Ein neues Blog. Oder ein neuer Blog. Beides geht übrigens. Der Name „Gesundheits-Check” lässt ahnen, worauf das Ganze hinauslaufen soll. Es geht darum, die eine oder andere Zeitungsmeldung, Statistik oder althergebrachte Binsenweisheit zum Thema Gesundheit einmal kritisch zu hinterfragen. Endgültige Antworten werden nicht versprochen, göttliche Einsichten gibt es auch hier nicht. Aber hoffentlich reichlich Diskussionsstoff zum Kommentieren.
Anfangen will ich mit einer Binsenweisheit, nämlich der gängigen These, dass Vorbeugen nicht nur besser ist als Heilen, sondern auch Geld spart. Derzeit bereitet unsere Bundesregierung eine „Präventionsstrategie” vor. In der Begründungslyrik geht es auch darum, dass man sonst die durch die Alterung der Gesellschaft steigenden Gesundheitsausgaben nicht mehr bezahlen kann. Bisher war das wohl kein Problem. Seit vielen Jahren stagnieren die Ausgaben für die Prävention in Deutschland bei ca. 4 % der gesamten Gesundheitsausgaben. Mehr Prävention soll jetzt also den befürchteten demografiebedingten Anstieg der Gesundheitsausgaben bremsen, also Geld sparen.
Dass man mit Prävention da und dort Geld sparen kann, soll hier gar nicht bestritten werden. Wer nicht betrunken Auto fährt, spart nicht nur das Geld für den Rausch, sondern auch das Geld für das kaputte Auto. Für solche Einsichten braucht man keine gesundheitsökonomische Evaluation. Wahrscheinlich spart auch das Impfen Geld. Zumindest wenn der Impfstoff erst einmal entwickelt ist. Und in der betrieblichen Gesundheitsförderung scheint man in guten Projekten den Krankenstand so deutlich senken zu können, dass auch Geld gespart wird. Aber ob der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen Recht hat, der in seinem Jahresgutachten 2000/2001 davon sprach, dass durch Prävention 25 % – 30 % der Gesundheitsausgaben in Deutschland einzusparen wären? Das wären im Jahr 2009 ca. 70 bis 90 Mrd. Euro gewesen. Eine Menge Geld, das muss dann wohl schon eine sehr gute Prävention sein.
Der These „Prävention spart Geld” wird natürlich auch widersprochen, mal mit mehr Verstand, mal mit weniger. Ein illustrer, aber immer wieder zitierter Einwand kommt z.B. von der Tabaklobby. Sie behauptet, Raucher/innen sparen Geld, weil sie früher sterben und nicht kostenträchtig alt werden, mit Tabakprävention sei daher kein Geld zu sparen. In der Tat sterben langjährige Raucher/innen Jahre früher als Nichtraucher/innen, aber ob das ein „sozialverträgliches Ableben” ist, bei dem Geld gespart wird, ist zweifelhaft. Es deutet nämlich einiges darauf hin, dass die eigentlich relevanten Krankheitskosten im letzten Jahr vor dem Tod anfallen (sog. „Sterbekostenthese”), egal ob man mit 60 oder mit 90 stirbt. Und auch ansonsten sind Raucher/innen gesamtgesellschaftlich nicht ganz billig (siehe z.B. Neubauer S. et al.).
Ob man durch Prävention Geld sparen kann oder nicht, kommt vermutlich darauf an, um was es konkret geht. Oder wie Radio Eriwan mitzuteilen pflegte: „Im Prinzip ja, aber …”.
Man kann aber auch grundsätzlicher fragen: Ist die Frage danach, ob Prävention Geld spart, überhaupt richtig gestellt? Wenn man nur Krankheitskosten sparen will, empfiehlt sich die Herodes-Methode: Kinder sofort nach der Geburt umbringen. Dann verursachen sie garantiert nie Gesundheitsausgaben. Das kann offenkundig nicht der Sinn der Sache sein. Statt dessen soll es doch darum gehen, dass man ein vernünftiges Kosten-Nutzenverhältnis hat, also nicht pauschal Ausgaben zu vermeiden, sondern die für ein gutes Leben notwendigen Ausgaben finanzieren zu können, wäre das Ziel.
Anzumerken ist last but not least, dass es bei diesem Thema nicht nur um das liebe Geld geht, sondern auch um Gesundheit und Lebensqualität, dafür muss auch Geld vorhanden sein, wenn es sich „nicht lohnt”.
Welche Überlegungen davon mögen wohl die Bundesregierung bei ihrer Planung leiten?
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