Noch ein Nachtrag zum Artikel von gestern: ob Fermat seine berühmte Randnotiz wirklich so geschrieben hat wie wir sie kennen, das ist durchaus nicht erwiesen – die einzige Quelle hierfür ist bekanntlich sein Sohn, der den Nachlass herausgab mit den Randnotizen in Diophants Arithmetica.

Noch viel unklarer ist, ob Fermat wirklich meinte, was er schrieb, wenn er es denn so geschrieben haben sollte. Beziehungsweise ob er wirklich dauerhaft davon überzeugt war, einen Beweis gefunden zu haben.

Franz Lemmermeyer hat vor einigen Jahren mal in einem MO-Thread aufgedröselt, was Fermat tatsächlich zum Fermatschen Satz gewußt haben dürfte. (Insbesondere widerlegt er dort die oft kopierte Behauptung, Fermats Randnotiz stamme bereits aus dem Jahr 1637 – eine Behauptung, die wohl auf Dicksons 1919 veröffentlichte “History of the Theory of Numbers” zurückgeht und sich früher in der Literatur nicht nachweisen läßt.)

Lemmermeyer zitiert einen Brief Fermats aus dem Jahr 1659, in dem Fermat das Prinzip des unendlichen Abstiegs diskutiert, mit der er zwischen 1638 und 1640 die Umkehrung des Zwei-Quadrate-Satzes bewies, also dass eine Primzahl p\equiv 3\ mod\ 4 nicht als Summe zweier Quadratzahlen zerlegt warden kann. In seinem Brief von 1659 erwähnt er einige andere potentielle Anwendungen seiner Abstiegsmethode, darunter dass eine Kubikzahl nicht als Summe zweier Kubikzahlen zerlegbar sei. Mit anderen Worten: den Satz von Fermat selbst für n=3 kannte Fermat 1659 noch nicht, er sah ihn als potentielle (zukünftige) Anwendung seiner Abstiegsmethode.

Ebenfalls aus Fermats Briefen geht (laut Lemmermeyer) hervor, dass Fermat die Methode des unendlichen Abstiegs 1640 entdeckt hat und dass er zwischen 1641 und 1645 die Nicht-Lösbarkeit von x^4+y^4=z^4 bewies. (Das ist eine Anwendung der Methode des unendlichen Abstiegs und ist einfacher als der Beweis für x^3+y^3=z^3.)

Wenn Fermat also wirklich 1637 (oder zu einem anderen Zeitpunkt) seine Randnotiz geschrieben haben sollte, dann hat er jedenfalls 1659 nicht mehr an seinen Beweis geglaubt, nicht einmal für n=3. (Der Fall n=4, den wahrscheinlich oder möglicherweise auch Fermat schon bewiesen hatte, wurde übrigens 1676 von Frénicle de Bessy publiziert, der Fall n=3 erst 1770 von Leonhard Euler.)

Diese Informationen stammen aus einem 4 Jahre alten MathOverflow-Beitrag, aktuellere Beiträge zum Thema habe ich erstmal nicht gefunden.

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Kommentare (3)

  1. #1 Newshammer
    26. Juli 2014

    Das ist wirklich ein spannendes Thema. Soweit ich weiß hat Euler aber nicht (allein?) auf Basis der Matheode des Unendlichen Abstieges (eine natürliche Zahl n kleiner als 1, bzw. 0 ist nicht denkbar, weswegen mathematische Verfahren/Sätze, die eine Zahl kleiner Null (oder eins) herbeiführen würden, falsch sind), sondern basierte auf Sätzen über grade und ungrade Zahlen.
    Müsste mir den Beweis aber mal wieder ansehen. (Bin mathematisch nicht ausgebildet…)

    Der Satz von Fermant sagt doch aus, dass a^x*b^x=c^x, für alle x aus der Menge der natürlichen Zahlen. Damit reicht doch eigentlich das Widerlegen eines Sonderfalls, um den Satz umzustoßen… Oder sehe ich das falsch?

  2. #2 Lercherl
    27. Juli 2014

    Noch viel unklarer ist, ob Fermat wirklich meinte, was er schrieb, wenn er es denn so geschrieben haben sollte.

    Was soll da unklar sein? Die Formulierung ist eindeutig und lässt eigentlich keinen Spielraum für Interpretationen:

    Cubum autem in duos cubos, aut quadratoquadratum in duos quadratoquadratos et generaliter nullam in infinitum ultra quadratum potestatem in duos ejusdem nominis fas est dividere: cujus rei demonstrationem mirabilem sane detexi. Hanc marginis exiguitas non caperet.

  3. #3 Gerhard Löffler
    Freiburg
    9. August 2017

    Fermats Beweis existiert.