Die Laplace-Gleichung Δu=0 im R3 beschreibt in der Physik das elektrostatische Potential im ladungsfreien Raum. Die Lösungen dieser Gleichung (auf einem beliebigen Rn) heißen harmonische Funktionen.
Die harmonischen Funktionen auf dem R2 sind in der Funktionentheorie von Bedeutung, etwa beim Beweis des Riemannschen Abbildungssatzes. Die Real- und Imaginärteile komplex differenzierbarer Funktionen sind harmonisch und umgekehrt ist jede harmonische Funktion der Realteil einer komplex differenzierbaren Funktion.
Nun weiß man aus der Funktionentheorie, dass komplex differenzierbare Funktionen nicht nur einmal, sondern unendlich oft differenzierbar und sogar analytisch (d.h. mit ihrer Taylor-Reihe übereinstimmend) sein müssen. Daraus folgt, dass auch harmonische Funktionen auf dem R2 analytisch sein müssen.
Allgemeiner läßt sich auch für harmonische Funktionen auf einem beliebigen Rn Analytizität beweisen. Obwohl die Gleichung Δu=0 eine Differentialgleichung zweiter Ordnung ist und ihre Lösungen zunächst nur zweimal differenzierbar sein müßten, sind ihre Lösungen also stets analytisch.
Einen ähnlichen Effekt hat man bei Minimalflächen, wo ebenfalls bereits im 19. Jahrhundert bekannt war, dass sie stets analytisch sind, obwohl sie nur durch eine Differentialgleichung zweiter Ordnung beschrieben werden.
Das führt zu der Frage, für welche allgemeinen Klassen von Differentialgleichungen solche Regularitätssätze bewiesen werden können.
Man unterscheidet Differentialgleichungen von elliptischem, parabolischem und hyperbolischem Typ. Partielle Differentialgleichungen haben je nach Typ sehr unterschiedliche Eigenschaften. Die Laplace-Gleichung ist von elliptischem Typ wie auch allgemein Differentialgleichungen mit
. In diesem Fall sind die Koeffizienten konstant, sie können aber auch beliebige Funktionen sein, wofür man dann analog einen Begriff von Elliptizität definiert. Die Laplace-Gleichung entspricht dem Fall, dass
die Einheitsmatrix ist.
Motiviert durch die Laplace-Gleichung und die Minimalflächengleichung hatte Hilbert 1900 als neunzehntes seiner dreiundzwanzig Probleme die Vermutung aufgestellt, dass die Lösungen elliptischer partieller Differentialgleichungen (mit analytischen Koeffizienten) stets analytisch sein sollen.
Hilberts Problem wurde bereits 1903 von Sergei Bernstein (damals Doktorand in Göttingen, er promovierte dann 1904 an der Sorbonne und noch einmal 1913 in Charkow, weil ausländische Doktortitel dort nicht anerkannt wurden) gelöst unter der zusätzlichen Annahme, dass die dritten Ableitungen der Lösungen existieren und beschränkt sind.
Bernsteins Beweis nutzte Techniken für a-priori-Abschätzungen für Lösungen und ihre Ableitungen mittels Linearisierungen nichtlinearer Gleichungen in einer Umgebung der Lösung. Der Name “a-priori-Abschätzung” bezieht sich darauf, dass man a priori von Existenz und Glattheit der Lösung ausgeht um Abschätzungen für die zweiten und höheren Ableitungen von f in Abhängigkeit von Schranken für f und die ersten Ableitungen (sowie die Ableitungen der Koeffizienten) zu beweisen. Bernstein wandte seine Methoden dann auf die (quasilineare) Minimalflächengleichung an und bewies 1915, dass ein Funktionengraph im R3 nur dann eine Minimalfläche ist, wenn er eine Ebene, die Funktion also linear ist.
Die Gründe für die Bedeutung von a-priori-Abschätzungen wurden eigentlich erst mit den Arbeiten von Leray und Schauder verstanden: man kann Fixpunktsätze anwenden sobald man die richtigen a-priori-Abschätzungen hat.
Der 1930 bewiesene Fixpunktsatz von Schauder ist eine Verallgemeinerung des Brouwerschen Fixpunktsatzes auf unendlich-dimensionale Räume. Er besagt, dass für eine kompakte, konvexe Teilmenge C eines Banach-Raumes jeder stetige Operator T:C–>C einen Fixpunkt hat. Insbesondere kann man das auf kompakte Operatoren auf Banach-Räumen X anwenden, sobald das Bild C:=T(X) konvex ist.
Eine elementare Anwendung ist der Beweis des Satzes von Peano, dass eine gewöhnliche Differentialgleichung mit stetiger (nicht notwendig Lipschitz-stetiger) rechter Seite eine lokale Lösung hat. Man betrachtet den Operator und beweist, dass er stetig ist und kompaktes, konvexes Bild hat, es nach Schauder also einen Fixpunkt gibt. Dieser ist eine Lösung der Gleichung
. (Bei Lipschitz-stetiger rechter Seite wäre T eine Kontraktion, der Fixpunkt nach Banachs Fixpunktsatz also eindeutig. Im allgemeinen kann es mehrere Lösungen geben.)
Ein interessanteres Beispiel: für eine geeignete Funktion f auf einem Gebiet Ω sucht man Lösungen von mit der Randbedingung u=0 auf ∂Ω. Dafür betrachtet man auf L2(Ω) den Operator T(u)=Δ-1(f(u)). Franz Rellich hatte 1930 bewiesen, dass Folgen von Funktionen in L2 eine konvergente Teilfolge besitzen, wenn es gleichmäßige Schranken für die Funktion und ihre ersten Ableitungen gibt. (In heutiger Sprache: die Einbettung W1,2—>L2 ist kompakt.) Daraus und aus der Poincaré-Ungleichung kann man im Beispiel beweisen, dass T ein kompakter Operator ist und die Voraussetzungen des Schauderschen Fixpunktsatzes erfüllt. Der Fixpunkt ist die gesuchte Lösung.
Auf ähnliche Weise bekommt man auch Lösungen hochgradig nichtlinearer Gleichungen. Ein einfaches Beispiel sei die Differentialgleichung , für die man eine im Unendlichen verschwindende Lösung sucht. Die kann man umschreiben mittels
zu
. Man kann L-1 explizit bestimmen und betrachtet es als Operator auf dem Banach-Raum C0 (den im Unendlichen verschwindenden Funktionen). Man kann zeigen, dass er dort ein stetiger Operator mit kompaktem, konvexem Bild ist, auf den sich Schauders Fixpunkktsatz anwenden läßt. Damit bekommt man Existenz einer Lösung mit der gegebenen Randbedingung, was anders schwer zu beweisen wäre.
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