Die Evolutionstheorie war immer ein Reizthema für antiaufklärerische Kräfte. Vor allem für religiös fundamentalistisch motivierte Gruppen stellt sie ein besonderes Feindbild dar. Wie der Mensch entstanden ist, davon hängt auch ab, welche Bestimmung er hat und wer diese Bestimmung auslegen darf. Und wer die Menschen dazu kriegt, dass sie sich nicht an den Fakten orientieren, sondern an Geschichten, die man ihnen erzählt, der hat Macht über diese Menschen.

Die Ablehnung der Evolutionstheorie ist dabei nichts, was nur aus alten traditionellen Bindungen resultiert und in unseren modernen Zeiten unaufhaltsam überwunden wird. Dass in den USA mehr Leute Zweifel an der Evolutionstheorie haben als daran, dass UFOs regelmäßig die Erde besuchen und Menschen für medizinische Experimente entführen, ist bekannt. Auch aus der Türkei hat man seit Jahren immer wieder von beunruhigenden Vorfällen gehört, z.B. Elternprotesten gegen Lehrer, die die Evolutionstheorie im Unterricht behandelt haben. Vor ein paar Tagen gingen dann auch noch Meldungen durch die Medien, dass die Mehrheit der muslimischen Lehramtsstudierenden in Deutschland die Evolutionstheorie ablehnen würde. Wohlgemerkt, Studierende an deutschen Hochschulen.

Heute schreibt in der Süddeutschen Zeitung Yavuz Baydar, ein türkischer Journalist, in seiner Reihe „Türkische Chronik“, dass dort nun die Evolutionstheorie ganz aus den gymnasialen Lehrplänen gestrichen werden soll. Wenn das keine Fehlinterpretation ist oder sich gar als Fake News herausstellt, kann man einmal mehr nur sagen, arme Türkei, wohin gehst Du?

————–
Hinweis: Bevor nun hier die versammelte Islamophobie aufschlägt: In diesem Thread lösche ich hetzerische oder demagogische Kommentare großzügig, ohne Begründung und ohne weitere Verwarnung.

Nachtrag: Die Meldung mit den muslimischen Lehramtsstudierenden ist mit Vorsicht zu genießen, siehe unten Kommentar #3 von Alisier.

Kommentare (81)

  1. #1 Alisier
    20. Januar 2017

    Ich wäre bei der Meldung der Giordano-Bruno-Stiftung zu den muslimischen Lehramtsstudenten extrem vorsichtig. Auch dort neigt man in letzter Zeit zu einer etwas tendenziösen Berichterstattung. Ich versuche die Behauptung gerade zu überprüfen. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll es übrigens an vielen Schulen Lehrer und Lehrerinnen geben, die an offenbarte Wahrheiten glauben, und diese als vermeintliche Fakten an Schüler weitergeben. Auch recht skandalös, aber wohl aus traditionellen Gründen akzeptiert. Darüber könnten und sollten wir ebenfalls reden.
    Generell ist wohl festzustellen, dass die Tendenz irgendwelchen unbelegten, wenn auch aus kulturellen Gründen interessanten Geschichten (wie sie z.B. von Religionen so gerne erzählt werden) eher glauben zu schenken als belegbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen, in “failed states” zuzunehmen scheint.

  2. #2 RPGNo1
    20. Januar 2017

    Nicht nur die SZ hat was zum geänderten Curriculum zu sagen:
    https://news.sol.org.tr/government-remove-evolution-high-school-curriculum-171440

  3. #3 Alisier
    20. Januar 2017

    Ok, die Studie stammt wohl aus dem Jahr 2007, und von 39 befragten muslimischen StudentInnen lehnten 37 die These ab, Menschen stammten von affenartigen Wesen ab.
    Das heißt nicht unbedingt, dass die ganze Evolutionstheorie abgelehnt wird (Erfahrung meinerseits), und natürlich sind es zu wenig Befragte. Aber gut, es sagt schon was aus, aus meiner Sicht.

    • #4 Joseph Kuhn
      20. Januar 2017

      Danke dafür, mal ins Original zu schauen, hätte ich auch machen sollen. Zumindst die Prozentzahlen über die muslimischen Studierenden gehören dann wohl unter die Rubrik “kann sein, kann nicht sein”, nicht fake news, aber junk science.

  4. #5 Dr. Webbaer
    20. Januar 2017

    Die Türkei, als NATO-Partner und EU-Mitgliedskandidat steuert womöglich Richtung Sultanat, wobei der Sultan auch Kalif sein kann, also Allah-Stellvertreter, nicht aber sein muss, der Sultan könnte insofern auch ‘Amir’ (arabisch) oder ‘Emir’ (türkisch) sein, nicht zwingend höchste geistliche Kraft.

    Die Evolutionstheorie ist einerseits intuitiv und andererseits nicht, woher soll das Wort, das bekanntlich am Anfang war, gekommen sein, wenn nicht von einem außerempirischen Akteur, könnte sich gefragt werden.

    Insofern haben hier Religionen Probleme (zu haben).

    Dr. Webbaer hat sich hier mit einigen klerikalen Kräften auseinandergesetzt und die Römische Kirche sieht sich mit dieser Enzyklika ‘Humani generis‘ fein raus, zumindest sofern hier richtig verstanden worden ist.
    Evangelikale und andere (Christen) können hier nicht leisten.
    Lustig waren auch Auseinandersetzungen mit Vertretern des jüdischen Glaubens:
    Die Erschaffung der Welt liegt dort ca. 6.000 Jahre zurück.
    Verteidigungslinien bestanden u.a. darin, dass behauptet worden ist, dass die Welt vor ca. 6.000 Jahren sozusagen gebootet worden ist und zwar mit sog. Fossilien, um die Erkenntnissubjekte göttlich gewollt irrezuleiten.

    MFG
    Dr. Webbaer

  5. #6 cero
    20. Januar 2017

    @Alisier: Hier ist die Meldung der Forschungsgruppe:
    https://fowid.de/meldung/akzeptanz-evolution-verschiedener-lehramtsstudierendengruppen-deutschland-und-tuerkei

    Und hier findet sich eine detailliertere Auswertung der Studie, samt Überblick über vorhergehende Studien, die alle ein ähnliches Bild zeigen: https://goo.gl/FFkajh (Ich bin mir nicht sicher, ob das öffentlich zugänglich ist)

    Was ich schade finde ist, dass hier nicht detailliert zwischen Studenten der Biologie und anderen Fächern aufgeschlüsselt wird (was wohl unter anderem an der geringen Beteiligung von Biologie-Studenten in der Türkei liegt). Bei Nicht-Biologie-Lehrern kann ich es noch tolerieren, wenn sie die Evolution nicht verstehen.

    Lediglich auf S.150 findet sich ein kleiner Abschnitt dazu, nach dem der evolutionskritische Anteil bei (Durchschnitts-)Nicht-Muslimen von 20% auf 7% heruntergangen ist, während bei Muslimen der Anteil offenbar unabhängig von der Fächerwahl ist.
    (Bezüglich der Frage, ob Evolution ihrem Glauben zuwider läuft)

    Auch bei Nicht-Muslimen finde ich einen Anteil von 20%, der die Evolution bestreitet schon etwas erschreckend…

  6. #7 Alisier
    20. Januar 2017

    Kurze Randbemerkung: interessant wird es, wenn Erdogan das Kopftuch zur Pflicht erklärt, und das Erbe Atatürks noch weiter demontiert. wobei es natürlich auch dort reichlich Demontierungswürdiges gibt.
    Die Basta!-Diktatoren scheinen gerade allerorten Hochkonjunktur zu haben.
    Ich wage dann mal die These, dass die religiöse Erziehung von Kleinkinder den Boden für Diktatoren aller Art vorbereitet und fruchtbar macht, denn sie lernen schließlich den großen Diktator aus der Bibel gut zu finden und nicht in Frage zu stellen, obwohl er Jungfrauen ungefragt schwängern lässt, und meint es helfe irgendwie seinen Sohn brutal töten zu lassen.
    Wer das geschluckt hat, schluckt Vieles.

  7. #8 Alisier
    20. Januar 2017

    @ cero
    Danke fürs verlinken. Wie gesagt, n=39 für Muslime ist jetzt nicht die Riesenmenge, und die Differenzierung fehlt.

  8. #9 Dr. Webbaer
    20. Januar 2017

    Pew ist hier relativ gut:
    -> https://www.pewforum.org/2013/04/30/the-worlds-muslims-religion-politics-society-science-and-popular-culture/ (wobei türkische Muslime, die sich in der BRD befinden, nicht ausgewiesen werden)
    -> https://www.wzb.eu/sites/default/files/u252/s21-25_koopmans.pdf (hier darf auf Grund der Wörtlichkeit des Korans womöglich gefolgert werden)

    MFG
    Dr. Webbaer

  9. #10 Alisier
    20. Januar 2017

    Es wäre nicht schlecht, wb, wenn Sie:
    A) Herrn Dr.Kuhns Hinweis nicht ganz in den Wind schlagen würde und
    B) Auch mal den Blick über andere Offenbarungsreligionen schweifen lassen würden.
    Die nehmen sich da alle nicht wirklich viel.

  10. #11 RPGNo1
    20. Januar 2017

    @Alisier
    Ich habe größere Befürchtungen, was passieren könnte, wenn Erdogan irgendwann weg vom Fenster ist. Das AKP-System ist so pyramidenartig auf den Quasi-Sultan ausgerichtet, wenn die Spitze wegbricht, na dann, prost Mahlzeit.

    In einem der letzten STERN-Magazine wurde übrigens analysiert, dass Erdogan momentan unangefochten scheint, diese Macht aber immer stärkere Züge eines Scheinriesen annimmt: Die schwächelnde Wirtschaft. Der scharfe Riss zwischen säkular-bürgerlichen und religiösen Türken. Der Konflikt mit den Kurden, der sich in einen Bürgerkrieg auswachsen kann. Die islamistische Gefahr durch den IS. Enorme Problemfelder, auf die die türkische Regierung keine Antwort weiß oder die Antwort schlicht ignoriert.

  11. #12 Alisier
    20. Januar 2017

    Und ein zurückrudern von mir: erst klicken und aufrufen, dann urteilen.
    Danke für die links und entschuldigen Sie, wb, dass ich Ihnen zuweilen wenig Gutes zutraue.

  12. #13 Alisier
    20. Januar 2017

    @ RPGNo1 #11
    Schon, aber die einzige Möglichkeit eines Scheinriesen um an der Macht zu bleiben, besteht eben darin, Kritik völlig zu unterbinden und zum Totaldiktator zu werden.
    Ob Mugabe oder Mao: es funktioniert…..für den Diktator.

  13. #14 Kassandra
    20. Januar 2017

    Ich habe größere Befürchtungen, was passieren könnte, wenn Erdogan irgendwann weg vom Fenster ist. Das AKP-System ist so pyramidenartig auf den Quasi-Sultan ausgerichtet, wenn die Spitze wegbricht, na dann, prost Mahlzeit.

    In Russland ist das auch eine Frage, vor der sich alle fürchten. Als im März 2015 Putin einige Tage lang spurlos verschwunden war, liefen die sozialen Medien heiß vor lauter Spekulationen, und obwohl das ganz überwiegend Putin-Gegner waren (Putins Fans, das war fast genauso unheimlich, waren plötzlich sehr einsilbig geworden), konnte man wahrhaftig eine Art kollektives erleichtertes Aufatmen spüren, als er wieder auftauchte.

  14. #15 Alisier
    20. Januar 2017

    @ Kassandra
    Ja, die Angst vor dem Chaos, respektive dem Verschwinden der “Harmonie”(和睦)……
    Ich sehe da die Türkei übrigens besser aufgestellt als Russland.

  15. #16 RPGNo1
    20. Januar 2017

    @Alisier

    Schon, aber die einzige Möglichkeit eines Scheinriesen um an der Macht zu bleiben, besteht eben darin, Kritik völlig zu unterbinden und zum Totaldiktator zu werden.
    Ob Mugabe oder Mao: es funktioniert…..für den Diktator.

    Keinen Widerspruch. Die Analyse war auch eher dahingehend gedacht zu zeigen, dass Erdogan noch nicht so fest im Sattel sitzt wie z.B. sein neuer Busenfreund Putin.

    @Kassandra
    Das System Putin kam beim 2. Nachdenken auch in den Sinn. Wer von Putins Claqueren sollte ihn denn beerben? Medwedew? Lawrow? Irgendein General oder Geheimdienstoffizier?

  16. #17 Alisier
    20. Januar 2017

    Das Volk?
    War nur Spaß 🙂

  17. #18 anderer Michael
    20. Januar 2017

    Es gab zwei Untersuchungen .Die zweite 2009, ein Vergleich zwischen einer deutschen und türkischen Uni. In der Türkei waren es in diesem Fall 226 Befragte zu einem Fragebogen aus 14 items ( also wohl ausreichend).94 % haben 0- 7 Fragen zur Evolutionstheorie ablehnend beantwortet, keiner mehr als 10 ( wurde in der Türkei zwischen Religionszugehörigkeit unterschieden?) In deutschen Gruppe waren 36 Moslems, 69% antworteten wie ihre türkischen Kommilitonen.

    Ich habe mir die Seite der betreffenden Hacettepe Uni Ankara angesehen. Der erste oberflächliche Eindruck: wie eine deutsche Uni , keine Kopftücher ( sarkastisch könnte man sagen, sieht man bei uns häufiger), eine Fotoserie über Ballett mit den doch eher köperbetonten Trikots beider Geschlechter ( oder 5 Geschlechter – keine Ahnung). Zumindestens von der Außenwirkung eine normale europäische/ kleinasiatische Uni .

    Fragebögen haben manchmal so eine Absolutheitstendenz. Ich wäre über die Frage mit den affenartigen Vorfahren gestolpert. Ich dachte, man sagt , Affen und Menschen haben die gleichen Vorfahren. Wenn man Affen befragen könnte, und ihnen menschenähnliche Vorfahren präsentieren würde, würden diese evtl. ein bisschen sauer sein? Ich möchte aber keine Wortklauberei betreiben und lasse mich gerne belehren.
    Ich ergänze, im Koran sind Affen nicht positiv notiert .

    Während bei der geringe Anzahl der deutschen islamischen Studierenden bestenfalls einer orientierender Eindruck möglich ist, dürfte die Sache in der Türkei eher valide sein ( deshalb so vorsichtig, weil Epidemiologie ist nicht mein Wissensschwerpunkt und ich habe schon wirklich dämliche Fragebögen gesehen und die genauen Fragen in dieser Untersuchung kennen wir nicht).

  18. #19 hubert taber
    20. Januar 2017

    die evolution ist selbsterklärend.
    mutationen (negative-bedeutungslose-günstig für die arterhaltung) und selektion.
    jeder gute evolutionsbiologe errklärt diesen begriff in fünf minuten auf den i-punkt genau.

    nur verblendete reden immer noch von evolutions-“theorie”.

    mfg. hubert taber

  19. #20 Kassandra
    20. Januar 2017

    @Kassandra
    Das System Putin kam beim 2. Nachdenken auch in den Sinn. Wer von Putins Claqueren sollte ihn denn beerben? Medwedew? Lawrow? Irgendein General oder Geheimdienstoffizier?

    Man kann ja von Michail Chodorkowski halten, was man will, aber seine Bemühungen, von London aus Leute aufzubauen, die fachlich imstande wären, in einem Nach-Putin-Russland Regierungsverantwortung zu übernehmen und das System wieder auf ein Gleis Richtung Demokratie zu hieven, ist so ziemlich das einzige, was ich an russischen Zukunftsbemühungen für die Zeit post Putin kenne.

    Wäre vielleicht ja auch eine Idee für die türkische Opposition im Exil?

  20. #21 Ludger
    20. Januar 2017

    Als Ergänzung zu den Links von WB möchte ich hier noch mal auf ein Interview von Richard Dawkins mit Father George Coyne zum Thema hinweisen: https://www.youtube.com/watch?v=3L15e2sNZsU
    Coyne ist der ehemalige, inzwischen pensionierte Leiter der päpstlichen Sternwarte. Frömmigkeit ist offenbar mit der Akzeptanz der Evolutionslehre vereinbar. Man muss es nur irgendwann mal begriffen haben.

  21. #22 Bob
    20. Januar 2017

    Diese Befragung ist nicht mehr ganz aktuell, aber die Zahlen erstaunlich:

    https://www.pewforum.org/2009/02/04/religious-differences-on-the-question-of-evolution/

  22. #23 tomtoo
    20. Januar 2017

    Das Problem ist doch dass sich mit Religion jedes noch so Irrationale Weltbild erklären lässt.

  23. #24 Joseph Kuhn
    20. Januar 2017

    @ tomtoo:

    Das mag sein, die relevantere Frage ist, ob man von einem religiösen Standpunkt aus die Evolutionstheorie zwingend ablehnen muss. Das ist m.E. nicht der Fall – und wenn es, wie Ludger oben schreibt, sogar der Leiter der päpstlichen Sternwarte hinkriegt, sollte Erdogan dazu auch in der Lage sein. Schlichte Gemüter denken ohnehin nicht allzuviel darüber nach, wie das eine zum andern passt und ansonsten bietet sich zur Not immer das NOMA-Konzept von Stephen Jay Gould an. Deswegen glaube ich auch nicht, dass es bei solchen Dingen letztlich um Religion geht, es geht um Macht, es geht darum, einen Gesslerhut wider die Selbstbestimmung zu installieren.

  24. #25 Alisier
    20. Januar 2017

    @ hubert taber
    Nichts ist selbsterklärend.
    Eine Theorie ist innerhalb der Wissenschaft das Beste, was wir haben können. Sie scheinen den Wissenschaftsverächtern auf den Leim gegangen zu sein, die immer “Ist ja nur eine Theorie!” sagen, und damit belegen, dass sie nicht wissen was das Wort “Theorie” bedeutet.

  25. #26 Oliver Gabath
    20. Januar 2017

    Ich frag mich, ob Erdogan solche Themen tatsächlich am Herzen liegen oder, ob er sich nur deren Wirkung bezüglich Mehrung oder Minderung der Zahl seiner Anhänger bewusst ist. Und, ob er bei anderen Verhältnissen nicht mit wahnsinniger Geschwindigkeit die Spur zu wechseln im Stande wäre, wenn das seinen persönlichen Zielen dient.

    • #27 Joseph Kuhn
      20. Januar 2017

      @ Oliver Gabath:

      So sehe ich es auch.

  26. #28 tomtoo
    20. Januar 2017

    @Joseph
    Ich hab ja nicht behauptet das eine Religion impliziert NUR an irrationales zu Glauben. Aber der irrationale Glaube an allmächtige Götter erlaubt es auch irrationales zu begründen.

  27. #29 Alisier
    20. Januar 2017

    @ Joseph Kuhn #24
    Beim Gesslerhut bin ich einverstanden.
    Und natürlich muss von Standpunkt einer Religion aus gar nichts zwingend ablehnen, wenn man bis zur Unkenntlichkeit interpretiert. Was die durch die Mühlen der Aufklärung und der Moderne gegangangenen Religionen ja auch tun: nichts bleibt unverhandelbar, außer vielleicht, dass es den von ihnen behaupteten gott gibt. Aber selbst das wird zuweilen in Frage gestellt.
    Insofern verstehe ich die Tendenz, niemanden an heiligen Textzen rumdoktern zu lassen, nur zu gut. Es zerstört nämlich zuverlässig den Nimbus des Heiligen, wenn man zunehmend Wasser in den radikalen Wein schüttet.
    Und irgendwann löst sich die Religion in Nichts auf. Genau das spüren die Radikalen meiner Meinung nach sehr genau.

    • #30 Joseph Kuhn
      20. Januar 2017

      @ Alisier:

      Ob Religion und Evolutionstheorie an sich wirklich vereinbar sind oder nicht, finde ich im Zusammenhang mit den Veränderungen in der Türkei nicht sehr interessant. Ich muss gestehen, ich habe dazu selbst keine Meinung.

      Viel interessanter ist, dass das alles jetzt geschieht, in einer Zeit, in der die Türkei offensichtlich auf der Suche nach einer neuen Gemeinschaftsideologie ist, über die sich auch Macht ausüben lässt.

  28. #31 Alisier
    20. Januar 2017

    “Die Türkei” würde ich so eigentlich ungern stehen lassen. Die Türkei ist recht heterogen, und wer da nach einer Gemeinschaftsideologie sucht, ist der kleine Club der Mächtigen. Hilfreich ist, wenn man die einfachen Leute mit Treue zur Religion ködern kann. Auch die ultrareligiösen Gewinner der iranischen Revolution stützte sich auf das “einfache” Volk und stellten die Intellektuellen als erstes kalt.

  29. #32 Alisier
    20. Januar 2017

    ….und die Frage ob vernünftige Erkenntnisse und Religion vereinbar sind ist und bleibt meiner Meinung nach dennoch der Knackpunkt, auch in diesem Falle. Sie sind es letztendlich nie, auch wenn eine Zeit lang so getan werden kann, als wären sie es.
    Wer als religiöser/ideologischer Mensch oder sich durch Religion/andere Ideologie legitimierende Regierung echten Diskussionen öffnet, riskiert das Fundament des Glaubens zu zerstören.
    Deswegen müssen Zweifler und gute Fragensteller ausgemerzt werden durch Umarmung oder Erdrückung, je nachdem.

  30. #33 Alisier
    20. Januar 2017

    Zurück zum Thema “gesellschaftliche Vernunft”:
    Die “einfachen Leute” mit ihrem Hang zur Nichtbildung auf Teufel komm raus gehen mir gerade gehörig auf den Keks.

  31. #34 hubert taber
    20. Januar 2017

    @ 25 Alisier:
    mir ist die bedeutung der begriffe hypothese, theorie, vermutung, theorem, satz sehr wohlbekannt.

    der fakt evolution ist nur für dumme nicht selbstertklärend.

    welche aufgabe hat die päpstliche akademie der wissenschaft?
    nur eine.
    diese zu behindern und über helfershelfer in die irre zu lenken.

    auch dort wird, übrigens wie in allen weltreligionen, mit vehemenz gegen diesen fakt gewettert!

    mfg. hubert taber

  32. #35 Joseph Kuhn
    20. Januar 2017

    @ Alisier, Kommentare #32, 33:

    Wie gesagt, ob Religion und Evolutionstheorie wirklich unvereinbar sind oder nicht, sei dahingestellt. Wie dem auch sei: das war vor 1000 Jahre dann nicht anders als heute. Darüber denkt bis in die letzten Verästelungen der im Laufe der Jahrhunderte angesammelten Argumente vermutlich auch niemand nach.

    Interessant ist, dass diese Frage jetzt in der Türkei so virulent und politisch relevant wird.

    Mit dem Hinweis, dass nicht “die Türkei” nach einer Gemeinschaftsideologie sucht, hast Du natürlich recht.

    Den “einfachen Leuten” einen “Hang zur Nichtbildung” zu unterstellen, halte ich zum einen für empirisch falsch, zum andern für einen falschen Erklärungsansatz für die Verweigerung gegenüber vernünftigen Argumenten. Den Leuten fehlt ja nicht der Verstand, sich ein Urteil über die Evolutionstheorie zu bilden, sondern der Wille. Der Vergleich mit der Impfgegnerschaft mancher gut gebildeter Kreise macht es vielleicht klarer.

  33. #36 Ludger
    20. Januar 2017

    Joseph Kuhn:
    Heute schreibt in der Süddeutschen Zeitung Yavuz Baydar, ein türkischer Journalist, in seiner Reihe „Türkische Chronik“, dass dort nun die Evolutionstheorie ganz aus den gymnasialen Lehrplänen gestrichen werden soll.

    Link dazu:
    https://www.sueddeutsche.de/kultur/tuerkische-chronik-xxiii-der-todeskampf-des-tuerkischen-schulsystems-1.3340483
    Zitat daraus:

    Sogar moderate Islam-Vertreter warnen, das Schulsystem werde “von Salafismus beschlagnahmt”

    Kürzlich kritisierte ein Experte des anatolischen Islam die Veränderungen. Er argumentierte, dass viele Vertreter des islamischen Klerus die Evolutionstheorie unterstützten, und kam zu dem Schluss, dass “das türkische Schulsystem jetzt von Salafisten beschlagnahmt” wird: “Was sie tun, ist nichts anderes, als den Salafismus zu implementieren, eine Lehre, die sie in Syrien gleichzeitig bekämpfen”, sagte er. “Sie zerstören damit nicht nur den Säkularismus, sondern auch noch den Islam selbst.”

    • #37 Joseph Kuhn
      20. Januar 2017

      Danke für den Link, ich habe ihn auch oben im Blogbeitrag eingefügt.

  34. #38 Alisier
    20. Januar 2017

    Tut mir leid, ja, natürlich hast du recht, Joseph.
    Aber heute ist Trump Inauguration Day, und ich hab gerade die Nase voll von “einfachen” Leuten, die Bücher und Denken, Toleranz und Bedachtheit offensiv, stolz und öffentlich verachten.
    Heute ist mein Intoleranz-Bible-Belt-Bashing-Tag.

  35. #39 hubert taber
    20. Januar 2017

    türkei? erdogan?
    das haben wir viel näher.
    nämlich in kroatien.
    auch dort hat eine erzkonservative partei das sagen und die amtskirche wieder oberwasser,

    auch dort versuchen konservative den fakt evolution aus schulunterricht und den büchern zu verbannen!

    mfg. hubert taber

  36. #40 hubert taber
    20. Januar 2017

    @ 38 Alisier:

    Edit: Kommentar gelöscht. Bitte beachten Sie die Netiquette. JK

  37. #41 anderer Michael
    20. Januar 2017

    Heute ist kein guter Tag.
    Im Getränkemarkt einen Kasten Bier zu Boden geworfen (voll!), ist so wichtig wie der umfallende sprichwörtliche Sack Reis in China.

    Dann mein Kommentar # 18, (schnell geschrieben, bevor die Kinder von der Schule kommen)folgender Satz ist falsch:

    “94 % haben 0- 7 Fragen zur Evolutionstheorie ablehnend beantwortet, keiner mehr als 10 ”

    es muss ZUSTIMMEND heißen

    also korrigiert

    “94 % haben 0- 7 Fragen zur Evolutionstheorie zustimmend beantwortet, keiner mehr als 10”

    sonst wäre es unlogisch 🙂

    Auf das ev. Bonmot,dass mein Kommentar den gleichen Stellenwert wir der Sack Reis hat, auf den …..

  38. #42 DasKleineTeilchen
    terra
    20. Januar 2017

    @AndererMichael:

    menschen *sind* affen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenaffen

  39. #43 Holger Gronwaldt
    20. Januar 2017

    @Joseph Kuhn,

    Wie gesagt, ob Religion und Evolutionstheorie wirklich unvereinbar sind oder nicht, sei dahingestellt. Wie dem auch sei: das war vor 1000 Jahre dann nicht anders als heute.

    Nun, ich denke, es gibt da einen gewichtigen Unterschied. Wie Richard Dawkins gerne sagt, ist es erstmals mit Aufkommen der Evolutionstheorie möglich, “to be an intellectual fulfilled atheist”. Bis Darwin war es möglich, zumindest das Leben durch göttliche Intervention zufiredenstellend zu erklären, wobei allerdings gerne der logische Fehler begangen wurde, dass der jeweilige Gott naturgemäß genau der war, an den man in der betreffenden Weltregion glaubte.

    Religion stellt den (untauglichen) Versuch dar, die Welt zu erklären. Aus diesem Grunde wenden sich auch Dawkins u. v. a. (z. B. Jerry Coyne, Neil DeGrasse Tyson) gegen NOMA, weil Religionen nämlich genau wie die Wissenschaft Aussagen über die Beschaffenheit Welt machen, also überhaupt keine Rede davon sein kann, dass sich beide Bereiche nicht überschneiden. Und da gibt es logisch wieder nur zwei Möglichkeiten:

    1. Die Religion hat recht und die Wissenschaft unrecht.
    2. Die Wissenschaft hat recht, dann hat die Religion unrecht.

    NOMA ergibt keinen Sinn, es sei denn, das Konzept dient lediglich dazu, Institutionen, die Macht ausüben und Forschungsmittel zuteilen, aber religiös beeinflusst werden, zu besänftigen. Wissenschaftler, die sich offen gegen Religion aussprechen, müssen – insbesondere in den USA – befürchten, dass ihnen Geldmittel für weitere Forschungen verweigert werden und ihre mögliche Karriere einen Knick erleidet.

    Aber nicht alle lassen sich verbiegen. DeGrasse Tyson sagt z. B. (sinngemäß): “Der eigentliche Skandal ist nicht, dass 85% der Mitglieder der National Academy of Science nicht an einen persönlichen Gott glauben, der Skandal liegt vielmehr darin, dass 15% es immer noch tun.”

    Auch der Evolutionsbiologe Jerry Coyne nimmt da kein Blatt vor den Mund und führt dies ausführlich in seinem jüngsten Buch “Faith vs. Facts – why science and religion are incompatible” aus.

    Wenn Religion Aussagen über die Welt macht, unterwirft sie sich der wissenschaftlichen Methode und kann dadurch nicht nur widerlegt werden, sie WIRD widerlegt.

    Religion ist ja in weit über 90% der Fälle keine bewusste Entscheidung nach Abwägen aller Fakten sondern nichts weiter als ein geografischer und/oder soziologischer Unfall: Gläubige glauben an einen bestimmten Gott, weil sie in einem Teil der Weltgeboren wurden, in dem die überwiegende Mehrheit an diesen Gott glaubt oder weil zumindest ihre Familen es tun.

    Das Akzeptieren der Evolution ist mit Religion deshalb nicht zu vereinbaren, weil ein Gott, der sich der Evolution bedient hätte, um uns Menschen hervor zu bringen, kein Gott wäre, mit dem eine Religion noch hausieren gehen könnte. Denn er wäre ein Stümper, der eklatante Fehler in seiner Schöpfung macht, die so gravierend sind, dass er mehrere Male fast alles wieder vernbichten musste, er wäre grausam, ungerecht, blutrünstig, usw.

    Westliche Religionen mussten sich aber zwangsläufig mit der Evolution arrangieren, weil kein intellektuell redlicher Mensch die Tatsache der Evolution leugnen kann, ohne sich lächerlich zu machen. Wie lächertlich ein solches Leugnen ist, sieht man ja bei den abstrusen Vorstellungen der amerikanischen Evangelikalen (die knapp die Hälfte der dortigen Bevölkerung ausmachen).

    • #44 Joseph Kuhn
      20. Januar 2017

      @ Holger Gronwaldt:

      Es wäre schön, wenn Du nicht jeden Blogbeitrag, in dem das Wort “Gott” vorkommt, als Ablage für Deine hinreichend bekannte Position benutzen würdest. Vielleicht ist es Dir entgangen: im Blogbeitrag geht es um einen anderen Punkt. Und bitte fang nicht an, mich auch noch wie einen geistig etwas zurückgebliebenen Hillbilly zu belehren. Danke.

  40. #45 tomtoo
    20. Januar 2017

    @anderer Michael
    Fehler in Kommentar ist zu verzeihen.
    Bier nicht. 😉

  41. #46 tomtoo
    20. Januar 2017

    Ich muss das mit der Normalisierung nochmal lesen. Aber ich hab da so meine Probleme bezüglich der Normalisierung von Religionen.

  42. #47 Holger Gronwaldt
    20. Januar 2017

    @Joseph Kuhn,

    Entschuldigung, es war nicht als Belehrung an Dich gedacht.

    Ich wollte u. a. auf die Gefahr hinweisen, die mit dem heutigen Tag real wird, weil eben diese geistig etwas (?) zurückgebliebenen Hillbillies in den USA gerade die Macht übernommen haben.

  43. #48 Stephanie
    Hamburg
    20. Januar 2017

    In diesem Zusammenhang finde ich die Unterstützung von türkischen Journalisten durch deutschen Medien sehr gut:

    Einmal taz.de:
    taz.gazete

    Und vom WDR:
    tuerkei-unzensiert

    Es ist so schade, dass es soweit gekommen ist. Während der Zeit der Demonstrationen auf dem Taksim-Platz 2013 empfand ich noch Hoffung auf eine Veränderung. Leider haben sich diese so zerschlagen.

  44. #49 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    20. Januar 2017

    Lass Dich nicht trollen, Joseph. Sonst musst Du auch eine gelbe Waschbärmütze tragen.

  45. #50 hubert taber
    20. Januar 2017

    noch zu den evangelikalen in den usa.

    vor einigen jahren reiste der wiener kardinal schönborn (ein fast trebartz van elst) in die usa und hielt dort einen vortrag als kreationist.

    unmittelbar darauf flammte in den usa wieder eine evolutionsdebatte auf mit verbot im schulunterricht etc. auf.

    das können keine vernunftbegabten und aufgeklärte wesen sein!

    mfg. hubert taber

  46. #51 tomtoo
    20. Januar 2017

    @Stephanie
    Kann mir nicht vorstellen das es in der Türkei nicht brodelt.

  47. #52 Laie
    21. Januar 2017

    Wahrscheinlich sind alle Religionen, die auf einen Kriegstreiber gegründet sind, das gab es ja auch im vorigen Jahrhundert in Deutschland (Nazi), nachhaltig schlecht für wissenschaftliche Wahrnehmung und Bildung insgeheim und andere Bereiche.

    Die Frage ist – und auch für mich nicht beantwortbar – wie man da mit friedlichen Mitteln wieder raus kommt. Ich bin da für friedliche Mittel.

    Es ist ja in der Türkei gefährlich geworden, eine von ihrem dortigen Führer oder Sultan abweichende Meinung zu vertreten. Der Westen tut sich da auch wohl sehr schwer, rechtzeitig und richtig zu helfen. Wahrscheinlich kann man da nicht viel tun, schon traurig. Es geht da um viel mehr als nur die Wissenschaft, die dort unter ihrem Führer/Sultan leidet. Es geht um Menschen und Menschenleben und langfristige Schäden. Siehe Iran.

  48. #53 tomtoo
    21. Januar 2017

    @Laie
    Der Westen ? Der kümmert sich um seine ”teilet und herrschet” Kultur.

  49. #54 Holger Gronwaldt
    21. Januar 2017

    @hubert tabert,

    das können keine vernunftbegabten und aufgeklärte wesen sein!

    Vernunft-“begabt” sind sie schon, sie machen nur nichts draus; sie sind vorsätzlich unwissend, weil sie alles ausblenden, was zu ihren religiösen Vorstellungen, die ihnen bereits im Kleinkindalter eingeimpft wurde, im Widerspruch steht. So bleiben sie halt dumm.

  50. #55 Holger Gronwaldt
    21. Januar 2017

    @Laie,

    nachhaltig schlecht

    diese Verwendung des Wortes “nachhaltig” ist zwar weit verbreitet, mir gefällt sie trotzdem nicht.

    “Nachhaltig” bedeutet ein “Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann“ (Duden)

    Was die Religionen betrifft, so ist jede Religion schlecht, in der glauben als tugendhaftes Verhalten gilt. Glauben ist immer schlecht, wenn es ein Akzeptieren einer Aussage über die Welt verlangt und ein Hinterfragen derselben verbietet. Das bedeutet das Ende aller Wissenschaft. Glaube lebt von vermeintlicher Gewissheit, Wissenschaft vom Zweifel.

    • #56 Joseph Kuhn
      21. Januar 2017

      @ Holger Gronwaldt:

      Jetzt lass es doch mal gut sein mit diesen einfachen Denkschablonen. Dich scheint das Blogthema in keiner Weise zu interessieren, das ist o.k., aber dann spamme den Thread wenigstens nicht zu.

  51. #57 Stephanie
    Hamburg
    21. Januar 2017

    @tomtoo
    Natürlich brodelt es da.
    Ich frage mich nur, ob dieses Brodel in einem Kampf enden wird. Werden Nachbarn und Freunde gegeneinander stehen und Familien zerrissen oder setzen sich die friedliebenden Brüger durch und sehen die anderen ein, dass Erdogan sie blendet?

    Per Zufall bin ich auf einen schon hier seit Jahren lebenden Einwanderer aus der Türkei im Netz getroffen. Er ist nach seinen Angaben ein gläubiger Mensch. Er berichtete mir wie sein Leben durch einige Regeln im Koran bestimmt wird. Soweit so uninteressant. Was ich dann bedauerlich fand war, dass er durch seinen Glauben viele Menschen in Deutschland und sich selbst als Sünder ansieht. Es ging dann soweit, das alle Menschen die ihren Körper “unnatürlich” modifizieren Sünder sind (Piercings, Tattoos, Brustimplantaten,..) oder auch “unnatürlich” benutzen (Einschränkungen im Liebesspiel, Liebe zur falschen Person,..). Er selbst misachtet sich dadurch auch. Desweitern meinte er, dass durch Erdogan jetzt endlich weitere Fortschritte in der Türkei erreicht werden. Zusätzlich sieht er eine westliche/ausländische Verschwörung gegenüber der Türkei und dem Islam am laufen. Ganz besonders sieht er die “jüdische” Vorherrschafft für die Türkei als Bedrohung. Er meinte, dass ich das doch auch so sehen müsse und die “System” Medien uns doch belügen, da er mich für einen intelligenten Menschen hält. Ich war überrascht über so viel Diskrepanz in unser beider Wahrnehmung der Dinge. Ich stellte also ein paar Fragen in Bezug auf diese Bedrohungen. Es entbrannte eine kleine sinnlose Diskussion und wir kamen zu keinem sinnvollen Ergebnis, da ich an die hiesigen Narrative aus unserer Medienlandschaft glaube und er an die Narrative aus nicht weiter benannten türkischen Blogs und seiner hiesigen Gemeinschaft glaubt. Die von ihm geglaubten Erzählungen berichten von äußerlichen Bedrohungen gegenüber der Türkei und auch von Unterwanderungen, so dass Suspendierungen von Lehrern durch aus rechtens erscheinen, genauso auch das Bannen der Gülen-Leute, oder die Stillegung vom regierungskritischen Medien. Es war ihm egal, dass dieses Vorgehen überhaupt nicht einem Rechtsstaat entspricht. Es scheint mir als würde für ihn der Zweck alle diese Mittel rechtfertigen. Aus meiner Perspektive ist was Erdogan bezweckt sehr zwefielhaft, aber soweit konnte ich bei diesem Dialog nicht hoffen.

    Wenn die Erdoganunterstützer wirklich so denken, sehe ich keinen gewaltlosen Ausgang, wenn es für diese OK ist einfach missliebige Personen oder Medien zu verhaften oder zu verbieten und sie so Erdogan als großen rechtschaffend Führer in gute Zeiten betrachten, der endlich mal aufräumt.

  52. #58 Holger Gronwaldt
    21. Januar 2017

    Die Meldung, dass die Behandlung der Evolutionstheorie aus dem türlischen Curriculum für Gymnasien gestrichen werden soll, ist offensichtlich keine Fake News:

    Turkish government has removed a chapter on the theory of evolution from a textbook for 12th graders, according to a newly announced curriculum by the ministry.

    Education Minister İsmet Yılmaz on Friday shared the details of the new curriculum with members of the press. The new curriculum, which will be finalized in February, will be put into effect during the 2017-2018 academic year.

    One of the changes in the new curriculum is the removal from a textbook of a chapter titled “The beginning of life and evolution.” It has been replaced by a chapter titled “Living creatures and the environment.”

    Quelle

    und: National Center for Science Education (USA):

    “Evolution education under attack in Turkey”
    A draft of a new national curriculum in Turkey omits evolution, according to soL international (January 15, 2017). A unit entitled “The Origin of Life and Evolution” will be replaced with a unit entitled “Living Beings and the Environment.” The final decision on the curriculum is expected in February 2017.

    “[T]he Minister of National Education, İsmet Yılmaz[,] said that the draft is open for feedback … and the Evolution Theory is not an exception,” soL International reported, adding, “Yılmaz claimed that ‘whether it is scientific, merely a hypothesis, or just theoretical, all these are debatable.'”

    The teaching of evolution has been periodically contentious in Turkey, owing in part to the efforts of Islamic fundamentalist groups and politicians. Perhaps as a result, Turkey enjoys the lowest rate of acceptance of evolution in the developed world, according (subscription required) to a 2005 study published in Science.

    Interessant ist, dass gleich nach der Türkei die USA kommen, was die Nicht-Akzeptanz der Evolution in der entwickelten Welt betrifft. Der Grund dafür ist der gleiche: fundamentalisitsche Gruppen und Politiker.

    • #59 Joseph Kuhn
      21. Januar 2017

      Na, geht doch! Danke für die Themendisziplin und die Infos 😉

  53. #60 Holger Gronwaldt
    21. Januar 2017

    @Stephanie,

    Wenn die Erdoganunterstützer wirklich so denken, sehe ich keinen gewaltlosen Ausgang, wenn es für diese OK ist einfach missliebige Personen oder Medien zu verhaften oder zu verbieten und sie so Erdogan als großen rechtschaffend Führer in gute Zeiten betrachten, der endlich mal aufräumt.

    Was unterscheidet denn die Ansichten Deines Nachbarn von denen eines Pegida-Anhängers? Das Problem liegt m. E. auch darin, dass zu viele Menschen sich nicht die Mühe machen, Meldungen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen und sich einfach mit dem zufrieden geben, was ihre Vorurteile bedient. Aus dieser passiven Haltung heraus finden sie es auch in Ordnung, wenn ein “starker Mann” für sie denkt und handelt. Solche Leute findet man leider überall auf der Welt, das ist nichts “typisch Türkisches” (wobei ich sowieso denke, dass das Wort “typisch” iin Verbindung mit einer Nationalität nichts weiter als ein Vorurteil ausdrückt.

  54. #61 Stephanie
    Hamburg
    21. Januar 2017

    @Holger Gronwaldt
    Also ich habe nichts von “typisch Türkisch” gesagt, wenn du das da reininterpretieren willst, mach halt.

    Ich habe von einem Erdoganunterstützer in seiner Filterblase berichtet und über meine Angst, wenn dieser so radikales Vorgehen gutheißt und solche Gedanken üblich sind bei Erdoganunterstützern.

    Meine Nachbarn sind der Meinung, das einfaches wegsperren von Andersdenkenden keine Lösung ist. Pegida-Anhänger sind da durchaus robuster.

    Erdogan hat mit der AKP etwa 49,5 % der Wähler in der letzten Wahl auf seiner Seite. Es ist ein Unterschied, wenn fast die häfte der Bevölkerung solch radikales vorgehen duldet. Nachdem was ich so durch die Medien mitbekommen habe sieht es so aus, als ob die Anhänger Erdogans durchaus die Mehrheit stellen und seinen harten Kurs mögen (ich habe in den letzten Wochen die Entwicklung in der Türkei nur am Rande verfolgt, so dass ich das nicht ausreichend einschätzen kann).

  55. #62 Bob
    21. Januar 2017

    Das Ablehnen der Evolutionstheorie ist kein türkisches Phänomen. Das ist seit guten 100 Jahren in den USA in Form von Kreationismus bzw. Intelligent Design gut verwurzelt und immer wieder wird in einzelnen Staaten der USA versucht dies auch in den Lehrplan von Schulen zu integrieren. Der in der Türkei für den Kreationismus werbende Harun Yahya steht ja auch dafür mit kreationistischen Vereinigungen in den USA in Verbindung. Dabei wollen wir auch nicht vergessen, dass bereits vor guten 10 Jahren ein deutscher Ministerpräsident dem Kreationismus eine Plattform geboten hat.

    • #63 Joseph Kuhn
      21. Januar 2017

      “Das Ablehnen der Evolutionstheorie ist kein türkisches Phänomen. “

      Es ist kein spezifisch türkisches Phänomen, auf die Situation in den USA wird oben im Blogbeitrag bereits hingewiesen. Aber die Ablehung der Evolutionstheorie gewinnt jetzt in der Türkei an Schärfe, das ist ein Symptom der akutellen, antiaufklärerischen gesellschaftlichen Veränderungen dort, egal wie es der Evolutionstheorie sonst in der Welt geht, ob sie mit Religion grundsätzlich vereinbar ist oder nicht, inwiefern sie den Nazis zur Rechtfertigung ihrer Ideologie gedient hat oder was man sonst noch whataboutistisch diskutieren könnte.

  56. #64 Dr. Webbaer
    21. Januar 2017

    Die Türkei ist ein ganz “heißes Eisen”, der nun sukzessiv durchgesetzte türkische (Staats-)Islam trifft auf im hiesigen Kommentariat genannte Salafisten und die machen den türkischen Staatsislam nicht mit.
    Ansonsten gilt es noch die kurdische Minderheit zu “bearbeiten”.
    Auch derartige Nachricht ist womöglich zu beachten:
    -> https://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-kaempft-in-syrien-mit-terroristen-und-nutzt-leopard-panzer-a-1130913.html (K-Probe: ‘In Deutschland gilt Ahrar al-Scham als Terrororganisation’, es liegt hier womöglich eine Art McCain– oder Obama-Falle vor)

  57. #65 Geoman
    21. Januar 2017

    Wie geht denn “die” Evolutionstheorie? Mir ist eine solche allgemein akkzeptierte Theorie zur plausiblen Erklärung der biologischen oder fossilen Überlieferung gar nicht bekannt.

    • #66 Joseph Kuhn
      21. Januar 2017

      “Mir ist eine solche allgemein akkzeptierte Theorie … gar nicht bekannt.”

      Ihr Problem. Lösen Sie es bitte eigenverantwortlich.

  58. #67 Holger Gronwaldt
    21. Januar 2017

    @Stephanie,

    Also ich habe nichts von “typisch Türkisch” gesagt, wenn du das da reininterpretieren willst, mach halt.

    Sorry, wenn das so rübergekommen ist, war nicht meine Absicht.

    Ich will das nur allgemein verstanden wissen, da m. E. viel zu viele Leute sich dieser Clichés bedienen. Wir sehen ja auch gerade in den USA, dass das nicht passt, weil ein nicht unbeträchtlicher Teil der amerikanischen Bevölkerung bereits an Protestaktionen gegen den unsäglichen Trump teilnimmt. Und nicht zu vergessen die Tatsache, dass der gerade mal von einem Viertel der Wahlberechtigten eine Stimme erhalten hat. Erdogan hat rund 52% erreicht, bei 75% Wahlbeteiligung, also immerhin 39% Zustimmung. Der Rest war also gegen ihn oder es interessierte sie nicht, wer im Land das Sagen hat.

  59. #68 Holger Gronwaldt
    21. Januar 2017

    @Geoman,

    können wir uns darauf einigen, dass Evolution eine von ALLEN verständigen Menschen akzeptierte Tatsache ist, die zunächst unabhängig davon gegeben ist, wie man diese Tatsache erklärt? Es gibt ja sogar Gläubige, die meinen, dass ihr Gott durch Evolution wirke (was allerdings eine ganze Reihe von speziellen Problemen mit sich bringt).

    Die Evolutionstheorie in ihrer allgemeinsten Formulierung, etwa: “Abstammung mit Veränderung”, wird auch von niemandem, der auf dem Gebiet Kompetenz besitzt, bestritten. Lediglich in den Feinheiten der Theorie gibt es noch Diskussionen über die Relevanz einzelner Faktoren.

  60. #69 Stephanie
    Hamburg
    21. Januar 2017

    @Holger Gronwaldt
    Ich sehe das Problem in der Duldung der Gewalt gegenüber Andersdenkende. Die Spaltung der Gesellschaft birgt das Risiko zu großen Gewaltausbrüchen, gerade wenn eine Seite radikale Massnahmen duldet. Ich habe nicht das Gefühl das Erdogan, die Einigung der türkischen Gesellschaft im Sinn hat, sondern nur die Festigung seiner Macht. Ich hoffe, dass moderierende Kräft noch einwirken können.

  61. #70 RPGNo1
    21. Januar 2017

    @Geoman
    Spielst du etwa auf ID (=Intelligent Design) an? Das Pferd ist doch schon lange totgeritten, auch wenn die Anhänger dieser Kreationismusvariante immer noch aus dem letzten Loch pfeifen.

  62. #71 Geoman
    21. Januar 2017

    @ RPGNo1

    Ich meine nicht, ‘Intelligent Design’, sondern schwärende Lücken in dern Ausformulierungen, ‘der’ Evolutionstheorie, von denen ID natürlich profitiert.

  63. #72 Holger Gronwaldt
    21. Januar 2017

    @Geoman,

    schwärende Lücken in dern Ausformulierungen, ‘der’ Evolutionstheorie

    als da sein sollen?

  64. #73 Leoman
    21. Januar 2017

    @RPGNo1

    Ich meine nicht ‘Intelligent Design’, sondern schwärende Lücken in den Ausformulierungen ‘der Evolutionstheorie’, von denen natürlich auch ID profitiert.

    @ Joseph Kuhnogan

    Lassen Sie das zensieren!

    • #74 Joseph Kuhn
      21. Januar 2017

      “Kuhnogan Lassen Sie das zensieren!”

      … und raus bist du auch hier, wie bei vielen Scienceblogs. Geh woanders trollen.

  65. #75 RPGNo1
    22. Januar 2017

    @Holger Gronwaldt

    sondern schwärende Lücken in dern Ausformulierungen, ‘der’ Evolutionstheorie

    War das eben gerade nicht ein typisches Kreationistenargument, das Geoman uns aufs Auge drücken wollte? Tja, so schnell geht das mit der Selbstentlarvung. Big Fail!

  66. #76 Karl Mistelberger
    22. Januar 2017

    > arme Türkei, wohin gehst Du?

    Jeder Schritt geht annähernd in die selbe Richtung: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-01/tuerkei-recep-tayyip-erdogan-syrien-vorbild-demokratie-zerstoerung

  67. #77 Caracalla
    24. Januar 2017

    Es ist schon traurig, dass trotz Aufklärung und Bildung so viele Mensche heute immer noch an einen irgendwie gearteten Gott glauben.
    Auch muss ich leider beobachten, dass Dinge wie Esoterik und Homöoparthie immer mehr Anhänger auch unter den studierten und gebildeten Menschen finden.
    Irgendwas läuft da schief.

  68. #78 Reinharaschenbrenner
    25. Januar 2017

    Bitte definieren Sie “Islamophobie” näher. Wenn man zahlreichen Stimmen aus Politik und Medien Glauben schenkt, wäre bereits der Blogkollege Courts ein solcher. Da mit diesem Begriff von Seiten ultrakonservativer Verbände und Verharmlosern (siehe Judith Butlers Aussagen zur Hamas) sehr viel Schindluder getrieben wird, wäre ich für eine Definition dankbar.

  69. #79 rolak
    25. Januar 2017

    Bitte definieren

    Warum, R, wenn Dir nicht einmal klar ist, daß man eine Phobie haben, aber nicht sein kann?

  70. #80 anderer Michael
    25. Januar 2017

    Kritik an einer Religion ist Kritik an einer Religion.
    Kritik am Islam ist Kritik am Islam und keine Islamophobie ( trotz gegenteiliger häufig geäußerter Auffassung).

    Caracalla:
    Wenn du das so traurig findest, geh doch in eine Kirche oder in eine Moschee, eine Synagoge, einen Tempel oder einen Schrein und sag das den Leuten dort.

  71. #81 RPGNo1
    25. Januar 2017

    Kritik an einer Religion ist Kritik an einer Religion.

    Ist das nicht drüber bei CC schon bis zum Erbrechen durchgekaut worden? Ich höre schon, wie wieder mit den Hufen gescharrt wird.