… genau wie wir alle. In vielen epidemiologischen Studien werden gesundheitliche Merkmale, z.B. die Zahl der gerauchten Zigaretten, die Zahl der Wochenstunden mit sportlicher Aktivität oder anderes nicht gemessen, sondern erfragt. Dabei lässt sich beobachten, dass Angaben in der Nähe runder Werte wesentlich häufiger sind als „krumme” Werte.
Die folgende Grafik zeigt, wie häufig bestimmte Angaben zur Körpergröße in cm beim Mikrozensus 2005 gemacht wurden. Der Mikrozensus ist eine große bevölkerungsrepräsentative Befragung, die 1 % der privaten Haushalte einschließt.
Wie man sieht, wird beispielsweise die Körpergroße 1,70 m viel häufiger angegeben als die Körpergrößen 1,69 m oder 1,71. Beim Körpergewicht, das im Mikrozensus auch erfragt wird, sieht es ganz ähnlich aus und auch andere Merkmale in anderen Erhebungen zeigen diese Klumpungseffekte in der Nähe von runden Werten.
Beim Vergleich der Zahl der Menschen, die 1,69 und 1,70 groß sind, sollte man also aufpassen, dass man nicht nur einem Befragungsartefakt aufsitzt. Richtig relevant kann die Sache werden, wenn die Originaldaten nicht mehr präsent sind, wenn z.B. Gruppen verglichen werden, die aus solchen Verteilungen gebildet wurden, etwa die Zahl derer, die 160 bis 170 cm groß sind in Deutschland mit denen in Frankreich. Da die Klassengrenzen genau solche runden Werte mit hohen Besetzungszahlen sind, werden die Klassen unterschiedlich groß, je nachdem, wo man welche Klassengrenze zurechnet. Daher steht in der amtlichen Statistik oft so mathematisch genau „von … bis unter” – zum Beispiel „von 20 kg bis unter 25 kg”, damit klar ist, ob kleiner oder kleiner gleich gemeint ist. „170 bis 180 cm” kann ja beides bedeuten. Diese Genauigkeit ist erst recht notwendig, wenn mehrere solcher Merkmale mit Klumpungseffekten in einem Index verrechnet werden, z.B. Körpergröße und Körpergewicht im Body Mass-Index.
Nun könnte man meinen, das sei nur ein Problem bei Befragungsdaten. Aber auch bei (analog) gemessenen Werten lassen sich solche Effekte beobachten, nämlich immer dann, wenn es bei der Dokumentation der Messwerte einen „Medienbruch” gibt, d.h. wenn das Ablesen der Messwerte und das Eintragen ins Protokoll manuell geschieht. Auch da wird gerne „gerundet”.
Psychologisch gesehen, macht sich dabei vermutlich eine Art Ordnungsfunktion bemerkbar, die das Wesentliche hervorhebt. Prägnant geht vor genau. Verwandte Phänomene kennt man z.B. aus der Gestaltpsychologie, die postuliert, dass unsere Wahrnehmung zur Gestaltbildung neigt. Rubens dicke Frauengestalten verdanken sich allerdings anderen Motiven.
Kommentare (14)