One has to be aware now that mathematics can be misused and that we have to protect its good name. (A.Wiles)

Im Oktober hatte Andrew Wiles, berühmt für den Beweis der Fermat-Vermutung, bei einer Rede anlässlich der Einweihung des Andrew-Wiles-Gebäudes in Oxford in recht scharfer Form Banker und Finanzmathematiker angegriffen, worüber dann in vielen (englischsprachigen) Medien berichtet wurde, zum Beispiel in der Times und der International Business Times oder z.B. diesem Blog.

Wiles claimed that the abuse of mathematics during the global financial meltdown in 2009, particularly by banks’ manipulation of complex derivatives, had tarnished his chosen subject’s reputation.

He explained that scientists used to worry about the ethical repercussions of their work and that mathematics research, which used to be removed from day-to-day life, has diverged “towards goals that you might not believe in”.

Bei Wiles’ Rede handelt es sich ja eher um einen allgemeinen Rant über den in Gefahr befindlichen guten Ruf der Mathematik. Der kanadische Spieltheoretiker A.Kaznatcheev hat sich (in einem als Reaktion auf Wiles’ Rede bzw. deren öffentliches Echo geschriebenen Beitrag) mal die Mühe gemacht, einige der neueren Arbeiten zur Anwendbarkeit der Finanzmathematik in einem Artikel Finance and Mathematics zusammenzufassen.

Ich weiß natürlich nicht, wie weit seine Rezeption tatsächlich den aktuellen Stand der Wissenschaft wiedergibt, aber jedenfalls finde ich es interessant genug, um die entsprechenden Teile aus seinem Artikel hier zu übersetzen. Im Folgenden also eine Übersetzung aus Kaznatcheevs Artikel:

Die populäre Story besagt, dass komplexe Derivative wie Collateralized Debt Obligations (CDOs, ein Überbegriff für Finanzinstrumente, die zu der Gruppe der forderungsgesicherten Wertpapiere und strukturierten Kreditprodukte gehören) und Kreditausfall-Swaps (CDSs, ein Kreditderivat, das es erlaubt, Ausfallrisiken von Krediten, Anleihen oder Schuldnernamen zu handeln) den Teilnehmern die “Vervollständigung des Marktes” erlauben und die Effekte asymmetrischer Information reduzieren (de Marzo: “The pooling and tranching of securities”). Insbesondere kann der mit Informationen ausgestattete Verkäufer Käufer für den informations-insensitiven Teil des Aktiva-Geldflusses finden und den informations-sensitiven Teil zurückhalten. Kritiker weisen darauf hin, dass in der Praxis der Preis (oder die Risikobewertung) von CDOs selbst gegenüber bescheidenen Ungenauigkeiten in der Bewertung unterliegender Risiken nicht robust sind (einschließlich Systemrisiken, siehe Coval, Jure, Stafford: “The economics of structured finance”). Es sind diese Falschbewertungen von Derivaten, die die meisten Analysten als zentral für die letzte Finanzkrise ansehen (Brunnermeier: “Deciphering the liquidity and credit crunch 2007-08”).
[…]
Arora, Barak, Brunnermeier, Ge: “Computational complexity and information asymmetry in financial products” zeigten, dass für rechenbeschränkte (“computationally bounded”) Marktteilnehmer de Marzos Rationalitätsanalyse nicht zutrifft und Derivate die Kosten der Informations-Asymmetrie tatsächlich erhöhen (statt verringern) können. Die Art, wie komplexe Derivate gewöhnlich aufgestellt werden, erlaubt es den Verkäufern, die Assets so auszuwählen, dass der Käufer das versteckte Risiko nicht erkennen kann.
[…]
In diesem Fall liegt die Schuld nicht bei den Preismodellen und Algorithmen der Käufer oder der dem Markt inhärenten Informations-Asymmetrie. Die fundamentalen Regeln der Berechenbarkeit verhindern ein besseres Ergebnis. Der Fehler ist, dass das Werkzeug der komplexen Derivate von Natur aus unfair oder zu einfach für unlautere Zwecke zu benutzen ist. Die Verwendung von CDOs und CDSs gibt Menschen mehr Macht, die über mehr Informationen verfügen. So erweitern wir ein bereits bestehendes Machtgefälle.[…] Ohne Berücksichtigung der Berechnungskomplexitäten ist dies nicht zu sehen.[…]

Kommentare (18)

  1. #1 rolak
    21. Dezember 2013

    Diesem schönen clip hatte ich vor Jahren zu verdanken, endlich die undurchschaubar scheinenden Mechanismen hinter der Finanzkrise zumindest prinzipiell zu verstehen. Nun, zumindest einzusehen, es einem anderen verständlich weiter zu erklären habe ich noch nicht geschafft, ist wohl zu verdrillert bzw da kann ich mir wohl etwas nicht merken. Deswegen hatte ich (eine) Adresse und Inhalt des clips vom Rechner merken lassen, der ist für sowas eh viel besser geeignet 😉

  2. #2 porzellan
    21. Dezember 2013

    Angefangen hats mit Bill Clinton, der die Banken anwies, Hauskredite auch an Leute mit geringem Einkommen zu vergeben (im Rahmen des Anti-Rassismus – es ging hauptsächlich darum, Afroamerikaner zu versorgen).

    Ein anderes Detail, Greenspan, Bernake und demnächst Janet Yellen – viele Amis fragen sich, warum wird die FED ständig von Leuten jüdischen Glaubens geleitet. Da sprießen natürlich die Verschwörungstheorie in den Himmel. Ist ja auch komisch. Zumal in den USA an sich überall streng auf Quoten geachtet wird.

  3. #3 Thilo
    21. Dezember 2013

    “Da sprießen natürlich die Verschwörungstheorien in den Himmel.”

    Na, jetzt trauen Sie sich schon und erzählen uns (statt komischer Andeutungen) IHRE ganz persönliche Verschwörungstheorie. Sonst ist das wie Hasch geraucht und nicht inhaliert.

  4. #4 porzellan
    21. Dezember 2013

    @ Thilo

    Das ist ein merkwürdiger Einwand kommend von einem Mathematiker, immerhin geht es um eine 2% Minderheit.

    Es ist nicht meine Verschwörungstheorie. Müsste sich alles leicht widerlegen lassen:

    https://www.youtube.com/watch?v=pUY7o7pX6vk

    Bisschen einseitig und dramatisch, aber nicht schlecht gemacht.

    Mich interessiert nur die Wahrheit. Habe keinerlei Interesse an Gewalt etc., ich füge dies nur hinzu, weil das ja mindestens unterschwellig unterstellt wird.

    Im übrigen weiß ich z.b. nicht, ob die FED vielleicht tatsächlich das beste für die Amerikaner tut (oder es versucht), das kann ja sein! Sparen macht Volkswirtschaftlich gesehen keinen Sinn, da wir von Produkten leben, nicht von Papierschnipseln. Die Politik tut gut daran dafür zu sorgen, das die Wirtschaft am Anschlag läuft und möglichst viel Güter auf den Markt kommen. Schulden sind an sich relativ egal, es geht nur um die Gegenwart.
    .

    lesenswert:
    https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdischer_Bolschewismus

    Wenn ich so drüber nachdenke, es hat sich wenig geändert. Bis heute fragen sich Leute, wo die Loyalität der Juden liegt. Darf man drüber reden? Wir haben diese Diskussionen über Moslems und Islam, wo halt klar geworden ist, das die doch sehr andere Vorstellungen haben. Das Judentum ist bisher so gewissermaßen im Windschatten unterwegs. Da herrschen doch noch ganz starke Tabus und so eine Art Angststarre. Nachvollziehbar, aber auf Dauer nix gut.

  5. #5 rolak
    21. Dezember 2013

    Oha, ist er schon wieder aus seinem 1000jährigen Grab geporzellt? Eigentlich schade, daß nur sein zuerst genannter Unterstützungs-Zeuge vor zwei Jahren hier in K aus dem Verkehr gezogen wurde. Von ihm selber leben zumindest noch die Konsonanten

  6. #6 Hans
    21. Dezember 2013

    “Angefangen hats mit Bill Clinton, der die Banken anwies, …”

    Sehe ich nicht so. Angefangen hat es mit dem Sinken der Profitrate. Mittlerweile haben die Geldbesitzer soviel angehäuft, dass es nicht mehr genug Anlagemöglichkeiten gibt, Geld gewinnbringend anzulegen. Die Folge ist, dass die Profitrate sinkt. Das ist nur der gute alte Kapitalismus, zu dem die Krise gehört, wie das Amen zur Religion.

  7. #7 Thilo
    21. Dezember 2013

    @ Porzellan: Den von Ihnen eingebrachten Link https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Bolschewismus haben Sie offensichtlich nicht gelesen, er besagt nämlich das genaue Gegenteil. Und die FED mit “jüdischem Bolschewismus” in Verbindung zu bringen, das ist noch nicht einmal mehr eine Verschwörungstheorie, das ist einfach nur Schwachsinn.

  8. #8 Hobbes
    21. Dezember 2013

    “Die Politik tut gut daran dafür zu sorgen, das die Wirtschaft am Anschlag läuft und möglichst viel Güter auf den Markt kommen. Schulden sind an sich relativ egal, es geht nur um die Gegenwart.”

    Das ist Blödsinn, denn das ist dann im Prinzip ebenfalls eine Planwirtschaft. Die Effizienz des Kapitalismusses beruht darauf, dass der Kapitalfluss “frei” ist somit schneller reagieren kann als jede bewusste Steuerung. Eine Wirtschaft die immer auf Anschlag läuft und die Produktionsverteilung nicht mehr durch das fließende Kapital bestimmen lässt hebelt genau das aus. Pleiten und Krisen gehören zum Kapitalismus. Sie sind notwendig wie der Tod bei der Evolution.
    Das künstliche am Leben halten sorgt für eine schlechte Verteilung der Güter was dazu führt das die Abläufe immer weniger effizient werden obwohl immer mehr produziert wird. Nur halt zur falschen Zeit am falschen Ort.
    Wir müssen einsehen, dass wir in diesem System Krisen nur auf ein akzeptables Maß reduzieren können, aber nie ganz verhindern. (Diese stellen nämlich die Selbstreinigungskraft des Systems.)

  9. #9 porzellan
    22. Dezember 2013

    @rolak

    Naja, genau deshalb ruft man die deutsche Wikipedia in politischen Fragen auch nicht auf, sondern wechselt zur englischen.

    Knights of the Ku Klux Klan

    In 1974, David Duke founded the Louisiana-based Knights of the Ku Klux Klan (KKKK), a Louisiana Ku Klux Klan organization, shortly after graduating from LSU.[79] He became Grand Wizard of the KKKK. A follower of Duke, Thomas Robb, changed the title of Grand Wizard to National Director, and replaced the Klan’s white robes with business suits.[80] Duke first received broad public attention during this time, as he endeavored to market himself in the mid-1970s as a new brand of Klansman: well-groomed, engaged, and professional. Duke also reformed the organization, promoting nonviolence and legality, and, for the first time in the Klan’s history, women were accepted as equal members and Catholics were encouraged to apply for membership.[81] Duke would repeatedly insist that the Klan was “not anti-black”, but rather “pro-white” and “pro-Christian.”

    Uh, shocking! Tut mir leid dir das jetzt sagen zu müssen, Duke hat niemals zu Gewalt aufgerufen.

    Linke sind ja etwas freier mit ihren Helden. Da werden Mörder gefeiert und geehrt, zuletzt Nelson “Necklacing” Mandela. Was soll man dazu groß sagen…

    https://en.wikipedia.org/wiki/Necklacing

  10. #10 rolak
    22. Dezember 2013

    Wikipedia

    Was auch immer Du nimmst, versuche es lieber erst einmal mit der Hälfte – du halluzinierst, porzellan..
    Das war kein weltunspannendes Lexikon, sondern Die Welt.

  11. #11 MX
    22. Dezember 2013

    Ein Blogbeitrag beschreibt finanzmathematische Probleme und das wird mit dem Ku Klux Klan, dem Schutz des Christentums und, gut großdeutsch gedacht, dem “Finanzjudentum” kommentiert. Man erklärt sich halt die Welt.

    Funktioniert auch sonst gut, z.B. diese komplizierten Klimamodelle, die versteht doch keiner. Ich glaube, die Afrikaner verändern das Klima, weil sie besser an die Sonne angepasst sind. Die NSA hört nicht ab, die kontrollieren die Gedanken. Der Mond ist ein Loch im schwarzen Himmelsdach, das der liebe Gott aufgespannt hat, damit es nicht Skalarwellen aus dem Weltraum auf uns regnet und Thilo Küssner ist der Kennedy-Attentäter.

  12. #12 porzellan
    23. Dezember 2013

    Das Banken./Geldsystem ist doch ständig in der Kritik. Unbeantwortet die Frage, ob es ein besseres gibt. In der Analyse jedenfalls ist es absolut sinnvoll, sich alle Aspekte anzuschauen.

    Komisch, das ihr alle so tut, als ob es völlig gleich wäre, wenn nun zum 3x in Folge ein Anhänger des Judentums an die Spitze der FED gesetzt wird. Das glaub ich euch einfach nicht. Ginge es um Asiaten, würden alle ihr Witzchen drüber machen.

    Der Chef von GoldmanSachs hat gesagt, der ein Banker “die Arbeit Gottes verrichtet”. Passt doch wunderbar zu obigem Video 😀

    Vielleicht noch ein paar Anmerkungen: David Duke richtet sich nur gegen die von ihm so genannten Zionisten – das entspricht etwa den Islamisten des Islams, also Leute, die die alten religiösen Texte -die furchtbare Inhalte haben!- allzu wörtlich nehmen.

    Zwotens, was ihr meiner Meinung nach nicht kapiert habt: Deutschland hat Israel eine Anzahl Atom-U-Boote geschenkt. Mit dieser Geste haben wir -so gut das geht- unsere Ehre wieder hergestellt. D.h. wir sollten keine falsche Bescheidenheit, und auch kein schrilles Getue veranstalten, sobald es um Israel oder Juden/tum geht. Wir müssen hier und heute klarkommen, das geht nicht, wenn so eine bizarre Stimmung herrscht.

    (rolak, ich hatte schnell eine Antwort aus nem anderen thread kopiert, btw, ad hominem ist laangweilig.
    Thilo, ich bezog mich auf den anderen Gedanken, das unklar ist, wo die Loyalität von Juden liegt, bei den ihren, bei Israel oder sind sie Patrioten des Landes, wo sie leben – das bleibt ungeklärt. In Amerika fragen sich die Leute, ob sie ständig für Israel in den Krieg ziehen müssen. Das ist schon mal ein Brett. ot…)

  13. #13 rolak
    23. Dezember 2013

    btw, ad hominem ist laangweilig.

    N’Abend porzellan, ich hätte da einen Wunsch, dessen Erfüllung Dir als erfahrenem Aktivisten sicherlich sehr leicht fallen wird: Zitiere doch mal bitte das ad hominem, auf das Du Dich beziehst.

    aus nem anderen thread kopiert

    Sag mal, als Alternative zu einem Zustand der Verblendung jetzt anzuführen, Kommentare auf gut Glück als Massenware zu streuen und zu hoffen, daß sie passen — also mir persönlich wäre eine momentane Halluzination deutlich lieber als andauernde Dämlichkeit.

  14. #14 MX
    23. Dezember 2013

    Bitte einen Elefanten.

  15. #15 Statistiker
    23. Dezember 2013

    Die Rassismen des “porzellan” kommentiere ich nicnt……

    Das Grundproblem ist jedoch seit über 100 Jahren als “Lemon-Effekt” bekannt: Der mit mehr Informationen haut den mit weniger Informationen übers Ohr und aknn so Lemons – also Zitronen – verhökern…..

    Im Fall der Bankenkrise jedoch mit dem Hintergrund, dass der Betrogene heulend zum Staat rennt und sich sein verlorenes Geld zurückerbettelt……. DAS ist das Tragische an der Sache: Betrügern, die aus Dummheit Betrügern aufgesessen sind, wird mit Steuermitteln geholfen, und am Ende sind die Griechen an allem Schuld…… pervers……

  16. #16 Dr. Webbaer
    23. Dezember 2013

    Der Fehler ist, dass das Werkzeug der komplexen Derivate von Natur aus unfair oder zu einfach für unlautere Zwecke zu benutzen ist.

    Die Alternative besteht darin bestimmte Finanzderivate zu verbieten, so dass der derart zu spekulieren Gedenkende Kredit aufnehmen müsste, um seine Finanzierungsziele durch “Ganzkauf” von Werten zu erreichen.
    Wobei ihn die Kosten dieser Kreditaufnahme vom Vorhaben abbringen könnten.

    Dummerweise haben diese Derivate eine wichtige Absicherungsfunktion für (bevorzugt: gewerbliche) Investitionen vieler Art, so dass “der Laden” nicht mehr so gut laufen würde, auch weil es fortlaufend ans Eigenkapital ginge.

    Ähnliche sittliche Gedankengänge sprechen übrigens auch für das Zinsverbot.

    MFG
    Dr. W

  17. #17 Dr. Webbaer
    23. Dezember 2013

    * um seine Investitionsziele

  18. https://www.sustainablevaluepartners.com/key/windows-8-activation-product-key.html

    An Update- It ended up being my hard drive that was damaged. Everything else checked out fine, but I still have files on my hard drive I want to save. My main drive with my OS is the one that’s damaged, but my storage drive is intact. Peculiar Molly h…