Vermutlich bin ich nicht der Einzige, der sich verwundert die Augen reibt, was im Großen Staatsschauspiel in Berlin derzeit aufgeführt wird.
Da gibt es eine nicht ganz vollständige Aussage des früheren Ministerpräsidenten Wulff zu einem Kredit – typisches politisches Versteckspiel in einer Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition. Nach Knigge politisch nicht korrekt, aber angesichts von Eurokrise, rechtsradikaler Gewalt, Klimawandel und anderen echten Problemen letztlich eine Petitesse, die mit einer Entschuldigung ein für alle Mal erledigt sein sollte. Zumal man von unseren Politikern ganz andere schräge Nummern gewöhnt ist. Aber stattdessen kokelt seit Wochen eine Bundespräsidentenkrise vor sich hin, bei der jede Äußerung Wulffs neue Fragen und neue Medienberichte aufwirft.
Zuletzt dann das Interview Wulffs mit Ulrich Deppendorf und Bettina Schausten. Da hatte Wulff einen glaubwürdigen Auftritt als „einer von uns”, als Mensch mit Fehlern, der neujahrsgerecht den Vorsatz der Besserung fasst. Das hätte so durchgehen können. Aber schon am nächsten Tag stehen seine Aussagen wieder als „halbwahr” da und ihm widersprechen mit Bild-Zeitung und kreditgebender Bank gleich zwei Partner auf einmal. War das wieder nur ein Fehler, eine Unbedachtheit, die „einem von uns” bei diesem Druck auch passieren könnte und die wieder Nachsicht verdient? Oder war sein Auftritt von seinen spin doctors ganz machiavellistisch und gezielt auf die breite massenmediale Wirkung ausgelegt, unter Inkaufnahme der einen oder anderen Wahrheitsbegradigung, deren spätere Aufdeckung man als nicht so gravierend bewertet hat? Ist er also doch nur „einer von denen”?
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