CC: Darüber habe ich gelesen. Haben Sie für die Herstellung Zinkfinger benutzt?
RJ: Ja, wir haben Zinkfinger benutzt, sowie TALENs oder Crispr/Cas (eine weitere neue und vielversprechende RNA-geführte Genomeditierungstechnik; Anm. CC). Der Vorteil ist, wenn man isogene Zellen hat, daß man nun wirklich „Äpfel mit Äpfeln“ vergleichen kann. Das haben wir für Parkinson gemacht, für diese Punktmutation, und diese isogenen Paare von Zellen – es waren die ersten, die überhaupt hergestellt wurden – haben uns in der Tat schon Informationen geliefert, die wir sonst nie gekriegt hätten. Zum Beispiel, um einen Phänotypen zu kriegen und kleine Moleküle zu isolieren. Ich glaube, das müsste eigentlich der Standard sein, so etwas zu machen. Das geht natürlich nicht für polygene Krankheiten. Da wird es schwieriger und man muß sich überlegen, wie man diese studieren kann. Aber für monogene Krankheiten, die natürlich nicht die wichtigsten sind, ist das, so denke ich, der Standard, den man jetzt eigentlich voraussetzen müsste.
CC: Wenn wir uns einmal generell das Stammzell-Gebiet anschauen: vor kurzem wurde ja der Rückzug (= retraction) eines wahrscheinlich zum Teil gefälschten Stammzell-Papers in den Medien diskutiert. Auch generell gab es bei den präklinischen Studien eine gewisse Glaubwürdigkeitskrise angesichts vieler Arbeiten, die nicht reproduziert werden können. Wie stellen Sie die Reproduzierbarkeit Ihrer eigenen Arbeiten sicher? Welchen Standard verlangen Sie?
RJ: Sehr hohe Standards. Ich glaube, das ist das Schlimmste, was einem passieren kann. Das Einzige, was man als Wissenschaftler hat, ist sein Ruf. Und den dann durch so eine Arbeit in Frage zu stellen… (schüttelt den Kopf)
Eine Reihe von Leuten haben keine große Kredibilität in dem Gebiet, aber drei haben sie: das ist der Niwa, der Saito und der Wakajama. Letzteren schätze ich besonders. Der hat die ganzen Mausexperimente gemacht, die ja wirklich gut sind! Für mich war es immer so, daß man eine Arbeit wirklich ernst nehmen muß, wenn diese Leute ihren Namen dahinter gesetzt hatten. Und jetzt kommt heraus, daß sie diese Versuche nie gemacht haben. Sie haben alles der Erstautorin anvertraut, die ja nun in ein Betrugsverfahren verwickelt ist – schon während ihrer Doktorarbeit.
Wenn ich mitbekomme, daß in meinem Labor jemand bewusst eine Fälschung macht, schmeiße ich ihn am selben Abend noch raus. Keine Frage! Mit so einem Menschen will ich nichts zu tun haben. Das hat Wakajama nicht gemacht und das kann ich nicht verstehen. Und ich denke, der Niwa und die anderen Autoren werden es sehr bereuen, ihr vertraut zu haben. Wenn jemand wirklich betrügen will, kann man sich leider kaum davor schützen, es sei denn, man reproduziert die Ergebnisse noch einmal unabhängig.
Die Obokata hat das so dumm gemacht! Wenn man schon betrügen will, dann muß man es ein wenig geschickter angehen. Ein so wichtiges Experiment zu machen und dann so plump zu täuschen, das ist genau wie das Experiment von dem Wang in Südkorea, zum Klonieren. Wenn das ein unwichtiges Experiment wäre, würde es vielleicht keiner herauskriegen, dann ginge der Betrug ja durch. Aber bei einem so wichtigen Experiment kann man das nicht machen. Das ist töricht und insofern verstehe ich das nicht: das musste doch herauskommen! Wenn man so was macht wie der Wang oder die Obokata kommt mir das so vor wie der Madoff mit seinem “Ponzi-Scheme“. Das muß herauskommen, irgendwann. Es war nach zwei Wochen schon klar, daß die Leute das nicht reproduzieren konnten und dann ging es ja wahnsinnig schnell, daß die Zweifel kamen. Bei den Ponzi-Schemes hatte das eben viele Jahre gedauert, ehe er aufflog. Wie man sich dagegen schützen kann, ist eine wichtige Frage. Vertrauen ist schon eine sehr wichtige Sache in der Wissenschaft.
CC: Das war die Betrugsseite. Hinsichtlich der Methoden wurden ja in letzter Zeit die p-Werte angegriffen: ein sehr gängiges und verbreitetes statistisches Interpretationsmodell, das eigentlich so, wie es verwendet wird, nie gedacht war. Nutzen Sie noch p-Werte oder haben Sie andere statistische Interpretationen?
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