Mit der E-Zigarette ist das so eine Sache. Gesundheitsförderlich ist sie zwar sicher nicht, aber je nachdem, was da verdampft wird und wie sicher die Apparate sind, sind die Gesundheitsschäden durch das „Dampfen“ deutlich geringer als beim Rauchen von Tabak. Daher empfehlen manche Fachleute die E-Zigarette sogar regelrecht als kleineres Übel. Allerdings ist die Evidenz zur Rolle der E-Zigarette bei der Raucherentwöhnung schwach, und dazu, wie sie sich auf die künftigen Rauchgewohnheiten Jugendlicher auswirkt, noch schwächer.

Für die Tabakindustrie ist die E-Zigarette jedenfalls schon lange ein vielversprechendes Geschäftsfeld geworden, fast möchte man sagen, die E-Zigarette stellt für sie eine Ausstiegshilfe dar. Die Ärztezeitung zitiert heute anlässlich der Einführung einer neuen E-Zigarette durch Philip Morris in Großbritannien den Vorstandchef des Konzerns, André Calantzopoulus, mit einem frappierenden Satz zum Ende aller Tabaktage: “Ich hoffe, dieser Zeitpunkt wird bald kommen”. Ob er das wirklich so gesagt hat? Vielleicht sagte er auch nur, womit er ein paar Zeilen später zitiert wird: “Ich glaube, dass schon bald der Zeitpunkt kommen wird, an dem wir das Ende der Zigaretten-Ära einläuten werden”. Das wäre ja auch noch eine überraschende Ansage. Verfolgt nun nach der Weltgesundheitsorganisation auch die Tabakindustrie eine „Endgame-Strategie“?

Kommentare (20)

  1. #1 roel
    *******
    30. November 2016

    @Joseph Kuhn hier das Original: https://www.bbc.com/news/business-38152297

  2. #2 Kassandra
    1. Dezember 2016

    Verfolgt nun nach der Weltgesundheitsorganisation auch die Tabakindustrie eine „Endgame-Strategie“?

    Ich wundere mich, warum Sie das so überrascht. Warum sollte die Tabakindustrie nicht auf ein Produkt umsteigen wollen, mit dem sich für sie ebenso gutes oder vielleicht sogar besseres Geld als mit Zigaretten verdienen lässt? Die wollen auch nur in Frieden ihrem Geschäft nachgehen, so wie andere Industriezweige auch. In den letzten zwei, drei Jahrzehnten musste kein Industriezweig, Energiekonzerne mit Schwerpunkt auf Atomkraft nicht ausgenommen, so viele Regulierungen und nebenbei eine solche Dämonisierung hinnehmen wie die Tabakindustrie. Mir fällt spontan auch kein anderer Industriezweig ein, an dessen Adresse die immer wiederkehrende Kernbeschuldigung lautet, er habe sich immer noch nicht aus eigenem Antrieb selbst aufgelöst.

    Wenn Sie mich fragen: Philip Morris will einstweilen vermutlich nur erst einmal den Fuß in dieser Tür haben. Rings um die E-Zigarette hatte sich ja ein komplett neuer Hersteller- und teils auch Vertriebskreis entwickelt, was sich komischerweise bislang kaum herumgesprochen hat, denn ich lese regelmäßig Berichte in der Zeitung, in denen E-Zigaretten in einem Atemzug mit der Tabakindustrie genannt werden. In Wirklichkeit ist das jetzt erst der Einstieg der Tabakindustrie in diesen Markt.

    Jetzt bin ich vor allem neugierig darauf, was die WHO dazu meint, denn die hasst E-Zigaretten ja nicht weniger als normale Zigaretten. Sollte sie bei dieser Sicht bleiben und sich mit ihr durchsetzen, lohnt sich ein Umstieg für Philipp Morris natürlich nicht, und dann wird diese Initiative ebenso schnell wieder einschlafen, wie das auch dann geschehen wird, falls die Raucher das neue Produkt nicht genug annehmen.

    • #3 Joseph Kuhn
      1. Dezember 2016

      @ Kassandra:

      “In Wirklichkeit ist das jetzt erst der Einstieg der Tabakindustrie in diesen Markt.”

      Nein. Die Tabakindustrie hat bereits vor einigen Jahren begonnen, in den E-Zigarettenmarkt einzusteigen, in letzter Zeit massiv. Sie kaufen Hersteller rund um die Welt auf.

  3. #4 Ernie
    1. Dezember 2016

    ” Gesundheitsschäden durch das „Dampfen“ ”
    Nur für den Raucher, oder auch für den Passivraucher?

  4. #5 Kassandra
    1. Dezember 2016

    Nein. Die Tabakindustrie hat bereits vor einigen Jahren begonnen, in den E-Zigarettenmarkt einzusteigen, in letzter Zeit massiv. Sie kaufen Hersteller rund um die Welt auf.

    Stimmt. Da war ich nicht auf dem Laufenden, wie mir eine Google-Recherche gerade zeigte. Zum Zeitpunkt des Durchbruchs der E-Zigaretten war das allerdings noch nicht so, und die Gegner der E-Zigaretten hörten sich da schon haargenau gleich an. In Deutschland war das ca. 2012; das war das Jahr, in dem mir zum ersten Mal auf der Straße E-Zigaretten-Konsumenten auffielen; zuvor kannte ich das bloß aus zweifelhaft wirkender Online-Werbung. Das hat mich vorübergehend interessiert, aber natürlich nicht dauerhaft.

    Dann betrachten Sie den mittleren Absatz als gegenstandslos; der Rest meines Beitrags gilt weiterhin. Oder hört man aus der Weltgesundheitsorganisation irgendwelche Anzeichen für ein Umdenken?

  5. #6 Joseph Kuhn
    1. Dezember 2016

    @ Ernie:

    “Nur für den Raucher, oder auch für den Passivraucher?”

    Ich habe mich damit nicht näher beschäftigt, aber wenn ich es nach kursorischer Lektüre zum Thema recht sehe, geht die Bewertung des Passivkonsums bei E-Zigaretten in die Richtung, dass klar ist, dass gesundheitsschädliche Stoffe in die Raumluft abgegeben werden, aber unklar ist, was das gesundheitlich für die Passivkonsumenten tatsächlich bedeutet und dass das naheliegenderweise auch davon abhängt, welche Stoffe jeweils verdampft werden (siehe z.B. Schober et al. 2014).

  6. #7 Micha
    Köln
    1. Dezember 2016

    Bitte lest den BBC-Link genau. Philip Morris hat für 3 Milliarden $ ein Tool entwickelt, welches Tabak bis zur Rauchentwicklung erhitzt (verbrennt?). Es wird Tabakrauch inhaliert, der Portionspreis ist höher als bei Zigaretten. Dies hat mit einer ‘klassischen’ E-Zigarette nichts gemein.

  7. […] Gesundheitscheck wird der CEO von Phillip Morris indirekt mit den Worten zitiert: “Ich glaube, dass schon bald der […]

  8. #9 winihuber
    2. Dezember 2016

    Zitat Micha:

    Bitte lest den BBC-Link genau. Philip Morris hat für 3 Milliarden $ ein Tool entwickelt, welches Tabak bis zur Rauchentwicklung erhitzt (verbrennt?). Es wird Tabakrauch inhaliert, der Portionspreis ist höher als bei Zigaretten. Dies hat mit einer ‘klassischen’ E-Zigarette nichts gemein.Philip Morris hat für 3 Milliarden $ ein Tool entwickelt, welches Tabak bis zur Rauchentwicklung erhitzt (verbrennt?). Es wird Tabakrauch inhaliert, der Portionspreis ist höher als bei Zigaretten. Dies hat mit einer ‘klassischen’ E-Zigarette nichts gemein.

    Richtig!
    Solche Geräte gab es aber schon vor einigen Jahren, ich habe damit meine ersten Erfahrungen mit elektrisch Rauchen gemacht, eine Weltpremiere eines solchen Produkts gab es damals in Österreich, “Ploom” heißt das Ding. Jetzt kann man allerdings schon lange keine Pods mehr dafür kaufen (also die kleinen Kapseln in denen wirklich echter Tabak ist).

    Ich bin jedenfalls von einem schweren Raucher zu einem überzeugtem “Dampfer” geworden. Mit E-Zigaretten, die Liquids verdampfen.

  9. #10 gedankenknick
    2. Dezember 2016

    Die Frage ist eventuell auch, ob das Dampfen die Gefahrenproblematik eventuell verschiebt. Wenn ich mir überlege, dass viele “Dampfer” in ihre selbstgebauten Liquids unter anderem Menthol (und auch andere ätherische Öle) verarbeiten – einen Stoff, der in den unteren Atemwegen reizend wirkt und nachgewiesener Maßen bei tiefeninhalierter Anwendung Bronchospasmen und Asthmaanfälle auslösen kann… Und welche Storries (auch) mir schon aufgetischt wurden, immer unter dem Hinweis, im Netz gebe es den ganzen Quark viel preiswerter und ohne das ganze apothekerliche Gesülze… (Nebenbei: “Die EU-Tabakrichtlinie sieht ein Verbot von Menthol in Tabakwaren bis zum Jahr 2020 vor.” sagt Wiki, weil es die Nikotinsucht verstärkt.)

    Ich kann mich da noch an eine rege Diskussion im Psiram-Blog erinnern, wo jeder, der der Ansicht war, dass “dampfen” eventuell nicht unbedingt gesundheitsförderlich ist, mit dem Argument, rauchen sei schließlich noch viel schädlicher, mundtot gemacht wurde. Und dies vor dem Hintergrund, dass ein gern verlangter (Haupt-)Bestandteil für Liquids Propylenglycol ist – vor welchem das BfR vor Gesundheitsrisiken in Dampf-Liquids warnt…

    Schlußendlich wirds die Solidargemeinschaft richten. Die allermeisten Asthma-Pulver/Dosieraerosol-Inhalatoren werden von der gKV übernommen.

  10. #11 winihuber
    2. Dezember 2016

    Sorry, war gleich zweifach zitiert.

    Ich bin gespannt ab Morris damit viel Erfolg haben wird. Diese “Sticks” haben ja auch viel Tabak, und es ist wirklich nicht klug das mit Dampfen zu vergleichen. Mir ist schon klar das auch das Dampfen kein Heilmittel ist, aber es kann wirklich eine Alternative sein. Es handelt sich hier jedenfalls um ein Tabakprodukt, und das ist der wesentliche Unterschied.

  11. #12 winihuber
    2. Dezember 2016

    ob, und dass

  12. #13 Alchymist
    4. Dezember 2016

    Die Evidenz für positive Wirkungen der “E-Zigarette” ist ebenso vorhanden, wie für die große Hilfe, die sie beim Rauchstopp darstellt. Man muss sie nur sehen wollen:

    Public Health England: E-cigarettes: an evidence update
    https://www.gov.uk/government/publications/e-cigarettes-an-evidence-update

    • #14 Joseph Kuhn
      4. Dezember 2016

      @ Alchymist:

      Von welchen “positiven Wirkungen” sprechen Sie? Sie werden hoffentlich nicht ernsthaft behaupten wollen, die E-Zigarette an sich sei gesundheitsförderlich? Eine positive Rolle im Kampf gegen die Folgen des Tabakkonsums kann sie spielen, wenn sie dazu beiträgt, dass Tabakraucher auf das Dampfen umsteigen, weil sie – gewöhnlich – weit weniger Gesundheitsrisiken mit sich bringt. Letzteres ist unstrittig. Ob sie im großen Stil dazu beiträgt, dass Tabakraucher umsteigen (bzw. weniger Jugendliche einsteigen), ist aber eben nicht so klar, es sei denn, die von Ihnen verlinkte Publikation von Public Health England aus dem Sommer 2015 widerlegt in diesem Punkt das von mir im Blog verlinkte Cochrane-Review aus dem Sommer 2016. Die Autoren des Cochrane-Reviews zitieren die Publikation von Public Health England, Peter Hajek hat an beiden Publikationen mitgearbeitet, ich vermute, Sie haben weder das eine noch das andere gelesen.

  13. #15 Alexander
    5. Dezember 2016

    Ob Philip Morris schon auf dem CDU-Parteitag ihren neuen eSchnuller präsentieren wird? Für ein paar Euro extra würden sich vielleicht sogar einige Abgeordnete mit so einem albernen Dings ablichten lassen?

    Philip Morris sponsert Parteien im großen Stil

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/cdu-und-csu-bekommen-besonders-viel-sponsorengelder-von-philip-morris-a-1124456.html

  14. #17 Alexander
    5. Dezember 2016

    Und wenn sie von Lobbycontrol darauf aufmerksam gemacht werden, schreiben ein knappes halbes Jahr später sogar die investigativen Qualitätsjournalisten des Spiegel ein paar Zeilen darüber. Aber vielleicht erscheint ja in der Druckausgabe demnächst der zehnseitige Bericht über die Ergebnisse einer monatelangen Recherche? 😉

    (Am Rande bemerkt: Ein ehemaliger Journalist des Spiegel hat berichtet, dass Augstein den Artikel, der die Flick-Parteispendenaffäre losgetreten hat, unbedingt verhindern wollte)

    • #18 Joseph Kuhn
      5. Dezember 2016

      @ Alexander:

      “der zehnseitige”

      Haben die jetzt beim Spiegel auch diese Großbuchstaben wie bei der Bild? 😉

  15. #19 Andy
    Leipzig
    6. Dezember 2016

    Das einzig gesunde ist wahrscheinlich das sterben.
    Ich persönlich rauche nun seit einem Jahr nicht mehr – nach dem Umstieg aufs Dampfen. Auch das Dampfen wird immer seltener. Für mich war und ist es heilsamer als weiter oder wieder zu rauchen. Gesund ist das Damfen sicher nicht, allerdings hörte ich das atmen im allgemeinen schädlich sein soll. 🙂

  16. […] für das Nichtrauchen in herkömmlicher Form, wohlgemerkt. Wir hatten hier auf Gesundheits-Check vor einem Jahr darüber berichtet, dass der Tabakkonzern auf eine neue Form des Rauchens umsteigen will, die der E-Zigarette ähnelt, […]