Heute hat die Süddeutsche Zeitung den Bayernteil mit verspäteten Weihnachtsgedanken von Prominenten zur Frage „Was ist Gott?“ gefüllt. Darunter gibt es manches, was ich ähnlich sehe, manches teile ich zwar nicht, kann es aber gut akzeptieren und manches kommt mir vor wie die Stille des Denkens vor der Größe Gottes. Aus dieser Rubrik eine kleine Auslese:
Den Reigen der Statements beginnt Anselm Grün, Benediktinerpater in Münsterschwarzach und fleißiger Autor erbaulicher Bücher: „Für mich ist Gott das absolute Geheimnis“, so sein erster Satz, und dann fährt er damit fort, was er sich darunter so alles vorstellt. Wenn man Konsequenz als Zwanghaftigkeit erkannt und überwunden hat, ist vieles möglich.
Dieser Logik folgt auch Heinrich Bedford-Strohm, der evangelische Landesbischof, derzeit auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Auf die Feststellung „Gott definieren zu wollen, wäre ein Widerspruch in sich“ folgen Sätze über Gott, die den Charakter einer impliziten Definition haben. Sehr schön dabei dieser Satz: „Denn wenn Gott wirklich Gott ist, ist er größer, als alle menschlichen Kategorien es ausdrücken können.“ Dabei finde ich weniger beeindruckend, dass er sich im Folgenden natürlich auch darüber hinwegsetzt und Gott mit durchaus menschlichen Kategorien beschreibt – was bleibt ihm auch anderes übrig, wenn er nicht nach Wittgensteins Diktum über das, worüber man nicht sprechen kann, schweigen will. Spannender finde ich, dass er hier gedanklich auf den Spuren des ontologischen Gottesbeweises wandelt, der munter über die Gräblein zwischen Sprache uns Sein hin- und herspringt, bis er hineinfällt.
Tobias Asfali, Landesvorsitzender der Jusos, versucht sich an einem Widerspruch anderer Art: „Gott ist vor allem Privatsache. Wer andere Menschen vom ‚eigenen‘ Gott überzeugen muss, hat Gott und seine Grundbotschaft nicht verstanden: Sei ein guter Mensch. Respektiere deine Mitmenschen. Kämpfe für eine bessere Welt.“ Das sind zweifellos ehrenwerte moralische Grundsätze, aber was heutzutage alles unter „Privatsache“ fällt! Es erklärt allerdings, warum man vom Kampf mancher Menschen für eine bessere Welt so gar nichts sieht – das machen die ganz privat.
„Ich bin froh, dass wir in Bayern die christliche Botschaft der Nächstenliebe und des Friedens leben und vermitteln und damit das Wertefundament in unserem Land stärken.“ So Horst Seehofer, bayerischer Ministerpräsident. Dass es auch in Bayern nicht immer ganz christlich zugeht, wird ihm sicher bewusst sein. Aber ob er das auch als christliche Ermahnung an seinen Generalsekretär und dessen Ansichten über ministrierende Senegalesen gemeint hat?
Der Passauer Bischof Stefan Oster führt den hymnischen Widerspruch vor: „Denken wir Liebe, Liebe schlechthin. Absolute, unbedingte Liebe, die unser Denken maßlos übersteigt.“ Sorry, aber das kann ich nicht. Entweder oder.
Ilse Aigner, die Bayerische Wirtschaftsministerin, präsentiert landesmütterlich den Klassiker vom lieben Gott: „Gott meint es gut mit allen Menschen.“ Leider erklärt sie nicht, ob das auch für die ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer gilt, für Kinder, die verhungern oder solche, die schwerstbehindert auf die Welt kommen. Witzigerweise geht es bei Aigner mit genau dieser Frage weiter: „Viele Menschen fragen sich, warum Gott Leid zulassen kann.“ Die Antwort bleibt sie schuldig.
Eher alltagspraktisch geht Thomas Niggl, Wirt aus Rosenheim, an die Frage heran: „In meinem Leben gibt es nur Göttinnen, weltliche und auch überirdische, da fühl‘ ich mich wohler und ich komm dann gar nicht mehr so viel zum Nachdenken.“ So kann das mit den Frauen gehen. Ich geh jetzt mal den Müll runtertragen.
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