t2-1)/(t2+1) und y= 2t/(t2+1). Das wußten wohl schon die Babylonier, jedenfalls hat man eine ca. 3700 Jahre alte Tontafel mit Beispielen solcher Lösungen gefunden.

Für homogene Polynome kann man durch Multiplikation mit dem Hauptnenner stets rationale Lösungen ganzzahlig machen und sie dann modulo einer ganzen Zahl betrachten. Zum Beispiel hat 643x2+799y2=768z2 keine rationale Lösungen, weil es keine Lösungen modulo 9 gibt.
Andererseits hat zum Beispiel x4-2x2y2+2y4+z4=0 keine rationalen Lösungen, weil es schon keine reellen Lösungen hat.
Das von Helmut Hasse bewiesene Lokal-Global-Prinzip besagt für (nicht-ausgeartete) quadratische Polynome, dass es genau dann rationale Lösungen gibt, wenn man Lösungen modulo jeder ganzen Zahl und reelle Lösungen hat.
Für Polynome höheren Grades stimmt das nicht, es gibt aber einen Satz von Birch, der bei festem Grad und hinreichend vielen Variablen ein Lokal-Global-Prinzip garantiert. Manin hatte auf seinem ICM-Vortrag 1970 eine Obstruktion zum Lokal-Global-Prinzip vorgestellt, die alle damals bekannten Gegenbeispiele umfaßte. (Das einfachste, aber nicht am einfachsten zu beweisende Beispiel ist 3x3+4y3+5z3=0.) Skorobogatov fand dann später noch stärkere Obstruktionen.
Im 20. Jahrhundert wurde viel über den Zusammenhang von Lösungen modulo einer ganzen Zahl einerseits und der Topologie der entsprechenden über den komplexen Zahlen definierten Varietät andererseits gearbeitet. Insbesondere bewies Faltings, dass eine (komplexe) Kurve, deren Geschelcht mindestens 2 ist, nur endlich viele rationale Punkte hat. (Die Endlichkeit ganzzahliger Lösungen war schon früher von Siegel bewiesen worden.)

Die allgemeine Version dieses Satzes ist eine Vermutung von Serge Lang: wenn das kanonische Bündel einer Varietät ampel ist, dann sind die rationalen Punkte nicht Zariski-dicht. Das kanonische Bündel einer Kurve ist genau dann ampel, wenn das Geschlecht der Kurve mindestens 2 ist. Und die einzigen Teilmengen einer Kurve, die nicht Zariski-dicht sind, sind die endlichen Teilmengen. Für Kurven besagt die Vermutung also gerade Faltings‘ Satz. Langs Vermutung ist aber weit offen.
Der entgegengesetzte Fall, wenn das antikanonische Bündel ampel ist, sind die Fano-Varietäten und hier hofft man, dass die rationalen Punkte dicht liegen (nicht nur in der Zariski-Topologie, sondern in der Topologie als reelle Mannigfaltigkeit). Ein dazwischenliegender Fall, wo weder das kanonische noch das antikanonische Bündel ampel sind, ist die Gleichung x4+y4+z4=t4. Von der hatte Euler vermutet, dass sie keine rationalen Lösungen habe, während Elkies nun bewiesen hat, dass die rationalen Lösungen sogar dicht liegen.
Weitere im Artikel besprochene Themen sind die adelische Varietät einer Gleichung, der Nutzen von Höhenfunktionen, Familien von Gleichungen, und die Unmöglichkeit der algorithmischen Lösung diophantischer Gleichungen.