Trump stilisiert sich als Kritiker des Establishments. Gut, das verkörpert er persönlich sicher nicht, wenn man seine vergoldeten Protzunterkünfte in Mar-A-Lago oder im Trump Tower ansieht. Auch seine Biografie prädestiniert ihn nicht gerade für diese Rolle, ebenso, wie er mit der Besetzung seines Milliardärskabinetts nicht unbedingt gezeigt hat, dass er mit der Kritik am Establishment den üblichen Erwartungen entspricht, sondern wohl eher die komplizierten Spielregeln des politischen Geschäfts in Washington zerschlagen will, und auch seine ersten Schritte zur erneuten Bankenregulierung klingen nicht wirklich so, als ob er es der Wallstreet zeigen und Politik für die kleinen Leute machen will.
Aber im Prinzip: Hat er nicht recht? Hat uns nicht dieses Establishment in alle diese Probleme geführt, als deren Lösung sich Trump ausgibt? Hat nicht dieses Establishment die neoliberale Umgestaltung der Welt so lange vorangetrieben, bis es an allen Ecken und Enden im Gebälk „des Westen“ (und des Nahen Ostens, Afrikas usw.) für alle hörbar zu knirschen begann? Bis man wie aus einem Albtraum erwachte und sich fragte, was sind eigentlich die vielzitierten „Werte die Westens“, die uns moralisch gegen Putin, gegen Erdogan, gegen den islamistischen Terror oder einfach nur gegen die Unmenschlichkeit ins Recht setzen? Oder in Trumps eigenen Worten: „Glauben Sie, unser Land ist so unschuldig?“ Hat er nicht – im Prinzip, wie bei Radio Eriwan – Recht?
Wenn ja, was bedeutet das? Revolutionen haben historisch meist nicht das gebracht, was sie versprochen haben. Aber wenn es doch ganz anders werden muss, wie also dann? Und war es nur das ominöse „Establishment“, oder haben wir alle ein bisschen Anteil daran, was mit der Welt passiert ist – und damit auch eine Chance, es in Zukunft besser zu machen? Vielleicht ist Demokratie ja doch gar nicht so schlecht: wenn man mitmacht, und sie nicht dem „Establishment“ überlässt.
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