Kürzlich ging eine Wutrede des FDP-Politkers Lindner im Landtag von Nordrhein-Westfalen durch die Medien. Er hatte sich demonstrativ über einen Zwischenruf des SPD-Abgeordneten Volker Münchow echauffiert, eigentlich also nur ein Aufreger auf Augenhöhe unter politischen Hinterbänklern, aber mit gewaltigem medialen Echo.
Münchow hatte mit seinem Zwischenruf auf ein früheres unternehmerisches Scheitern Lindners angepielt, Lindner nahm das zum Anlass, ihm sozialdemokratische Miesmacherei vorzuwerfen. Leute wie Münchow seien der Grund „warum die Menschen lieber in den öffentlichen Dienst – da haben ja auch Sie gearbeitet – gehen“. Und so weiter und so fort, wie man Lindners Sprüche kennt.
Heute ist in der Süddeutschen Zeitung ein herrlich böser Kommentar von Bernd Dörries zu dieser Geschichte – bisher leider nicht online. Münchow, so Bernd Dörries, habe nie im öffentlichen Dienst gearbeitet, er habe vielmehr Wirtschaftswissenschaften studiert und Karriere als Deutschland-Chef eines norwegischen Unternehmens gemacht. Mitte 50 habe er dann noch einmal etwas anderes machen wollen und sei in die Politik gegangen, finanziell ein Verlustgeschäft für ihn. Lindner, Lehrersohn, erhalte dagegen seit seinem 22. Lebensjahr Diäten vom Staat, mit seinem Start-Up habe er viel öffentliches Geld versenkt, und das staatliche Gehalt gebe ihm die „die Freiheit, Sachen zu sagen wie: Diejenigen die ihn kritisierten, seien immer Sozialdemokraten, die ‚ihr ganzes Leben vom Staat gelebt haben’ “.
Ich habe die Fakten in Dörries Kommentar nicht überprüft, insofern sei hier ein kleines Cave angemerkt. Aber wenn das alles so stimmt, würde ich an Lindners Stelle vor Scham in den Boden versinken.
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Declaration of interests: Ich arbeite bekanntlich selbst im öffentlichen Dienst, davor ein paar Jahre in der Privatwirtschaft in einem Start-Up, das durch eine politische Entscheidung seine Geschäftsgrundlage verlor. Dies könnte meine Unvoreingenommenheit in diesem Fall beeinträchtigen oder auch nicht.
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