Seit vorgestern ist der Entwurf des Wahlprogramms der FDP online. Unter der Überschrift “Der Patient im Mittelpunkt” (Männer, auf euch kommt es an!) gibt es ein Kapitel zur Gesundheitspolitik. 4 von 82 Seiten. Die FDP folgt darin gesundheitspolitisch ihrer alten Tradition als Klientelpartei. Gut, für die Fast-Drei-Prozent-Partei ist das vielleicht die einzige Chance, wieder in den Bundestag zu kommen.
Der erste Abschnitt heißt “Mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen”. Dabei geht es nur um die gesetzliche Krankenversicherung, obwohl es ausgerechnet hier wirklich Wettbewerb gibt. Aber „gesetzliche“ Krankenversicherung ist für die FDP vermutlich schon vom Wort her gleichbedeutend mit Staatsmedizin und Wettbewerbsferne. Der Wettbewerb in der PKV wird kurz im nächsten Abschnitt “Freie Wahl der Krankenversicherung” angesprochen, dessen zentraler Punkt die Verteidigung der PKV ist. Immerhin: Die FDP sieht Reformbedarf bei der Mitnahme der Altersrückstellungen beim Versicherungswechsel. Die wettbewerbsfeindliche Geiselnahme der PKV-Versicherten durch die Altersrückstellungen kritisiert selbst die Monopolkommission in ihrem Sondergutachten “Stand und Perspektiven des Wettbewerbs im deutschen Krankenversicherungssystem“ vom 7. März 2017. Da konnte die FDP wohl nicht ganz daran vorbei. Weiter fordert die FDP für diejenigen, die sich jung und gesund die Solidarität in der GKV sparten und alt und krank die Prämien in der PKV nicht mehr zahlen können oder wollen: “Es muss aber auch Rückwege aus der PKV in die GKV geben”. Dafür dürfen dann die anderen aufkommen.
Es folgt ein Abschnitt “Abschaffung der Budgetierung”. Der zielt wieder auf die GKV. Fragt sich, was die Arbeitgeber dazu sagen, denn das wird ganz sicher beitragswirksam. Aber bei der Finanzierung der GKV gibt es ja im Vergleich zur früher paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite derzeit eine Schieflage zuungunsten der Arbeitnehmer, damit Beitragssteigerungen vor allem die Arbeitnehmer treffen. Das will die FDP nicht antasten. Insofern tragen die Arbeitgeber die Aufhebung der Budgetierung vielleicht als Solidarbeitrag zur FDP mit.
Es folgen zwei kurze Abschnitte zur Pflege, dann erwartungsgemäß einer zur Förderung der Apotheken (wer auch immer das bezahlen soll), mit etwas Eiertanz zum Apotheken-Versandhandel, dann noch ein Abschnitt zum Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung, einschließlich der Forderung, § 217 StGB mit der Strafandrohung bei geschäftsmäßiger Förderung der Selbsttötung wieder abzuschaffen. Ein schwieriges Thema, bei dem „Freiheit“ nicht einfach allein durch die Abschaffung einer Strafrechtsnorm zu gewinnen ist.
Den Abschluss des gesundheitspolitischen Kapitels bildet die Forderung nach kontrollierter Freigabe des Cannabiskonsums. Warum das im Abschnitt Gesundheitspolitik steht, sei dahingestellt. Aber wer weiß, wenn von den FDP-Gesundheitspolitikern einer mal was raucht, muss es nicht schaden.
In einem anderen Kapitel spricht die FDP unter der Überschrift „E-Health“ das wichtige Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen an, und, warum auch immer hier, die wohnortnahe Versorgung, die unverzichtbare Rolle der Ärzte und in einem Halbsatz auch den demografischen Wandel.
Alles andere, was gesundheitspolitisch ansteht, fehlt. Kein Wort zur Prävention, der Flüchtlingsversorgung, der Gesundheitsforschung, zu Patientenrechten, natürlich nicht zum ÖGD oder irgendwelchen Public Health-Themen. Der Entwurf des Wahlprogramms ist noch zu sehr auf Mövenpick-Partei-Niveau. Bitte nachbessern, da geht auch auf liberaler Basis noch was!
Kommentare (30)