Als weitere Evidenz für seine Vermutung, neben dem von ihm berechneten Beispiel, erwähnte Weil in seinem Artikel noch kurz die Graßmann-Varietät, also die Varietät der k-dimensionalen Unterräume des Cn. Ein einfacher Spezialfall davon ist der projektive Raum: für diesen benutzt man seine Zerlegung in je eine Kopie der projektiven Räume niedrigerer Dimension.
Sei q=pm die Potenz einer Primzahl. Die Anzahl der Punkte im projektiven Raum X=PdFq ist Nm(X)=1+pm+p2m+…+pdm. Der Koeffizient von pim ist 1, was gerade die Dimension der i-ten Homologie von PdC ist. Das ist kein Zufall. Die Dimension der i-ten Homologie entspricht gerade der Anzahl der Zellen – nämlich 1 – die man an Pi-1C ankleben muss, um PiC zu bekommen. Und pim ist die Anzahl der Punkte, die man zu Pi-1Fq hinzunehmen muss, um PiFq zu bekommen. 
Dieses Argument funktioniert nicht nur für projektive Räume, sondern auch für Fahnenmannigfaltigkeiten um mit Hilfe der Zellenzerlegung den Zusammenhang zwischen der Anzahl der Punkte und der Dimension der Homologiegruppen zu bekommen. Diese Art von Zerlegungen einer Varietät (über unterschiedlichen Körpern) war später dann die Idee hinter Grothendiecks Konzept der Motive.

Die Weil-Vermutungen wurden die größte offene Frage der algebraischen Geometrie. Dabei erläuterte Weil erst fünf Jahren nach seinem Artikel, auf seinem Vortrag beim ICM 1954 in Zürich, einige konzeptionelle Gründe, warum die Vermutung stimmen sollte und wie man an sie herangehen könnte. Die zugrundeliegende Idee ist, dass Fp die Fixpunktmenge des Frobenius-Automorphismus Frobp im algebraischen Abschluß von Fp ist und man also Nm, die Anzahl der Lösungen in Fq für q=pm als Anzahl der Fixpunkte von (Frobp)m berechnen kann. In der Topologie kennt man Lefschetzs Fixpunkt-Formel, mit der man unter geeigneten Voraussetzungen die Anzahl der Fixpunkte einer Abbildung f als Wechselsumme über die Spuren der von f auf den Kohomologiegruppen (mit rationalen Koeffizienten) definierten linearen Abbildungen berechnen kann. Diese Formel erkennt man in der von Weil für Kurven bewiesenen Formel 1-\sum_{i=1}^{2g}\alpha_i^n+p^n wieder. Man bräuchte also eine Kohomologietheorie, auf der die Spuren von (Frobp)m gerade die gewünschten Werte geben. Weil selbst arbeitete aber nie ernsthaft daran, eine solche Kohomologietheorie zu konstruieren.

Bei der Suche nach einer passenden Kohomologietheorie stieß Alexander Grothendieck auf die etale Kohomologie, deren Grundlagen er dann mit Michael Artin entwickelte. Nachdem Bernard Dwork schon 1959 mit elementareren p-adischen Methoden die erste der Weil-Vermutungen, die Rationalität der Zetafunktion, bewiesen hatte, bewies Grothendieck mit etaler Kohomologie die Funktionalgleichung der Zetafunktion und den Zusammenhang mit den Betti-Zahlen der zugehörigen Varietät über C, und auch noch einmal die Rationalität der Zetafunktion. Für das Analogon der Riemann-Vermutung, also dass die Nullstellen von Pk(q-s) auf der Geraden mit Realteil k/2 liegen, konnte er zeigen, dass es aus den „Standardvermutungen“ folgen würde. Diese Vermutungen besagen, dass man auf der Gruppe algebraischer Zykel modulo homologischer Äquivalenz (in einer gegebenen Varietät) Poincaré-Dualität, den schweren Lefschetz-Satz und die Hodge-Riemann-Relationen hat. Diese Eigenschaften waren für Kähler-Mannigfaltigkeiten bekannt und sie sollten nach Grothendiecks Vermutung auch für projektive Varietäten über endlichen Körpern gelten. Diese Standard-Vermutungen würden aus der Hodge-Vermutung folgen und Grothendieck postulierte diesen Ansatz als den richtigen Weg zum Beweis der Weil-Vermutungen. Bewiesen waren die Standardvermutungen freilich nur in wenigen Fällen, etwa für abelsche Varietäten in Charakteristik 0.

Die ursprünglich für Kähler-Mannigfaltigkeiten (insbesondere also für komplexe projektive Varietäten ohne Singularitäten) entwickelte Hodge-Theorie harmonischer Formen ließ sich auf komplexe projektive Varietäten mit Singularitäten übertragen, was wesentlich Hironakas Auflösung der Singularitäten verwendete. Allerdings waren die Ergebnisse etwas schwächer. Statt der reinen Hodge-Struktur, wo man eine Zerlegung der Kohomologie H*(M,C) als direkte Summe der Hp,q (mit der Zusatzbedingung, dass Hq,p das komplex konjugierte zu Hp,q ist) hat, hat man im Fall von Varietäten mit Singularitäten jetzt als schwächere Struktur nur noch zwei Filtrierungen des Z-Moduls H*(M,Z): die Gewichtsfiltrierung (eine aufsteigende Filtrierung auf dem Tensorprodukt mit Q) und die Hodge-Filtrierung (eine absteigende Filtrierung auf dem Tensorprodukt mit C). Ein solches Datum, das noch eine Kompatibilitätsbedingung und die Verträglichkeit mit komplexer Konjugation erfüllt, bezeichnete Deligne als gemischte Hodge-Struktur.
Bei seinem Vortrag auf dem ICM 1970 in Nizza stellte Deligne dieses Konzept vor, als Quellen nannte er eine frühere Arbeit Serres sowie Grothendiecks vermutete Theorie der Motive. Als Ziel nannte er ein Wörterbuch zwischen l-adischer Kohomologie und der Theorie der harmonischen Differentialformen in der komplexen Kategorie. Die gemischten Hodge-Strukturen sollten über C das Analog zu den in der l-adischen Kohomologie vorkommenden Moduln über Galois-Gruppen von Körpererweiterungen sein.

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Kommentare (1)

  1. #1 Theorema Magnum – Mathlog
    25. September 2021

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