Kurz zu Knoten (und Thurstons Auftritt bei Fujiwaras Modeschau):

Nachdem wir über den Zusammenhang der Modulfläche mit quadratischen Gleichungen, Gittern und elliptischen Kurven geschrieben haben, soll es (nächste Woche) noch um den Zusammenhang mit der Kleeblattschlinge gehen. Deshalb heute kurz ein paar Grundbegriffe über Knoten:

Knoten sind Kreise, die irgendwie verknotet im 3-dimensionalen Raum R3 eingebettet sind.

Man betrachtet zwei Knoten als gleich, wenn man den einen aus dem anderen durch eine stetige Verformung bekommen kann, ohne daß zwischendurch Selbstschnitte wie im Bild rechts auftreten.
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Der einfachste Knoten ist natürlich der “Unknoten”, also ein unverknoteter Kreis.
Der wohl einfachste richtige Knoten ist die Kleeblatt-Schlinge:

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Die Kleeblattschlinge ist nicht gleich dem Achterknoten:

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und auch nicht gleich ihrem eigenen Spiegelbild, der linkshändigen Kleeblattschlinge:

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(Die Frage, ob ein Knoten gleich seinem Spiegelbild ist, ist übrigens von einiger Bedeutung in der Medizin. Spiegelbildlich verknotete Moleküle können unterschiedliche Wirkungen haben.)

Natürlich kann man Knoten durch Gleichungen beschreiben,
die Kleeblattschlinge z.B. durch: x = (2+\cos 3t)\cos 2t, \qquad y=(2+\cos 3t )\sin 2t, \qquad z=\sin 3t.

‘Schönere’ Gleichungen bekommt man oft, wenn man sich die Knoten in der 3-dimensionalen Sphäre denkt.

Bekanntlich ist die 2-dimensionale Sphäre S2 die Menge aller Punkte (x,y,z) im R3 mit x2+y2+z2=1.
Analog ist die 3-dimensionale Sphäre die Menge aller Punkte (x,y,u,v) im 4-dimensionalen Raum R4 mit x2+y2+u2+v2=1.
Besser ist aber eine andere Vorstellung der 3-dimensionalen Sphäre.

Die “stereographische Projektion” bildet alle Punkte der S3 (mit Ausnahme des Nordpols) eineindeutig auf Punkte des R3 ab.

(Das Bild rechts zeigt das 2-dimensionale Analog, also die Abbildung der 2-dimensionalen Sphäre, außer dem Nordpol, auf die Ebene R2.)

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Jos Leys

Die präzise Formel für die Projektion ist (x,y,u,v)–>(x / 1-v , y / 1-v , u / 1-v). Eine bessere Veranschaulichung (der analogen 2-dimensionalen Abbildung) liefert vielleicht dieses kurze Video:

Den R3 kann man mit dieser eineindeutigen Abbildung also als Teilmenge der 3-dimensionalen Sphäre ansehen, und damit dann auch Knoten als in der S3 liegend.

Die Knotentheorie im R3 ist äquivalent zur Knotentheorie in S3: wenn zwei Knoten in der S3 gleich sind, sind sie das auch im R3.

Und die Gleichungen für Knoten werden in der S3 irgendwie viel symmetrischer. S3, die Punkte (x,y,u,v) mit x2+y2+u2+v2=1, kann man einfacher mit komplexen Zahlen z=x+iy, w=u+iv beschreiben, dann besteht S3 aus Punkten (z,w) mit IzI2+IwI2=1.

Den Unknoten kann man dann einfach durch die Gleichung IzI=1 beschreiben, oder den gleichen Unknoten nach einer Drehung natürlich auch z.B. durch IwI=1.

Die Kleeblattschlinge läßt sich (viel eleganter als die x-y-z-Formel oben mit cosinus und sinus) beschreiben durch:

z3 + w2 = 0

Für den Zusammenhang mit hyperbolischer Geometrie werden wir eine etwas kompliziertere Formel brauchen, die ebenfalls die Kleeblattschlinge beschreibt:

z3 – 27 w2 = 0

Nächste Woche dann also zum Zusammenhang der Kleeblattschlinge mit Gittern und der hyperbolischen Ebene.

Inzwischen erobert die Knotentheorie übrigens auch die Modenschauen (falls das Video nicht läuft, hier klicken):

(Pressebericht und Video-Interview)

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