Polio-Impfung

So eindrucksvoll die Grafik ist, der Zusammenhang zwischen der Einführung der Impfung und dem Rückgang der Infektionen könnte durchaus eine bloß zeitliche Koinzidenz sein. Die Grafik allein belegt keine Kausalität. Man braucht – ganz ähnlich wie bei der Prüfung des Zusammenhangs von Impfungen und Impfkomplikationen – zusätzliche Informationen. Bei der Polioimpfung sind das z.B. immunologische Erkenntnisse, bei allgemeineren epidemiologischen Fragestellungen z.B. die “Bradford-Hill-Kriterien“.

Impfkritik, Impfaufklärung, Impfkonferenz
Die aktuellen STIKO-Empfehlungen haben zweifellos eine gute Evidenzbasis und sicher muss man sich auf einer Veranstaltung wie der Nationalen Impfkonferenz nicht mit unhaltbaren Argumentationsmustern von Impfgegnern beschäftigen. Aber als Werbeveranstaltung für das Impfen scheint mir die Nationale Impfkonferenz auch nur bedingt sinnvoll zu sein, zumal der eine oder andere Vortrag etwas „aufgewärmt“ daherkam. Dabei gibt es bei vielen Fragestellungen rund um das Impfen erheblichen Diskussionsbedarf, angefangen von der Preispolitik der Pharmaindustrie bei der HPV-Impfung über die Kommunikationslinien bei akuten Krisen wie der Pandemie bis hin dazu, was es bedeutet, ernsthaft auf eine informierte Entscheidung beim Impfen hinzuarbeiten und nicht nur auf eine Steigerung der Impfmotivation. Dem sollte man mehr Raum geben. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, insgesamt war es trotzdem eine interessante und den Besuch lohnende Konferenz. Die Vortragsabstracts kann man auf der Homepage der Nationalen Impfkonferenz abrufen.

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Kommentare (18)

  1. #1 michael
    17. Mai 2013

    Zur Graphik (wenn sie den richtig beschriftet ist) : Warum geht durch die Masernimpfung die Kinderlähmung zurück?

  2. #2 Joseph Kuhn
    17. Mai 2013

    @ michael: Bitte beim Optiker die Sehstärke prüfen lassen. Da steht “Massenimpfung”, nicht “Masernimpfung”.

    Die Masernimpfung wurde übrigens 1973 eingeführt. Mit den Erkrankungszahlen ist das bei den Masern aber so eine Sache. Weil früher praktisch jeder die Masern bekam, gab es keine Meldepflicht, die gibt es erst seit 2001. Todesfälle waren seit 1962 meldepflichtig.

  3. #3 Curious.Sol
    17. Mai 2013

    @michael: “Massen…”

  4. #4 rolak
    17. Mai 2013

    Nationale Impfkonferenz (NIK)

    Da es schon um Fehlzuordnungen geht: Bei allem wie ‘NIK’ Klingenden rattert seit x Jahren ein und dieselbe Filmsequenz ab. Immer Streichhölzer dabei haben – noch so ein Ding, was wie Wählscheiben am Telefon längst vergessen ist…

    btt: Sollte das ein ernsthafter Versuch der AntiVaxer sein, so etwas in der Art wie ernsthaft zu diskutieren? Oder doch eher geschickte Perfidie?

  5. #5 Joseph Kuhn
    17. Mai 2013

    @ rolak:

    “Sollte das ein ernsthafter Versuch der AntiVaxer sein, so etwas in der Art wie ernsthaft zu diskutieren?”

    Ich hatte mit der Person, die den zitierten Einwand brachte, in der Pause kurz gesprochen. Oder besser gesagt, ich habe es versucht, bin aber nicht zu Wort gekommen. Was auch aufschlussreich war.

  6. #6 Hanno
    18. Mai 2013

    Im letzten Abschnitt soll das vermutlich HPV und nicht HBV heißen, oder?

    • #7 Joseph Kuhn
      18. Mai 2013

      @ Hanno: Ja natürlich, danke für den Hinweis, hab’s korrigiert.

  7. […] Impfkonferenz 2013, Gesundheits-Check am 17. Mai […]

  8. #9 Bettina Wurche
    18. Mai 2013

    Danke für den Beitrag:
    Impfverweigerung und Streit ums Impfen nimmt leider bei uns mittlerweile quasireligiöse Züge an.
    Dass das NIK-Treffen keine dolle Werbung fürs Impfen ist, wundert mich nicht. Viele Menschen können Faktenwissen nicht einordnen, verstehen und für sich selbst umsetzen.

    Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hatte darum zur Motivierung zur Masernimpfung auf die naartive Informationsvermittlung gesetzt und einen Film gedreht:
    https://newsmagazin.puls.med.uni-frankfurt.de/wp/?p=4067
    Ich halte das für eine sehr gute Idee. Es ist natürlich eine Form von Propagande, aber in diesem Fall meiner Ansicht nach wirklich gerechtfertigt.

    Übrigens impfen Ameisen auch – und zwar andere Ameisen.
    https://newsmagazin.puls.med.uni-frankfurt.de/wp/?p=4675

  9. #10 WolfgangM
    21. Mai 2013

    In einer mir bekannten Epilepsie Ambulanz werdn 4 Kinder therapiert, denen ein staatlich anerkannter Impfschaden zuerkannt wurde. Erst später wurden diese Kinder auf genetisch vererbte Ionenkanaldefekte getestet, die eben eine Epilepsie verursachen.
    Zusätzlich kenne ich einige andere auch staatlich anerkannte Impfschäden, denen schlampige ärztliche Begutachtung zu Grunde lag. In einem Fall war es attestierte Blindheit (Nervus opticus atrophie) durch eine Hep B Impfung. Der Gutachter hatte einen grenzwertig positiven Herpes IgM Wert übersehen, der macht eine Opticus Neuritis. Diese kann langwierig sein ist, aber nicht unbedingt irreversibel. Ergebnis: Der Betroffene wurde wegen Blindheit verursacht durch die Impfung entschädigt und machte ein paar Jahre später seinen Führerschein auf Anhieb und ohne Sehbehelf. Schön !

    Fazit: selbst staatlich anerkannte Impfschäden entsprechen oft nicht der medizinischen Realität. Noch schöner!

  10. #11 Joseph Kuhn
    21. Mai 2013

    @ WolfgangM:

    “Schön !”

    Naja, schön sind so Sachen nun nicht unbedingt. Die Betroffenen sind verunsichert, haben Angst und suchen nach einer Erklärung, das ist nur zu verständlich. Und wenn ab und zu ein Impfschaden anerkannt wird, der eigentlich keiner ist, geht die Welt daran auch nicht zugrunde. Ärgerlich finde ich nicht, wenn Betroffene in so einer Situation eine zeitlich “passende” Impfung verantwortlich machen und ihr (in diesem Fall vermeintliches) Recht durchsetzen, sondern wenn organisierte Impfgegner mit falschen Argumenten gezielt Ängste mobilisieren.

  11. #12 WolfgangM
    21. Mai 2013

    @Josef,

    mit schön meinte ich im ersten Fall, dass ein per ärztlichem Gutachten als irreversibel blind erklärter junger Mann nun wieder sehen kann.
    Und als noch schöner, dass Menschen die irrtümlich (oder auch mit Absicht-auch solche Fälle gibt es) als Impfschaden diagnostiziert werden, nun eine korrekte Diagnose als “Ionenkanaldefizienz ” erhalten und damit die Chance haben pro futuro mit Arzneispezialitäten, die die Auswirkungen des genetischen Defekts neutralisieren weit spezifischer behandelt werden können als heute.
    Es ist schon richtig, dass die Welt nicht untergeht wenn mal ein Impfschaden irrtümlich anerkannt wird- aber es ist schon schwerst “unschön” wie schlampig manche Gutachter ihre wichtige Aufgabe wahrnehmen. Da muss Qualitätssicherung her.

  12. #13 DerBesserwisser
    3. Juni 2013

    Der Kommentar seitens Veritas&Sanitas war tatsächlich sehr gut: “Warum zählt zeitliche Koinzidenz nicht bei ‘Impfschäden’, wohl aber beim Beleg der Wirksamkeit von Impfungen?”
    Die Antwort seitens der Präsentatorin (?Präsidentin BzGA?) war leider nicht so gut, eher ratlos. Zeitliche Korrelationen sind eben nur Korrelationen. Punkt. Der Verweis auf eine simple Analyse der Impfeffektivität durch einen Vergleich der erkrankten Geimpften mit den erkrankten Ungeimpften hätte die weltanschaulich motivierten Wahrheitssucher besser befriedigt.
    Diese Zahlen gibt es für die 70er zwar mangels ordentlicher GBE und Infektionssurveillance nicht, wohl aber für alle neueren Impfungen.
    Und 11.5 Jahre nach Einführung des IfSG gibt es in den alten Bundesländern sogar eine Surveillance der impfpräventablen und STIKO-empfohlenen Kandidaten Pertussis, Mumps, Varizellen und Röteln (nicht nur konnatal). Fehlen nur noch die Pneumokokken.
    Es bleibt zu hoffen, dass GBE und die Ausbildung von Infektionsepidemiologen nicht der Schuldenbremse zum Opfer fallen.

  13. #14 Joseph Kuhn
    3. Juni 2013

    @ DerBesserwisser: Der impfkritische Verein heißt Libertas & Sanitas e.V., das mit der veritas sind die Hüter des Weinbergs.

  14. […] Impfkonferenz 2013, Gesundheits-Check am 17. Mai […]

  15. #16 Harald
    @ lasik-dubai.ae
    20. Juni 2013

    “So eindrucksvoll die Grafik ist, der Zusammenhang zwischen der Einführung der Impfung und dem Rückgang der Infektionen könnte durchaus eine bloß zeitliche Koinzidenz sein.”

    Für mich ist das statistisch, zumindest mit diesen Daten, leider auch nicht unbedingt belegbar. Gibt es denn noch weitere Studien zu dem Thema

  16. #17 Joseph Kuhn
    20. Juni 2013

    “Gibt es denn noch weitere Studien zu dem Thema”

    Ja.

  17. […] Westdeutschland insgesamt sieht es ganz genauso aus, die Grafik dazu war schon vor einiger Zeit im Beitrag zur Nationalen Impfkonferenz 2013 zu sehen. Ob sich der eine oder andere Impfskeptiker bei solchen Bildern vielleicht mal doch fragt, […]