In der Todesursachenstatistik werden die Sterbefälle nach Staatsangehörigkeit erfasst. Schaut man sich die Sterberaten der deutschen und der nichtdeutschen Bevölkerung an, so liegen, abgesehen von der Kindern, die Sterberaten der Deutschen während der gesamten Lebensspanne über denen der Nichtdeutschen. Ganz besonders ist das im höheren Lebensalter der Fall.
Migrantinnen und Migranten – haben die nicht höhere Arbeitslosenraten, schlechtere Schulbildung, geringere Einkommen? Das belastet, wie man weiß und vor kurzem auch hier diskutiert wurde, doch die Gesundheit. Und statistisch derart durchschlagende Gesundheitsvorteile von Migrantinnen und Migranten gegenüber der herkunftsdeutschen Bevölkerung sind aus der Gesundheitsberichterstattung auch nicht bekannt.
Warum leben sie dann länger? Das zu erklären, ist gar nicht so einfach. Eine Erklärung bemüht den „healthy migrant effect”. Damit ist gemeint, dass Menschen, die ihre Heimat verlassen und woanders neu beginnen, eher gesünder und durchsetzungsfähiger sind. Die hier lebende ausländische Bevölkerung wäre demnach eine positive Auslese. Zudem, so geht die Erklärung weiter, verbringen diese Leute vor allem ihre gesunden Lebensjahre in Deutschland – sie kommen als Erwachsene, wenn das relativ lebensgefährliche Säuglingsalter vorüber ist und manche von ihnen kehren im Alter, wenn sie kränker werden, wieder in ihre Herkunftsländer zurück. Der Erklärungsansatz des „healthy migrant effects” hatte zumindest in der Zeit der Gastarbeiteranwerbung einiges für sich, denn da wurden in der Tat die Gesunden ausgesucht. Aber gilt das heute noch genauso? Für nachziehende Familienangehörige aus der Türkei, für Kriegsflüchtlinge aus dem Kosovo, für Hungerflüchtlinge aus Afrika?
Eine andere Erklärung hebt darauf ab, dass die Langlebigkeit der ausländischen Bevölkerung schlicht eine statistische Täuschung darstellt. Beispielsweise, weil sich manche, die Deutschland wieder verlassen, nicht abmelden. In der Sterberate schlagen sie dann nur noch im Nenner zu Buche, bei der ausländischen Bevölkerung – als Karteileichen. Im Zähler der Sterberate, als echte Leichen, tauchen sie dagegen nicht mehr auf. Oder sie geraten bei Umzügen durch Schreibfehler ihres Namens doppelt in die Melderegister, oder werden anderweitig als Datenfehler weitergeschleppt. Diese Erklärung favorisiert der Rostocker Bevölkerungswissenschaftler Rembrandt Scholz und kann dafür auch statistische Hinweise anführen – nachzulesen in einem lesenswerten Beitrag in der Zeitschrift Max-Planck-Forschung. Vielleicht bringt ja die aktuelle Volkszählung etwas Aufklärung – wenn zumindest ein Teil der Karteileichen statistisch „beerdigt” wird. Eine andere Staatsangehörigkeit zur Anhebung der Lebenserwartung braucht jedenfalls niemand zu beantragen, der Tod nimmt auf solche Formalitäten keine Rücksicht.
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