Mathematikfragen scheinen prädestiniert für fehlerhafte Fragestellungen in Ratesendungen. (Bei Jauch wurde mal gefragt, ob jedes Rechteck ein Trapez oder ein Parallelogramm ist.) In der ARD wurde heute gefragt, aus wievielen Fünfecken ein klassischer Fußball besteht.

Es gibt tatsächlich eine Möglichkeit, den Rand einer Kugel in Fünfecke zerlegen, den sogenannten Dodekaeder. (Es ist eine bekannte topologische Übungsaufgabe, dass für die Zerlegung des Randes einer Kugel in Fünfecke, bei der je drei Flächen in einer Ecke zusammenkommen, genau 12 Fünfecke benötigt werden. Grund: für jede Zerlegung der Sphäre in F Flächen mit E Ecken und K Kanten gilt nach der Eulerschen Polyederformel E-K+F=2. Bei einer Zerlegung in Fünfecke mit je drei Fünfecken an jeder Ecke hätte man 5F=2K und 5F=3E, woraus man K=12 bekommt.) Aber der Dodekaeder ist ja kein Fußball.

Tatsächlich besteht der klassische Fußball aus 12 Fünfecken und 20 Sechsecken und so wurde die Frage dann auch korrekt beantwortet. Nur war sie eben nicht korrekt gestellt. Man hätte fragen sollen, wieviele Fünfecke im klassischen Fußball vorkommen.


Der Dodekaeder besteht aus 12 Fünfecken.

Der klassische Fußball enthält 12 Fünfecke, aber er besteht aus 12 Fünfecken und 20 Sechsecken.

Bemerkenswerterweise ist es nicht möglich, den Rand einer Kugel in Sechsecke zu zerlegen. Das folgende Bild ist ein Aprilscherz von Edelsbrunner et al.

Übrigens werden Fußbälle heutzutage nicht mehr genäht, sondern mit einer Thermo-Klebetechnik zusammengefügt, wodurch auch Bälle mit weniger Ecken und größeren Flächen möglich sind.

Kommentare (11)

  1. #1 Rüdiger
    Göttingen
    1. August 2021

    In der ARD wurde heute auch gefragt, an welchem Punkt der Erde die Umdrehungsgeschwindigkeit am niedrigsten sei. Antwort sollte „an den Polen“ lauten. Ich dachte immer, dass die Umdrehungsgeschwindigkeit auch dort 1 Umdrehung/Tag wäre …
    Auch hier ein klassischer Fall von falscher Fragestellung!

  2. #2 Tiko
    Berlin
    1. August 2021

    Bitte den Unterschied zwischen der Winkelgeschwindigkeit und der Bahngeschwindigkeit beachten…

  3. #3 Karl-Heinz
    Graz
    1. August 2021

    @Rüdiger

    v = ω * r
    v … Bahngeschwingigkeit
    ω … Winkelgeschwindigkeit = Δφ/Δt

    r … Radius

  4. #4 Fluffy
    1. August 2021

    r … Radius am Pol

  5. #5 Lercherl
    2. August 2021

    In der ARD wurde heute auch gefragt, an welchem Punkt der Erde […]

    Richtig wäre “an welchen Punkten” – es sind ja mehrere -, und wenn man Nord und Südpol als Antwort haben will, auch noch “der Erdoberfläche”, sonst wäre es die gesamte Erdachse. Immer vorausgesetzt natürlich, wir reden von der Bahngeschwindigkeit, wie ja schon angemerkt wurde.

  6. #6 Jolly
    2. August 2021

    @Rüdiger

    1 Umdrehung/Tag

    Das ist ja auch nur ungefähr richtig (Stichwort Siderischer Tag: Eine Umdrehung alle 23 Stunden 56 Minuten 4 Sekunden wäre etwas genauer).

  7. #7 stone1
    2. August 2021

    Stichwort Siderischer Tag: Eine Umdrehung alle 23 Stunden 56 Minuten 4 Sekunden wäre etwas genauer

    Oh, wie praktisch. Grad vorgestern hab ich mich gefragt, ob die exakte Dauer näher bei 23h56m oder doch fast bei 23h57m liegt… allerdings hab ich derweil vergessen, in welchem Zusammenhang das war. Naja was solls, that’s life. 😉

  8. #8 tohuwabohu
    Berlin
    3. August 2021

    Die Forderung scheint mir ein wenig zu penibel, denn die Frage “Aus wievielen Fünfecken besteht ein klassischer Fußball?” ist eher eine Frage nach dem Aufbau eines Fußballs (und nicht mathematisch gemeint) und kann m.M.n. nicht so interpretiert werden, dass nicht auch zusätzlich andere Flächen (hier Sechsecke) die Oberfläche bilden.  Das Objekt (klassischer Fußball) ist eindeutig bestimmt und es wird nach der Anzahl der Fünfecke gefragt.
     
    Zusatzinfo:
    Es gibt eine Reihe von Körpern, deren Oberfläche regelmäßige Fünfecke enthält und bei denen alle Eckpunkte auf einer Kugeloberfläche liegen; zu den im Artikel erwähnten regelmäßigen Pentagondodekaeder (12 Fünfecke) und dem regelmäßiger Ikosaederstumpf (12 Fünfecke + 20 Sechsecke = Fußballkörper und Fullerenmolekül C60) kommen noch das Rhombenikosidodekaeder (12 Fünfecke + 30 Quadrate + 20 Dreiecke) und das abgeschrägte Dodekaeder (12 Fünfecke + 80 Dreiecke).  Das Pentagonhexakontaeder besteht zwar aus 60 (nicht regelmäßigen) Fünfecken die einen konvexen Körper bilden, allerdings liegen nicht alle Eckpunkte auf einer Kugeloberfläche.
    Zusammenfassend stelle ich fest, dass alle mir bekannten kugelähnlichen konvexen Körper, bei deren Oberfläche regelmäßige Fünfecke vorkommen, genau 12 Fünfecke haben (worauf auch meist der Name “Dodekaeder” hinweist).

  9. #9 tohuwabohu
    Berlin
    3. August 2021

    Nachtrag zu #8:
    Die Frage ist allerdings aus anderer Sicht schlecht formuliert: Der klassische Fußball ist, wenn man klassisch als Gegensatz zu modern sieht, irreführend, denn der Fußball in der gefragten Form wurde erst zur Fußballweltmeisterschaft 1970 in Mexiko eingeführt.  Bis zum Ende der 1960er Jahre bestand der Fußball (Bild: Fußball von 1936) aus vernähten Lederstreifen (meist sechs Gruppen von zwei oder drei nebeneinander liegenden Streifen).  Diese oder eine ähnliche Andeutung von Nähten haben auch einige aktuell erhältliche Spielbälle.

  10. #10 Beobachter
    4. August 2021

    Nur etwas OT:

    Zum (weiteren) spielerischen und experimentellen Umgang mit Mathematik und zur Vermeidung von “Mathe-Blockaden” bei Jung und Alt … :

    https://www.fr.de/aktionen/ferien-zu-hause/wir-sind-von-zahlen-umgeben-90900073.html

    ” … Professor Albrecht Beutelspacher führt eine Familie durch das Mathematikum in Gießen. Im Interview spricht er über Wege aus der Mathe-Blockade – und den Umgang mit Corona-Zahlen.
    … ”

    ” … Mathe im Mathematikum ist keine Strafe, sondern eine Freude. Jeder der zu Besuch ist, ist wirklich gut drauf und geht bester Laune wieder raus. Nicht weil er raus darf, sondern weil er so viele tolle Erlebnisse hatte.
    … ”

    Hier, bei Letzterem, musste ich nun doch arg schmunzeln … 🙂
    Im Artikel selbst hätte ich mir die eine oder andere Erlebnis-Beispiel-Schilderung gewünscht.

    Jedenfalls: So etwas wie in Gießen müsste Schule machen – im doppelten Wortsinn.
    Dann hätten auch diverse “Zahlen-Interpreten” kein so leichtes Spiel mit der Meinungsmache bei unbedarften Laien – besonders in Corona-Zeiten …

  11. #11 Frank Wappler
    12. August 2021

    Rüdiger schrieb (#1, 1. August 2021):
    > […] an welchem Punkt der Erde die Umdrehungsgeschwindigkeit am niedrigsten sei. […] Ich dachte immer, dass die Umdrehungsgeschwindigkeit [jedenfalls] 1 Umdrehung/Tag wäre …

    Ja, aber: verschiedene Bestandteile der Erde haben i.A. ungleiche Dauer ihres Tages, d.h. ungleiche Dauer ihrer Zeit für jeweils genau eine (volle, siderische) Umdrehung.

    Die größte derartige Tages-Dauer hat der höchste Punkt der Erdoberfläche (d.i. so weit ich weiß der Gipfel des Mount Everest); was wiederum eng damit zusammenhängt, was mit “Höhe” “Oberfläche” und “Gipfel” gemeint ist; und auch damit, dass für jeden Bestandteil der Erde \frac{2 \, \pi \text{Umlaufradius}}{c \, \text{Tag}} \ll 1.

    In diesem Sinne ist folglich der Gipfel des Mount Everest derjenige Punkt der Erde, der die niedrigste Umdrehungsgeschwindigkeit hat.

    > In der ARD wurde heute auch gefragt […] Antwort sollte „an den Polen“ lauten.

    Eine Frage, die mit der Antwort „an den (beiden) Polen (der Erde)“ richtig beantwortet ist, würde stattdessen etwa lauten:

    „An welchen Punkten der Erdoberfläche erreicht deren (Momentan-)Geschwindigkeit bzgl. (den i.A. jeweils passierenden) Bestandteilen des erdzentrierten nichtrotierenden starren Bezugssystems den niedrigsten Wert?“.