Bewegungsmangel gehört zu den großen verhaltensbedingten Gesundheitsrisiken und viele Krankheiten lassen sich durch Bewegung mehr oder weniger genauso gut beeinflussen wie durch (wirksame) Medikamente. Dazu gibt es haufenweise Studien und demzufolge wenig Zweifel am gesundheitlichen Nutzen von ausreichend Bewegung. Wenig Zweifel gibt es auch daran, dass sich viele Menschen nicht ausreichend bewegen.
Bewegungsmangel ist unter anderem eine der Ursachen für Adipositas, also starkem Übergewicht. Adipositas wird mit zahlreichen Folgeerkrankungen in Verbindung gebracht und steht seit Jahren weit oben auf der gesundheitspolitischen Agenda, insbesondere in den USA. Andere Risikofaktoren für Adipositas sind z.B. genetische Faktoren, Stress, hohes Geburtsgewicht und vieles mehr, vor allem aber zu viele Kalorien in der Nahrung. Dabei spielt natürlich auch der Zuckerkonsum eine wichtige Rolle. Zucker als Risikofaktor? Das gefällt weder den Süßmäulern noch der Industrie. In der letzten Zeit häufen sich die Berichte darüber, dass die Zuckerindustrie und die Hersteller von sehr zuckerhaltigen Lebensmitteln im Bemühen, ihre Produkte gesundheitlich harmloser erscheinen zu lassen, die von der Tabakindustrie zu hoher Meisterschaft entwickelte Platzierung „konkurrierender Risiken“ recht erfolgreich kopiert haben. Und nichts ist besser geeignet für die Manipulation von Meinungen als die Wahrheit selbst.
Eine neue Fallgeschichte erzählt nun der Journalist Paul Thacker in der aktuellen Ausgabe des British Medical Journal. Dabei geht es um die Beeinflussung von Medizin- und Wissenschaftsjournalisten durch Coca Cola. Coca Cola sponserte Konferenzen der Universität von Colorado, die sich an Journalisten richteten. Die Konferenzen sollten die Aufmerksamkeit der Journalisten auf das Gesundheitsrisiko Bewegungsmangel lenken und es gegenüber dem Zuckerkonsum als größeres Übel bei der Entstehung von Adipositas erscheinen lassen. Vielleicht ist dem sogar so, darüber kann man streiten. Aber wenn sich Wissenschaft einspannen lässt, um Journalisten industriefreundlich zu „schulen“ und dann noch über die Finanzierung durch die Industrie schweigt, hat das Geschäft mit dem Wissen mehr als ein Gschmäckle. Die Wissenschaft sollte solche Interessensgemeinschaften vermeiden, zumindest aber transparent machen.
Die Hintergründe der Konferenzen wurden von den beteiligten Wissenschaftlern der Universität von Colorado übrigens nicht freiwillig offengelegt, die Einsicht in die einschlägigen Dokumente musste unter Berufung auf Informationsfreiheitsrechte erzwungen werden.
Erklärung von kulinarischen Interessenkonflikten:
Ich trinke gerne Coca Cola, bewege mich zu wenig, esse aber kaum Süßes, weil ich es nicht mag. Und ich weiß gerne, woran ich bin.
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