Vroniplag hat einen neuen Plagiatsfall aufgedeckt. Wie der MDR berichtet, gibt es mehrere Plagiats-Verdachtsfälle bei Doktorarbeiten bei immer demselben Doktorvater. In einem besonders schweren Fall habe ein Promovend einen 48-seitigen, gemeinsam mit mehreren Autoren verfassten Artikel vollständig in seine Doktorarbeit kopiert und als seine alleinige Leistung ausgegeben. Es sehe so aus, “als hätten der Betreuer und andere an den Dissertationen massiv mitgewirkt”.

Ich war vor fast zwanzig Jahren mal für zwei Jahre Mitglied im Promotionsausschuß einer kleinen Universität. Die Universität war so klein, dass Mathematik, Physik und Chemie einen gemeinsamen Promotionsausschuß hatten.
Im Fachbereich Chemie gab es einen Professor, der eine Reihe Drittmittelprojekte hatte und sich dafür zahlreiche Doktoranden von indischen Universitäten holte. Diese Doktoranden wurden von seinen Drittmitteln bezahlt und waren also voll von ihm abhängig, schon wegen der Aufenthaltsgenehmigung.
Es war allgemein bekannt, dass er sich von seinen indischen Doktoranden stets als Koautor auf ihre Arbeiten setzen ließ, ohne etwas beigetragen zu haben.
Zufällig war dieser Professor auch Mitglied und stellvertretender Vorsitzender im Promotionsausschuß. (Zwei Jahre später wurde er sogar Vorsitzender.) Als wieder mal die Zulassung einer unter ihm geschriebenen Promotion anstand, fragte der damalige Vorsitzende (ein Physiker), wie es denn sein könne, dass dort eine Doktorarbeit eingereicht wird, bei der wirklich jedes einzelne Kapitel, selbst die Einleitung, auf Veröffentlichungen beruht, bei denen der Doktorand nur der Zweitautor (und der betreuende Professor der Erstautor) gewesen ist.
Bis auf den Angesprochenen verstand natürlich jeder die Stoßrichtung dieser Frage. Der angesprochene Professor dachte allerdings, es ginge wirklich um die Bewertung der Arbeit des Doktoranden, und fing wortreich an zu erklären, dass der Doktorand alle diese Arbeiten wirklich völlig selbständig geschrieben hatte, dass er selbst dort überhaupt nichts beigetragen hatte und auch nicht hatte helfen müssen, und dass der Doktorand also wirklich hervorragende Arbeit geleistet habe und die Bestnote verdiene.
Warum er selbst dann bei allen Arbeiten als Hauptautor aufgeführt wurde, erörterte er natürlich nicht. (Immerhin bemerkte er zum Schluß dann aber doch, dass die anderen Kommissionsmitglieder sich nur schwer ein Lächeln über seine Erläuterungen verkneifen konnten.)

Ich kenne natürlich den vom MDR aufgedeckten Fall nicht, zumal im Bericht ja auch keine Namen genannt werden. Es scheint mir aber doch sehr gut möglich, dass es hier weniger um einen Plagiatsfall als um einen Fall von Ehrenautorschaften gehen könnte. Reine Spekulation, aber erfahrungsgemäß wahrscheinlicher.

Kommentare (20)

  1. #1 McFly
    Würzburg
    11. Januar 2024

    Nachdem ich mir das Ganze mal näher angeschaut habe, muss ich sagen, das ist schon ein ziemlich starkes Stück (auf https://www.anstageslicht.de/wissenschaftskriminalitaet/plagiate-uni-leipzig/ findet man mehr Details dazu).

    Mit Ehrenautorschaften usw. dürfte das nichts zu tun haben. Eher scheint es in Leipzig so zu sein, dass der Doktorand einen Rohentwurf abliefert, ein paar Profs gehen da fachlich drüber und machen fertige Fachartikel daraus. Ein paar Jahre später kopiert der Doktorand alles komplett in seine Arbeit und stellt es als seine Leistung dar. So umgeht er m.E. die Ausweisung eines Eigenanteils, der bei so vielen habilitierten Mitautoren gar nicht darstellbar wäre. Wenn fünf Profs den Text des Doktoranden redigieren, bleibt da nichts mehr von der ursprünglichen Leistung übrig. Bei mathematischen Formeln schon gar nicht.

    Es gibt wohl noch andere Fälle, in denen einfach Gruppenarbeiten ausgedruckt und zu kumulativen Dissertationen “zusammentackert” wurden. Ohne jedwede Ausweisung eines Eigenanteils des Doktoranden. Eine der Dissertationen hat 14 internationale Autoren, fast alle Professoren.

    Grotesk, das Ganze.

    Was man sonst noch dort liest, ist zwar promotionsrechtlich irrelevant, aber dennoch haarsträubend. Die schreiben ja sogar noch ihre Danksagungen aus fremden Arbeiten ab oder inserieren öffentlich als Physik-Doktoranden der Uni in widerlichen Sexforen. Und dann sind das auch noch besonders Auserwählte mit Max-Planck-Stipendium… Weia, weia.

  2. #2 Dr. habil. Hans-Dieter Langer
    11. Januar 2024

    Mir sträuben sich die Haare, und ich erinnere mich:
    Mein Physik-Studium (1960-65) an der damaligen TH Dresden begann mit der Experimentalphysik-Vorlesung von Prof. A. Recknagel. Seine ersten Worte in der Einführung lauteten: „Betrug ist in der Physik verboten!“.

    Später entlarvte man an ausgerechnet an dieser Hochschule ein Physikerteam, das sich – wie wenige andere im Weltmaßstab – die Entdeckung der `Kalten Fusion` zu eigen machen wollte. Zu dieser Zeit war ich bereits fernab an der TH Ilmenau als Assistent und Doktorand tätig, und ich schämte mich trotzdem.

    Jetzt bin ich ein alter Mann, der die zunehmende Dekadenz auch in der Physik – namentlich als Motor der Klimahysterie – schon lange zur Kenntnis nehmen musste. Und ich bin in großer Sorge, weil es vielfach nur ums Geld geht.

    Verdachtsfälle? Überprüfungen? Ja, wie lange soll es denn dauern bis die Betrüger in Haft genommen werden? Will man so lange warten bis dass die involvierten Leipziger Professoren ihre Juristen in Stellung gebracht haben?

  3. #3 Dr. Webbaer
    11. Januar 2024

    Das hier bereits :

    Es war allgemein bekannt, dass er sich von seinen indischen Doktoranden stets als Koautor auf ihre Arbeiten setzen ließ, ohne etwas beigetragen zu haben.

    …hört sich extra-schlecht an, Dr. W dachte, dass zumindest die universitäre Mathematik reines Herzens wäre (auch weil dort nun wirklich “Stuff” stattfindet), vielen Dank auch für die Einschätzung im letzten Absatz Ihrer Nachricht.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  4. #4 Christian
    12. Januar 2024

    @McFly: Heidewitzka, ein Doktorand, der seine Sexualität nicht nur im Schlafzimmer auslebt, also das geht ja mal gar nicht! (Das war Ironie.)

    Sorry, sich mit dieser Privatangelegenheit zu beschäftigen ist eigentlich nur albern; aber wenn hier irgendetwas “widerlich” ist, dann, dass man’s auf anstageslicht.de nicht nur erwähnt, sondern auch noch per Screenshot dokumentiert. “Hier guck mal, der Perversling! Experimentierfreudig ist er auch noch!” Das ist wirklich ein Griff ins Klo und sagt auschließlich etwas über diejenigen aus, die das “schmuddelig” finden. Sachlich geht anders.

    Btw, JOYclub ist nun wirklich eines der seriöseren Erotikportale. Sehr bereichernd, sich dort mal umzuschauen! Aber das ist jetzt definitiv anekdotische Evidenz.

  5. #5 McFly
    Würzburg
    12. Januar 2024

    @Christian:

    Dann viel Spaß auf JOYClub.

    Wenn sich der Betroffene (laut anstageslicht.de) auf solchen Plattformen explizit als Physik-Doktorand bewirbt, um sich wichtig zu machen, braucht man sich nicht wundern. Das blamiert dann die ganze Innung. Scheint zum Gesamtbild zu gehören:

    https://www.bild.de/regional/leipzig/leipzig-news/uni-leipzig-plagiats-affaere-um-fuenf-doktoren-86719878.bild.html

    Ich wäre vermutlich auch leicht irritiert, wenn ein krankgeschriebener Kollege fleißig in Sex-Foren inserieren würde.

    Lenkt allerdings vom eigentlichen Thema ab und von der Rolle des Prof. K, der wohl nicht gänzlich unbekannt ist für seinen laxen Umgang mit Quellenangaben und Promotionsvorschriften. Und auch sonst im Leben findet er die Einhaltung von Regeln wohl nicht sonderlich toll, was sich seinen vielen Coronakritik-Traktaten entnehmen lässt, die man im Netz findet.

  6. #6 Christian
    12. Januar 2024

    In was für einem moralischen Muff muss man sich befinden, wenn man “sowas” blamabel findet? What the?

    Ganz ehrlich: Ich will nicht wissen, was der Typ im Bett getrieben hat, wie oft er krankgeschrieben war und ob er sich regelmäßig die Zähne geputzt hat.

    Ich will wissen, ob ihm wissenschaftliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Das und nur das gehört in die Öffentlichkeit. Das ist der (gar nicht so) feine Unterschied zwischen “aufdecken” und “fertigmachen”.

  7. #7 Staphylococcus rex
    13. Januar 2024

    @ Thilo, mit der Einführung dieses Beitrags habe ich ein kleines Verständnisproblem. Wissenschaftliche Publikationen sind ein kleiner Nebenaspekt meiner Arbeit, deshalb ist die Liste meiner Publikationen überschaubar.

    Nach meiner Kenntnis gibt es bei Fachartikeln drei Gruppen von Autoren: den Erstautor, der die Hauptarbeit geleistet hat, den Letztautor, der als Arbeitsgruppenleiter für das fachliche Konzept (und ggf. für Fördermittel) verantwortlich ist und zu guter letzt in der Mitte die “gewöhnlichen” Koautoren mit wichtigen Teilaufgaben. Für die Anerkennung unkritischer Teilaufgaben gibt es noch das Acknowledgement.

    Im ersten Absatz der Einführung mit dem kopierten 48-seitigen Plagiatsverdacht gibt es eine offensichtliche Abweichung. Entweder war die Fachpublikation ein echtes Gemeinschaftswerk, dann ist die unkommentierte Übernahme in die eigene Doktorarbeit ein Plagiat. Oder die Fachpublikation war kein echtes “Gemeinschaftswerk” und die Übernahme in die Doktorarbeit erfolgte zu recht. Dann wäre aber die Autorenliste der Fachpublikation das Ergebnis wissenschaftlichen Fehlverhaltens und ggf. einer Nötigung. Dies muss vor Ort geklärt werden, Beweisdokumente wie Laborbücher müssen üblicherweise mehrere Jahre aufbewahrt werden.

    Im zweiten Teil der Einführung mit den eigenen Erfahrungen an einer kleinen Universität habe ich das Verständnisproblem. Was hat der besagte Professor von seinen Doktoranden eingefordert? Den Erstautor, den Letztautor oder den gewöhnlichen Koautor? “Es war allgemein bekannt, dass er sich von seinen indischen Doktoranden stets als Koautor auf ihre Arbeiten setzen ließ, ohne etwas beigetragen zu haben.” Dies steht im Widerspruch zum folgenden Text, wo es um den Erstautor geht.

    Der Arbeitsgruppenleiter als Letztautor ist Ausdruck der fachlichen Verantwortung und legitim. Der Arbeitsgruppenleiter als Erstautor hat ein Geschmäckle und sollte grundsätzlich kritisch hinterfragt werden. Die verschiedenen Autorenschaften sollte man getrennt zählen, Erstautorenschaften sind Ausdruck der eigenen wissenschaftlichen Leistung, Letztautorenschaften sind Ausdruck der Leitungs- und Managementfähigkeiten und auch “gewöhnliche” Koautorenschaften sind Ausdruck der Kooperationsfähigkeit mit anderen Forschern. Dies alles unter der Voraussetzung, dass die Spielregeln respektiert werden.

  8. #8 Thilo
    13. Januar 2024

    “als Koautor” hieß in diesem Fall schon als Erstautor (zumindest in einigen Fällen; ich weiß nicht, ob in allen).

    Das mit Erstautor und Letztautor ist kompliziert weil in jedem Fach anders. In der Mathematik zum Beispiel ist die Reihenfolge alphabetisch.

  9. #9 Thilo
    13. Januar 2024

    Konkret ging es darum, dass selbst die Einleitung der Dissertation (die Zusammenfassung des bisherigen Kenntnisstands) einer Veröffentlichung entsprach, einem Review, bei dem der Student nur der Zweitautor war, obwohl der Betreuer dann erklärte, dass der Student diesen Review völlig selbständig verfasst hatte.

  10. #10 Staphylococcus rex
    13. Januar 2024

    Die Gepflogenheiten in der Mathematik kenne ich nicht, ich spreche über die experimentelle Forschung z.B. an einer medizinischen Fakultät. Über Pubmed kann man die Publikationsliste einer Person schnell in Erfahrung bringen und diese Publikationsliste würde man dort in etwa so lesen, wie ich es beschrieben habe.

    Vor etwa 20 Jahren gab es dort die Neuerung der Promotionsordnung, dass z.B. ein Dr. med. oder Dr. rer medic anstatt einer langen geschriebenen Promotion eine Publikation als Erstautor in einem peer review journal zusammen mit einer kleinen Einleitung als Promotion einreichen darf. Dies setzt voraus, dass der Doktorand den unbestrittenen Status als Erstautor hat.

    Ich weiß nicht, wie in der Mathematik die wissenschaftliche Arbeit dokumentiert wird, in experimentellen Fächern gibt es Laborbücher, die mehrere Jahre aufbewahrt werden müssen. Auf jeden Fall sollte es auch später noch nachvollziehbar sein, wer welchen Anteil an der Publikation hatte.

  11. #11 Staphylococcus rex
    13. Januar 2024

    PS: Unabhängig von der Fachrichtung ist es Aufgabe eines Doktorvaters seine Doktoranden in wissenschaftlicher Arbeitsweise anzulernen und zu führen. Dazu gehört auch (wenn es die Daten hergeben) zumindest eine wissenschaftliche Publikation als Erstautor.

    Wenn es ein deutliches Missverhältnis zwischen der Zahl der Doktoranden und der Zahl an deren Erstautorenschaften gibt, dann ist dies ein Warnhinweis auf wissenschaftliches Fehlverhalten und zusätzlich ein Hinweis auf Defizite in der Rolle als Betreuer von Nachwuchswissenschaftlern.

    Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt im Verantwortungsbereich der jeweiligen Fakultät. Zusätzlich könnte ich mir vorstellen, dass die großen Geldgeber für Forschungsgelder (DFG, BMBF) in ihren Anträgen eine Bestätigung verlangen, dass seitens der Fakultätsleitung keine Untersuchungen zu wissenschaftlichem Fehlverhalten laufen. (Als indirekte Kontrolle, dass der Antragsteller seine Aufgaben als Betreuer erfüllt, immerhin handelt es sich beim Großteil der Forschungsgelder um Steuergelder.) In dem Augenblick hätte die Fakultätsleitung in Bezug auf wissenschaftliches Fehlverhalten nicht nur eine passive, sondern auch eine aktive Kontrollfunktion. Die “Kultur” des Wegschauens wäre dann deutlich erschwert.

    Das Verhältnis zwischen Doktorand und Doktorvater ist sehr asymmetrisch und anfällig für Missbrauch. Die Zeit als Doktorand sind prägende Jahre und hat großen Einfluss darauf, welcher Typus Wissenschaftler am Ende herauskommt, im Guten wie im Bösen.

  12. #12 McFly
    Würzburg
    14. Januar 2024

    Aus der Erst- oder Letztautorenschaft wird man in den vorliegenden Fällen wenig ableiten können. Zum einen sind die Gepflogenheiten in jedem Fach anders, zum anderen kann man auch da tricksen. In Leipzig scheint die Autorenreihenfolge sehr individuell gehandhabt zu werden; mal ist der Arbeitsgruppenleiter Letztautor, mal nicht. Von außen lässt sich das mangels objektivierbarer Kriterien schwer bewerten, zumal ohnehin Betrug im Raum steht. Wenn ich das richtig verstehe, wurden z.B. Artikel veröffentlicht, während der als Autor mitwirkende Doktorand lange krankgeschrieben und im Krankenhaus war usw.

    Wie Staphylococcus re bereits schrieb: Wenn die Fachpublikation ein echtes Gemeinschaftswerk war, dann ist die unkommentierte Übernahme in die eigene Doktorarbeit ein Plagiat. Das ist der springende Punkt.

    Die Leipziger Doktoranden erklären zu ihren jeweiligen Publikationen: „All authors were involved in writing the manuscript.“ Das macht die ungekennzeichnete bzw. verschleierte Übernahme wörtlich übernommener Textpassagen zum Plagiat.

    Die Rechtsprechung ist da sehr streng. Sobald ein anderer Autor als der Promovend ins Spiel kommt, sind Übernahmen zu kennzeichnen. Oder wie es im Schavan-Urteil heißt: „..dass jeder Gedankengang und jede Fußnote, die nicht aus eigener gedanklicher Leistung, sondern von dem Werk eines anderen herrühren, sowie sämtliche aus fremden Werken wörtlich übernommenen oder ähnlichen Textpassagen als solche kenntlich zu machen sind und auch indirekte, umschreibende Fremdtextwiedergaben (Paraphrasierung) so deutlich gemacht werden müssen, dass der Leser an jeder Stelle weiß, wer zu ihm spricht.”

    Letztlich ist in den vorliegenden Fällen entscheidend, ob eigenständige schriftliche Promotionsleistungen als Befähigungsnachweis zu SELBSTÄNDIGER wissenschaftlicher Arbeit erbracht wurden (vgl. § 1 Abs. 1 Promotionsordnung Physik Leipzig). Diese Frage kann m.E. recht eindeutig verneint werden, da die Plagiate die Dissertationen zumindest in quantitativem Umfang prägen.

    Eine eher amüsante Petitesse: Ein Promovend hat selbst die Danksagung aus einer anderen Arbeit wörtlich abgeschrieben.

  13. #13 echt?
    15. Januar 2024

    “Martin HEIDINGSFELDER”? Da bin ich immer skeptisch. Der lässt sich mit dem “echten?” vroniplag verwechseln.

  14. #14 McFly
    Würzburg
    15. Januar 2024

    Heidingsfelder gehörte früher selbst zu Vroniplag und ging nach einem Streit eigene Wege. Von Vroniplag ist auch nur noch eine kleine Truppe von 3-4 aktiven Leuten übrig geblieben.

    Was Heidingsfelder im TV-Beitrag bei MDR „Exakt“ zum aktuellen Fall sagte, klang seriös.

  15. #15 echt?
    15. Januar 2024

    Ja vielleicht, allerdings: https://www.zeit.de/2022/49/rechtsmedizin-matthias-graw-lmu-plagiat-dissertation/komplettansicht

    Und ich denke, er war auch an der Weidelsache beteiligt. Ich halte das auch für warme Luft.

  16. #16 McFly
    Würzburg
    15. Januar 2024

    Was hat das mit den Leipziger Plagiatsfällen zu tun? Nichts. Außerdem kann sich jedermann die Dissertationen und die Auswertungen auf http://www.ansTageslicht.de/Plagiate-Uni-Leipzig selbst anschauen.

  17. #17 echt?
    17. Januar 2024

    Ich wollte damit nur darauf hinweisen, dass man mit solchen Vorwürfen gaaaanz vorsichtig sein soll. Es geht da um wissenschaftliche Karrieren, die man schnell mal killen kann.

    Einfache Sachverhalte wie kopieren aus wikipedia oder fehlende Quellenangaben sind natürlich offensichtlich falsch. Wenn es aber um komplexe Fragen der Urheberschaft geht, wird es schwieriger, weil das jede Uni unterschiedlich auslegen kann. Da wünsche ich mir keine Wirbler a la Heidingsfelder.

  18. #18 McFly
    Würzburg
    18. Januar 2024

    Offenbar haben ja auch Wissenschaftler der Uni an der Aufklärung mitgewirkt.

    “Wissenschaftliche Karrieren” vermag ich hier nicht zu erkennen; die betroffenen Absolventen gingen nach ihrer Promotion weit überwiegend in die freie Wirtschaft (Deutsche Bank, Unternehmensberatungen, IT-Dienstleister usw.). Übrigens auch ein Umstand, den ich im Gesamtkontext etwas seltsam finde.

    Urheberrecht dürfte hier nicht betroffen sein, eher sind das Fragen des Hochschulrechts bzw. Prüfungsrechts. Sind die Leipziger Dissertationen eigenständig erbrachte schriftliche Prüfungsleistungen, wie sie das Sächsische Hochschulgesetz vorschreibt, oder sind sie es nicht?

    Hierzu gibt es ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts aus 2017:

    https://www.bverwg.de/210617U6C3.16.0

    BVerwG:

    “Im Gegensatz zu Graden, die aufgrund beruflicher Abschlüsse verliehen werden, bringt der Doktorgrad nicht nur zum Ausdruck, dass sein Inhaber bestimmte fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten nachgewiesen hat. Darüber hinaus ist seine Verleihung mit der Erwartung verbunden, dass der Inhaber sich dauerhaft wissenschaftskonform verhalten, d.h. grundlegende wissenschaftliche Pflichten beachten wird. Der Doktorgrad weist den Inhaber als wissenschaftlich vertrauenswürdig aus. Dementsprechend muss dieser sich des Vertrauens dauerhaft als würdig, d.h. als wissenschaftlich redlich, erweisen, um den Doktorgrad weiter führen zu dürfen (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 – 6 C 9.12 – BVerwGE 147, 292 Rn. 27 und 46). Der Vertrauensvorschuss war von vornherein nicht berechtigt, wenn sich nach der Verleihung herausstellt, dass der Inhaber den Doktorgrad durch eine vorsätzliche Verletzung grundlegender wissenschaftlicher Pflichten bei der Erstellung der Dissertation erlangt, etwa keine eigenständige wissenschaftliche Leistung erbracht hat. (…)

    Schlechthin grundlegend ist die Pflicht, das Gebot der Eigenständigkeit der Promotionsleistungen zu erfüllen. Der Promovend muss einen eigenen Beitrag zum Wissenschaftsprozess erbringen; er darf nicht fremde Beiträge als eigene ausgeben. (…) Dementsprechend muss es sich bei der Dissertation um eine eigenständig erstellte wissenschaftlich beachtliche Arbeit bzw. um eine wissenschaftliche Arbeit von Rang handeln (…).

    Die Pflicht, eine eigene wissenschaftliche Leistung zu erbringen, wird durch die Pflicht ergänzt, Übernahmen aus Arbeiten anderer durch Zitate der Originalquelle offenzulegen. Die Beachtung des Zitiergebots ist unverzichtbar, um beurteilen zu können, ob der Promovend das Gebot der Eigenständigkeit erfüllt hat. (…)

    Die sich aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ergebende Verantwortung der Fakultäten für die Redlichkeit der Wissenschaft verbietet es, den Doktorgrad für eine Dissertation zu verleihen, die dem Gebot der Eigenständigkeit nicht genügt. Durch eine solche Arbeit kann die Befähigung zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten nicht nachgewiesen werden. Daraus folgt, dass die Verleihung durch Entziehung des Doktorgrades rückgängig zu machen ist, wenn sich die Täuschung über die Erfüllung dieser grundlegenden Pflicht – aus welchen Gründen auch immer – erst nach der Verleihung herausstellt. Ob die Dissertation noch als Eigenleistung des Promovenden gelten kann, entzieht sich einer allgemeingültigen Bewertung. Maßgebend ist die Würdigung des jeweiligen Sachverhalts. Hierfür sind die Anzahl der Plagiatsstellen, ihr quantitativer Anteil an der Dissertation sowie ihr qualitatives Gewicht, d.h. ihre Bedeutung für die wissenschaftliche Aussagekraft der Arbeit, zu berücksichtigen. Die Plagiatsstellen müssen die Arbeit quantitativ, qualitativ oder in einer Gesamtschau beider Möglichkeiten prägen.”

    Nur um mal kurz die Rechtslage zu beleuchten und die Bewertung nicht nur an Erfahrungssätzen auszurichten, die von Uni zu Uni variieren können.

  19. #19 echt?
    18. Januar 2024

    Das Beleuchten einer Rechtslage sollte man Juristen überlassen – sorry. Ich traue der UNI Leipzig schon zu, dass sie welche hat. Da der Bewertungsprozess schon läuft, sollte man erst das Ergebnis abwarten.

  20. #20 F.E.
    17. Februar 2024

    Die Leipziger Volkszeitung brachte am 14.02.24 einen großen Artikel zu der Angelegenheit.

    Ganz interessant:

    “Anders als der Professor hat sich sein einstiger wissenschaftlicher Mitarbeiter – Mitautor des erwähnten 48-seitigen Fachartikels – kürzlich in einer Online- Kommentarspalte des MDR geäußert. Dort war im Januar zuerst über den mutmaßlichen Skandal berichtet worden. Drei Wochen später meldete er sich mit echtem Vornamen und abgekürztem Nachnamen zur Kommentierung an. „In den meisten Fällen haben die Studenten von Arbeiten abgeschrieben, bei denen sie die Erstautoren und damit nach den Gepflogenheiten der Physik die Hauptautoren waren“, schrieb er. „Copy-pasting aus Publikationen, die hauptsächlich von den Studierenden verfasst wurden, ist in der Physik üblich.“

    Unter seinem vollen Namen schickte er die Stellungnahme in längerer Form an den Betreiber der Plattform „AnsTageslicht.de“. Die Mail liegt der LVZ vor. Vermutlich unabsichtlich bestätigt er darin den Verdacht, dass die Doktoranden jene Aufsätze, die sie ohne direkte Quellenangabe aus Fachzeitschriften in ihre Dissertationen kopierten, nicht wirklich selbst verfasst haben – auch wenn sie in den vorherigen Publikationen als Mitautoren genannt waren. Die Nachwuchsforscher hätten, so schreibt die rechte Hand ihres Doktorvaters, Laborarbeiten übernommen und Rohentwürfe abgeliefert. Der Professor und er selbst hätten die Recherchen zu wissenschaftlichen Werken aufpoliert. Eine durchaus gängige Praxis – aber keine, für die allein es normalerweise schon einen Doktortitel gibt.”

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    Das ist dann eher Ghostwriting durch Professoren/Postdocs als Plagiarismus, was die Sache allerdings nicht besser macht. Letztlich begutachtet dieser Professor seine eigenen Werke und benotet sie. Unglaublich.