Sowohl Delignes Vermutung als auch die Vermutungen über Regulatoren verallgemeinerte Alexander Beilinson 1985, indem er sogenannte höhere Regulatoren definierte und Vermutungen über sie formulierte. Beilinsons Vermutung setzt den Rang motivischer Kohomologiegruppen von Varietäten X/Q mit der Verschwindungs- oder Pol-Ordnung von L-Funktionen in Beziehung und drückt den Wert der L-Funktion in ganzen Zahlen (bis auf einen Q*-Faktor) mittels motivische Kohomologie und einer von Deligne entwickelten Kohomologie aus. Die L-Funktionen sind hier die L-Funktionen L(M,s) eines reinen Motivs M über Q, z.B. die L-Funktion L(hi(X),s) zur i-ten Kohomologiegruppe einer singularitätenfreien projektiven Varietät X/Q.
Beilinson betrachtete rationale motivische Kohomologie als einen Bestandteil in der Gradierung der algebraischen K-Theorie von X und definierte „Chern-Klassen“ mit Werten in der (leichter zu verstehenden) Deligne-Kohomologie. Er vermutete, dass dieser Chern-Charakter nach Tensorieren mit R ein Isomorphismus ist und die Dimension des Bildes der Verschwindungsordnung der L-Funktion in i+1-n entsprechen soll. (Die vermutete Funktionalgleichung der L-Funktion setzt die Werte in i+1-n und n in Beziehung.) Weiter definiert er eine Q-Struktur auf der Deligne-Kohomologie und konnte dann also das Bild der Abbildung als Q-Gitter betrachten und dessen Kovolumen als „Regulator“ definieren. Er vermutete, dass dieser Wert dem führenden Term der L-Funktion in s=i+1-n entspricht (außer für n=i/2+1, wo er eine komplizierteres Vermutung aufstellte).

Dieser Beilinson-Regulator nutzt also charakteristische Klassen als Abbildung von algebraischer K-Theorie in die von Deligne entwickelte Kohomologie. Im Fall von Ganzheitsringen in Zahlkörpern skizzierte Beilinson einen Beweis, dass sein Regulator mit dem Borel-Regulator übereinstimme. (Dadurch würden in diesem Fall die Beilinson-Vermutungen auf Borels Berechnungen zurückgeführt werden, was als starke Evidenz für die Gültigkeit der allgemeinen Vermutungen gesehen wurde). Michael Rapoport, ein früherer Student Delignes, organisierte 1986 eine Arbeitsgemeinschaft in Oberwolfach mit später als Buch herausgebrachten Vorträgen über Beilinsons Arbeit, wo er einen Großteil von Beilinsons Beweis vervollständigte und insbesondere bewies, dass die beiden Regulatoren jedenfalls bis auf einen rationalen Faktor übereinstimmen. Dupont, Hain und Zucker schlugen eine ganz andere Beweisstrategie vor und vermuteten, dass der Beilinson-Regulator das Doppelte des Borel-Regulators sei. Das bewies dann José Burgos Gil mit Beilinsons ursprünglichen Argumenten in einem Buch, das auch alle Grundlagen verständlich darstellte. Beilinson und sein Umfeld waren wenig beeindruckt: es handele sich um keinen neuen Beweis, sondern um dieselben Argumente wie bei Beilinson, und da 2 ja eine rationale Zahl sei (und es ohnehin nur um Werte bis auf Multiplikation mit rationalen Zahlen ginge) sei Beilinsons Resultat ja auch völlig richtig gewesen.

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