Heute ist im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung ein Essay „Loslassen!“ von Alexander Mühlauer, der das Unbehagen der Neoliberalen mit den Folgen ihres eigenen Denkens sehr gut auf den Punkt bringt. Ungewollt, natürlich. Mühlauer beschreibt, was derzeit in seinen Kreisen wohl Mode ist: einen angeblichen oder tatsächlichen Trend zur Verhaltenssteuerung durch „Nudges“, kleine Anstöße, die die Entscheidung der Menschen in eine gewünschte Richtung leiten sollen. Der Ansatz ist durch das Buch „Nudge – Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ von Thaler und Sunstein auch in der breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden und soll sich der Sympathie von Merkel & Co. erfreuen. Neu ist das Ganze nicht, schon die gute alte Werbung hat versucht, uns dahin zu bekommen, dass wir uns frei ihren Versuchungen hingeben. Nun also „Nudges“. Darüber darf man und muss man natürlich diskutieren. In meinem Arbeitsfeld gibt es einen vielzitierten Spruch – „make the healthy choice the easier choice“. Das kann man gut als Anleitung zum Gebrauch von Nudges verstehen. Kann, muss nicht. Jedenfalls gibt es da ein Spannungsverhältnis zum Ansatz des „Empowerment“, des Befähigens von Menschen zur gemeinsamen Selbstbestimmung über ihre Gesundheit, wie es seinerzeit die berühmte Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation propagiert hat, über das man in den Gesundheitswissenschaften durchaus etwas mehr nachdenken sollte.

Nun gut, Mühlauer stellt also fest, wir würden uns immer mehr in Richtung eines Nanny-State bewegen. Empirische Belege dafür bringt er nicht, es ist halt so ein Gefühl. Das macht sich daran fest, dass das Rauchen eingeschränkt wird (wobei es da übrigens gar nicht um Nudges geht, sondern um Verbote) und dass uns auch sonst unser Leben immer mehr aus der Hand genommen würde: „Nicht rauchen, nicht zu schnell Auto fahren und bloß nicht fett essen – der Staat schreibt den Bürgern immer stärker vor, wie sie leben sollen.“ Aha. Wie gesagt, wenn der Staat vorschreibt, hat das mit Nugdes nicht viel zu tun. Und ob damit der Trend der gesellschaftlichen Entwicklung richtig beschrieben ist, wäre auch zu hinterfragen, wenn man sich daran erinnert, was noch vor 50 Jahren in unserem Land alles moralisch verpflichtend war, vom sonntäglichen Kirchgang bis zur Muttertierrolle der Frauen. Ich habe den Eindruck, wir haben trotz aller Nudgeridis viel mehr Freiheit als früher, und mehr, als uns der neoliberale Kulturpessimismus glauben machen will. Mühlauer sieht das ganz anders, weil man ihn auf den Kaloriengehalt seines Schweinebratens hinweist – verdammte Nudges. Folgerichtig plädiert er dafür, dass doch jeder das Recht auf Unvernunft habe. Wer würde dem im Prinzip widersprechen wollen. Ob das allerdings auch der richtige Kommentar zum aktuellen Masernausbruch in Berlin ist, sei einmal dahingestellt. Vielleicht doch eher nur so ein „Gefühl“.

Erschreckend ist jedenfalls das Fazit, das Mühlauer aus seinem Unbehagen zieht. „Ein bisschen mehr Staatsskepsis wäre aber dringend nötig. Nur wer das Handeln der politischen Klasse kritisch hinterfragt, kann selbstbestimmt entscheiden.“ Dem kann man nur zustimmen, mit Blick auf die Verhandlungen um TTIP, die Griechenlandpolitik, die Maut oder andere Dinge. Aber darum geht es Mühlauer natürlich nicht. Der Staat, so schreibt er unter Berufung auf Humboldt, täte gut daran, sich jeder Einflussnahme auf „die Sitten und den Charakter der Nation“ zu enthalten. „Tut er das nicht, entzieht er den Bürgern das, was sie dringend brauchen: Freiheit. Und jetzt: Öfters mal mit Freunden ein Glas trinken, beim Kaffee eine Zigarette rauchen, Ballspielen an einem warmen Abend im Mai. Sonst noch was? Sonst nichts.“ Auch dagegen ist nichts einzuwenden. Aber sonst nichts? Sind das wirklich die Punkte, an denen man nach mehr Staatsskepsis rufen muss, wie Mühlauer meint? Es sind jedenfalls nicht die Punkte, an denen Stéphane Hessel „Empört Euch!“ gerufen hätte. Und Friedrich Nietzsche hätte sich bei der Lektüre von Mühlauers Essay wohl im Grab umgedreht, wenn er könnte. Mühlauer versteht Freiheit hier genau als das behagliche Hausschweindasein, mit dem Nietzsche die „letzten Menschen“ charakterisiert hat. Was für ein geistig retardierter Freiheitsbegriff!

Kommentare (36)

  1. #1 Sulu
    28. März 2015

    Nur wer das Handeln der politischen Klasse kritisch hinterfragt, kann selbstbestimmt entscheiden.

    Nun führt uns gerade die derzeitige Phase ‘unseres‘ Systems vor Augen, dass das leider nur eine Phrase ist. Nicht mal die politische Klasse kann selbstbestimmt entscheiden, siehe TTIP… und da muss man nicht mal den Fokus von der konstruierten (deutschen) Mehrheitsgesellschaft lenken.

    Mühlauer versteht Freiheit hier genau als das behagliche Hausschweindasein, mit dem Nietzsche die „letzten Menschen“ charakterisiert hat.

    Schöne Beschreibung! Und dann kommt da ‘unser‘ Bundespräsident – der das größte jener ist – und lullt uns ein und redet uns wieder Kriege schön… und kaum einer empört sich…

  2. #2 Withold Ch.
    28. März 2015

    Schöner Text! Kann/muss man zweimal lesen.

  3. #3 maunz
    .
    28. März 2015

    Nudges heisst auf deutsch “Du willst es doch auch !” 🙂

  4. #4 rolak
    28. März 2015

    Nicht mal die politische Klasse kann selbstbestimmt entscheiden

    Das ist jetzt aber nicht der ganz große Widerspruch, Sulu – zumindest für mich ist in keiner Weise evident, daß die politische Klasse in signifikantem Maße ihr eigenes Handeln kritisch hinterfragen würde.
    Und der BuPrä darf das, einerseits weil mittlerweile selbst die ach so pazifistischen Grünen ihre Kinder wesentlich weiter in die Welt geschickt haben, als ihre Väter je gekommen waren (© Pispers) und andererseits weil dies sein oberster Leitherr vorgibt.

  5. #5 Sulu
    28. März 2015

    in keiner Weise evident, daß die politische Klasse in signifikantem Maße ihr eigenes Handeln kritisch hinterfragen würde

    Sicher… aber selbst wenn, wäre der outcome doch recht dürftig.

    Und der BuPrä darf das

    Das ist ja das Tragische.

  6. #6 LasurCyan
    28. März 2015

    Das ist ja das Tragische.

    Nein, Sulu. Das tragische ist nicht das ‘dürfen’, sondern das ‘tun’.

    • #7 Sulu
      28. März 2015

      Nein, Sulu. Das tragische ist nicht das ‘dürfen’, sondern das ‘tun’.

      Beides – tun und dann auch noch dürfen! Köhler hat wegen weit weniger das Handtuch geworfen (so weit ich weiß).

      Ich persönlich empfinde ja schon allein die Teilnahme eines Bundespräsidenten auf einer privaten Waffenlobbyveranstaltung* als Affront…

      __________
      * oder wie Fischer es 2003 nannte: “Treffen der Kriegstreiber”

  7. #8 Withold Ch.
    28. März 2015

    Hey, rolak, mit dem Link auf oberster Leitherr hast Du aber eine sichere Falle aufgestellt … vergessen, dass morgen Palmsonntag ist und in den nächsten Tagen mächtig liturgischer Dampf abgelassen wird? – Ich habe mich schon mal reichlich mit Schokohasen eingedeckt …

    Nanny-State – hat die allgemeine Deregulierung im Verlauf der letzten fünfzig, sechzig Jahren zunehmend die Notwendigkeit einer Nacherziehung hervorgebracht? Könnte sein.

  8. #9 Joseph Kuhn
    28. März 2015

    @ Withold Ch.:

    “Nanny-State – hat die allgemeine Deregulierung im Verlauf der letzten fünfzig, sechzig Jahren zunehmend die Notwendigkeit einer Nacherziehung hervorgebracht?”

    Aporien der “Eigenverantwortung” gibt es in allen Bereichen, nicht nur bei der Moralisierung gesellschaftlicher Verhältnisse, auch beim Ruf nach Zwang, z.B. aktuell bei der Debatte um eine Impfpflicht.

  9. #10 thewisemansfear
    28. März 2015

    Nudging scheint mir nur die abgemilderte Form der Schock-Strategie / shock doctrine https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Schock-Strategie (Buch von Naomi Klein) zu sein. Das ist also nur logische Konsequenz und sollte nicht wirklich verwundern. Die Mächtigen dieser Welt wissen genau was von vor allem WIE gespielt wird.

  10. #11 Joseph Kuhn
    28. März 2015

    @ thewisemansfear: Ich habe das Buch von Naomi Klein nicht gelesen, es mag interessante Hinweise zur Durchsetzung von volkswirtschaftlichen Privatisierungskonzepten liefern, aber den Zusammenhang mit dem Thema hier verstehe ich nicht. Hier geht es darum, ob wir durch sanfte Manipulationen immer unfreier werden und ob sich das, falls es so ist, daran bemessen lässt, wie über den Schweinebraten oder den Tabakrauch gesprochen wird oder ob Freiheitskämpfer wie Mühlauer und der Feuilletonphilosoph Pfaller, den er zustimmend zitiert, Freiheit da einfach in einem konsumistischen Manifest verzwergen.

  11. #12 eph4life
    28. März 2015

    Man darf nicht vergessen, dass Freiheit als solches eine gewisse Verantwortung mit sich bringt, gegenüber uns und gegenüber Dritten. Es ist mit Sicherheit richtig die Frage nach Manipulationen zu stellen, allerdings diese an Einschränkungen festzumachen, die zum individuellen Schutz und dem Schutz Dritter angewandt werden sollen ist der falsche Ansatz, wenn auch vielleicht ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das Motto könnte lauten: Der verbreiteten deutschen Politikverdrossenheit mit ersten sehr kleinen Schritten Einhalt zu gebieten. Leider sind es diese individuellen Einschränkungen, die auf erstem Blick sichtbar sind und es bleibt nur zu hoffen, dass dieser Blick endlich geschärft wird für die größeren Sorgen und Herausforderungen.
    Vielen Dank Joseph Kuhn für diese wunderbaren Eintrag.

  12. #13 eph4life
    28. März 2015

    Man darf nicht vergessen, dass Freiheit auch Verantwortung mit sich bringt. Verantwortung, die zum Selbstschutz und dem Schutz Dritter veranlassen sollte. Es ist sicherlich richtig die Frage nach sanften Manipulationen zu stellen, aber diese an Einschränkungen, die zum Schutz des Individuums als auch Dritter gedacht sind, können nicht als Messwerte dienen. Dennoch, sind es die individuellen Einschränkungen, die man am ehesten bemerkt und es bleibt zu hoffen, dass dieser Versuch der deutschen Politikverdrossenheit Einhalt zu gebieten ein erster Schritt in die richtige Richtung ist.
    Vielen Dank an Joseph Kuhn für diesen wunderbaren Eintrag.

  13. #14 Hobbes
    29. März 2015

    Ich finde das Fazit von Mühlauer durchaus interessant und würde dem auch nicht so pauschal widersprechen. Die stärke mit der der Staat versucht die Kultur zu lenken muss stark eingeschränkt bleiben. Das Sachen wie das Rauchen dann als Kultur verklärt werden ist natürlich Blödsinn. Gesellschaftsschädigendes Verhalten darf natürlich sanktioniert werden (Kosten für die Krankenkasse). Schwierig wird es wenn es darüber hinaus geht. Zum Beispiel ein generelles Rauchverbot. Oder sogar Sachen lenkt die der Ideologie entsprechen ohne das ein Grundrecht der Bürger verteidigt wird. Zum Beispiel das Anbau oder Forschungsverbot gentechnisch veränderter Organismen. Ich verweise an dieser Stelle immer gerne auf die Geschichte des Humaninsulins.
    Oder auch die Initiative die in Hannover beendet wurde welche Gentechnik-Aufklärung betrieben hat.

    Der Staat hat einfach nicht das Recht sich eine genehme Bevölkerung heran zu züchten sondern er hat die Pflicht bei allem was über die Akzeptanz der FDGO und der Menschenrechte hinaus geht den Bürger sich frei entwickeln zu lassen.
    Um ein Beispiel mit etwas Abstand zu haben könnte man die ehemalige SU nehmen. Ob man den Kommunismus gut oder schlecht findet soll man selber entscheiden und einem nicht eingetrichtert werden. Wenn der Staat meint das dieses Thema wichtig ist darf er mich gerne im Lehrplan darüber aufklären. Aber das wars. Wir Verbitten es uns ja nicht ohne Grund das man morgens vor Unterrichtsbeginn erst einmal ne Runde beten muss oder die Nationalhymne singt.

    Übrigens finde ich das es einen großen Unterschied zwischen der Gesellschaftlich moralischen Verpflichtung und der Staatlichen Verpflichtung gibt. Wenn es verpönt ist in einem Restaurant zu “furzen” ist es etwas anderes als wenn der Staat dies verbietet. Das wegfallen des sonntäglichen Kirchgangs als Freiheitsgewinn zählt also nicht als Ausgleich zum Veggie-Day.

    Bei vielen Bevormundungen der Vergangenheit kann man gute Gründe anführen warum diese Trotzdem legitim waren. So ist der Mindestlohn durchaus mit dem Verweis auf die Würde zu legitimieren. Eine Impfpflicht wäre durch den Schutz der nicht impfbaren legitim. Der Veggie-Day ist aber eine völlig andere Sache da er versucht mich per Gesetz zu einer Ideologie hin zu erziehen.
    Auch ist die Wahl der Mittel entscheidend. So ungern ich auch Sondersteuern zahle, diese sind das legitimste Mittel zur Lenkung. Wenn aber eine Stadt die “grüne Welle” Abschafft um mehr Menschen aus dem Auto in die Straßenbahn zu zwingen ist das daneben! Ebenso wie Tempo 30 ohne verkehrssicherheitstechnischen Grund.

  14. #15 Joseph Kuhn
    29. März 2015

    @ Hobbes:

    “Der Staat hat einfach nicht das Recht sich eine genehme Bevölkerung heran zu züchten”

    So ist es. Aber man sollte Staatskritik nicht in Form von Volksverdummung betreiben. Wem es beim angeblichen Kampf und Freiheit nur um den Schweinebraten geht (Mühlauer: “Sonst noch was? Sonst nichts.”), dem sei Franz Josef Degenhardts Lied “Deutscher Sonntag” ans Herz gelegt.

  15. #16 Dr. Webbaer
    29. März 2015

    Sind das wirklich die Punkte, an denen man nach mehr Staatsskepsis rufen muss, wie Mühlauer meint?

    Aus liberaler Sicht ist das modische sogenannte Nudging verwerflich, der Staat soll informieren und werben, aber nicht erziehen, ganz sicher auch nicht: verdeckt.

    Wobei ein Redakteur, der wie Alexander Mühlauer bei der Süddeutschen den Liberalen gibt, gerne auch negativ konnotiert als ‘neoliberal’ bezeichnet werden soll, no prob here.

    Stéphane Hessel war übrigens Kommunist, pardon: Sozialist, der hatte sicherlich etwas anderes im Auge als Herr Mühlauer und die bürgerliche Freiheit.

    MFG
    Dr. W

  16. #17 Dr. Webbaer
    29. März 2015

    Zum Schwein kann übrigens besser zitiert werden:
    -> ‘It is better to be a human being dissatisfied than a pig satisfied; better to be Socrates dissatisfied than a fool satisfied. And if the fool, or the pig, are of a different opinion, it is because they only know their own side of the question. The other party to the comparison knows both sides.’ (Mills)
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_Lorenz#Gegen_die_.E2.80.9EVerhausschweinung_des_Menschen.E2.80.9C

  17. #18 Basilius
    Gochūmon wa Usagi Desu ka?
    29. März 2015

    Schön geschriebener Artikel. Fein beobachten und auch noch witzig formuliert. Beim zweiten Mal lesen konnte ich nur noch öfter nickend beipfichten.
    Prima Josef! Da weiß ich doch, warum ich hier immer wieder rein kucke.

  18. #19 Trottelreiner
    30. März 2015

    Ich würde ja bei Leuten, die beim Rauchen und auch bei der Impfpflicht mit ihrer persönlichen Freiheit argumentieren anfragen, wie sie zur Freiheit stehen, sich ein kleine Dosis Diacetylmorphin (aka Heroin) zu setzen, eventuell im Beisein von Kindern, der letzte Punkt wäre dann analog dem Rauchen in der Gegenwart von Kindern.

    Wobei der einzige Unterschied im Zusammenhang mit dem Rauchen darin bestünde, das beim Fixen die Gefährdung der Umwelt wohl geringer wäre als beim Rauchen. Beim Impfen wäre die Freiheit, die Einnahme einer Substanz zu verweigern analog der Freiheit, sich eine Substanz zuzuführen (ja, ich weiß das Unterlassen und aktive Handlung nicht unbedingt gleich sind…), das Risiko für Nichtgeimpfte dürfte wieder höher sein als das Risiko durch einen halbwegs “sicheren Gebrauch”.

    Würden sie in beiden Fällen zustimmen, daß ein Heroinabhängiger sich seine Dosis spritzen dürfte, könnte ich ihre Argumentation gegen “Nudging” ernst nehmen, andernfalls suchen sie entweder ein Thema, über das sie sich bei bestimmten Kreisen (z.B. Raucher) profilieren können, oder sie zeigen das ansonsten von diversen religionen bekannte Verhalten, bei eigener Schwäche diverse Freiheiten zu fordern, diese aber bei eigener Stärke einzuschränken.

    Disclaimer: Ähm, ich habe bei meinem letzten Post-Grippe-Husten sogar Codein abgelehnt. Ditto Loperamid bei Durchfall. Ansonsten würden den Küchenpsychopharmakologen an <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Opioidrezeptor#Rezeptoren"mu-Liganden eher die Antagonisten reizen, zumindest hätte man bei dem üblichen Ausspruch “Das sind die Endorphine!” dann eine bessere Fachkenntnis bei der Argumentation.

    Und geraucht habe ich zuletzt vor so ca. 9 Jahren. Wobei erfahrungsgemäß eine Zigarette ausreicht, um den Nikotinjunkie hervorzukitzeln.

  19. #20 Trottelreiner
    30. März 2015

    Ähm, sorry, hab im letzten Post die Tags falsch gesetzt, bitte wenn möglich korrigieren.

  20. #21 Dr. Webbaer
    31. März 2015

    Ergänzend noch kurz zu dieser im WebLog-Artikel gefundenen Formulierung:

    das Unbehagen der Neoliberalen

    Gemeint ist hier, der Schreiber dieser Zeilen erlaubt sich diese Einschätzung als langjähriger Kuhnologe mit sicherer Gewissheit, natürlich nicht der Neoliberalismus oder der Ordoliberalismus als wirtschaftswissenschaftliches Fach, sondern der Liberalismus, der womöglich durch die unpassende Präfix herabgesetzt werden soll.

    Es klingt uncool Liberalen, die immerhin für die Ideen und Werte der Aufklärung stehen, Schlechtes zu unterstellen, insofern wird sich oft mit Wörtern wie bspw. ‘neoliberal’, ‘marktliberal’ & ‘turboliberal’ beholfen, wenn der Liberalismus kritisiert werden soll.

    Dennoch soll spaßeshalber einmal der “Neoliberale” charakterisiert werden, so wie ihn oft kollektivistische Kräfte idealtypisch zu formen pflegen:
    1.) Der böse Liberale ist oft vermögend, oft selbstständig und pers. interessengebunden.
    2.) Das Gemeinwohl interessiert ihn nicht, er ist auf sein Wohl bedacht, er lehnt den Begriff des Allgemeinwohls sogar ab.
    3.) Er denkt nicht an die Gesellschaft, nur an Einzelne, deren Wohl vielleicht, aber nur vielleicht eine Gesellschaft bilden.
    Gesellschaften sind ihm aber letztlich egal oder nur wichtig, weil er, sozusagen parasitär, in diesen zu existieren gedenkt.
    4.) Der böse Liberale ist zudem international aufgestellt, polyglott, manchmal auch an die Interessen des Auslands gebunden, manchmal auch einem besonderen Volk angehörend.
    Er scheint jedenfalls keine nationalen Interessen zu vertreten.
    5.) Insofern ist seine Kritik, beispielsweise an Merkelschen Nudging-Versuchen, nicht ernst zu nehmen, im Gegenteil: Er würde selbst “nudgen” was das Zeug hält, wenn es in seinem Interesse wäre.
    6.) Er unterstützt auch für diese Zwecke Lobbys unterschiedlicher Art, monetär und immer zweck- bis zielorientiert.
    7.) Eigentlich ist das Aushalten des bösen Liberalen oder “Neoliberalen” der Preis, den freiheitliche Gesellschaften zu zahlen haben; besser wäre es also schon die Demokratie sozialistischer zu gestalten, im Sinne eines demokratischen Sozialismus, dann könnte man ihn loswerden.

    MFG
    Dr. W

  21. #22 Joseph Kuhn
    31. März 2015

    @ Webbär: Leiden Sie manchmal unter Kopfschmerzen? Was für ein monströses Gedankengewürge (“manchmal auch einem besonderen Volk angehörend”). Wenn es nicht so saudämlich wäre, hier aus Nazi-Versatzstücken Kapital schlagen zu wollen, würde ich mich glatt beleidigt fühlen. Ich weiß ja nicht, was Sie in Ihrer infantilen Lust zum Provozieren gefangen hält und nur destruktiv agieren lässt, aber es ist Ihr Kopf, der das aushalten muss.

  22. #23 Dr. Webbaer
    31. März 2015

    @ Herr Dr. Kuhn :
    Schreiben Sie am besten, ob Sie richtig verstanden worden sind bei Ihrem (nicht einmaligen) Gebrauch des Wortes ‘Neoliberaler’ und ob Ihr Kommentatorenfreund bei Ihnen falsch liegt mit seiner Skizze oder I.E. mit der Skizze generell.

    ‘Nazi-Versatzstücke’ konnten hier übrigens auch im Nachhinein und auf Ihren Hinweis nicht erkannt werden, also: mal absteifen, Sie müssen nicht gemeint gewesen sein.

    MFG
    Dr. W

    • #24 Joseph Kuhn
      31. März 2015

      Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ich in diesem Sch…. auch noch herumrühre? Ich bin nicht Ihr Psychotherapeut.

  23. #25 Andreas P.
    31. März 2015

    +1 für “Gedankengewürge”

  24. #26 Hobbes
    1. April 2015

    #14: Dem kann ich nur zustimmen. Ich habe Mühlauer nicht gelesen sondern nur die Infos hier aus dem Text. Und da finde ich das Fazit interessant. Die Art der Argumentation scheint aber wirklich in Richtung Volksverdummung zu gehen. Das ist ähnlich intelligent wie gegen die Gurtpfllicht aus Freiheitsgründen zu seien.

    #22: Auch wenn ich es ungern sage. Der Bär spricht hier einen oft vernachlässigten Punkt an, der Linke Antisemitismus unter den Deckmantel der Kapitalismuskritik. Wenn es um neoliberale Verschwörungen geht sind es meistens um Goldman-Sachs oder die Rothschilds.
    Da Neoliberal auf Seiten der Kritiker meist eh nur als Phrase benutzt wird sind die Texte in denen dagegen gewettert wird meist sowohl von einer Rechten als auch von einer Linken Position meist genau so vertretbar. So ist es zum Beispiel auch nur auf den ersten Blick überraschend das viele Videos von Volker Pispers in Rechtsextremen Kreisen oft verlinkt werden.
    Neoliberal ist eh nur ein quasireligiöses Synonym für böse. Wahlweise ist es die Bankenrettung genau so wie die Schleckerpleite (Wo sich manche Parteien nicht zu schade waren ein Jahr vorher zum Boykott auf zu rufen und dann von den armen Schleckerfrauen zu reden). Genau so ist das Spardiktat Neoliberal so wie das grenzenlose Schulden machen es ist. Estnische Bauarbeiter für russische Fussballclubbesitzer in Griechenland Steuern zahlen zu lassen ist es ebenso wie das verweigern selbiges vom neoliberalen Finanzminister der neoliberalen schwarzen Null. Deflation ist es da nur behält wer eh schon hat genau so wie das inflationäre Schuldendrucken der EZB es ist.

  25. #27 Dr. Webbaer
    1. April 2015

    Aja, werter Hobbes, es gibt doch noch Liberale hier, Sie selbst sind auch nonkonformer Liberaler, gell?
    Allerdings sollte mit der kleinen Skizze weiter oben hier nicht ernsthaft für Unruhe gesorgt werden, Bären sind halt keine Kuscheltiere (und es muss auch gelegentlich mal etwas fürs Image getan werden).
    Die beiden Punkte, die Sie repetieren, sind natürlich nicht unwichtig, was den Schreiber dieser Zeilen aber regelmäßig stört, sind die Zerrbilder, die über Liberale verbreitet werden…
    MFG
    Dr. W

  26. #28 Earonn
    1. April 2015

    Ich seh da wenig Unterschiede zwischen dem “bösen Liberalen” und dem “allgemeinen Egoisten, egal welcher politischer Ausrichtung”.
    Hilft aber bestimmt, wenn man Idioten das einem selbst ungenehme Etikett aufpappen kann…. *facepalm*

  27. #29 Dr. Webbaer
    1. April 2015

    Ich seh da wenig Unterschiede zwischen dem “bösen Liberalen” und dem “allgemeinen Egoisten, egal welcher politischer Ausrichtung”.

    Welcome!

    So ist sie halt angelegt die Geschichte oder der Narrativ vom herabzusetzenden Liberalen.
    Ansonsten, der ‘allgemeine Egoist’ macht womöglich schon eher in Richtung Despotismus, Pseudo- oder Semi-.Demokratie (Putin etc.) und Kollektivismus (mit ihm als möglichen Vorsitzenden), oder?

    Oder anders formuliert: Der Liberale schätzt die Ideen und Werte der Aufklärung, schätzt den Volkswillen oder den politischen Willen der Bevölkerung und setzt sich so, revolutionär einstmals und teilweise heute noch, von (Herrschafts-)Systemen ab, zu bedenken bleibt in diesem Zusammenhang, dass die Idee, den Volkswillen und die so möglich werdende Freisetzung von mehrwertfähigen Kooperationsverhältnissen lange Zeit fast undenkbar war, dennoch funktioniert.
    Faszinierend, oder?

    MFG
    Dr. W

  28. #30 Earonn
    1. April 2015

    Nun, so wenig es mir persönlich auch passen mag, kann aber auch der Konservative ein guter Mensch sein.

    Es ist halt nicht so simpel, und weder Liberalismus noch Konservatismus können per se als gut oder schlecht bezeichnet werden.
    Sollte man auf jeden Fall bedenken, egal, was man sich nun persönlich auf die Fahne schreibt.

  29. #31 Dr. Webbaer
    1. April 2015

    @ Earonn :
    Die Aufklärung und die sie umgebenden politischen Ideen und Werte können schon als per se gut verstanden werden, wenn gewollt.

    Der Liberalismus, der genau diese Werte idealtypisch kapselt und vertritt, real existierende bundesdeutsche Parteien wie die AfD, insbesondere auch die FDP, die Union und die Grünen – hier wird es tragik-komisch – leisten nicht dementsprechend, sollte jedenfalls nicht, wie Ihr Kommentarorenfreund findet, an Hand von Schlagwörtern wie ‘neoliberal’ (meint ein bestimmtes wirtschaftswissenschaftliches Fach, das auch gar nicht schlecht ist; im Bundesdeutschen als Ordoliberalismus und als Soziale Marktwirtschaft seinerzeit für Aufschwung zu sorgen in der Lage war) in die Tonne getreten werden.

    Ehrlicher wäre stattdessen schon sich explizit als anti-liberal und sozialistisch [1] zu erklären.

    MFG
    Dr. W

    [1]
    Die SPD ist eine sozialistische Partei, anerkanntermaßen, ihr gebührt natürlich höchsten Respekt dafür sicher zu stellen, dass die Revolution nicht kommen kann (Tucholsky), sie ist aber per se nicht liberal.
    Wobei es natürlich interessant bleibt bspw. zu fragen, inwieweit die Union anti-liberal ist, korrekt.

    • #32 Sulu
      1. April 2015

      Die Aufklärung und die sie umgebenden politischen Ideen und Werte können schon als per se gut verstanden werden, wenn gewollt.

      Wem nützen Lehrbuch-Definitionen, wenn der Liberalismus im Finanzkapitalismus ein Amöbe geworden ist?

  30. #33 Dr. Webbaer
    1. April 2015

    @ Sulu :

    Die Aufklärung und die sie umgebenden politischen Ideen und Werte können schon als per se gut verstanden werden, wenn gewollt. (Dr. Webbaer)

    Wem nützen Lehrbuch-Definitionen, wenn der Liberalismus im Finanzkapitalismus ein[e] Amöbe geworden ist?

    Ihnen vielleicht.

    Und zwar: als ablehnend. – Der Liberalismus meint nicht Unternehmerinteressen, die sich bspw. per Euro-System offenbaren oder per TTIP, der Liberalismus bemüht sich um die Menge. [1]

    MFG
    Dr. W

    [1]
    Hier wäre vielleicht auch ein Anknüpfungspunkt gegeben, zu dem, was der hiesige werte Inhaltegeber so verlautbart, der Liberale ist – genau so wie der Sozialist (der abgeschwächte, der SPDler sozusagen) – am Fortkommen der Menge interessiert.

  31. #34 Dr. Webbaer
    1. April 2015

    PS:
    Bevor hier Missverständnisse entstehen, nur einige Traditionslinke sind noch am ‘Fortkommen der Menge’ besonders interessiert, die real existierende sozialdemokratische Partei ist natürlich (wie auch die “Union”) nicht mehr das, was sie einstmals war.
    Herr Dr. Kuhn ist insofern hier weiterhin als “traditionslinks” eingeschätzt worden, was hoffentlich richtig war.

    MFG
    Dr. W

  32. #35 BreitSide
    18. Juli 2015

    @JK: “…Freiheit da einfach in einem konsumistischen Manifest verzwergen.”

    Eine kostbare Formulierung hätte jetzt Hildebrandt R.I.P. gesagt;-)

  33. #36 BreitSide
    18. Juli 2015