“He (Dodgson) knows a man whose feet are so large that he has to put on his trousers over his head.” (E.L.Hicks)

Im letzten ernstgemeinten Beitrag hatten wir uns mit der Frage beschäftigt, wie der ‘Raum aller hyperbolischen Metriken’ auf einer Fläche mit g Henkeln aussieht und wir hatten plausibel gemacht, daß dieser Raum 6g-6-dimensional sein sollte.

Nämlich, eine hyperbolische Metrik auf der g-henkligen Fläche entsprach einer Pflasterung der hyperbolischen Ebene durch 4g-Ecke – und ein ‘dimension count’ zeigte dann, daß solche Pflasterungen durch 6g-6 Parameter beschrieben werden.

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Bild: mathworld

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Für topologische Zwecke, insbesondere für die Veranschaulichung der universellen Überlagerung ist die Darstellung der Fläche durch das 4g-Eck hilfreich, für die Veranschaulichung der verschiedenen hyperbolischen Metriken ist aber eine andere Zerlegung der Fläche besser geeignet, nämlich die Hosen-Zerlegung.

Eine ‘Hose’ (engl.: ‘pair of pants’) ist die unten abgebildete Fläche mit 3 Randkomponenten

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das ist die Fläche, die man bekommt, wenn man aus einer Sphäre drei Kreisscheiben herausschneidet.

Jede Fläche läßt sich in Hosen zerlegen –
das Bild unten zeigt eine Zerlegung der Fläche mit g=3 Henkeln in 4 Hosen.

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Ähnlich läßt sich eine Fläche mit g Henkeln (für g>1) in 2g-2 Hosen zerlegen.
(Bei dieser Zerlegung kommen 3g-3 Kurven vor.)

Wieviele hyperbolische Metriken (so daß der Rand aus Geodäten besteht) gibt es auf einer Hose?
Man kann die Hose wie unten abgebildet in ein rechtwinkliges Sechseck zerschneiden

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Bilder: Hyperbolic Geometry Notes

und hat damit die Frage nach hyperbolischen Metriken auf Hosen zurückgeführt auf die Frage nach rechtwinkligen hyperbolischen Sechsecken.

Mit einem relativ elementar-geometrischen Beweis kann man zeigen, daß es zu je 3 positiven Zahlen a,b,c ein rechtwinkliges hyperbolisches Sechseck gibt, dessen rote Kanten die Längen a,b,c haben – und daß dieses rechtwinklige hyperbolische Sechseck durch die Zahlen a,b,c eindeutig bestimmt ist. (Beweis z.B. hier.)

Zurückübersetzt vom Sechseck zur Hose heißt das: zu je 3 positiven Zahlen a,b,c gibt es eine hyperbolische Metrik auf der Hose, so dass die Randkurven der Hose die Längen a,b,c haben.
Der ‘Raum der hyperbolischen Metriken auf der Hose’ (der Teichmüller-Raum der Hose) ist also 3-dimensional.

Wenn man sich jetzt die g-henklige Fläche in Hosen zerlegt denkt, wie im 2.Bild oben, dann kommen dabei 3g-3 zerlegende Kurven (Rand-Kurven von Hosen) vor, deren Längen also freie Parameter sind.
Es gibt aber noch 3g-3 weitere freie Parameter – man hat ja verschiedene Möglichkeiten, Hosen mit gleichlangen Rand-Kurven zusammenzukleben, man kann sozusagen die eine jeweils gegen die andere verdrehen – und diese Möglichkeit des Drehens, die man ja an jeder der 3g-3 zerlegenden Kurven hat, liefert noch einmal 3g-3 freie Parameter.
(Die Drehwinkel können beliebige reelle Zahlen sein, auch größer als 2π. Tatsächlich handelt es sich bei den Verklebungen um Dehn-Twists, wie wir sie im letzten Teil von TvF 132 beschrieben hatten.)
< Insgesamt also hat man 6g-6 Parameter, von denen die hyperbolische Metrik auf der g-henkligen Fläche abhängt. Der Teichmüller-Raum der hyperbolischen Metriken sollte also 6g-6-dimensional sein.
(Auch das ist natürlich, wie schon der ‘dimension count’ in TvF 147, ein Plausibilitätsargument, zumal wir überhaupt noch gar keine präzise Definition der Topologie auf dem Teichmüller-Raum auf dem hyperbolischen Metriken überhaupt ist.
Zumindest ist die Dimension des Teichmüller-Raums, die wir hier durch Abzählen der freien Parameter bestimmt haben, aber dieselbe wie wir sie in TvF 147 durch Abzählen der freien Parameter von Pflasterungen bestimmt haben. Und diesmal haben wir jedenfalls eine Bijektion zwischen dem Teichmüllerraum und R6g-6, gegeben durch die Logarithmen der 3g-3 Längen und die 3g-3 Twistparameter.)

Diese 6g-6 Parameter (also die Längen der 3g-3 zerlegenden Kurven und die Twistwinkel an diesen Kurven) heißen Fenchel-Nielsen-Koordinaten des Teichmüller-Raums.

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