Der hier schon mehrfach erwähnte „Prof. Müller“, nach eigener Selbstdarstellung „Mitglied der Gruppe der 5 Lockdown-kritischen Professoren“, Geistesbruder von Walach, Wodarg, Kuhbandner, Homburg, Bhakdi & Co., traut sich allen Ernstes, auf seiner Internetseite den alten Kalauer aufzuwärmen, mit Corona lebe man länger als ohne:

Das Prinzip dieser Art „Evidenz“ ist einfach: Man nehme die mittlere Lebenserwartung (in Deutschland derzeit ca. knapp 81 Jahre) und suche sich Todesursachen, die meist erst in sehr hohem Alter auftreten. Mit etwas Glück liegt dann das durchschnittliche Sterbealter dieser Todesursachen über der mittleren Lebenserwartung – oh Wunder, die Krankheit verlängert das Leben. Funktioniert außer mit Corona z.B. prima auch mit Niereninsuffizienz (durchschnittliches Sterbealter 84,3 Jahre), Hypertonie (86 Jahre) oder Demenz (86,9 Jahre). Suchen Sie sich aus, mit welcher Krankheit Sie Ihr Leben verlängern wollen. Das war natürlich nicht ernst gemeint, bleiben Sie lieber gesund.

Womit hat man es bei diesem Herrn zu tun? Ist das bewusste Irreführung, sozusagen „Lügenevidenz“? Pure Dummheit? Ich will das gar nicht weiter kommentieren. Nur der Hinweis sei gestattet, dass die „fernere Lebenserwartung“ der 80-Jährigen in Deutschland derzeit bei ca. 9 Jahren liegt: Wenn man es bis 80 geschafft hat, hat man richtig gute Chancen, noch ein paar Jahre älter zu werden – falls man nicht vorher an Corona stirbt. Oder dement wird, weil man zu lange auf den Seiten von Prof. Müller war. Schon das sollte skeptisch gegenüber dümmlichen Heureka-Erlebnissen nach Prof. Müllers Art stimmen, die Feinheiten der Statistik in Sachen mittlere Lebenserwartung, durchschnittliches Sterbealter oder ferne Lebenserwartung sowie die Studien zum Verlust an Lebensjahren bei Tod durch Corona kann man sich in dem Zusammenhang eigentlich sparen.

Man muss sich nicht einmal selbst viele Gedanken dazu machen, das Thema ist im Netz oft genug abgehandelt worden. Wer es nicht wissen will, der will es eben nicht wissen. Und wer die Kritik hier für eine Herabwürdigung eines „Andersdenkenden“ hält, der möge es so sehen. Fakten können grausam sein. Bei solchen Leuten studieren zu müssen, ist es wohl auch.

Kommentare (26)

  1. #1 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2020/08/09/von-der-elefanten-nutzlichkeit/
    9. August 2020

    Dazu kommt noch der Fehler, der durch den Vergleich mit Demenz usw. nicht abgedeckt wird, dass man an CoViD19 auch erst seit 8 Monaten sterben kann. Wenn es das in 80 Jahren noch gibt, und die Aussage stimmt dann immer noch, wäre ich verwundert – übersteigt aber meine Lebenserwartung.
    30 Jahre würden aber reichen. Wer heute mit 85 an Covid stirbt, der hätte auch oft mit 75 dran sterben können, wenn es Covid schon lange gäbe und er sich früher angesteckt hätte.

    Einerseits kann ich es ein Stückchen nachvollziehen: Bei Lebenserwartungen mit unterschiedlich alten Scheiben der Population zu unterschiedlichen Zeitpunkten wird Bevölkerungsstatistik schnell verwirrend, andererseits muss einen aber doch die paradoxe Lage darauf aufmerksam machen, dass hier ein Denkfehler vorliegen muss.

    Professor für BWL/Rechnungswesen ist er.

    • #2 Joseph Kuhn
      9. August 2020

      @ user unknown:

      “Dazu kommt noch der Fehler, der durch den Vergleich mit Demenz usw. nicht abgedeckt wird, dass man an CoViD19 auch erst seit 8 Monaten sterben kann.”

      Guter Punkt und für das individuelle Infektionsrisiko auf jeden Fall relevant. Was es für das durchschnittliche Sterbealter bedeutet, darüber muss ich erst mal nachdenken. Jetzt wären mitlesende Demografen hilfreich.

      A propos Infektionskrankheiten: Lungenentzündungen (83,1 Jahre) und sonstige Infektionen der unteren Atemwege (84,8 Jahre) sind zur Lebensverlängerung nach Prof. Müller auch sehr zu empfehlen. Anders als HIV (55,6 Jahre) oder Protozoenkrankheiten (63,1 Jahre). Prof. Müller sollte vielleicht einen Ratgeber “Die 10 besten schweren Erkrankungen, Ihr Leben zu verlängern” herausgeben.

  2. #3 rolak
    9. August 2020

    dieser Art „Evidenz“

    ..liegt imho ein ähnlicher Kurzschluß zugrunde wie dem ebenfalls häufig (nach)geplapperten ‘nicht bekannt, ob an oder mit Corona gestorben’. Dabei wird ebenfalls die tatsächlich angemessene Fragestellung vergessen: wie wahrscheinlich hätte der jeweilige Mensch seine (Vor)Erkrankung ohne C-Infektion überlebt? Bei Dekapitation ziemlich genau 0, bei Asthma ziemlich genau 100% und praktischerweise wäre das Ergebnis dann ziemlich genau der Anteil der an C Verstorbenen – nur wollten das die BonmotStreuenden ja gar nicht wissen bis aktiv ignorieren.

    Ist diese RealitätsUnwilligkeit eigentlich irgendwie gekoppelt mit dem Grad der Merkfähigkeit? Solch Blödsinn wurde doch immerhin bereits vor ~40 Jahren zum Thema HIV verzapft und auseinandergenommen…

  3. #4 Alisier
    9. August 2020

    Die Frage ist wieso dergleichen immer wieder vorgebracht wird, und auch immer wieder, bei manchen oder auch bei vielen, verfängt.
    Sollte der Drang sich bloß nicht mit Fakten und Konsequenzen zu beschäftigen wirklich so dermaßen stark sein?
    Nur um sich nicht kümmern zu müssen und weiter so tun zu können als hätten wir kein Problem?
    Die Einsicht, dass wir etwas ändern müssen, scheint enorm schwer zu ertragen zu sein. Wohl deswegen sind diejenigen bei manchen so beliebt, die versprechen uns in eine glorreiche Vergangenheit zurückzuführen, in der es keine Probleme gab.
    Der Reflex ist übrigens bei allen Großproblemen zu beobachten, vom Klimawandel bis hin zum Rassismus.
    Sobald auch nur angedeutet wird, dass unsere Lebens- und Denkweise gefährlich geworden ist oder werden könnte, und wir etwas ändern müssen, um nicht vor einem Scherbenhaufen zu stehen, tauchen Beruhiger und Windbeutel auf, denen nur zu gerne geglaubt wird.
    Auf die Überbringer der beunruhigenden aber faktenbasierten Botschaft wird eingedroschen, aber die Verdreher werde hoffiert, weil sie ja die WAHRHEIT sagen.
    “Ich will mein Verhalten nicht ändern müssen, denn ich hatte immer schon recht, und alles was ich denke und tue ist gut!” lautet das Credo.
    Und jeder, der das Credo bedient hat gute Karten.
    Prof. Müller ist da noch einer der Harmloseren. Aber als düsteres Beispiel natürlich gut geeignet.

  4. #5 2xhinschauen
    9. August 2020

    Die vielzitierte “mittlere Lebenserwartung” von +/- 81 Jahren ist doch die von heute Neugeborenen, oder nicht? Nicht die der jetzt lebenden Gesamtbevölkerung.

    Nur so gefragt, ändert nichts am Argument.

    • #6 Joseph Kuhn
      9. August 2020

      @ 2xhinschauen:

      Genau. Die “mittlere Lebenserwartung” bezieht sich auf die Neugeborenen, die “fernere Lebenserwartung” auf die Lebenserwartung ab Alter X. In der amtlichen Statistik beruht die Berechnung der Lebenserwartung in der Regel auf Periodensterbetafeln, d.h. dem Herunterzählen von einer Ausgangspopulation im Alter 0 mit den aktuellen Sterbewahrscheinlichkeiten über alle Altersgruppen. Die so berechnete Lebenserwartung ist also keine Prognose, sondern ein Abbild des aktuellen Sterbegeschehens einer Population (anders als z.B. bei Kohortensterbetafeln). Auch das tut dem Argument von Prof. Müller nicht gut, aber bei einem Auto, das keinen Motor und keine Räder hat, muss man nicht diskutieren, ob es besser fahren würde, wenn es wenigstens eine Bremse hätte.

      Werbeblock: Das mit der Lebenserwartung wird auch kurz und knapp in unserem Büchlein “Gesundheitsdaten verstehen” erklärt.

  5. #7 2xhinschauen
    9. August 2020

    OT:
    In der beliebten Kategorie “Halbwahr muss reichen” greift der Konradin Content Manager nebenan schon wieder voll ins Klo (“Immunsystem stärken”).

    https://scienceblogs.de/wissens-ecke/2020/08/08/immunsystem-staerken-mit-ernaehrung-nahrungsergaenzungsmitteln-und-bewegung-das-gibt-es-zu-beachten/

    Und macht allem Anschein nach redaktionelle Werbung für einen Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln. Jedenfalls ist dies kein Teaser für andere Publikationen des Verlags, wie sonst meist, was ja auch ok ist.

  6. #8 Omnivor
    Am 'Nordpol' von NRW
    9. August 2020

    Unterhalb der Grafik hat Herr PROFESSOR Müller den Daily Mail Artikel verlinkt
    https://www.dailymail.co.uk/news/article-8470843/The-average-Covid-19-victim-OLDER-age-people-usually-die-Scotland.html und die Überschrift

    Revealed: Average age of Covid-19 victims is OLDER than life expectancy in Scotland as stark figures show ‘it is predominantly a disease that strikes the elderly’

    Ich verstehe nicht, wie er aus den Aussagen des Artikels: “Wie von Anfang an befürchtet, sterben eher Ältere” zu seinen Aussagen kommt.
    Am 2. August zieht er darüber her, dass das RLI die Verstorbenenzahlen nach unten korrigiert hat. Um riesige 0,08% (7 bei 9141). Dem RKI kann man deshalb nichts mehr glauben.
    Ich finde es toll, dass der Herr PROFESSOR nie Fehler korrigieren muss. Er hat ja immer recht.

  7. #9 Lutz Gerke
    9. August 2020

    Ich meine, hier wird bewußt etwas falsch verstanden.

    In allen erfaßten Staaten liegt das mittlere Sterbealter mit Corona oft deutlich über der mittleren Lebenserwartung. In Schweden bei 86 zu 82, in Deutschland 82 zu 81 usw.

    Ein Mathematiker sollte sofort die entsprechende Kurve im Kopf haben. Die Streuung nach unten kann nur gering sein.

    Und die Sterbe”kurve” ist identisch mit der Mortalitäts”kurve”.
    In Deutschland sterben Jahr für Jahr rund 940.000 Menschen.

    Interessant ist, daß alle graduierten und zum Teil ausgezeichnete Wissenschaftler, die etwas anderes sagen, verteufelt werden, während man selber nicht mal richtig rechnen kann?

    So schauts in China aus:

    https://epidemic-stats.com/coronavirus/

    Nach unten scrollen.

    Die Daten vom RKI hat sicher jeder zur Hand?
    Derselbe Verlauf.
    1 Kind unter 10 Jahren, 2 Jugendliche unter 20 Jahren, 9 Erwachsene unter 30 Jahren, 23 Erwachsene unter 40 Jahren etc. pp. Ziemlich intelligent das Virus? Es gibt nämlich keine Gleichverteilung?

    Man kann auch große Sekten gründen.

  8. #10 Lutz Gerke
    Hamburg
    9. August 2020

    Und dann noch Pharma-Werbung schalten. Sehr glaubwürdig.

    • #11 Joseph Kuhn
      10. August 2020

      @ Lutz Gerke:

      “Pharma-Werbung”

      Die Werbung ist ein Ärgernis. Wäre die hostende Medienagentur caritativ unterwegs, wäre mir das auch lieber, aber sie will halt irgendwie ihren Aufwand halbwegs refinanzieren. Sind denn Ihre Lieblingsmedien werbefrei?

      Die Werbeeinblendungen im Blog werden übrigens über Algorithmen gesteuert, da kommt Pharmawerbung auch mal bei pharmakritischen Beiträgen, und Homoöpathiewerbung auch mal bei homöopathiekritischen Beiträgen. Inwiefern beeinträchtigt das jetzt meine Glaubwürdigkeit?

  9. #12 schorsch
    9. August 2020

    Prof. Müller hat hier selbstverständlich, genau wie sein amerikanisches Vorbild, Prof. Trump in vergleichbaren Fällen, nur einen Witz gemacht.

  10. #13 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/
    10. August 2020

    Guter Punkt und für das individuelle Infektionsrisiko auf jeden Fall relevant. Was es für das durchschnittliche Sterbealter bedeutet, darüber muss ich erst mal nachdenken. Jetzt wären mitlesende Demografen hilfreich.

    Ich glaube die brauchen wir nicht.

    Wir können doch ein stark vereinfachtes Modell nehmen: Das Land Mathland, mit 100 Mio. Einwohnern. 1 Mio. sind 0 Jahre alt, 1 Mio. 1 Jahr usw. – alles gleichverteilt und 1 Mio. sind 99 Jahre alt. Das mittlere Alter ist 50. (49,5 aufgerundet).

    Jetzt kommt die Gewitterfront Randolf und schlägt in die Bürger ein wie der Blitz, jeder Bürger habe die gleiche Chance, getroffen zu werden. Kinder sind zwar kleiner aber dafür häufiger draußen – es soll einfach bleiben, herrjeh!

    Dann erwarten wir ein mittleres Sterbealter von 50 Jahren.

    Wir müssen weiter vereinfachen: Die Reproduktion wird in Mathland eingestellt (Klimakatastrophe) und jedes Jahr läuft so ein Gewitter übers Land, jedes Jahr gleich viele Blitze. Zack, es kann einen Neugeborenen treffen. Wenn nicht, kann der im nächsten Jahr erwischt werden. Überlebt er das auch, dann im nächsten Jahr usw.
    Gemessen an der Population mögen nur sehr wenige sterben, sagen wir 100 pro Jahrgang, so dass wir die bereits Toten bei der Chance getroffen zu werden vernachlässigen können. Nach 100 Jahren fehlen von einem Jahrgang 100 * 100 = 10.000 am Blitz Gestorbene (Skeptiker sagen: mit Blitz).

    Im 100. Jahr tritt eine Viruserkrankung hinzu, das Grauhaarfieber. Proportional zum Anteil grauer Haare an einem Jahrgang rafft es die entsprechend alte Bevölkerung dahin, Kinder und Jugendliche quasi gar nicht, ein paar 40jährige, mehr 50jährige, viele 80jährige und Ältere.

    Würde das Fieber von Anfang an grassieren, dann würden zwar noch die meisten 40jährigen leben, aber die 50-60jährigen würde es empfindlich dezimieren. Es würde bei diesen – sagen wir mal – 10% rausholen wenn sie 50 sind, dann wieder 10% wenn sie 51 sind (der Überlebenden), davon wieder 10% wenn sie 52 sind usw. – nicht 10*10%, weil die Basis von Jahr zu Jahr schrumpft, aber die Überlebenden schrumpfen 90%, 81%, 73%, … zu 35% über 10 Jahre (gleichzeitiges, weiteres Ergrauen als Einflussgröße unterschlagen).

    Betrachten wir nur die Gruppe der 50-60jährigen, würde es also im ersten Jahr nur 10% töten, aber diese Zahl über einen längeren Zeitraum würde die Lebenserwartung nach wenigen Jahren, einem Jahrzehnt, schon empfindlich gesenkt haben.

    Ein Milchzahnvirus wäre natürlich noch viel verheerender, aber das nur Rande.
    Das neue Grauhaarvirus mit den Blitzschlägen, die es schon immer gibt, zu vergleichen, ist unredlich.

    Im ersten Jahr gibt es ja noch die ganzen Alten und Uralten von 89-99 Jahren, die es in späteren Jahren kaum noch geben wird.

    Allzuweit darf man das Gedankenexperiment natürlich nicht treiben, weil Immunität darin nicht vorkommt und viele sehr artifizielle Annahmen darin stecken.

    Man kann auch sagen: Solange Herdenimmunität nicht bald erreicht ist, werden im Laufe eines Jahres sehr viele 60-70jährige nicht an Covid19 sterben, der Großteil, weil er sich gar nicht infiziert, ein kleiner Teil im Vergleich dazu, der die Krankheit symptomfrei oder -arm überlebt. Der letzte Teil ist vielleicht nächstes Jahr immun, aber der erste kann sich dafür im nächsten Jahr infizieren und sterben. Und das 10-20 Jahre lang, bis er 80 ist. Ein gewisser Teil wird auch an was anderem sterben.
    Von den 90-100jährigen werden kaum welche, die 9 Jahre lang nicht infiziert werden, das 10. Jahr erleben, weil von denen viel mehr an was anderem sterben. Geschweige denn werden sie 20 Jahre lang verschont bleiben.

    Umgekehrt könnte man auch sagen: Wer über 80 ist, der sollte so viel Motorrad fahren wie möglich. Denn es stirbt kaum je ein über 80jähriger auf dem Motorrad oder in den 24h nach einer Motorradfahrt. Selbst mit Corona!

    Ja, ja, bedingte Wahrscheinlichkeiten – beliebt, um das Hirn wuschig zu machen. Man muss fragen: Waren die Leute erst alt und sind dann mit (egal!) Corona gestorben oder hatten sie erst Corona, und sind dann alt geworden? Sie sind eben nicht mit Corona alt geworden, sondern kaum hatten sie Corona, schon sind sie gestorben, zumindest viele.

    Wahrscheinlich ist die letzte Erklärung die eingängigste.

  11. #14 Fluffy
    10. August 2020

    Boa, wie lang

  12. #15 Joseph Kuhn
    10. August 2020

    @ user unknown:

    “… würde die Lebenserwartung nach wenigen Jahren …”

    Lassen wir die Lebenserwartung erst einmal beiseite. Beim durchschnittlichen Sterbealter käme es darauf an, in welchem Umfang in den nächsten Jahren Jüngere an Corona sterben, die dann nicht mehr als Ältere daran sterben können, was sie jetzt ganz undezimiert noch konnten, und wie relevant das für das durchschnittliche Alter der Coronasterbefälle ist. Wenn das durchschnittliche Sterbealter schwächer sinkt als die Lebenserwartung, was würde Prof. Müller daraus folgern?

    @ Fluffy:

    “Boa, wie lang”

    Boa, wie kurz. Man kann auch mit wenig Buchstaben nichts zur Diskussion beitragen 😉

  13. #16 Thilo
    10. August 2020

    Ich stelle diese Frage mal hier, weil man auf https://scienceblogs.de/wissens-ecke/2020/08/08/immunsystem-staerken-mit-ernaehrung-nahrungsergaenzungsmitteln-und-bewegung-das-gibt-es-zu-beachten/ ja nicht diskutieren kann.

    Laut https://de.wikipedia.org/wiki/Nahrungsergänzungsmittel#Werbeaussagen gibt es sehr restriktive Regeln zu Werbeaussagen über Nahrungsergänzungsmitteln. (Allerdings wird dort auch explizit erwähnt, dass „Vitamin B6 trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“ eine zulässige Aussage ist.) Was heißt das jetzt für Statements wie „Zusätzlich zur ausgewogenen Ernährung können Nahrungsergänzungsmittel helfen das Immunsystem zu stärken.“ aus dem oben verlinkten Artikel? Das ist ja keine Aussage über Vitamin B6, sondern pauschal über Nahrungsergänzungsmittel, insofern sicher nicht wissenschaftlich begründet, andererseits natürlich durch den Konjunktiv „könnte“ so abgeschwächt, dass man sich vielleicht vor Gericht damit herausreden könnte, ja gar keine Wirkung für das Immunsystem behauptet zu haben. Weiß jemand, wie da die genaue Rechtslage ist?

    • #17 Joseph Kuhn
      10. August 2020

      @ Thilo:

      “Weiß jemand, wie da die genaue Rechtslage ist?”

      Juristisch sind health claims relevant, wenn es um konkrete Produkte geht, die mit unbelegten Gesundheitsversprechen beworben werden. Das ist hier nicht der Fall. Aber dass der aus dem Konradin-Beitrag zitierte Satz zu einer Versandapotheke verlinkt und dort letztlich die ganze Breite der Nahrungsergänzungsmittel angeboten wird, auch solche, über deren Nutzen man kritisch diskutieren müsste, passt nicht zu den Scienceblogs. Da sollte Konradin das Konzept noch mal nachbessern, sonst wird die Marke Scienceblogs beschädigt.

  14. #18 Adent
    10. August 2020

    @Lutz Gerke

    In allen erfaßten Staaten liegt das mittlere Sterbealter mit Corona oft deutlich über der mittleren Lebenserwartung. In Schweden bei 86 zu 82, in Deutschland 82 zu 81 usw.

    Könnte evtl. darauf hindeuten, dass eine Infektion (u.a. mit Corona) gefährlicher für alte Menschen ist (Achtung, das könnte ist Ironie). Worauf es mitnichten hindeutet ist, dass man durch oder mit dieser Infektion (oder jeder anderen Krankheit) älter als der Durchschnitt wird. Ist irgendwie logisch, aber nicht jeder hat es so mit der Logik…

  15. #19 2xhinschauen
    10. August 2020

    @Thilo
    War mir auch schon aufgestoßen. Das Zitat anzugreifen dürfte aber wie so oft am Verb “können” scheitern. Man liest darin ja gerne “hat die Fähigkeit”, was angreifbar wäre. Die zweite und oft als Ausrede angeführte Bedeutung ist “es besteht die Möglichkeit” – was man ja nicht ausschließen kann. Dazu kommt noch die Abschwächung durch das Verb “helfen”.

    Diese “können”- Formulierungen sind juristisch also bestenfalls als irreführend, aber selten als bewusst täuschend einzustufen, obwohl sie es oft sind.

    Bedenklicher finde ich den Link auf die Anbieterseite.

  16. #20 Fluffy
    10. August 2020

    Das Thema bedingte Wahrscheinlichkeit war für mich mit
    #5, #6, #9 schon durch. (Sorry, wenn sich jemand übergangen fühlt.)

    “Boa, wie lang”

    Ich wollte, ja eigentlich das Wörtlichen weilig anhängen.
    Wie schade . Hätte doch

    “Boa, wie kurz”

    für mich vorteilhafter ausgesehen

    • #21 Joseph Kuhn
      10. August 2020

      @ Fluffy:

      Ich weiß nicht, ob „langweilig“ hier das richtige Wort ist. Die parallele Betrachtung von Lebenserwartung und durchschnittlichem Sterbealter ist gar nicht so trivial. Bei der Lebenserwartung gibt es über die Sterberaten einen direkten Bezug zur Bevölkerung, beim durchschnittlichen Sterbealter nicht. Bei der Lebenserwartung spielt die verlorene Lebenszeit eine Rolle, beim durchschnittlichen Sterbealter nicht, bzw. nur mittelbar.

      Trivial ist bestenfalls, dass Corona bei uns weder für die mittlere Lebenserwartung noch für das durchschnittliche Sterbealter einen relevanten Effekt haben dürfte (woraus nicht folgt, dass man Corona abhaken kann).

  17. #22 Fluffy
    10. August 2020

    #21
    Für mich sind Begriffe wie Durchschnitt und Erwartungswert zunächst synonym.
    Diffiziler (more difficult) wird es, wenn man die Kohortentafel als Messung und die Sterbetafel als ein Modell basierend auf vorher genanntem versteht. Dann müssen Durchschnitt und Erwartungswert nicht übereinstimmen. Die theoretische Prognose, berechnet aus dem Modell muss nicht der eintretenden Wirklichkeit entsprechen gemäß dem Motto Prognosen sind immer schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.
    Es gibt aber immer zwei Möglichkeiten:
    Mann kann das Model oder die Messung anpassen.

    Derartige Details entschuldigen natürlich nicht die Betrachtungsfehler o.g. Webpage.

    Trivial ist bestenfalls, dass Corona bei uns weder für die mittlere Lebenserwartung noch für das durchschnittliche Sterbealter einen relevanten Effekt haben dürfte

    Angesichts der immensen öffentlichen medialen Diskussion scheint das für einige Leute aber nicht zuzutreffen.

    • #23 Joseph Kuhn
      10. August 2020

      @ Fluffy:

      Ich fürchte, darüber müsste man etwas länger reden, das mit Messung und Modell passt nicht und die Lebenserwartung ist auch kein Erwartungswert, es geht nicht um Stichproben und Inferenzstatistik.

      Was die öffentliche Wahrnehmung der Bedeutung der Corona-Sterbefälle für die Lebenserwartung angeht, haben viele Leute schon Probleme, zwischen individueller Lebenserwartung und Lebenserwartung als demographischer Kennziffer zu unterscheiden, insofern wundert mich da nichts, auch nicht die Kommentare des Herrn Prof. Müller.

  18. #24 rolak
    10. August 2020

    Regeln zu Werbeaussagen

    Formal halte ich das nicht einmal für eine Werbeaussage, Thilo. Die Sequenz “Zusätzlich zur (..) leidet” ist doch eine Binsenweisheit. Selbstverständlich /kann/ fast alles in gewissen Situationen hilfreich sein und klar steigt die Wahrscheinlichkeit dafür stark an, wenn es tatsächlich gebraucht wird. Allein durch die Spezialisierung auf NEM wirkt die Binse wie Werbung. In beiden Bedeutungen: es sieht so aus und es ist ein Priming über die KlickZeit.
    Trotzdem halte ich auch den Artikel nicht für Werbung an sich, die dann in journalistischen Produkten als solche gekennzeichnet sein muß (bzw sollte).

    letztlich die ganze Breite

    Existiert denn eine Alternative, Joseph? (link muß nicht..) Also Versandapotheken, die /nicht/ (fast) alles liefern, was sie liefern dürfen? Bei den wenigen Bestellungen meinerseits habe ich da noch nie drauf geachtet…

    Das Problem mit dem Markenschaden (‘da? da gibts doch aber auch..’) sehe ich allerdings ebenfalls, die ganzen nicht-(Verweis-auf-anderes-Verlagsprodukt)-Artikel sind nicht koscher. Kann mir zumindest nicht vorstellen, warum die andere Konradin-Redaktion, die das interessant fand, anonym bleiben soll oder möchte.

  19. #25 rolak
    12. August 2020

    Falls noch ein wenig Nachschlag konveniert: Die Problematik eines möglichen Markenschadens tritt ja nicht zum ersten Male auf, aktuell sehe ich es deutlich entspannter als damals. Wobei sich aktuell/damals nur auf den Auslöser bezieht, die ollen Kamellen sind ja immer noch präsent.

    Ein Positivum der WissensEcke hätte ich dagegen im Angebot: es wurde mir soeben eröffnet, daß auch scinexx zur Konradin-Gruppe gehört. Das wäre zwar retroanalytisch bei Dpedia ebenfalls zu erfahren gewesen, aus dem scinexx-Impressum jedoch nur sehr indirekt.

  20. #26 Hans-Werner Bertelsen
    Bremen
    12. August 2020

    Nur wirkliche Expertise zählt im Bereich Gesundheit. Wolfgang Wodarg zu seiner Entscheidung, einen Bremer Postboten als Amtsarzt im Gesundheitsamt Flensburg einzustellen (ab 5:00):

    http://www.youtube.com/watch?v=E2JqKLpEa4A&feature=youtu.be

    [Link editiert, JK]