Die Homöopathie ist eine naturwissenschaftlich unhaltbare Heilslehre des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Sie verdankt ihre große – und seit Jahren steigende – Beliebtheit nicht einer nachprüfbaren wissenschaftlichen Basis, sondern im Gegenteil einer nachfühlbaren Skepsis gegenüber der Wissenschaft seitens eines halbaufgeklärten Bürgertums. Man glaubt nicht mehr an den Satz, „die Wissenschaft hat festgestellt“ – und glaubt dafür puren Unsinn. Wenn man so will, ist die Homöopathie eine Kehrseite der Moderne, sie ist ihr Schattenwurf.
In der Medizin hat vor allem seit dem GKV-Modernisierungsgesetz 2003 und der Gründung des IQWIG ein starker Trend der Evidenzbasierung Einzug gehalten, vor dem Hintergrund einer Vielzahl medizinischer Interventionen, denen die Evidenzbasis fehlt. Demgegenüber stellt die Homöopathie ein durch rechtliche Konstrukte wie den „Binnenkonsens“ in § 135 SGB V gut geschütztes Reservat des Geglaubten und – oft – Gutgemeinten dar.
Die Homöopathie steht fest auf zwei Beinen: Ihre Anhänger haben ihre ganz eigenen Gründe, an die Wirksamkeit der Kügelchen zu glauben, und die Homöopathie hat starke politische Unterstützung. Ein aktuelles Beispiel ist die von der Bremer Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz übernommene Schirmherrschaft für den Deutschen Homöopathie-Kongress 2016. Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz – drei Gründe, eine solche Schirmherrschaft nicht zu übernehmen. Ich habe die Senatorin, Frau Prof. Dr. Eva Quante-Brandt, vorgestern angeschrieben und um eine Erläuterung ihrer Sicht der Dinge gebeten, genauer gesagt, ich habe das Sekretariat der Senatorin und ihre Pressesprecherin angeschrieben:
Gesendet: Dienstag, 10. November 2015 um 20:02 Uhr
Von: “Joseph Kuhn”
An: britta.schwiethal@gesundheit.bremen.de, christina.selzer@gesundheit.bremen.de
Betreff: Deutscher Homöopathie-Kongress 2016Sehr geehrte Frau Senatorin,
im nächsten Jahr findet in Bremen der Deutsche Homöopathie-Kongress 2016 unter Ihrer Schirmherrschaft statt. Ihr Ressort führt die Worte Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz im Titel, drei Worte, die nicht zur Homöopathie passen. Die konzeptionellen Grundlagen der Homöopathie widersprechen dem naturwissenschaftlichen Erkenntnisstand und Homöopathika konnten zudem auch nie ihre Wirksamkeit in guten Metaanalysen nachweisen – die australische Gesundheitsbehörde “National Health and Medical Research Council” (NHMRC) warnt neuerdings sogar vor ihrer Anwendung. Vor diesem Hintergrund irritiert Ihre Schirmherrschaft für diese alternativmedizinische Veranstaltung doch sehr.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mir eine kurze und auf Scienceblogs.de veröffentlichungsfähige Erläuterung Ihrer Position zukommen lassen würden.
Mit freundlichen Grüßen,
Joseph Kuhn
Ob wohl noch eine Antwort kommt?
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