Dass Aktivrauchen das Leben spürbar verkürzt, bezweifelt heute niemand mehr, der bei klarem Verstand ist. Die gesundheitlichen Folgen des Passivrauchens sind wissenschaftlich inzwischen auch nicht mehr umstritten, von letzten Renegaten der Tabaklobby und ihrem Laienchor abgesehen. Seit einigen Jahren liest man aber auch immer wieder einmal über Gesundheitsgefahren durch „Thirdhand Smoke“, also durch die Ablagerungen des Tabakrauchs z.B. in der Wohnung. Auch hier auf Scienceblogs war Thirdhand Smoke schon Thema. Dass man Tabakrauch-Rückstände von Möbeln, Teppichen oder Kleidungsstücken aufnehmen kann, ist klar, unklar ist, ob davon eine relevante Gesundheitsgefährdung ausgeht oder nicht.

In Umwelt-Medizin-Gesellschaft 4/2015 ist kürzlich ein Artikel erschienen, der eine toxikologische Abschätzung des Krebsrisikos durch Thirdhand Smoke vornimmt: Obendland H, Hien W: Krebsgefahr für Kinder durch Tabakrauch-Rückstand (Thirdhand smoke). umwelt-medizin-gesellschaft (28) 4/2015: 280-290. Berechnungsgrundlage sind Messungen des Gehalts an tabakspezifischen Nitrosaminen im Hausstaub, die sich aus Tabakrauch-Rückständen bilden, experimentelle Befunde zur Kanzerogenität der tabakspezifischen Nitrosamine und Annahmen zur Aufnahme dieser Stoffe über den Mund bzw. Verdauungstrakt. Es ist keine epidemiologische Studie. Die Autoren beantworten die Frage nach der Gesundheitsgefährdung durch Thirdhand Smoke mit einem eindeutigen „Ja“:

Krebs_Thirdhand-Smoke

Ich kann die toxikologischen Aspekte dieser Arbeit und die zugrunde gelegten Annahmen nicht einschätzen, dazu fehlt mir schlicht der fachliche Hintergrund. Wer die Arbeit mit mehr Fachwissen kommentieren kann, ist herzlich eingeladen. Es wäre schön, wenn sich die Diskussion auf die Arbeit von Obenland & Hien konzentrieren und nicht in einer Schlammschlacht über die angebliche Bevormundung von Rauchern durch Rauchverbote oder dergleichen versacken würde.

Kommentare (39)

  1. #1 Peter
    6. Februar 2016

    Ich habe kein Fachwissen, bin aber so frech … Jedenfalls ist folgendes eher als Frage zu sehen: Mir fällt auf, dass die Autoren Wohnungen, in denen eine Person nur ausserhalb der Wohnung raucht, ebenfalls als Raucherwohnung betrachtet, diese Gruppe aber nicht eigens auswertet. Das kommt mir etwas seltsam vor – ich gehe davon aus, dass es einen Eintrag von Schadstoffen über die Kleidung des Rauchers geben muss, dieser muss aber doch um vieles geringer sein, als wenn in der Wohnung geraucht wird. Wenn ich mir die Streuung der Werte für Nikotin in den Raucherwohnungen ansehe, so ist die ziemlich groß. Der Minimalwert liegt sogar unterhalb dem Maximalwert der Nichtraucherwohnungen, und das untere Quartil erreicht nur das ca. 3fache des Maximalwerts der Nichtraucherwohnungen. Meine Vermutung: das sind die Wohnungen, wo die Raucher ausserhalb rauchen. Wäre das Studienergebnis für diese Teilgruppe signifikant? Vermutlich nicht. Meine Überlegung dabei: wenn in der Wohnung geraucht wird, rauchen die Kinder passiv und werden in hohem Maß bereits durch Passivrauchen geschädigt. Das will mindestens ein Teil der Raucher vermeiden, indem sie ausserhalb der Wohnung rauchen. Die in meinen Augen wichtigste und interessanteste Frage wäre also: schädigt es die Kinder auch, wenn ein Raucher ausserhalb der Wohnung raucht? Dass sie geschädigt werden, wenn in der Wohnung geraucht wird, steht ja bereits ausser Frage.

    • #2 Joseph Kuhn
      6. Februar 2016

      @ Peter: Wie gesagt, im Artikel von Obenland/Hien geht es nicht um eine epidemiologische Studie. Die Autoren schätzen das Krebsrisiko aus gemessenen Tabakrauchrückständen in Wohnungen. Daher spielt die Frage, wo der Raucher raucht und ob die Kinder nicht schon durch das Mitrauchen geschädigt werden, für diese Schätzungen erst mal keine Rolle. Das würde wichtig, wenn man epidemiologisch versuchen würde, beobachtete Krebsfälle unterschiedlichen Risikofaktoren (z.B. Tabakrauchrückständen, Mitrauchen etc.) zuzurechnen.

      “schädigt es die Kinder auch, wenn ein Raucher ausserhalb der Wohnung raucht?”

      Ich zitiere aus dem Artikel: “Häufig sind rauchende Eltern der Meinung, ihre Kinder seien ausreichend gegen Tabakrauch geschützt, wenn sie in deren Anwesenheit nicht oder nur am Fenster oder auf dem Balkon rauchen. Das ist ein Irrtum, weil das Auftreten von THS zeitlich und räumlich nicht an den Rauchvorgang gebunden ist.” (Seite 288/289).

  2. #3 Peter
    6. Februar 2016

    Ah, das hatte ich überlesen – wenn ich es gelesen hätte, dann hätte ich meine Frage schärfer formuliert, weil genau das bezweilfle ich ja. OK, ich bin nur ein Hobby-Statistiker, deshalb kann ich mich da durchaus irren … Meine Überlegungen etwas genauer, nur für Nikotin:
    Minimalwert 4, Median 26, Maximalwert 342. Die Verteilung geht in Richtung zum Maximalwert extrem steil nach oben. Das bedeutet, dass die (sehr) weit überwiegende Nikotinmenge über dem Median liegt. Nehmen wir die Wohnungen unterhalb des Medians als “Aussen”-Raucher an und die Wohnungen oberhalb des Medians als “Innen”-Raucher, und berücksichtigen ausserdem, dass in dieser KR-Gleichung praktisch alle Werte ausser der Konzentration Konstanten sind (bzw. für alle Wohnungen identisch), so gehen die “Innen”-Raucher in das Endergebnis in einem um Größenordnung höherem Ausmaß ein als die “Aussen”-Raucher. Meines Erachtens bestimmen die “Innen”-Raucher das Ergebnis fast allein.
    Liege ich richtig oder falsch? Wie gesagt, ich bin kein Statistiker, ich interessiere mich nur dafür. Ich bin auch kein Raucher, also kein Herzblut drin 🙂 Mich interessiert nur, ob ich richtig denke, bzw. welchen Denkfehler ich evtl. mache.

    • #4 Joseph Kuhn
      7. Februar 2016

      @ Peter: Die Autoren erläutern ihre Tabelle wie folgt (Seite 286): “Wir berechnen das Lebenszeit-Krebsrisiko (…), wobei wir jeweils die TSNA-Konzentrationen im Median neben denjenigen im Maximum zugrunde legen”. Der Median zeichnet sich dadurch aus, dass er durch eine unsymmetrische Verteilung nicht beeinflusst wird, d.h. die Schiefe der Verteilung der TSNA-Konzentrationen sollte bei der Risikoberechnung für den Median keine Rolle spielen. Und wäre nach Ihrer Überlegung das Risiko für den Median dann nicht sogar der Wert, der eher für die “Außenraucher-Wohnungen” einschlägig wäre?

      Ich denke, Fragezeichen bei der Schätzung sind bei den diversen Modellannahmen zu setzen. Ein in der umweltmedizinischen Forschung tätiger Kollege, den ich gefragt habe, sah diese erst mal als nachvollziehbar an, aber da kenne ich mich eben nicht aus.

  3. #5 Peter
    7. Februar 2016

    Hm, ja … und nein. Ich verstehe trotzdem nicht, warum sie die beiden Gruppen nicht aufteilen, das wäre sehr viel klarer gewesen. Wir wissen nicht, wieviele “Innen-” und “Aussen”-Raucher enthalten sind. Die Studie setzt sich dadurch automatisch der Kritik aus, weil das, was nachgewiesen werden soll (dass “Aussen”-Rauchen eben auch schädlich ist) nicht die Hauptgruppe der Untersuchung ist, sondern nur eine unklare Untergruppe, irgendwo representiert im Median der Gesamtgruppe. Und das, obwohl die These doch vor der Datenerhebung feststehen musste … Ich bin mathematisch nicht gut genug, um beurteilen zu können, wie sich der Median hier auswirkt. Aber ich kann sehen, dass die Auswirkungen des Medians der Raucherwohnungen unter den Auswirkungen des Maximums der Nichtraucherwohnungen liegt. Die eigentliche Reihenfolge lautet:
    – Nichtraucher-Median: 7,1 x 10E-6
    – Raucher-Median: 9,9 x 10E-5
    – Nichtraucher-Maximum: 1,4 x 10E-4
    – Raucher-Maximum: 3,5 x 10E-3
    Das Problem, dass mindestens ein Teil der Nichtraucher-Wohnungen ein höheres Krebsrisiko hat als der Median der Raucher-Wohnungen wird nicht diskutiert.

    Das “riecht” für mich danach, dass die “Aussen”-Raucher-Wohnungen zwar höher belastet sind als Nichtraucherwohnungen, aber eher geringfügig, und es vor allem die “Innen”-Raucher sind, die das Risiko lefern. Für mich zeigen die Zahlen eher, dass die These der Autoren nicht stimmt.

    • #6 Joseph Kuhn
      7. Februar 2016

      “dass die “Aussen”-Raucher-Wohnungen zwar höher belastet sind als Nichtraucherwohnungen, aber eher geringfügig, und es vor allem die “Innen”-Raucher sind, die das Risiko lefern. Für mich zeigen die Zahlen eher, dass die These der Autoren nicht stimmt.”

      Einmal davon abgesehen, dass ich nicht weiß, ob Ihre Vermutung mit den Außen- und Innenraucherwohnungen stimmt: Widerspricht Ihr erster Satz mit der (plausiblen) Risikoabstufung nicht Ihrem zweiten Satz?

  4. #7 Herbert Obenland
    7. Februar 2016

    07.02.2016
    @ Peter: Die in Ihren Augen “wichtigste und interessanteste Frage wäre also: Schädigt es die Kinder auch, wenn ein Raucher außerhalb der Wohnung raucht?” Die Antwort darauf müssen Sie garnicht aus dem Datenmaterial des vorliegenden Artikels herauslesen, denn die Frage ist in einer eigens darauf zugeschnittenen Arbeit schon seit 2004 hinreichend beantwortet. Zitat aus der Zusammenfassung:
    “Results: ETS contamination and ETS exposure were 5-7 times higher in households of smokers trying to protect their infants by smoking outdoors than in households of non-smokers. ETS contamination and exposure were 3-8 times higher in households of smokers who exposed their infants to ETS by smoking indoors than in households of smokers trying to protect their children by smoking outdoors.
    Conclusions: ….Infants of smokers are at risk of ETS exposure in their homes through dust, surfaces and air. Smoking outside the home and away from the infant reduces but does not completely protect a smoker´s home from ETS contamination and a smoker´s infant from ETS exposure.”
    Matt GE et al, 2004: Households contaminated by environmental tobacco smoke: sources of infant exposures. Tobacco Control 2004; 13: 29-37

  5. #8 Peter
    7. Februar 2016

    @7: Interessantes Thema, ich habe den Abstract gerade gelesen. Den Ansatz, die drei Gruppen aufzuteilen nach Selbsteinschätzung halte ich für eine gute Idee. Ich habe mir auch das hier gerade noch angesehen: https://tobaccocontrol.bmj.com/content/20/1/e1.long auch interessant und nachvollziehbar. Es passt soweit auch zu meinen Alltagserfahrungen (z. B. wenn ich in einem Hotelzimmer übernachten muss, in dem früher geraucht wurde … na ja). In Bayern ist das Rauchen in öffentlichen Räumen seit einigen Jahren komplett verboten, selbstverständlich auch in Gastwirtschaften, es sind auch keine Raucherbereiche in geschlossenen Räumen mehr erlaubt. Das hat nicht nur die Belastung von Nichtrauchern enorm reduziert, sondern führt anscheinend auch allmählich zu einem Umdenken. Ich kann das natürlich nicht belegen, aber mein Eindruck aus dem Bekanntenkreis (in dem sich ja viele Raucher befinden) geht dahin, dass zunehmend mehr Raucher nicht mehr in ihren Wohnungen rauchen, und zwar nicht nur dann nicht, wenn Kinder oder Besuch da sind, sondern generell nicht. Heisst, ich kenne zunehmend Raucher-Haushalte in denen seit vielen Jahren nicht mehr geraucht wurde, weil die Raucher immer die Wohnung verlassen. Rein subjektiv: ich kann am Geruch der Wohnung nicht mehr erkennen, ob die Inhaber rauchen oder nicht … Das wäre dann entsprechend der Situation in Büros, in denen auch nie geraucht wird, in denen aber Raucher verkehren und über die Kleidung ebenfalls Schadstuffe eintragen, allerdings wahrscheinlich in ziemlich geringem Maße. Das wäre noch eine interessante Fragestellung.

    • #9 Joseph Kuhn
      7. Februar 2016

      Vielleicht im Hinblick auf das Thema Passivrauchbelastung (Secondhand Smoke!) von Kindern von Interesse: “Rauchen und Nichtrauchen in Bayern, Update 2015”, dort auch der Hinweis auf eine Studie von Bolte et al. (2015) zu den Auswirkungen der Nichtrau­cherschutzgesetzgebung auf die Tabakrauchbelastung von Kindern, wenn auch nur auf der Basis von Befragungsdaten.

      • #10 Peter
        7. Februar 2016

        @9: Danke!

  6. #11 Statistiker
    9. Februar 2016

    Ähmm, abgesehen von der Falschaussage im ersten Satz Ihres wie immer unwissenschaftlichen Beitrages:

    Erkennen Sie den Unterschied, falls wissenschaftlich überhaupt belegbar:

    99,9999999999 %
    99,999999999 %

    Dies, und nichts anders sagen Ihre Zahlen. Und jetzt denken Sie mal nach, Herr Kuhn, bevor Sie weiter lügen.

    • #12 Joseph Kuhn
      9. Februar 2016

      “Dies, und nichts anders sagen Ihre Zahlen.”

      Komisch, ich habe meine Zahlen gar nichts sagen hören. A propos, wo sind überhaupt meine Zahlen … eine 4 liegt neben dem PC, eine 11 ist mir an Fasching runterfallen und kaputtgegangen, irgendwo muss noch eine 8 sein …

      Was Ihre Kommentare über die letzten Jahre hin jedenfalls sagen: Beim Thema Tabak werden Sie regelmäßig sehr dünnhäutig bis hin zu einer intermittierenden explosiblen Symptomatik. Warum eigentlich?

  7. #13 TheMadman
    12. Februar 2016

    Dann geb ich auch mal meinen (unwissenschaftlichen) Senf dazu: Staub besteht ja zum Grossteil aus Hautresten, also Schuppen. Da könnte ich mir gut vorstellen, dass der Staub aus Tabakresten bzw. Vom Qualm schädliche Rückstände enthält. Zumindest kann ich mir schwer vorstellen, dass schädliche Stoffe sich brav verflüchtigen und nur harmlose Asche verbleibt.
    Dennoch wird der Schaden kaum nennenswert sein und die Ausdünstungen eines neu gekauften Möbelstücks dürften eher ins Gewicht fallen.
    Bin jedenfalls gespannt, ob dazu weitere Erkenntnisse folgen.

  8. #14 Bullet
    12. Februar 2016

    @Statistiker: Josephs erster Satz ist

    Dass Aktivrauchen das Leben spürbar verkürzt, bezweifelt heute niemand mehr, der bei klarem Verstand ist.

    Da du den als “Falschaussage” bezeichnest, bezweifelst du wohl die im ersten Satz getätigte Aussage.
    Und bist demzufolge nicht bei klarem Verstand.
    Unterschreib ich.

  9. #15 Dr. Schnitzler
    Deutsch Evern
    19. Mai 2016

    Sehr geehrter Herr Kuhn, sehr geehrte Diskutanten!

    Lassen Sie mich folgendes vorausschicken:
    1.
    Ich bin Arzt und Raucher, habe aber – auf mein Wort – mit Interessengruppen, insbesondere der Tabakindustrie, nicht das Geringste zu schaffen.
    2.
    Wenn zu meiner persönlichen Überzeugung ein einziger Mensch tatsächlich am „Passivrauch“ stürbe, würde und müsste ich mich – als Arzt – jeglicher Diskussion enthalten; das widerspräche zutiefst dem ärztlichen Eid und Ethos.
    3.
    Ich akzeptiere all die Berechnungen und Statistiken auch der Tabakkontrolle insoweit uneingeschränkt, als ich keine Kompentenz besitze, diesen irgendetwas entgegenzusetzen, und sie als „Risiken“ anerkenne. Allerdings befasse ich mich – schon aus beruflicher Notwendigkeit, siehe Versuche der Pharmaindustrie, uns ggf. „hinters Licht zu führen“ – ein wenig intensiver auch mit Statistik.
    4.
    Gerade aus beruflichen Gründen messe ich also die Dinge auch an der Realität.

    Dabei habe ich – erneut auf mein Wort – die vorhandene Literatur intensiv und – zugesichert: ergebnisoffen – gesichtet (nie und nimmer würde ich – allen voran – meiner eigenen Familie Schaden zufügen wollen!).

    Folgende Widersprüche fallen dabei aber auf, und sind selbst nach intensivem Schriftwechsel mit der Tabakkontrolle oder bspw. dem „nichtraucherschutz.de“ unerklärt:

    A)
    Es fehlt jeder Tatsachenbeweis für „Passivrauchtote“. Weltweit, seit Jahrhunderten. Keine einzige „Kasuistik“. Selbst das DKFZ widerspricht sich insoweit ganz fundamental, als (2005: Passivrauchen – eine unterschätzte Gefahr) angegeben wird, „Säuglinge sterben am Passivrauch“ (Seite 20), „sorgfältige Obduktionen“ (Seite 32) jedoch jegliches Fremdverschulden tatsächlich und „rechtssicher“ ausgeschlosssen wird (Todesursache „unbekannt“: ICD 10 Code R95.0, plötzlicher Kindstod mit Angabe einer Obduktion).

    Aber auch zu allen anderen „Todesfällen“ fehlt jeglicher Tatsachebeweis (S. 21: „Berechnungen“).

    Nun mag ja ein Forscher noch so felsenfest bspw. an die Existenz einer (seltenen) Pflanze glauben: so lange er nicht ein einziges Exemplar gefunden hat, muss die Sache offen bleiben.

    Verhält es sich also nicht so, dass – siehe Fall des angebliche gestorbenen Flüchtling in Berlin, Anfang des Jahres – „Risiken“ sehr wohl (jedenfalls in abstrakter Hinsicht) existieren, Tatsachen aber schlicht und einfach frei erfunden sind?

    So lange Statistik nicht „100%“ irrtumsfrei (1:20 ist nun wirklich nicht akzeptabel) beweisen kann, dass Menschen am Passivrauch sterben, ist es – wissenschaftlich gesehen – eine Frage des „Glaubens“, eben kein „Wissen“. Oder gibt es einen (zum Vergleich) „DNA-Test“, der die Schuld oder Unschuld des Passivrauchs zweifelsfrei sichern oder ausschließen könnte?

    B)
    Es fehlt der reproduzierbare Nachweis, dass „Nichtraucher“ (und ganz allein darum darf es gehen) durch Rauchverbote weniger sterben; eine einzige Studie aus 2007 konnte das ja durchaus zeigen. Wissenschaft bedeutet aber doch Wiederholbarkeit (es gibt viele andere Beispiele für nicht wiederholbare Sachverhalte, bspw. die „Lyon-Heart-Study“, Senkung von Herzinfarkten durch Margarine).

    CONCLUSIO
    So lange diese Fragen aber unbeantwortet bleiben: muss ich es mir gefallen lassen, ALLÜBERALL das Rauchen „verboten“ zu bekommen? Habe ich nicht das Recht, an BESTIMMTEN Orten, bspw. EINZELNEN Raucherlokalen, Hotelzimmern oder Bahnabteilen, rauchen zu dürfen?

    Bin ich etwa kein achtenswerter Mitmensch und Mitbürger?

    Darf man etwa bspw. das Skifahren wegen der – doch wohl unbestreitbaren – hohen persönlichen gesundheitlichen Risiken untersagen?

    Ist es nicht als blanke Verhöhnung und wenigstens indirekte Diskreditierung höchst ehrenwerter Mitbürger, nämlich der Raucher als Individuen, aufzufassen, wenn von einer „Verringerung der sozialen Akzeptanz des Rauchens in Anwesenheit von Dritten“ (DKFZ 2016) die Rede ist?

    Darf man etwa die Raucher als Individuen in die Nähe der Tabakindustrie stellen, vgl. PKW-Besitzer mit „Dieselgate“?

    Ist es sonst etwa üblich oder zulässig, bspw. bestimmte Demonstrationen GANZ UND GAR zu verbieten? Oder genügt nicht die räumliche Trennung, bspw. sich widersprechender Demonstranten, um dem Recht beider Seiten gerecht zu werden?

    • #16 Joseph Kuhn
      19. Mai 2016

      “Ich akzeptiere all die Berechnungen und Statistiken auch der Tabakkontrolle insoweit uneingeschränkt, als ich keine Kompentenz besitze, diesen irgendetwas entgegenzusetzen”

      Dann bleiben Sie doch auch dabei, zumal der Rest Ihres Kommentars in der Tat nicht auf vertiefte Kompetenz beim Thema Passivrauchen schließen lässt.

      “Dabei habe ich – erneut auf mein Wort – die vorhandene Literatur intensiv und – zugesichert: ergebnisoffen – gesichtet”

      Nie und nimmer. Die vorhandene Literatur zum Passivrauchen ist so umfangreich, dass man sie nicht einfach mal so “sichten” kann. Allein der Suchbegriff “passive smoking” liefert bei Pubmed 3.400 Treffer.

      Es fehlt jeder Tatsachenbeweis für „Passivrauchtote“.

      Was soll ein “Tatsachenbeweis” sein? Eine Leiche, bei der der Tod höchstpersönlich den Sterbefall als passivrauchbedingt beurkundet?

      “So lange Statistik nicht „100%“ irrtumsfrei (…) beweisen kann, dass Menschen am Passivrauch sterben”

      Solche Beweise gibt es in den empirischen Wissenschaften prinzipiell nicht, solche unerfüllbaren Forderungen gehören zum klassischen Handwerkszeug des Denialismus.

      “Bin ich etwa kein achtenswerter Mitmensch und Mitbürger?”

      Woher soll ich das wissen? Ich kenne Sie nicht.

      “Darf man etwa die Raucher als Individuen in die Nähe der Tabakindustrie stellen”

      Wer tut das?

      “muss ich es mir gefallen lassen, ALLÜBERALL das Rauchen „verboten“ zu bekommen?”

      Das Rauchen ist nicht verboten.

      “genügt nicht die räumliche Trennung, bspw. sich widersprechender Demonstranten, um dem Recht beider Seiten gerecht zu werden?”

      Ja, deswegen ist das Rauchen aus Gründen der Vorsorge gegenüber Dritten, z.B. Kindern, Schwangeren usw., in öffentlichen Räumen verboten. Das ist eine gesellschaftlich inzwischen mehrheitlich akzeptierte Risikobewertung. Wenn Sie anderer Meinung sind, engagieren Sie sich bei der Tabaklobby, das ist Ihr gutes Recht, aber verschonen Sie den Blog hier bitte damit, zumal wenn Sie es aus dem Schutz der Anonymität heraus tun. Ansonsten will ich zumindest ich Ihnen das Rauchen nicht vermiesen, wenn Sie ein “achtenswerter Mitmensch und Mitbürger” sind, rauchen Sie da, wo es niemand anders stört oder potentiell schädigt und genießen Sie es, solange Sie es gesundheitlich noch können.

  10. #17 Dr. Schnitzler
    Deutsch Evern
    19. Mai 2016

    Sehr geehrter Herr Kuhn,

    Danke für die Replik.
    Keine Antwort ist auch eine.
    Wer einem gestandenen Facharzt nichts weiter zu bieten hat als Beschimpfung und Unterstellungen, fühlt sich wohl getroffen.
    Auch Ihnen alles Gute.
    Name und Adresse erneut oben.

  11. #18 Dr. Schnitzler
    19. Mai 2016

    PS: Die unter “Denialismus” aufgeführten Beispiele lassen sich sehr wohl unterscheiden, Stichwort “kontrafaktisches Konditional”: in einer Welt ohne das HI-Virus gäbe es kein AIDS, ohne Tabak sehr wohl Lungenkrebs usw.
    Und Mehrheiten können dennoch irren, siehe Galilei.

    Das soll es aber nun gewesen sein.
    Hochachtungsvoll
    A. Schnitzler

  12. #19 Dr. Schnitzler
    19. Mai 2016

    (Ärger)
    PPS:
    Was ist eigentlich der Sinn eines solchen Blogs, wenn nicht Pro und Contra kritisch diskutiert werden dürfen, man den Schwanz einzieht und den Fragesteller herausschmeißt, sobald mal wirklich kritische Fragen kommen?

    Mit Verlaub: das ist schlicht und einfach feige.

    Ich hatte erkennbar sachlich argumentiert und will mich umfassend kundig machen. Sympathien gewinnt man so nicht. Suhlen im eigenen Saft ist unwissenschaftlich. Schwache Argumente niederzumachen ist kein Ruhmesblatt.

    Wenn Sie dementgegen aber den Eindruck erwecken wollen, seriös zu argumentieren, ist solches Verhalten obsolet. Dann schreiben Sie doch gleich, dass Sie – außer am grünen Tisch – nicht die geringste Ahnung haben, wovon wir hier wirklich reden, und einfach nur herumstänkern wollen. DAS wäre ehrlich. DAMIT hätten Sie vielleicht nicht gerade meine Sympathie, aber wenigstens meinen Respekt. Aber so?
    (/Ärger)

    Ich zitiere hier abschließend – pars pro toto – aus einem medizinischen Lehrbuch (Singer et al. 2010, Alkohol und Tabak, Thieme Verlag, Seite 23; Hervorhebungen vom Unterzeichner):

    “Eine “tabakfreie Welt” wird es freilich nicht geben. Eine seit einem halben Jahrtausend in der Pharmakologie des Alltags verankerte Substanz lässt sich nicht abschaffen, sondern lediglich einhegen. (…) Es kam zu einer Überdehnung der Argumente, der Sprache und der Mittel, was eine Lawine nichtintendierter Effekte auslöste. Dies lässt auch die derzeitigen Erfolge im “Krieg” gegen den Tabak als im Innersten fragil erscheinen; langfristig könnte also ein herber Rückschlag drohen. (…)

    Riskant wird ein Überschuss des Wollens über das Wissen auch dann, wenn sich die Politik von Daten abhängig macht (etwa über das Passivrauchen oder die gesamtgesellschaftlichen Kosten des Rauchens), die – trotz gegenteiliger offizieller Bekundungen – in der heutigen Forschung stark umstritten sind und morgen wohlmöglich als obsolet gelten (…).

    Dies setzt die Legitimität der gesamten Forschung aufs Spiel und damit einer als wertfrei deklarierten Kontrollpolitik, die das Rauchen nicht mehr als Sünde oder als Belästigung bekämpft, sondern sich auf objektivierte Sachzwänge beruft. Geraten nur einige davon ins Wanken, können Restriktionen, die derzeit noch mehrheitlich begrüßt werden, als Paternalismus empfunden werden und wieder eine Resistenzhaltung provozieren, die sich der tradierten Symbolik des Tabaks als Zeichen gegen Bevormundung bedient. (…)”

  13. #20 Dr. Schnitzler
    19. Mai 2016

    PPPS:
    Wenn ich als Arzt nur kranke Raucher als “Kundschaft” hätte, wäre (nicht nur) meine Praxis nahezu leergefegt (soviel zu Ihrer völlig ins Leere gehenden Häme: “solange Sie es gesundheitlich noch können”).

    Was für ein überheblicher, realitätsfremder Unfug.

  14. #21 Joseph Kuhn
    19. Mai 2016

    Beim Amazon ist unter dem Namen “Andreas S.” ein ziemlich ähnlicher Rant als Rezension zu Singers Buch zu finden:
    https://www.amazon.de/Alkohol-Tabak-Folgeerkrankungen-Manfred-Singer/dp/3131625716.

    Ob Sie nun “Andreas S.” oder “Dr. Schnitzler” oder “Andreas Schnitzler” heißen: Man wird ernst genommen, wenn man ernstzunehmende Argumente bringt, nicht wenn man da und dort im Netz Phrasen aus dem Wörterbuch der Tabaklobby absetzt oder meint, als “gestandener Facharzt” sowieso auf ernstzunehmende Argumente verzichten zu können – falls Sie überhaupt Arzt sind.

  15. #22 Dr. Schnitzler
    19. Mai 2016

    Was bitte ist an der Frage nach Fakten nicht ernst zu nehmen?

    Oder wollen Sie nicht wahrhaben, dass alle Pathologen weltweit auch den “Passivrauch” als Todesursache rechtsverbindlich ausschließen, und genau deswegen m. W. noch nie jemand wegen “totqualmen” verurteilt wurde, sehr wohl hingegen wegen “totschütteln”?

    Nochmals: Risiken sind unbestritten, die Behauptung einer vollendeten Tatsache ist hingegen “wider besseres Wissen”. Das muss einem redlichen Menschen doch die Schamesröte ins Gesicht treiben.

    Und nochmals: ich distanziere mich vollumfänglich von jeglichen Fremdinteressen (bitte nehmen Sie das endlich zur Kenntnis; und hatte ich nicht ausdrücklich darum gebeten, nicht in die Nähe der Tabakindustrie gestellt zu werden?). Dass ich Arzt bin: spielt das für die Frage nach der Objektivität eine Rolle (Kompetenz sollte durch Argumente überzeugen, nicht durch Titel)?

    • #23 Joseph Kuhn
      19. Mai 2016

      “Was bitte ist an der Frage nach Fakten nicht ernst zu nehmen?”

      Die Frage nach Fakten ist ernst zu nehmen, man muss die Fakten aber auch zur Kenntnis nehmen. Sie leiten Ihren Rant mit der Bemerkung ein, dass Sie alle Berechnungen und Statistiken auch der Tabakkontrolle uneingeschränkt akzeptieren würden (warum eigentlich, das ist nun wirklich Unsinn), um dann gegen den wissenschaftlichen Konsens das ganze Repertoire der Tabaklobby abzuspulen. Das kann ich nicht ernstnehmen.

      Risiken sind unbestritten, die Behauptung einer vollendeten Tatsache ist hingegen “wider besseres Wissen”.

      Ein Nonsense-Satz. Risiken werden anhand von Tatsachen berechnet, z.B. was die Exzessmortalität angeht, was ein geringeres Geburtsgewicht von Kindern aus Raucherfamilien angeht, was erhöhte Raten an Atemwegserkrankungen angeht usw. – ich bin sicher, Sie kennen das, aber die “Frage nach Fakten” interessiert Sie nicht, wo die Fakten Ihrer Meinung zuwiderlaufen.

      “Dass ich Arzt bin: spielt das für die Frage nach der Objektivität eine Rolle (…)?”

      Nein. Sie haben den “gestandenen Facharzt” ins Spiel gebracht. Dass Ärzte in dem Zusammenhang nicht objektiver sind als alle anderen Menschen, zeigen Fälle wie Herr Grieshaber & Co. zur Genüge.

  16. #24 Alexander
    19. Mai 2016

    @Joseph Kuhn, #21: Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass es sich um diese Person handelt:

    https://www.andreas-schnitzler.de/passivrauchen.htm

    • #25 Joseph Kuhn
      19. Mai 2016

      @ Alexander:

      Ja, der gleiche Sprachduktus und die gleichen Argumente. Sollen wir ihn fragen, was er von Gender Studies hält? 😉

  17. #26 Dr. Schnitzler
    19. Mai 2016

    Bitte lesen Sie genau. Es geht um “Todesfälle”, deren Existenz nicht erwiesen ist. Geburtsgewicht etc. sind Surrogatparameter, die sehr wohl Risiken kennzeichnen, aber eben keine eigene Todesursache.

    Und könnten Sie freundlicherweise sachlich bleiben? Sind wir hier nicht in einem Wissenschaftsblog?

    • #27 Joseph Kuhn
      19. Mai 2016

      “Und könnten Sie freundlicherweise sachlich bleiben? Sind wir hier nicht in einem Wissenschaftsblog?”

      Sie sind in einem Wissenschaftsblog, aber nicht in einem Blog, in dem jeder seine Propaganda absetzen kann und dann mit freundlicher Nachsicht rechnen darf. Den Gegenwind müssen Sie schon aushalten, niemand zwingt Sie, hier zu kommentieren.

      Zur “Existenz” der Todesfälle habe ich mich schon in meinem ersten Kommentar geäußert. Das Argument, es gäbe keinen einzigen Toten, bei dem im Leichenschauschein “Passivrauchen” stehe, ist ein Standardargument der Tabaklobby. Sie können sich gerne von der Tabaklobby distanzieren, es bleibt trotzdem ein Stück aus deren Repertoire. Die Berechnung der passivrauchassoziierten Sterbefälle beruht auf dem Vergleich passivrauchbelasteter und -unbelasteter Kollektive, es geht um eine statistische Exzessmortalität. Wie belastbar die Grundlage für die berühmten 3300 Passivrauchtoten des DKFZ ist, darüber kann man wie über jede epidemiologische Studie streiten. Was wäre denn für Sie ein über jeden Zweifel erhabener Nachweis?

      Noch was, als Vergleich. Da Sie ja vermutlich eben jener Dr. Schnitzler sind, auf dessen Beitrag “Alexander” verlinkt hat: Gehen Sie als Diabetologe davon aus, dass Adipositas ein Risikofaktor für Diabetes mellitus Typ 2 ist? Und das Ergebnis “echte” Fälle sind? Akzeptieren Sie hier epidemiologische Studien?

  18. #28 Alexander
    19. Mai 2016

    @Joseph Kuhn:

    Sollen wir ihn fragen, was er von Gender Studies hält?

    Wird eigentlich beim Verfassen von Gender Studies viel geraucht? (Ich habe da so eine Ahnung …) 😉

  19. #29 Dr. Schnitzler
    19. Mai 2016

    Tatsachenbeweise sind bekanntlich Feststellungen sachlicher Art. Bspw. achten die Pathologen auf (bekannte) Veränderungen auch durch den Passivrauch, lt. DKFZ 2005 (S. 32) bspw. Veränderungen der Atemwege. Wenn sie dennoch eine “unbekannte Todesursache” auf dem Totenschein vermerken, ist also der Sache nach ausgeschlossen, dass der “Passivrauch” die konkrete Todesursache war (alles andere wäre ggf. so etwas wie Strafvereitelung im Amt).

    Bitte erklären SIE mir das.

  20. #30 Dr. Schnitzler
    19. Mai 2016

    Zur zweiten Frage: selbstverständlich ist Adipositas ein Risiko für Diabetes. Die Kritik richtet sich nicht gegen epidemiologische Aussagen per se, sondern gegen zu weit gehende Schlussfolgerungen: wir EMPFEHLEN Gewichtsreduktion, VERBIETEN aber nichts.

    Lassen Sie mich die Grenzen der Epidemiologie aus meiner Sicht an einem anderen Beispiel erläutern: bspw ist Promiskuität ein herausragendes Risiko für AIDS. Niemand wird aber bei klarem Verstand behaupten, damit die URSACHE gefunden zu haben; das kann die Epidemiologie ihrem Wesen nach nicht leisten, dazu bedarf es klinischer Forschung. DAS wollte ich mit dem “DNA-Test” sagen.

  21. #31 Dr. Schnitzler
    20. Mai 2016

    Das Beispiel “Diabetes” ist übrigens gut gewählt und hoffentlich auch für die Mitleser nicht uninteressant.

    Also: dass Adipositas (Übergewicht) und Diabetes (Zuckerkankheit bei bestimmten Menschen) eng “korrelieren” (zusammenhängen), ist völlig klar. Das bedeutet jedoch längst nicht, das jeder Übergewichtige Diabetes bekommt (es gibt ganz im Gegenteil auch “healthy obese”, “gesunde Dicke”), genau so wie es schlanke Diabetiker gibt. Ebenso bedeutet das nicht, dass “jeder” Mensch profitiert, wenn er abnimmt; meist ist dieser Nutzen auf max. 3-5 Jahre begrenzt (man bedenke die Lebenszeit!), danach tritt meist die genetische Veranlagung wieder in den Vordergrund.

    Statistisch ist es also gut begründbar, zu sagen, eine bestimmte (Unter-) Gruppe Betroffener würde evtl. 3-5 Jahre Lebenszeit gewinnen, wenn sie abnehmen würde (“vermeidbare” Todesfälle gibt es natürlich immer nur für einen bestimmten, eng begrenzten Betrachtungszeitraum). Volkswirtschaftlich wäre es natürlich (wenigstens vorläufig) ohne jede Frage nützlich, wenn möglichst viel Menschen abnehmen.

    Etwas völlig anderes ist es aber, “gesetzliche Konsequenzen” zu fordern, bspw. eine Art “Dickensteuer”.

    Dazu müßte eine “Kausalität bewiesen” sein. Dies ist aber längst nicht der Fall, wie die intensive Ursachenforschung zeigt (Fachliteratur!). Viele Faktoren wie die oben erwähnte Genetik spielen hier hinein. Oder was wäre mit kranken Menschen, bspw. Rheumatikern, die sich nicht “sportlich” betätigen können, usw. usf.?

    Der Hinweis zielte natürlich darauf ab, zu beweisen, dass ein Risikofaktor konkrete Fälle bewirkt. Die Antwort lautet also ganz klar: NEIN. Eine „Ursache“ ist mit der „Korrelation“ natürlich in keiner Weise bereits „bewiesen“ (siehe Promiskuität und AIDS, aber auch frühere Irrtümer zwischen „peptischen Ulcera“, Magen-Darm-Geschwüren, und Rauchen, heutzutage als bestimmte Schutzfaktoren der Magenwand bzw. Helicobacter identifiziert).

    Die Epidemiologie kann uns Klinikern also immer nur (ausdrücklich: wertvolle!) Hinweise geben, WO etwas zu suchen ist (Lungenkrebs BEI Rauchern, Diabetes BEI Adipösen, AIDS BEI Promiskuität, Darmkrebs BEI Fleischessern), niemals aber konkret die Frage beantworten, WAS denn nun ganz genau die Ursache ist.

    Eine Ursache – im streng klinischen Sinne – ist aber derjenige Faktor, dessen Auswirkung völlig verschwindet, wenn dieser Faktor entfällt (bspw. Pocken). Diabetes “verschwindet” aber nicht, selbst wenn alle Menschen abnehmen müssten, genau so wenig wie AIDS, wenn der ungeschützte GV verboten würde, auch wenn sich fraglos die (zeitbezogene) Anzahl verringern würde. Die Suche nach der – wirklichen – Ursache muss also weitergehen.

    Um zum Ausgangspunkt (Todesgefahr durch Passivrauchen) zurückzukehren, spielt also die Frage, OB denn nun die Anzahl der “Passivrauchtoten” zurückgeht, durchaus keine völlig unwesentliche Rolle, wenn man – nicht nur in rechtlicher Hinsicht – den Risikofaktor akzeptieren soll. Wenn es schon – offensichtlich einvernehmlich – keinen einzigen konkret nachweisbaren Todesfall gibt (ja sogar den tatsächlichen Beweis des Gegenteils), dann doch wenigstens einen Rückgang, der über jeden Zweifel erhaben ist.

    Wohlgemerkt: die Gefahr für Raucher steht fest; das fällt aber unter das “Recht auf Unvernunft”, genau so wie Skifahren.

    Beweispflichtig ist aber derjenige, der den Stein ins Rollen gebracht hat (Tabakkontrolle). Nicht der Benachteiligte (Raucher als Individuum).

  22. #32 Dr. Schnitzler
    20. Mai 2016

    CONCLUSIO:
    Irgendeinen Beweis muss es doch geben.
    Also: man identifiziert einen bestimmten Risikofaktor, bspw. Cholesterin.
    Entweder zeigt man nun konkrete Fälle. Verstanden, das geht nicht (vgl. auch Cholesterin und CVD).

    Oder aber man zeigt eine klare und eindeutige Reduktion unerwünschter Ereignisse, bspw. Herzinfarkte.

    Wenn BEIDES aber völlig fehlt: würde ein Arzneimittel seine Zulassung behalten dürfen?

  23. #33 Peter
    20. Mai 2016

    “Eine Ursache – im streng klinischen Sinne – ist aber derjenige Faktor, dessen Auswirkung völlig verschwindet, wenn dieser Faktor entfällt (bspw. Pocken). ” Nach meinem Verständnis kann das ausschließlich dann der Fall sein, wenn die Auswirkung genau eine Ursache hat. Sobald wir von zwei oder mehreren Ursachen ausgehen, wird der Satz Unsinn.

    Ich bin kein Kliniker, kann also nicht beurteilen, ob Kliniker das tatsächlich so sehen. Ich glaube das allerdings nicht. Sie sollten diese Behauptung dringend belegen, und zwar am besten anhand der Standard-Literatur klinischer Forschung. Müssen Krankheiten tatsächlich genau eine und ausschließlich nur diese eine Ursache haben?

    In den wissenschaftlichen Bereichen, die mir zugänglich sind, ist das eine unzulässige Einschränkung von Ursache und Wirkung, die zu unsinnigen Schlussfolgerungen führt. Beispiel: Wind kann keine Ursache von Erosion sein, weil Erosion nicht verschwindet, wenn kein Wind weht. Wasser kann auch keine Ursache von Erosion sein, weil die Erosion nicht verschwindet, wenn es kein Wasser gibt. Auch die Sonne kann keine Ursache sein, weil die Erosion nicht verschwindet, wenn die Sonne nicht scheint. Und Frost kann ebenfalls keine Ursache sein, weil …

    Sobald es mehr als zwei Einflussgrößen gibt, landen wir immer bei der Schlussfolgerung, dass es keine Ursache gibt.

    Tut mir leid, aber je länger und obsessiver Sie hier “argumentieren”, desto unlogischer klingt alles.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Crackpot

  24. #34 Dr. Schnitzler
    20. Mai 2016

    EINE Ursache – EINE Wirkung, greift ggf. natürlich zu kurz. Sie haben Recht, es könnte mehrere Ursachen für ein und dieselbe Folge geben (bspw. Lungenkrebs). Dennoch kann doch nicht völlig fehlender Erfolg damit erklärt werden: entweder ist der Faktor bedeutsam, dann sollte sich ein Effekt einer Intervention nachweisen lassen. Oder es gibt gar keinen Effekt: dann steht aber der Faktor in Frage.
    Bezogen auf Ihr Beispiel: entfällt der Wind, müsste sich zumindest ein proportionaler Rückgang nachweisen lassen. Entfällt das Passivrauchen, …

  25. #35 Joseph Kuhn
    20. Mai 2016

    “Bitte erklären SIE mir das.”

    1. Normalerweise landet jemand, dessen vorzeitiges Ableben durch eine Passivrauchbelastung befördert wurde, nicht beim Pathologen.
    2. Der Arzt, der normalerweise die Todesbescheinigung aussstellt, trägt darauf, wenn er es ordentlich macht, eine Kausalkette von Diagnosen ein, z.B. Diabetes …. Herzinfarkt. Passivrauchen ist keine Diagnose, so wenig wie Bewegungsmangel oder fettes Essen als Ursache bei einem an Herzinfarkt Verstorbenen auf der Todesbescheinigung auftauchen.
    3. Der Arzt, der die Todesbescheinigung ausstellt, kann den Einfluss einer Passivrauchbelastung so wenig sehen wie den des Bewegungsmangels: beides sind Risikofaktoren, die in epidemiologischen Studien ermittelt wurden.
    4. Sie argumentieren: Wenn ich das statistisch ermittelte Risiko für eine Exzessmortalität durch Passivrauchen an keinem einzelnen Sterbefall direkt sehen kann, dann gibt es keine passivrauchbedingten Sterbefälle. Merken Sie was?

    “das kann die Epidemiologie ihrem Wesen nach nicht leisten, dazu bedarf es klinischer Forschung”

    Auf der physiologischen Ebene Kausalitäten zu untersuchen, ist auch nicht Aufgabe der Epidemiologie. Zu den gesundheitlichen Wirkungen des Tabakrauchs gibt es aber nicht nur epidemiologische Studien, sondern jede Menge “harter” Biomedizin, sogar tierexperimenteller Art.

    “dann doch wenigstens einen Rückgang, der über jeden Zweifel erhaben ist.”

    Sie würden gerne in epidemiologischen Studien den Rückgang der – ohnehin nur grob zu schätzenden – Exzessmortalität beim Passivrauchen sehen? Überlegen Sie mal, was das bei den geschätzten 3300 zusätzlichen Sterbefällen angesichts von ca. 870.000 Sterbefällen jährlich an Messgenauigkeit in den Basisstudien, an Kontrolle des statistischen Rauschens und Kontrolle von Confoundern voraussetzen würde, noch dazu, wo ein Teil der Sterbefälle rechnerisch auf Krebserkrankungen mit ihren langen Entwicklungszeiten entfällt. Deswegen versuchen ja manche, die gesundheitlichen Wirkungen von Rauchverboten an den zahlreicheren Krankenhausfällen infolge von Herzinfarkten festzumachen und selbst das gelingt nicht wirklich gut.

    die Gefahr für Raucher steht fest; das fällt aber unter das “Recht auf Unvernunft”

    Deswegen ist das Rauchen ja auch nicht verboten, wie Sie immer wieder suggerieren, sondern nur das Rauchen in öffentlichen Räumen, um Dritte zu schützen, und zwar aufgrund des (an statistischen Risiken orientierten) Vorsorgeprinzips, nicht anhand des zweifelsfreien Nachweises von Effekten im persönlichen Einzelfall. Das ist, ich sagte es schon, der derzeit gesellschaftlich mehrheitlich gewollte Umgang mit diesem Risikofaktor.

    “es könnte mehrere Ursachen für ein und dieselbe Folge geben (bspw. Lungenkrebs)”

    Steht für Sie jetzt auch noch die kausale Rolle des Tabakrauchs für Lungenkrebs zur Disposition, nur weil es auch Lungenkrebsfälle bei Nichtrauchern gibt?

    “keinen einzigen konkret nachweisbaren Todesfall gibt (ja sogar den tatsächlichen Beweis des Gegenteils”

    Wie ist das mit dem “Gegenteil” jetzt gemeint? Rauchen fördert Langlebigkeit, Beweis Helmut Schmidt?

    Sie haben nun über viele Kommentare Ihre Überzeugungen ausgebreitet, mit denen Sie seit Jahren durch’s Land ziehen. Mit dem ursprünglichen Blogthema haben Ihre Kommentare nichts zu tun, dazu haben Sie nichts gesagt (nebenbei: dort geht es nicht um eine epidemiologische Studie). Sie stellen rhetorische Fragen, aber Antworten wischen Sie mit den üblichen Tabaklobbysprüchen beiseite, d.h. Ihre Überzeugung, dass Passivrauchen keine ernsten Folgen haben kann, insbesondere dass es keine tödlichen Folgen geben kann, steht fest. Was also wollen Sie hier eigentlich?

    Sie mögen das als “gestandener Facharzt” wieder als Majestätsbeleidigung betrachten, aber mir ist nicht bekannt, dass Sie einen Namen in der Forschung zum Thema Tabakkonsum haben und Sie diskutieren hier in einer Weise, wie es Herr Grieshaber nicht besser machen könnte. Also verschonen Sie uns doch mit Ihren Missionierungsversuchen, es gibt genug Stammtische im Internet, an denen Sie sich austoben können. Sie dürfen dort auch gerne sagen, dass hier auf Scienceblogs keine Diskussion zum Thema Passivrauchen gewünscht ist, so würden es zumindest Grieshaber & Co. machen.

  26. #36 Dr. Schnitzler
    20. Mai 2016

    Danke für die Offenheit.

    1. Es gibt also keinen nachprüfbaren Beweis für “Passivrauchtote”.

    2. Ferner gibt es keinen nachprüfbaren Beleg für einen Rückgang durch Rauchverbote.

    “Grobe Schätzungen”: woher sollen wir also wissen, dass es sicher mehr als “NULL” sind, wenn o.g. Bedingungen nicht zutreffen (=> Falsifizierung der Nullhypothese)?

    Das wollte ich wissen. Nicht mehr und nicht weniger.

    Meine Reputation? Von mir aus wie in “Des Kaisers neue Kleider”: ein (einziges) Kind. Reicht doch. Ist Objektivität an Personen bzw. Institutionen gebunden? Ich anerkenne Ihre Argumente genau so wie die der Gegenseite, wenn sie denn einer Nachprüfung standhalten. Alles andere sind Standpunkte, die jeder – in allen Ehren – für sich vertreten kann. Mir geht es nicht um “alles oder nichts”, sondern “hier die einen, da die anderen” (man nennt das “Toleranz”, ein leider schwindendes Gut).

    “Missionierung”? Reden wir hier etwa doch über “Glaubensfragen”? Ich finde es schon erschütternd, wie wenig (haltbare) Antworten es auf sachliche Fragen gibt.

    Und: Rauchverbote betreffen mich durchaus ganz persönlich. Tag für Tag. Ohne Einwand, wenn es denn Tatsachen entspräche. So aber nicht. Ich würde gerne mal wieder mit der Bahn fahren. Diese Demütigung tue ich mir aber nicht an: Hunde und Raucher verboten (ach nein: Hunde sind ja erlaubt).

    “Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden”, soll Rosa Luxemburg gesagt haben. “Mehrheiten” können sich ändern. Schau’n mer mal.

    Sorry für “off topic”. Aber “third hand smoke” ist ja noch eine Steigerung von “second hand smoke”: das erinnert allmählich (subjektiv) an den “bösen Blick”.

  27. #37 Joseph Kuhn
    20. Mai 2016

    Es gibt also keinen nachprüfbaren Beweis für “Passivrauchtote”

    Sie haben wirklich Chuzpe, einem das Wort total im Mund herumzudrehen. Sie werden verstehen, dass mir meine Zeit zu schade ist, weiter mit einem derart üblen Tabakpropagandisten zu “diskutieren”.

    Ferner gibt es keinen nachprüfbaren Beleg für einen Rückgang durch Rauchverbote.

    Das hat auch nie jemand behauptet.

    Weiterhin viel Spaß beim Spagat zwischen Lobbyarbeit und ärztlichen Ethos, letzteres ist ja ziemlich biegsam.

  28. #38 Dr. Schnitzler
    21. Mai 2016

    Ein Letztes: ich verwahre mich in aller Form gegen jegliche Andeutung gegen mein ärztliches Ethos. Unter Beachtung der Präambel sind derartige Unterstellungen haltlos.

    • #39 Joseph Kuhn
      21. Mai 2016

      Tun Sie das. Dies ist der einzige Kommentar von Ihnen, den ich aus dem Spamfilter hole. Es ist alles gesagt.