Sie wissen nicht, was ein „Mausdoadschmatzer“ ist? Die Leute in Niederbayern, also die Ureinwohner der Südostecke Bayerns, bezeichnen damit jemanden, der einen oder etwas mausetot redet. So ähnlich kommt mir langsam der akademische Betrieb der Sozialepidemiologie vor. Jahrein jahraus produziert sie Studien, die zeigen, dass die unteren Sozialstatusgruppen bei fast allen Krankheiten und vielen Risikofaktoren stärker betroffen sind. Sie haben mehr Depressionen, sie rauchen häufiger, sie kriegen öfter einen Herzinfarkt, sie sterben früher. Nichts Neues, das kennt man seit mehr als 200 Jahren. Regt es eigentlich noch jemanden auf?
Tonnenweise gibt es dazu Nachweise, Generationen von Studierenden machen dazu ihre Abschlussarbeiten, auch in den amtlichen Gesundheitsberichten gehört das Thema längst zum Inventar und das kürzlich in Kraft getretene Präventionsgesetz verpflichtet die Krankenkassen verwaltungstechnisch nüchtern sogar zur „Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen“. Aber spricht man in der Sozialepidemiologie vernehmbar über die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ursachen, oder sagt gar jemand „Empört Euch!“? Die Trumps dieser Welt scheinen mir jedenfalls nicht die richtige „voice“ für dieses Thema zu sein.
Nächstes Jahr, am 16. Und 17. März, findet in Berlin wieder der Kongress „Armut und Gesundheit“ statt. Zum 22. mal. Man kann ab sofort Beiträge einreichen. Bleibt zu hoffen, dass auch welche dabei sein werden, die aufrütteln, die unbequem sind, den Finger in die Wunde legen. Damit es nicht ein Kongress der Mausdoadschmatzer wird.
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