Annica G., M.Sc., Doktorandin der forensischen Molekularbiologie am Institut f. Rechtsmedizin, Uni Kiel

Annica ist also seit der Masterarbeit in Kontakt mit dem Feld und hat danach noch viel Zeit und Arbeit investiert und Wartezeiten in Kauf genommen, um die Chance, eine Promotionsgelegenheit zu bekommen, zu verbessern, was schließlich gelungen ist. Um diese zu vollenden, wird sie auch ihren Wohnort verändern und ihre Heimat verlassen. Wenn sie die Promotion erfolgreich abgeschlossen haben wird, wird sie bereits über jahrelange Erfahrung als forensische Molekularbiologin mit Spezialkenntnissen, einschlägige Publikationen und Kontakte mit vielen Leuten im Feld verfügen. Ihre Chancen, später irgendwo dauerhaft als forensische Genetikerin arbeiten zu können, schätze ich daher als sehr gut ein.

“Mein Weg in und durch die Forensische Genetik– Vor gefühlt einer ewigen Zeit, quasi wie in einem anderen Leben, war in der Tat die Wissenschaft gar nicht meine erste berufliche Wahl. Nach dem Abitur wollte ich eigentlich Medizin studieren – was mit einem eher mittelmäßigem Notenschnitt natürlich mit einer mir bevorstehenden, nicht zu vermeidenden beachtlichen Sammlung von Wartesemestern verbunden war. Neben diversen anderen Dingen über die Jahre habe ich dann auch in Köln einen auf Medizinstudienplatzwartende ausgerichteten Lehrgang zum „Biomedizinischen Assistenten“ entdeckt. Als Zusatzqualifikation stand auch „Molekularbiologie und Molekulare Medizin“ in dessen Curriculum, wo ich dann zum ersten Mal mit Molekularbiologie und forensisch-biologischem Arbeiten in Kontakt kam. Dies hat sofort mein Interesse geweckt und mir auch viel Spaß gemacht. Als dann als Gastdozent ein gewisser Cornelius Courts aus (damals) der Rechtsmedizin Bonn zu uns gekommen ist und einen Vortrag über Forensische Genetik gehalten hat, wurde mein Interesse dann auch konkreter. Wir hatten uns sofort aufgrund ähnlich gelagerten und nach außen sichtbaren musikalischen Vorlieben gut verstanden, und er hat mich dann auch auf die Existenz des Studiengangs „Naturwissenschaftliche Forensik“ aufmerksam gemacht, welcher damals noch recht frisch an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg angeboten wurde. Bei nächster Gelegenheit habe ich mich dann neben Medizin auch dort beworben und wurde durch meine zahlreichen Wartesemester auch direkt zugelassen. Ich habe den Studienplatz dann auch angenommen, selbst wenn es nach all den Jahren nicht leicht war, von der Medizin abzulassen. Im Laufe des Studiums, welches neben der von mir sehnlichst erwartenden forensischer Biologie und Kriminalistik den Fokus vor allem auf Chemie und Materialwissenschaften legte, wurde mir sehr klar, dass ich auch auf jeden Fall in der Forensischen Biologie bleiben und mich dorthin spezialisieren möchte. Durch meine bereits vorhandenen Kontakte zu Cornelius konnte ich dann auch in seiner Abteilung in Bonn meine Bachelorarbeit anfertigen und erste Erfahrung in einem „richtigen“ forensischen Labor sammeln. Der Wille dort auch in Zukunft zu arbeiten war da, allerdings ebenso die Gewissheit, dass der nun anstehende weitere Weg aber nicht leicht werden würde. Immerhin sind die beruflichen Möglichkeiten in der Forensik begrenzt. Mein weiterer Bildungsweg musste mir also eine Vertiefung in die Biologie gestatten, um zumindest grob in der Thematik zu bleiben, gemäß des Falls, dass es in der Zukunft keine Stellen in forensischen Instituten für mich gäbe. Dazu gibt es keinen entsprechenden Forensik-Master in Deutschland, und die Bio-Credits aus dem Bachelorstudium waren nicht so zahlreich, um problemlos für einen (Molekular-)Biologischen Masterstudiengang zugelassen zu werden. Glücklicherweise hat es nach einigen Rückschlägen und Ablehnungen dann mit einem Masterstudienplatz in „Molecular Life Sciences“ in Jena funktioniert. Nachdem ich dort meine molekularbiologischen Sporen verdient und den Abschluss gemacht hatte, war es wiederum eine recht glückliche Fügung, dass Cornelius – diesmal schon in Kiel – mir eine Doktorandenstelle über Drittmittel im Bereich der „Molekularen Ballistik anbieten konnte – er hat darüber schon in diesem Blog berichtet! 😊Nun bin ich fertig promoviert und beginne bald, demütig aber froh, in Kiel als stellv. Abteilungsleiter eine Stelle für die Routinearbeit in der Forensischen Genetik: tatsächlich genau die Arbeit, die mir am meisten Spaß macht. Wohlwissend, dass ich dahin durch viel Geduld, noch mehr Glück, eine Tonne Vitamin B und mit mehr Schweiß und Tränen als ich hier berichten könnte gelangt bin! Per Aspera ad Astra…”

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Kommentare (6)

  1. #1 H. Auwärter
    08/08/2021

    Hammer! Vielen Dank an Sie alle, dass Sie Ihre Geschichte aufgeschrieben haben und viel Glück an die, die noch nicht angekommen sind!

  2. #2 Dr. Webbaer
    08/08/2021

    Ischt sicherlich “Hardcore”, naturwissenschaftliche Anwendung meinend, auch nicht immer appetitlich, Dr. Webbaer mag auch Einschätzungen wie gleich ganz oben beigebracht : ‘Die Arbeit ist zutiefst sinnerfüllt, weil er keinen diffusen, sondern sehr konkreten und hohen Anliegen wie beispielsweise der Aufklärung von Straftaten oder der Identifizierung von Verstorbenen dient.’
    Allen viel Erfolg!

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  3. #3 Aspirant
    09/08/2021

    von mir auch großes Dankeschön.
    Ganz schwer, über diesen Beruf was zu finden, hier an der Uni weiss kaum einer was und ein Praktikum zu bekommen ist ziemlich schwer.
    Hat auf jeden Fall geholfen, mir ein Bild zu machen und über Möglichkeiten nachzudenken!

  4. #4 Aspirant
    09/08/2021

    P.S.: grüsse gehen raus an den Olli – voll sympathischer Kerl 🙂

  5. #5 Cornelius Courts
    11/08/2021

    Es gibt noch einen Nachtrag: ich habe noch die Geschichte von Eva, meiner ersten Doktorandin, eingefügt. Danke Eva, für’s Teilen!

  6. #6 Gasterosteus
    12/08/2021

    Yey, den Beitrag von Eva hatte ich schon vermisst.
    Schön, die vielen Beiträge zu lesen.