In den Verhandlungen zur Griechenlandkrise sei viel Vertrauen verloren gegangen, kann man derzeit überall lesen. Wer da wem nicht mehr vertraut, wer wem vertrauen sollte und wer vielleicht wem noch zu Unrecht vertraut, sei einmal dahin gestellt. In der Politik ist Vertrauen allzu oft Falschgeld.
Die Wörter Vertrauen und Kredit haben die gleiche Herkunft, auch viel Kredit wird wohl noch verloren gehen. Beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf, warum, verstehe ich zwar nicht, aber dass Deutschland und Griechenland, zumindest auf Regierungsebene, im Moment nicht gerade beste Freunde sind, ist klar. Auch klar, dass man Verhandlungen anders führt, wenn der Kredit im Mittelpunkt steht und nicht Vertrauen und Freundschaft. Schwierig, wenn beides zusammenhängt, aber jemand das nicht sieht oder nicht sehen will.
Bei Wolfgang Schäuble scheint diese Sensibilität, falls er sie je hatte, verloren gegangen zu sein. Wie hart und demütigend er sein kann, konnte die Öffentlichkeit schon vor fünf Jahren erfahren, als er seinen Pressesprecher Michael Offer vor laufenden Kameras demontierte.
In der aktuellen SPIEGEL-Ausgabe 30/2015 ist nun ein Interview mit Schäuble, das in dieser Hinsicht ebenfalls aufschlussreich ist. Auf die inhaltlichen Fragen will ich dabei gar nicht eingehen, ich räume gerne ein, dass ich nicht alles beurteilen kann, dass die Griechenlandfrage kompliziert ist und dass sich die Wahrheit dabei nicht auf einer Seite allein findet.
Das Interview behandelt das Thema Griechenland, der Spiegel fragt, Schäuble antwortet. Seine Antworten beginnen sehr häufig so:
• Nein. …
• Krugmann ist ein bedeutender Ökonom (….). Aber …
• Wir haben nie gesagt …
• Ihre Darstellung entspricht nicht den Tatsachen. …
• Der Vorgang ist hinreichend geklärt. …
• Es gibt keine deutsche Dominanz. …
• Davon kann keine Rede sein. …
• Nein. …
• Das ist Unsinn. …
• Nein. …
• Nein, sonst …
• Das sehe ich anders. …
• Nein, …
Kanzler ist er nicht geworden, aber Abkanzler, wie Medien immer wieder feststellen. Vielleicht hat er in der Sache sogar Recht, vielleicht käme Griechenland außerhalb des Euro besser wieder auf die Beine, wer weiß. Sicher ist jedenfalls, dass man ein verdammt dickes Fell haben muss, diesen rechthaberischen Ton auszuhalten. Wie lange das europäische Vertrauens-Porzellan es aushält? Bleibt zu hoffen, dass manchmal Scherben wirklich Glück bringen und dass man sich rechtzeitig wieder darauf besinnt, dass Völkerverständigung auch etwas mit Verständnis für die andere Seite zu tun hat.
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