In den 40er Jahren arbeitete Laurent Schwartz in Frankreich die Theorie der “Distributionen” (verallgemeinerten Funktionen) aus, nicht wissend, dass diese bereits in der Sowjetunion von Sobolew entwickelt worden war. Seine Theorie – die wie bei Sobolew verallgemeinerte Funktionen als Elemente im Dualraum der “Testfunktionen” (unendlich oft differenzierbarer Funktionen mit kompaktem Träger) ansah – betonte im Stil Bourbakis sehr viel mehr die strukturellen Aspekte und systematisierte damit auch andere frühere Ansätze. Physiker beispielsweise hatten häufig mit einer Dirac-Funktion gerechnet, die in einem Punkt x0 unendlich groß und sonst überall Null ist. Er formalisierte das als verallgemeinerte Funktion δ, die jeder Testfunktion f den Wert f(x0) zuordnet. Das wurde dann nützlich für die Konstruktion von Fundamentallösungen zu partiellen Differentialgleichungen.
Leser seiner Arbeit waren beeindruckt, wie harmonisch der gesamte Kalkül zusammenpaßte. Beispielsweise konnte er für eine Teilmenge seiner Distributionen eine Transformation definieren, die im klassische Fall der Zerlegung einer Funktion in die Koeffizienten trigonometrischer Polynome entsprach, und unter der die (analog zur Faltung von Funktionen definierte) Faltung von Distributionen gerade der Multiplikation von Funktionen entsprach. Eine der zahlreichen Anwendungen (neben der Lösbarkeit von Differentialgleichungen) war etwa, dass sich Hadamards Begriff des endlichen Anteils eines divergenten Integrals jetzt sehr viel natürlicher formulieren ließ.
Bild: https://www.math.nsc.ru/conference/sobolev/100/english/Sobolev_SL_2.jpg
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