Vor ein paar Tagen hatte ich einen Blogbeitrag über eine Rezension zu Ulrich Kutscheras Buch „Das Gender-Paradoxon“ veröffentlicht. An der Diskussion dazu hat sich ein Kritiker der Gender Studies beteiligt, Markus Meier, nach eigener Aussage Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universidad Externado de Colombia in Bogotá (Kolumbien). Nach kurzem Diskussionsverlauf hat Markus Meier begonnen, offen schwulen- und frauenfeindliche Kommentare zu schicken und ihm missliebige andere Kommentatoren zu beleidigen, bis ich ihn auf die Spam-Liste gesetzt habe. Es kommen weiter Kommentare von ihm, die ich nicht mehr automatisch freischalte. Heute hat er so etwas wie eine hochschulpolitische Kriegserklärung abgegeben:
“Es geht nicht nur um Kutschera (…) und mich (…), sondern um eine breite Front von Gender-müden an Universitäten und in der Politik. Die werden Sie und ihre schwulen Kumpanen und feministischen Parteigänger in den nächsten Monaten noch ausgiebig zu hören bekommen.”
Ergänzend dazu verweist er auf einen Artikel in einem Online-Journal namens „International Dialogues on Education: Past and Present (IDE)“. Der Artikel beginnt ganz seriös und in akademisch gehobenem Stil mit einer kritischen Betrachtung zur Gefährdung der Wissenschaft durch politische und religiöse Irrlehren wie der Rassenkunde im Nationalsozialismus oder den Kreationismus heute. Von da aus kommt Meier zu den Gender Studies, die er ebenfalls als eine unzulässige Politisierung von Wissenschaft betrachtet. Man kann an dem Punkt anderer Meinung sein als Meier, kann ihm vielleicht auch mangelhaftes Quellenstudium und ein Missverstehen des Ansatzes der Gender Studies vorhalten, aber das ist natürlich nichts Verwerfliches. Kontroversen über wissenschaftstheoretische und gesellschaftstheoretische Positionen gehören unverzichtbar zum Geschäft der Wissenschaft und dabei darf es auch scharf hergehen. Wo seitens der Gender Studies substanzloses Geschwafel für tiefgründiges Nachdenken ausgegeben wird, darf man das selbstverständlich anprangern. Genau wie man nicht alles in den Wirtschaftswissenschaften oder in der Pädagogik für hehre Wissenschaft halten muss.
Zum Ende des Textes hin wird aber unübersehbar, dass es Meier auch hier primär nicht darum geht, Begründungsschwächen der Gender Studies aufzuzeigen und kritisch zu reflektieren, vielmehr verfolgt er in seinem Artikel die gleiche Agenda wie in seinem oben zitierten Blogkommentar. Die Gender Studies sind für ihn keine Wissenschaft und er sieht es als legitim an, in der Auseinandersetzung damit die Grenzen wissenschaftlicher Kritik zu überschreiten und die Vertreter/innen der Gender Studies und ihre „Helfershelfer“ regelrecht zu verunglimpfen:
Der „(…) der wissenschaftsfremde Versuch einer ‚Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit‘ wäre selbst als Soziales Konstrukt zu de-konstruieren und auf seine versteckten und offenen (bildungs-)politischen Absichten hin zu prüfen. Das gälte insbesondere in Bezug auf seine faktische latente Männerfeindschaft und seine damit verbundenen sozialen Aufstiegsabsichten akademischer Frauen und ihrer akademischen und politischen Helfer und Helfershelfer, das gälte ebenso für die sich in ihr artikulierenden sexualpolitischen Partikularinteressen von Homosexuellen und Päderasten (vgl. Schmelcher, 2014).“
Im Versuch der ‚Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit‘ seitens der Gender Studies artikuliert sich also das Interesse von Homosexuellen und „Päderasten“. Die damit nahegelegte Gleichsetzung von Homosexuellen und „Päderasten“ ist so unappetitlich wie die damit hergestellte Verbindung zwischen den Gender Studies und Kindesmissbrauch. Wie kommt ein Mann, der im gleichen Artikel Kant zitiert, zu solchen Sätzen? Ist das Wissenschaft? Darf man so das Bild, das man selbst von der Wissenschaft hat, verteidigen? Und hat den Satz keiner der Reviewer gelesen? Ausweislich ihrer Internetseite ist die Zeitschrift peer reviewed. Unterstützt wird sie übrigens von der noblen „Gesellschaft der Freunde und Förderer der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg“, im Vorstand sind z.B. der Rektor der Universität und der Magdeburger Oberbürgermeister. Was werden wir wohl als nächstes von den Verfechtern der genderfreien Zonen in der Wissenschaft hören? Verbrennt die Bücher der Hexen? Und am besten gleich die Hexen mit?
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