Quantum Unique Ergodicity.

Eine weitere Anwendung von hyperbolischer Geometrie und Modulformen ist “Quantum Unique Ergodicity” (“Quanten-eindeutige Ergodizität” ist wohl die passendste Übersetzung?)

Bei “Quantum Unique Ergodicity” geht es um “Wellen mit hohen Frequenzen”, also Eigenfunktionen des Laplace-Operators zu großen Eigenwerten, auf hyperbolischen Flächen.

In TvF 76 hatten wir schon mal darüber geschrieben, daß die Berechnung der Eigenwerte des Laplace-Operators unter der plakativen Frage “Can one hear the shape of a drum?” popularisiert wird: die Obertöne einer Trommel werden bestimmt durch die Eigenwerte des Laplace-Operators auf der Trommelfläche.

In der (euklidischen) Ebene ist der Laplace-Operator einfach

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und seine Eigenfunktionen sind ‘Wellen’ wie z.B. sin(2x)cos(3y).

Die Definition des Laplace-Operators auf allgemeineren Flächen ist etwas komplizierter, cf. TvF 76.
(In TvF 78 hatten wir schon mal darüber geschrieben, daß die Eigenwerte des Laplace-Operators, auf einer hyperbolischen Fläche, aus den Längen der geschlossenen Geodäten berechnet werden können.)

Die “Quantum Unique Ergodicity”-Vermutung besagt, daß auf einer hyperbolischen Fläche die Eigenfunktionen zu großen Eigenwerten annähernd “gleichverteilt” sind, insbesondere sollen sich die Nullstellen gleichmäßig über die Fläche verteilen. (Das Wort “Quantum” im Titel kommt wohl vom Zusammenhang zu “Quantenchaos”, dazu nächste Woche.)

Besonders interessiert man sich für die Modulfläche H2/SL(2,Z) (TvF 91).
Das Bild unten (von der AIM-Webseite, © F.Strömberg) zeigt gleichmäßig verteilte Punkte im (Fundamentalbereich der) Modulfläche:

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© F.Strömberg

Die Eigenfunktionen des Laplace-Operators auf der Modulfläche H2/SL(2,Z) sind die sogenannten Maass-Wellen-Formen, benannt nach Hans Maaß.
(Diese Maass-Formen sind im Prinzip Modulfunktionen, müssen allerdings nicht unbedingt komplex-differenzierbar sein.)

Die “Quantum Unique Ergodicity”-Vermutung wurde letztes Jahr von Soundararajan bewiesen, auf Basis eines von Lindenstrauss vorgeschlagenen Programms. (Arbeit auf dem ArXiv) Aus dem Abstract:

Let φ denote a Maass form of eigenvalue λ, normalized so that its Petersson
norm equals 1. Zelditch [14] has shown that as λ → ∞, for a typical
Maass form φ the associated probability measure μ := |φ (z)|2 dx dy/
y2 tends to the uniform distribution measure 3/π dx dy/y2. This result is known as “Quantum Ergodicity.” The widely
studied Quantum Unique Ergodicity conjecture of Rudnick and Sarnak [10] asserts that
as λ → ∞, for every Maass form the measure μ approaches the uniform distribution measure.

Die Arbeit von Soundararajan beweist dann diese “Quantum Unique Ergodicity”-Vermutung von Rudnick-Sarnak, also daß auf der Modulfläche Wellen mit hohen Frequenzen fast gleichmäßig verteilt sind.
Für kompakte hyperbolische Flächen (also Brezeln oder Flächen mit mehr als 2 Henkeln) war das von Lindenstrauss bewiesen worden, die Arbeit von Soundararajan baut auf Lindenstrauss Programm auf.

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Das AIM hatte vor 2 Jahren mal einen (sehr) populärwissenschaftlichen Artikel zu “Quantum Unique Ergodicity” (es ging damals noch um den Fall holomorpher Modulformen, den Soundararajan und Holowinsky damals bewiesen hatten), in dem das Ergebnis so erklärt wurde:

The motivation behind the problem is to understand how waves are influenced by the geometry of their enclosure. Imagine sound waves in a concert hall. In a well-designed concert hall you can hear every note from every seat. The sound waves spread out uniformly and evenly. At the opposite extreme are “whispering galleries” where sound concentrates in a small area.

[…]

Soundararajan and Holowinsky showed that for certain shapes that come from number theory, the waves always spread out evenly. For these shapes there are no “whispering galleries.”

Mehr ins mathematische Detail geht ein Artikel von Sarnak

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Kommentare (2)

  1. #1 Georg Hoffmann
    26. Februar 2010

    Es riecht alles sehr nach einer Anwendung. Gibt’s denn in der Physik irgendetwas, dass dem entspricht? Irgendwas zwischen Schroedingergleichung und klassischer Elektrodynamik?

  2. #2 Thilo Kuessner
    27. Februar 2010

    Ich wollte nächste Woche was zum Zusammenhang mit “Quantenchaos” schreiben.